Kapitel 26

Ich kämpfte gegen die bleierne Müdigkeit, die mich zu überwältigen drohte. Mein Körper war mir fremd, als wäre er nur eine leere Hülle. Mein Kopf fiel gegen Genyas Brust, doch ich wusste, dass ich nicht aufgeben durfte. Genya war in Gefahr.

Die beiden Dämonen grinsten gehässig, ihre gelben Augen funkelten vor Gier.

„Halt ihn gut fest, Kleiner", spottete der größere von ihnen. „Du wirst ihn sowieso gleich verlieren."

Genya fletschte die Zähne und spannte seine Muskeln an. „Haltet euch bloß von ihm fern!"

Ohne zu zögern riss er seine Pistole hoch und feuerte. Der Schuss hallte durch die Nacht, doch der Dämon wich mit übermenschlicher Geschwindigkeit aus und tauchte direkt vor uns wieder auf.

„Zu langsam."

Ein Klauenhieb—und Genya wurde zur Seite geschleudert. Ich spürte, wie sein Griff um mich sich lockerte. Sein Schrei durchschnitt die Luft, als er hart gegen einen Baum prallte und zu Boden sackte.

„Genya...!" Meine Stimme war kaum hörbar, ein schwaches Flüstern, das im Wind verloren ging.

Starke Arme packten mich grob und hoben mich hoch. Ein brennender Schmerz explodierte in meiner Schulter, als scharfe Zähne sich in mein Fleisch gruben.

Mein Blut tropfte warm über meine Haut.

„Mmh... Dämonenblut schmeckt selten so gut..." schnurrte der Dämon an meinem Hals.

Mein Körper zuckte. Ich wollte mich wehren, doch meine Glieder waren taub, meine Kraft vollkommen erschöpft. Mein Kopf sank zurück, während das Geräusch des schlürfenden Dämons mir Übelkeit bereitete.

Nein... ich darf nicht...!

Doch mein Bewusstsein begann zu verschwimmen.

„Er gehört jetzt uns", hörte ich den zweiten Dämon hämisch lachen.

Mein Sichtfeld wurde schwarz.

Plötzlich riss mich ein ohrenbetäubender Schrei aus meiner Benommenheit.

Etwas—jemand—kam mit einer unglaublichen Geschwindigkeit herangestürmt.

Ein silberner Blitz schnitt durch die Dunkelheit.

Ich spürte, wie die Arme um mich ruckartig erschlafften. Der Dämon, der mich festgehalten hatte, gurgelte überrascht, dann wurde er brutal zur Seite geschleudert.

Ich fiel.

Doch bevor ich den Boden berührte, fing mich jemand auf.

Starke Arme, vertraut und doch unerwartet.

Mein Bewusstsein flackerte erneut, doch bevor alles dunkel wurde, hörte ich noch eine tiefe, wütende Stimme.

„Drecksviecher."

Dann versank ich in die Schwärze.

Als ich wieder zu mir kam, war die Welt um mich verschwommen. Mein Körper fühlte sich schwer und gebrechlich an, die Augen brannten. Ich blinzelte mehrmals, bis ich schließlich einen klaren Blick auf die Umgebung erhaschte.

Ich lag in einem weichen, weißen Bett. Die Wände waren von sanftem Licht durchflutet, und die Luft war kühl und angenehm. Ich versuchte, mich zu bewegen, aber sofort spürte ich eine drückende Hand auf meiner Brust.

„Bleib ruhig", sagte eine ruhige, feste Stimme.

Ich drehte meinen Kopf und erblickte Sanemi. Er stand an meinem Bett, seine Augen blitzten vor Entschlossenheit, aber auch Sorge.

„Was... was ist passiert?" fragte ich, meine Stimme heiser.

„Du bist in einem Zustand, als hättest du ein ganzes Lager voller Dämonen getötet." Sanemis Blick fiel auf mein Gesicht, und seine Stirn zog sich zusammen. „Die Dämonen... du hast ihr Blut bekommen, und du warst kurz davor, die Kontrolle zu verlieren."

Ich wollte mich aufsetzen, doch die Hand auf meiner Brust drückte mich mit mehr Kraft zurück. „Bleib still. Du hast genug durchgemacht."

Ich starrte ihn an, überrascht von seiner Härte. Doch als ich auf Genya blickte, der im Bett neben mir lag, hörte ich nicht auf, ihn zu suchen.

„Genya... ist er..."

Sanemi sah in die andere Richtung, seine Gesichtszüge wurden härter. „Er ist am Leben. Aber du hast ihn fast getötet. Und das wird dir nicht leicht verziehen, Muichiro."

„Ich... habe ihn fast getötet?" Meine Kehle war trocken, und ich spürte die Last seiner Worte wie einen Klotz in meinem Magen.

Sanemi nickte und nahm ein tiefes, schweres Atemzug. „Ja, du hast. Aber er ist stärker, als du denkst. Er hat überlebt, und er wird wieder aufstehen. Wenn du ihm genug Zeit gibst, versteht sich."

Ich blickte wieder zu Genya und spürte die Kälte der Trauer, die sich wie eine Welle durch meinen Körper zog. Der Gedanke, ihn verletzt zu haben, traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. „Es tut mir leid... es tut mir so leid..." flüsterte ich, aber die Worte fühlten sich so leer an.

„Du kannst dich später entschuldigen", sagte Sanemi schroff. „Jetzt musst du erst mal wieder auf die Beine kommen."

Er nahm meine Hand und drückte sie fest, obwohl der Ausdruck auf seinem Gesicht unmissverständlich war: Du bist in meiner Schuld.

Ich wollte antworten, doch dann zog mein Blick wieder auf Sanemis Arm, der von einer tiefen Schnittwunde durchzogen war. Das Blut war frisch, und die Wunde selbst blutete immer noch schwach. „Du hast... die Dämonen getötet?"

„Ich musste. Ich konnte dich nicht einfach so hängen lassen." Sanemi knurrte. „Du hast dich selbst in den Abgrund gebracht, Muichiro. Aber ich konnte dich nicht verlieren, nicht noch ein weiteres Mal."

Ich bemerkte das dunkle Funkeln in seinen Augen und der Gedanke, dass Sanemi und ich uns in dieser brüchigen, zerstörten Welt aufeinander verlassen mussten, traf mich wie ein Blitz.

„Du hast uns beide gerettet", flüsterte ich, während ich zu Genya blickte, der ruhig und friedlich dalag. „Aber... was wird jetzt aus uns?"

Sanemi verzog das Gesicht. „Das weiß niemand. Aber was ich weiß, ist, dass du mehr zu tun hast, als nur in Selbstmitleid zu versinken. Genya braucht dich, und ich auch."

Ich wollte antworten, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Was konnte ich noch sagen? Was sollte ich noch tun, nachdem ich so viel Schaden angerichtet hatte?

„Bleib einfach ruhig und gib uns Zeit", sagte Sanemi, als er sich umdrehte und die Tür des Zimmers öffnete. „Wir sind noch nicht durch. Und du bist nicht der Einzige, der mit seinen Dämonen kämpfen muss."

Er verließ das Zimmer, und ich blieb zurück, das Gewicht seiner Worte in meinem Kopf.

Die Tür schloss sich, und ich blickte wieder zu Genya, der immer noch ruhig atmete, als ob nichts geschehen wäre. Doch ich wusste, dass alles anders war.

Und dann, als ich das Zimmer in Stille betrachtete, hörte ich etwas. Etwas, das mich zu Eis erstarren ließ.

Ein leises Geräusch. Ein Kratzen. Und dann eine Stimme, die mich ergriff:

„Du bist nicht alleine, Muichiro."

Meine Kehle schnürte sich zu, als ich den Schatten sah, der sich in der Ecke des Zimmers formte.

Wer war das?

Die Tür öffnete sich erneut.

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