0| Unsanfstes Erwachen ™

Unsanft, werde ich aus meinem eben noch so tiefen und intensiven Schlaf gerissen. Ein bestialischer, widerlicher, stinkender Geruch reißt mich brutal, aus meinem so festen Schlaf. In meinem Hals spüre ich schon die Magensäure, welche fast schon in meinen Mund trinkt. Nur noch Zentimeter trennen diese.
Fast zum kotzen bringt mich dieser Chlorgeruch, aber es ist nicht nur Chlor. Nein, da ist noch etwas anderes stark metallisch riechendes. Undefinierbar, ich kann es einfach überhaupt nicht zuordnen. Seit Kindheitstagen vertrage ich einfach gar keinen Chlorgeruch. Schon immer wurde mir davon so übel. Damit ich mich nicht übergebe, versuche ich meine Hände an meinen Hals zu halten, um damit den Würgereiz zu unterbrechen.

Zu meinem Leidwesen gesellen sich jetzt fast unerträgliche Kopfschmerzen dazu. Vergleichbar damit, als würde ein Mixer durch mein Gehirn fahren, dieses komplett zerpflücken. Keine Chance, denn bei dem Versuch mich irgendwie zu bewegen, vernehme ich einen intensiven, festen Druck. Allgegenwärtig ist dieser, aber nicht nur bei meinen Händen. Arme, Beine, Füße, Becken, Rücken. Mir wird immer wärmer, denn eine erste Panik macht sich so langsam breit.
Erste Schweißtropfen bilden sich. Nein, nein, bitte lass es nicht das sein was ich denke. Irgendwie muss ich mich doch aufwecken können? Innerlich fange ich vor Verzweiflung an, mit mir selbst zu reden. Mich irgendwie zu besänftigen. Vielleicht eine andere Meinung oder sogar die Lösung zu erhalten. Wenn ich versuche mich zu bewegen schmerzt es einfach nur überall. Verdammt, was ist das? Als ich versuche meine Augen zu öffnen, verhindert ein helles und grelles Licht dies.

Tausend Gedanken schießen mir dabei wie ein Blitzeinschlag durch meinen Kopf. Träume ich etwa? Was ist das denn für ein komischer Traum dann? Könnte es etwa ein Alptraum sein? Meistens gibt es ja Hintertüren in Träumen um sofort aufzuwachen, fliehen zu können. Schnell muss ich jetzt hinter einander blinzeln. Dennoch tiefer und tiefer brennt sich dieses so penetrante Licht, wie Säure in meine Augen. So sehr das diese anfangen zu jucken ohne ein Ende zu finden. Normalerweise würde ich mir jetzt meine Augen reiben, um mir so Linderung zu verschaffen, aber ich kann mich ja nicht bewegen. Dieses Jucken macht mich so wahnsinnig, dass meine Gedanken nur noch darum kreisen können. Wärmer und wärmer wird es mir, wodurch ich auch noch mehr schwitze. Wie beende ich das ganze Elend nur? Ein Ende ist einfach nicht in Sicht, vor lauter jucken strecke ich meine Fingerspitzen jetzt kerzengerade aus. Das Blut fängt an in ihnen zu vibrieren.

Deutlich spüre ich wie die Adern an meinen Händen sich mit noch mehr Blut füllen, dadurch so viel dicker werden. Zu dem Jucken gesellt sich jetzt ein immer stärker werdendes kribbeln in meinen Händen. Bei dem Versuch dagegen anzukämpfen, verkrampfe ich vor lauter Anstrengung. Einfach vergebens, denn dadurch wird der Schmerz an den Handknochen nur noch intensiver. Schneller und schneller, schlägt mein pochendes Herz. Kennt es etwa schon die Antwort? Obwohl ich ja noch die dumme, naive Hoffnung habe, dass es nur ein Alptraum ist. Innerlich flehe, nein bete ich sogar darum das es einer ist. Trotzdem dauert es bis ich mich an das so intensive Licht gewöhnt habe. Zum Glück vergeht damit auch langsam das jucken, zugleich aber auch das krampfen. Schließlich kribbeln nur noch meine Hände ganz leicht, aber auch das beruhigt sich jetzt wieder.

Tief atme ich ein und aus, versuche mich so irgendwie zu beruhigen. Ein Versuch diese immer stärker aufkommende Panik totzuschweigen. Starr geradeaus gerichtet, fällt mein Blick, genau auf eine massive alte Eisen-Tür. Verloren ruht er dort für einige Minuten, während ich versuche den innerlichen Kampf in mir nieder zulegen. Wurde ich entführt? Warum? Was ist mit meinen Eltern und meiner Schwester passiert? Leben sie noch? Normalerweise würde man jetzt in Tränen ausbrechen, aber zu meinem Glück oder eher Pech flutet mein Körper mich wohl gerade mit Unmengen an Adrenalin. Zwingt mich so, meinen Blick umher schweifen zu lassen. Diese Wände um die Eisen-Tür herum sind schneeweiß, fast genauso strahlend wie dieses Licht selbst. Verstärken dadurch dieses Licht noch mehr, sorgen so für noch mehr Lichtreflexionen. Dabei geht immer öfters ein zucken durch mich. Erleide ich etwa gerade einen epileptischen Anfall? Damit ich nicht am ganzen Körper verkrampfe muss ich mich unglaublich konzentrieren.

Kaum zu glauben, aber es gelingt mir. Wieder etliche Minuten vergehen. Zumindest denke ich das es welche sind. Danach kann ich mich ein wenig wieder konzentrieren. Dabei schweift mein Blick sofort, einmal nach ganz rechts und links umher. Alles weiß außer dieser einen Tür. Direkt danach fällt mein Blick an die Decke, welche ein einziges strahlend weißes Lichtermeer ist. Eine Faszination macht sich in mir breit, für dieses Lichtermeer. Auf mich wirkt es irgendwie beruhigend. Dennoch fast augenblicklich muss ich wieder meinen Blick abwenden, denn es brennt einfach zu sehr in meinen Augen. In diesem kleinen Augenblick so schien es mir, habe ich ein kleines, rotes Lichtlein sehr schnell blinken gesehen. Eigentlich kann es mir auch egal sein, nein das muss es gerade sogar einfach sein. Schließlich ist meine Situation alles andere als wünschenswert. Noch nicht einmal Menschen die ich wie die Pest hasse, würde ich das hier wünschen. Mittlerweile habe ich mich damit abgefunden, das ich entführt und gefangen gehalten werde.

Leider ist es die einzige Möglichkeit. Trotz Adrenalin, spüre ich meine Angst. Diese allgegenwärtige Angst getötet zu werden, oder vielleicht viel schlimmeres zu erleben. Nein, erleiden zu müssen. Zudem ist da eine Angst davor runter zu sehen. Zu erfahren ob etwas mit mir gemacht wurde. Daher beiße ich meine Zähne zusammen, nehme meinen gesamten Mut zusammen und schaue nach unten auf mich herab. Lange blaue Jeans, Sneakers, Grünes T-Shirt. Ich trage immer noch dieselbe Kleidung, wie auf meinem Heimweg von der Schule. Es scheint auch noch alles an mir dran zu sein. Nichts wurde abgeschnitten oder abgetrennt. Mir stockt dennoch der Atem als ich realisiere, dass ich mit etlichen Seilen an einen robusten, fest geschraubten Holzstuhl gefesselt bin. Jedes Gelenk, oder besser gesagt alles was sich irgendwie bewegen kann ist fest verschnürt. Innerlich ergreift mich doch jetzt Panik, sodass ich keinen festen Punkt mehr anvisieren kann. „Lasst mich raus!!!"

So laut ich kann, zugleich aber auch so hilflos und verzweifelt wie ich mich noch nie erlebt habe, klingt meine Stimme. Von sämtlichen Richtungen schallt mein Schreien, erbarmungslos, zugleich, aber sehr viel lauter zurück. So Ohrenbetäubend, wie mindestens genauso verstörend zugleich. Unerträglich laut, dass ich fast schon denke mein Trommelfell würde gleich platzen, weil es vibriert und zittert. Direkt darauf, fange ich an wie ein starres Holzbrett zu verkrampfen. Nur diesmal am ganzen Körper, wodurch sämtliche auch die nicht sichtbaren Fesseln, sich allgegenwärtig bemerkbar machen. Diese Qual ist viel zu viel für mich. Verzweifelt Suche ich nach einer Lösung, während meine Augen wie Ping Pong Bälle hin und her springen. Halt nur sehr viel schneller als diese. Aber es reicht nur nicht um die Schmerzen totzuschweigen, oder wenigstens ignorieren zu können. Instinktiv übernimmt jetzt ein anderer Teil von mir, denn ich beiße mir blitzartig auf die Unterlippe.

Etwas warmes, metallisch schmeckendes füllt ebenfalls genauso meinen Mund. Der Geschmack ist zu stark, zu erdrückend. Daher spuke ich es sofort aus, der weiße Boden färbt sich mit Hunderten kleinen Blutspritzern. Unzählige Minuten vergehen, wo ich weder fühle noch denke. Trotzdem langsam realisiere ich was der Geruch von draußen für eine Bedeutung hat. Es ist Blut, welches mit Chlor Reiniger entfernt wurde. Ich bin somit nicht alleine, oder vielleicht jetzt wieder etwa? Mir wird auch klar, dass mein Entführer oder Entführerin wohl bereit sind zu töten.

Diese Panik übernimmt mich jetzt vollends, führt so zu meinem Leidwesen zu einem Gefühlsausbruch, welchen ich nur bereuen kann.

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