Kapitel 19

Die ersten Nächte zurück auf der Dämonenjagd fühlten sich surreal an. Mein Körper war stärker und schneller, meine Sinne schärfer, aber gleichzeitig war da diese ständige Dunkelheit in mir. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich jemals wieder der Mission stellen würde, Dämonen zu töten, nachdem ich selbst einer geworden war. Aber die anderen Säulen schienen mir zu vertrauen – zumindest die meisten. Und ich wollte beweisen, dass ich diese zweite Chance verdient hatte.

An diesem Abend war Mitsuri bei mir. Sie war wie immer energiegeladen, ein bisschen zu fröhlich für meinen Geschmack, aber ihre Anwesenheit war beruhigend. Sie hatte eine Art, mich daran zu erinnern, dass ich noch ein Teil von etwas Größerem war, etwas Menschlichem.

„Muichiro, schau mal!" rief sie und deutete auf eine Gruppe Kirschbäume, deren Blüten im Mondlicht schimmerten. „Sind die nicht wunderschön? Ich liebe Kirschblüten! Sie erinnern mich daran, dass das Leben so kurz, aber auch so wertvoll ist!"

Ich nickte langsam und hielt meine Augen wachsam auf die Umgebung gerichtet. „Sie sind schön", sagte ich leise, „aber wir sollten uns konzentrieren. Der Dämon, den wir jagen, könnte jederzeit angreifen."

Mitsuri lachte sanft und schlug mir freundschaftlich auf den Rücken. „Immer so ernst, Muichiro! Du bist wirklich wie Gyomei manchmal."

Bevor ich etwas erwidern konnte, spürte ich eine Bewegung in der Ferne. „Da vorne", flüsterte ich, zog mein Schwert und deutete auf einen Schatten, der sich zwischen den Bäumen bewegte.

Mitsuri wurde sofort ernst, ihre Hand auf ihrem Schwertgriff. „Ich bin bereit. Lass uns das hier schnell erledigen."

Der Dämon sprang aus den Schatten, ein massives, tierähnliches Wesen mit Klauen so lang wie Schwerter. Sein gieriges Grinsen zeigte scharfe Zähne, die im Mondlicht glänzten.

„Zwei Säulen auf einmal?" knurrte er, seine Stimme tief und rau. „Das wird ein Festmahl!"

„Das werden wir ja sehen", murmelte ich und machte mich bereit zum Angriff.

Mitsuri stürmte vor, ihre Bewegungen geschmeidig und elegant wie immer. „Komm schon, Muichiro! Zeig mir, was du drauf hast!"

Ich sprang hinter ihr her und konzentrierte mich auf den Kampf. Der Dämon war stark, aber wir waren stärker. Gemeinsam setzten wir ihm zu, unsere Schwerter glitten durch die Luft wie tanzende Flammen.

Nach einem intensiven Kampf gelang es mir schließlich, den letzten, tödlichen Schlag zu setzen. Der Kopf des Dämons rollte zu Boden, und sein Körper begann sich in Asche aufzulösen.

Mitsuri wischte sich den Schweiß von der Stirn und lächelte mich an. „Das war großartig, Muichiro! Du bist wirklich beeindruckend geworden."

Ich nickte, atmete schwer und steckte mein Schwert zurück in die Scheide. „Danke, Mitsuri. Aber ohne dich hätte ich das nicht geschafft."

Sie legte ihre Hand auf meine Schulter und grinste. „Teamarbeit, oder? Außerdem, wer würde es wagen, dich alleine auf Dämonenjagd zu schicken? Ich meine, du bist süß und alles, aber... du bist auch manchmal ein bisschen stur."

Ich runzelte die Stirn, konnte mir aber ein kleines Lächeln nicht verkneifen. „Ich bin nicht stur. Ich bin vorsichtig."

„Nenn es, wie du willst", neckte sie mich, bevor sie sich umsah. „Lass uns zurückgehen. Ich habe das Gefühl, dass Gyomei uns beide sonst zur Rede stellt, weil wir uns zu lange Zeit lassen."

Zurück im Schmetterlingsanwesen wartete tatsächlich Gyomei auf uns, die Arme verschränkt und sein ernster Blick auf uns gerichtet. „Ihr seid spät dran", sagte er mit seiner tiefen, ruhigen Stimme.

„Tut mir leid, Gyomei!" rief Mitsuri fröhlich und verbeugte sich. „Wir haben nur ein bisschen die Schönheit der Natur genossen!"

Gyomei seufzte und richtete seinen Blick auf mich. „Muichiro, du musst vorsichtiger sein. Deine Verbindung zu Tanjiro macht dich unberechenbar, und wir können es uns nicht leisten, einen Fehler zu riskieren."

„Ich weiß, Gyomei", antwortete ich leise. „Ich tue mein Bestes."

Er nickte langsam. „Das hoffe ich. Weil ich nicht nur dein Beschützer sein will, sondern auch dein Verbündeter. Aber dazu musst du mir zeigen, dass du die Kontrolle behältst."

Ich spürte Mitsuris Hand auf meiner Schulter. „Du hast das Zeug dazu, Muichiro. Ich weiß es."

Ich sah in ihre fröhlichen, vertrauensvollen Augen und nickte. Vielleicht konnte ich das wirklich schaffen. Vielleicht war da noch Hoffnung – für mich, für alle.

Das Gefühl, Dämonenblut zu trinken, war anders als alles, was ich je zuvor erlebt hatte. Es war, als würde ein Teil von ihnen in mir weiterleben – ihre Erinnerungen, ihre Emotionen, ihre Dunkelheit. Es war beängstigend, aber auch berauschend. Und es gab mir die Kraft, weiterzukämpfen. Doch je mehr ich von ihnen konsumierte, desto mehr spürte ich die Grenze zwischen meinem menschlichen und dämonischen Selbst verschwimmen.

Eines Nachts saß ich in einer dunklen Ecke des Schmetterlingsanwesens, weit weg von den anderen. Meine Hände zitterten, mein Atem war schwer, und die Erinnerungen des letzten Dämons, den ich verschlungen hatte, jagten mir durch den Kopf.

„Muichiro?"

Ich blickte auf. Genya stand da, sein Blick voller Sorge. „Du bist wieder hier draußen", sagte er und trat näher. „Ich habe dich überall gesucht."

„Es ist besser so", murmelte ich. „Ich weiß nicht, was ich tun könnte, wenn... wenn ich die Kontrolle verliere."

Er kniete sich vor mich hin, legte seine Hände auf meine Schultern und sah mir direkt in die Augen. „Du verlierst die Kontrolle nicht. Du bist stärker als das, Muichiro."

„Das sagst du so leicht." Ich wandte den Blick ab, meine Stimme bitter. „Du weißt nicht, wie es ist, ständig gegen die Dunkelheit in dir zu kämpfen. Wie es ist, Dämonen zu verschlingen, ihre Schreie in deinem Kopf zu hören, während du versuchst, dich selbst daran zu erinnern, wer du bist."

Genya blieb still, bevor er leise sagte: „Ich weiß mehr, als du denkst."

Ich sah ihn überrascht an.

„Du vergisst, dass ich selbst ein halber Dämon war", fuhr er fort. „Ich weiß, wie es ist, von etwas Dunklem verschlungen zu werden. Aber weißt du, warum ich es immer geschafft habe, dagegen anzukämpfen?"

„Warum?" fragte ich, obwohl ich die Antwort schon ahnte.

„Weil ich jemanden hatte, der an mich geglaubt hat", sagte er mit einem sanften Lächeln. „Und jetzt werde ich für dich da sein, Muichiro. Egal, wie schwer es wird."

Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber in diesem Moment spürte ich die Präsenz eines Dämonen in der Nähe. Es war stark, voller Hass und Hunger. Ich stand sofort auf, mein Schwert griffbereit.

„Da ist ein Dämon in der Nähe", sagte ich.

Genya nickte und zog sein Gewehr. „Dann kümmern wir uns darum. Zusammen."

Der Kampf war brutal. Der Dämon war stärker als die meisten, die wir zuvor bekämpft hatten, und er hatte eine Fähigkeit, die ihn immer wieder in Nebel auflösen ließ. Jeder Angriff, den ich führte, schien ins Leere zu schlagen, und mein Hunger begann, an mir zu zehren.

„Muichiro! Hinter dir!" rief Genya.

Ich drehte mich gerade noch rechtzeitig um, um den Klauen des Dämons auszuweichen. Doch statt eines Gegenangriffs packte ich den Dämon mit bloßen Händen und biss ihm in den Hals. Sein Blut strömte in meinen Mund, warm und metallisch, und ich konnte nicht aufhören. Ich trank nicht nur sein Blut, sondern nahm seinen ganzen Körper in mich auf, bis nichts mehr von ihm übrig war.

Als ich fertig war, stand ich keuchend da, mein Körper zitterte vor der Macht, die ich gewonnen hatte. Doch gleichzeitig fühlte ich mich leer, als hätte ich einen Teil von mir selbst verloren.

„Muichiro..." Genyas Stimme war vorsichtig, fast ängstlich.

Ich wandte mich zu ihm um, das Blut des Dämons noch auf meinen Lippen. Sein Blick war voller Sorge, aber auch voller Mitgefühl.

„Ich... ich hatte keine Wahl", flüsterte ich.

Er trat näher und legte eine Hand auf meine Wange. „Ich weiß. Aber du darfst dich nicht selbst verlieren. Erinnerst du dich, was du mir gesagt hast? Dass ich stärker bin, als ich denke? Das gilt auch für dich, Muichiro."

Ich schloss die Augen, lehnte mich gegen seine Hand und versuchte, mich zu beruhigen. „Ich will das nicht. Ich will nicht, dass das mein Leben ist."

„Dann lass es uns ändern", sagte er entschlossen. „Gemeinsam."

Zurück im Schmetterlingsanwesen warteten Mitsuri und Gyomei auf uns. Als sie mich sahen, erkannte ich, dass sie wussten, was passiert war. Mitsuris Gesicht war voller Mitgefühl, während Gyomei wie immer ruhig und nachdenklich wirkte.

„Wir müssen eine Lösung finden", sagte Gyomei schließlich. „Muichiro kann nicht weitermachen, wie er es jetzt tut. Es wird ihn zerstören."

„Wir werden eine Lösung finden", sagte Genya fest und sah mich an. „Egal, was es kostet."

Ich nickte schwach und hoffte, dass er recht hatte. Denn wenn nicht, wusste ich nicht, wie lange ich noch durchhalten würde.

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