Kapitel 25

Genya POV:

Fünf Tage.

Fünf verdammte Tage ohne eine Nachricht von Muichiro.

Ich hielt es nicht mehr aus.

Mein Körper war angespannt, meine Gedanken kreisten nur noch um ihn. Was, wenn er verletzt war? Was, wenn er irgendwo in einer gottverdammten Ecke lag und verblutete? Oder noch schlimmer... was, wenn ihn ein Dämon erwischt hatte?

Ich konnte nicht einfach rumsitzen.

„Sanemi!", rief ich, während ich mich ihm in den Weg stellte. „Wir müssen nach ihm suchen! Fünf Tage, verdammt! Er ist nicht einfach auf 'nem Spaziergang!"

Mein großer Bruder funkelte mich nur wütend an. „Genya, du bist nicht in der Position, mir Befehle zu erteilen!"

„Verdammt noch mal, es geht um Muichiro!" Ich ballte die Fäuste. „Was, wenn er–"

„Was, wenn er tot ist?!" Sanemis Stimme hallte durch den Raum.

Mein Herz setzte für einen Moment aus.

„Sag so was nicht!", fauchte ich.

Sanemi knurrte. „Es gibt keinen Hinweis darauf, wo er ist. Wenn wir uns jetzt auf eine sinnlose Suche begeben, gefährden wir nur noch mehr Leute."

Ich schüttelte den Kopf. Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte.

„Du... du bist so ein Arschloch", zischte ich.

Sanemis Blick verfinsterte sich – und dann spürte ich es.

Eine Ohrfeige.

Hart. Direkt.

Ich taumelte zurück, mein Gesicht brannte.

„Du willst sterben, oder?!" Sanemis Stimme bebte vor Wut. „Ich werde dich nicht verlieren, hörst du? Ich werde es nicht zulassen!"

Aber mir war es egal.

Ich drehte mich auf dem Absatz um und rannte los.

Ich wusste nicht genau, wo ich suchen sollte, aber mein Instinkt trieb mich immer weiter. Ich durchkämmte Wälder, verlassene Dörfer... Ich folgte jedem noch so kleinen Hinweis.

Dann – ein seltsames Gefühl.

Ein Ziehen in meiner Brust.

Und plötzlich...

Ich war hier.

Das Ewigkeitsschloss.

Mein Herz schlug schneller. Wie?!

Wie war ich hierhergekommen?!

Ich sah mich hektisch um, meine Hand fuhr sofort zu meiner Waffe.

Es war, als hätte der Raum sich aus dem Nichts materialisiert. Die Wände... sie waren verzerrt, als ob sie sich ständig bewegten.

Dann – ein Geräusch.

Schritte.

Bevor ich reagieren konnte, wurde ich plötzlich zu Boden gerissen.

Ein schwerer Körper drückte mich nach unten, starke Finger umklammerten meine Kehle.

Ich versuchte mich zu wehren – doch dann sah ich ihn.

Muichiro.

Mein Herz setzte aus.

„M-Muichiro?!"

Er starrte mich mit glühenden, rötlichen Augen an. Seine Finger waren wie eiserne Ketten um meinen Hals.

„Hör auf! Was zum Teufel machst du?!" Ich keuchte, versuchte, mich zu befreien – aber er war so viel stärker als sonst.

Und dann erkannte ich es.

Sein Blick...

Er war leer.

Sein Gesicht zeigte keinerlei Emotion.

Doch tief in seinen Augen...

Ein Funken.

Ein winziger, verzweifelter Funken, der nach Hilfe schrie.

Er war nicht mehr Herr seiner eigenen Handlungen.

Tanjiro.

Es gab keine andere Erklärung.

„Muichiro!", versuchte ich es erneut, meine Stimme wurde rau vor Verzweiflung. „Du willst mich nicht töten! Du weißt das! Wach auf!"

Seine Finger zuckten für den Bruchteil einer Sekunde.

Dann zog er ein Schwert.

Ich erstarrte.

„Nein..."

Ich konnte spüren, dass es gegen seinen Willen geschah.

Doch Tanjiro hatte die Kontrolle.

Und er wollte mich tot sehen.

Muichiros Hand hob sich, die Klinge funkelte im dämmrigen Licht.

Ich hatte nur wenige Sekunden, um zu reagieren.

Und dann – die Klinge schnellte auf mich zu.

Ich konnte nicht ausweichen.

War das das Ende?!

Ich öffnete meine Augen.

Ich lebte.

Ich konnte es kaum glauben. Mein Herz raste, meine Brust hob und senkte sich hektisch. Doch dann spürte ich etwas Warmes auf meinem Gesicht.

Blut.

Ich sah auf – und mein Atem stockte.

Muichiro!

Er kniete über mir, sein Körper angespannt, seine Augen zusammengekniffen vor Schmerz. Blut sickerte aus einer klaffenden Wunde an seiner Schulter, tropfte auf meine Wange.

„M-Muichiro..."

Er zitterte. Sein Körper war übersät mit Schnitten und Wunden, sein Atem ging flach. Aber er stand noch. Er hatte mich beschützt.

Ich wollte etwas sagen, ihn fragen, warum er das getan hatte – aber dann sah ich es.

Ihn.

Meine Kehle wurde trocken.

Hinter Muichiro stand Tanjiro.

Der Dämonenkönig.

Ich erstarrte.

Seine roten, stechenden Augen bohrten sich in mich, als könnte er direkt in meine Seele blicken. Sein Lächeln war sanft – fast wie früher. Aber das machte es nur noch beängstigender.

„Muichiro...", sagte Tanjiro mit einer fast schon enttäuschten Stimme. „Ich dachte, du wärst vernünftiger."

Muichiro zuckte nicht einmal.

„Lass ihn gehen, Tanjiro", keuchte er.

Tanjiro neigte den Kopf.

„Lass ihn gehen?", wiederholte er belustigt. „Muichiro... du solltest es doch besser wissen. Er gehört nicht mehr in diese Welt. Er ist schwach. Ein Mensch."

Meine Hände ballten sich zu Fäusten.

„Halt die Klappe!", fauchte ich.

Tanjiro blinzelte mich an, als wäre ich ein ungezogener Welpe. Dann seufzte er.

„Genya, du bist genauso stur wie damals."

Muichiro knurrte leise, sein Körper spannte sich an.

„Ich werde ihn nicht sterben lassen", sagte er fest.

Tanjiros Gesicht verfinsterte sich.

„Oh, Muichiro...", seufzte er theatralisch. „Du bringst mich in eine schwierige Lage."

Dann – ohne Vorwarnung – war er verschwunden.

Mein Herz setzte aus.

„MUICHIRO, PASS AUF!"

Aber es war zu spät.

Tanjiro tauchte direkt hinter ihm auf.

Muichiro riss seine Klinge hoch, doch Tanjiro war schneller.

Ein Schlag – ein Aufprall – ein dumpfer Schrei.

Muichiro wurde quer durch den Raum geschleudert und krachte gegen eine Wand. Er spuckte Blut.

„NEIN!" Ich wollte zu ihm rennen, doch plötzlich war Tanjiro wieder vor mir.

Er packte mich am Kinn und zwang mich, ihm ins Gesicht zu sehen.

„Du solltest dankbar sein, Genya", flüsterte er. „Ich könnte dich sofort töten... aber ich habe eine bessere Idee."

Ich rang nach Luft, meine Hände zitterten.

Muichiro lag am Boden, Blut sickerte aus seinem Mundwinkel. Er versuchte aufzustehen, doch sein Körper gehorchte ihm nicht mehr.

Tanjiros Griff verstärkte sich, seine Krallen gruben sich in meine Haut.

„Muichiro hat sich gegen mich gestellt. Und dafür wird er bezahlen."

Seine Augen funkelten.

„Ich werde ihn vor deinen Augen brechen."

Mein Magen zog sich zusammen.

„...Nein", flüsterte ich.

Tanjiro lachte leise.

„Oh doch."

Dann hob er die Hand – und ließ sie auf Muichiro niederfahren.

Ich schrie.

Doch dann – ein Beben.

Die Wände des Ewigkeitsschlosses zitterten.

Tanjiro hielt inne. Sein Blick wanderte zur Seite.

Muichiro...

Er hatte seine Hand auf den Boden gepresst. Ein schwaches, aber entschlossenes Leuchten flackerte um ihn herum.

Er...

Er kämpfte noch.

Tanjiro lächelte schief.

„Interessant."

Dann hob er die Hand erneut.

Und diesmal würde er Muichiro nicht verschonen.

Muichiro POV:

Mein Körper schrie vor Schmerz. Jede Faser in mir brannte, meine Lungen fühlten sich an, als würden sie jeden Moment versagen.

Aber ich konnte nicht aufgeben.

Nicht jetzt.

Nicht, wo ich endlich die Gelegenheit hatte, Genya hier rauszubringen.

Ich presste die Zähne zusammen und zwang meine Beine, sich zu bewegen. Tanjiro war für einen Moment abgelenkt – das war unsere einzige Chance.

„Genya! Wir rennen!" keuchte ich.

Genya starrte mich ungläubig an. „Muichiro, du kannst kaum stehen! Wie zum—"

„BEEIL DICH!" schrie ich.

Er zögerte nicht länger. Ich packte ihn am Arm, und gemeinsam rannten wir los.

Der Boden unter uns bebte, als das Ewigkeitsschloss begann, sich zu verformen. Gänge verschwanden, Mauern verschoben sich. Es war, als würde das Schloss Tanjiros Wut widerspiegeln.

Ich ignorierte den stechenden Schmerz in meiner Brust, ignorierte den brennenden Durst nach Blut. Alles, was zählte, war der Ausgang.

Genya rannte neben mir her, sein Atem war schwer.

„Da vorne!" rief er plötzlich.

Ein Tor!

Der Ausgang!

Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug. Noch ein paar Meter – nur noch ein paar Schritte—

Plötzlich spürte ich eine kalte Präsenz hinter mir.

„Oh, nein, nein, nein..."

Meine Haare stellten sich auf.

Tanjiro!

Sein Schatten raste auf uns zu, schneller als der Wind.

Verflucht!

„Spring, Genya!" schrie ich.

Ohne nachzudenken packte ich ihn und warf ihn durch das Tor.

Sein Schrei hallte in meinen Ohren.

Doch in genau dem Moment, in dem ich selbst hindurchtreten wollte, schlossen sich unsichtbare Klauen um meinen Körper.

„Du bleibst hier, Muichiro."

Ich spürte, wie mich etwas zurückzog.

Nein!

Ich kämpfte, trat um mich, doch mein Körper war am Ende. Ich konnte nichts mehr tun.

Ich sah, wie Genya am Boden aufschlug – draußen, frei.

Ich schaffte es gerade noch, seinen geschockten Gesichtsausdruck zu sehen, bevor meine Kräfte endgültig nachgaben.

Mein Sichtfeld verschwamm.

Ich kippte nach vorne.

Und dann –

Schwärze.

Langsam kehrte mein Bewusstsein zurück. Mein Körper fühlte sich schwer an, meine Glieder gehorchten mir nicht. Alles tat weh.

Das Erste, was ich wahrnahm, war der gleichmäßige Rhythmus von schnellen, schweren Schritten. Dann ein vertrauter Geruch—Genya.

Er trug mich.

Ich öffnete mühsam die Augen und blinzelte gegen das grelle Licht an. Sofort durchzuckte mich Panik—die Sonne!

Doch ich spürte keine Schmerzen.

Genya rannte mit mir, aber er hielt sich immer im Schatten der Bäume und Gebäude. Seine Arme zitterten leicht unter meinem Gewicht, sein Atem war schwer, doch er ließ nicht nach.

„Ge...nya..." Meine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern.

Seine Augen weiteten sich, als er meinen Blick bemerkte. „Muichiro! Verdammt, du bist wach! Halte durch, wir sind bald sicher!"

Ich versuchte mich zu bewegen, aber mein Körper gehorchte mir nicht. Ein schreckliches Gefühl.

„Ich... kann mich nicht rühren..." murmelte ich schwach.

Sein Griff um mich wurde fester. „Das weiß ich. Tanjiro... Er hat dich irgendwie gelähmt. Aber das ist egal. Du bist hier raus. Ich bring dich weg, okay?"

Ich wollte nicken, doch mein Körper verweigerte den Befehl.

„Wie... hast du mich...?"

Genya biss die Zähne zusammen. „Ich hab dich einfach geschnappt und bin gerannt. Keine Ahnung, warum Tanjiro mich nicht aufgehalten hat..."

Seine Stimme klang angespannt, als ob er selbst nicht ganz verstand, was passiert war.

Ich versuchte, mich zu konzentrieren, aber mein Kopf war benebelt. Warum hatte Tanjiro mich gehen lassen?

Dann erinnerte ich mich an seinen letzten Blick, bevor ich das Bewusstsein verloren hatte.

Ein Lächeln.

Kein bösartiges, kein triumphierendes—sondern ein Lächeln, als hätte er genau das gewollt.

Ein Schauder lief mir über den Rücken.

„Genya... ich glaube, er hat uns absichtlich gehen lassen..."

Genya runzelte die Stirn, doch er blieb nicht stehen. „Warum sollte er das tun?! Er hätte dich einfach behalten können!"

Ich presste die Lippen zusammen. Ich wusste es nicht. Aber ich wusste, dass Tanjiro nichts ohne Grund tat.

„Wir müssen auf der Hut sein..." flüsterte ich.

Plötzlich spürte ich, wie Genya abrupt abbremste.

„Verdammt!" zischte er.

Ich zwang mich, meine schweren Augenlider zu öffnen.

Vor uns standen zwei Dämonen.

„Oh, da bist du ja, Muichiro..." Der größere der beiden grinste, seine messerscharfen Zähne blitzten auf. „Meister Tanjiro meinte, wir sollen dich wieder zurückholen. Und deinen kleinen Freund hier—den dürfen wir fressen."

Genya knurrte und zog seine Pistole.

„Über meine Leiche."

Ich wollte ihm helfen, doch mein Körper war noch immer wie versteinert.

Verdammt!

Ich konnte nur hoffen, dass Genya diesmal stark genug war, um uns beide zu retten—bevor Tanjiros Plan uns endgültig einholte.

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