Kapitel 14

Die Dunkelheit in der Kiste drückte schwer auf mich. Ich wusste nicht, wie lange ich schon hier war. Sekunden fühlten sich wie Stunden an, während mein Geist immer tiefer in einen Strudel aus Verwirrung und Dunkelheit gezogen wurde. Tanjiros Stimme hallte in meinem Kopf wie ein Echo, das immer lauter wurde.

„Muichiro... gehorche mir." Seine Worte bohrten sich in meinen Verstand, wie eine brennende Klinge. Mein Körper begann zu zittern, als ob er von innen heraus zerrissen wurde. Ich spürte, wie ich mich zusammenkauerte, meine Arme um meinen Körper geschlungen, während ich versuchte, die Schmerzen zu unterdrücken.

Plötzlich durchfuhr mich ein unerträglicher Anfall. Meine Muskeln zogen sich schmerzhaft zusammen, und ich stieß ein ersticktes Keuchen aus. Es war, als würde der Dämon in mir nach Freiheit schreien. Meine Zähne mahlten, meine Fingernägel kratzten an den Innenwänden der Kiste. Tanjiros Stimme wurde lauter, dominanter.

„Du bist ein Dämon, Muichiro. Du gehörst mir. Dein einziges Ziel ist es, die Dämonenjäger auszulöschen." Mein Verstand kämpfte dagegen an, doch mein Körper begann, seinem Befehl zu gehorchen. Ich fühlte, wie sich meine Muskeln unter seinem Einfluss spannten, als ob ich bereit wäre, loszustürmen. Doch wohin? Ich war gefangen, eingesperrt. Ein Teil von mir schrie innerlich, dass das nicht richtig war. Doch der Dämon in mir lachte nur.

Genya trug die Kiste vorsichtig auf seinen Rücken. Er hatte sie die ganze Zeit über nicht aus den Augen gelassen. Sein Blick war wachsam, voller Sorge. Die anderen Säulen diskutierten darüber, wie sie weiter vorgehen sollten, doch Genyas Aufmerksamkeit war einzig und allein auf die Kiste gerichtet.

„Genya, hörst du mir überhaupt zu?" Sanemi fauchte ihn an und funkelte ihn wütend an. „Du kannst ihn nicht ständig mit dir rumschleppen! Er ist ein Dämon, verdammt nochmal!"

„Er ist nicht nur ein Dämon!", schrie Genya zurück, seine Stimme brach fast. „Er ist Muichiro. Und solange ich hier bin, werde ich ihn beschützen."

Sanemi knurrte, doch bevor er etwas sagen konnte, unterbrach Mitsuri: „Beruhigt euch! Wir müssen zusammenarbeiten. Es gibt keinen Grund, jetzt aneinander zu geraten."

Obanai schüttelte nur den Kopf und murmelte: „Ihr seid alle verrückt."

Als die Nacht vollständig hereinbrach, setzte Genya die Kiste ab. Er kniete sich davor, legte eine Hand auf die Oberfläche und sprach leise: „Muichiro, bist du noch bei uns? Sag bitte etwas."

Ich hörte seine Stimme, aber sie klang weit weg. Tanjiros Befehle donnerten immer noch in meinem Kopf, und mein Körper war schwer, als ob ich mit tausend Ketten gefesselt war. Doch als Genya seinen Arm um die Kiste legte, fühlte ich einen seltsamen Frieden.

Die Kiste öffnete sich langsam, und Genyas Gesicht tauchte in meinem Blickfeld auf. Sein besorgter Ausdruck ließ mein Herz kurz ruhen. „Muichiro... du siehst furchtbar aus."

Ich wollte etwas sagen, doch meine Kehle fühlte sich trocken an. Meine Lippen bebten, als ich endlich stammelte: „Genya... ich... ich kann nicht mehr..."

Genya zog mich sanft aus der Kiste und drückte mich an sich. Ich spürte die Wärme seines Körpers und das starke Schlagen seines Herzens. Es war, als würde er versuchen, mich mit seiner bloßen Präsenz zu retten. Doch der Durst in mir wuchs. Mein Blick fiel auf seine nackte Haut, und ich konnte das Blut unter seiner Haut fast riechen.

„Du musst kämpfen, Muichiro", sagte er leise, seine Stimme voller Entschlossenheit. Dann, ohne Vorwarnung, beugte er sich zu mir herunter und küsste mich. Seine Lippen trafen meine, und für einen Moment schien die Welt stillzustehen.

Ein Funke durchfuhr mich. Bilder flackerten vor meinem inneren Auge auf. Mein menschliches Leben – mein Bruder, mein Zuhause, die Liebe, die ich einmal gekannt hatte. Es war, als ob Genyas Kuss mich aus der Dunkelheit zog, auch wenn nur für einen kurzen Moment.

Ich atmete schwer, als ich langsam die Hand hob und über seine Wange strich. „Danke... Genya", flüsterte ich, bevor ich mich vorbeugte und ihn sanft küsste. Es war ein schwacher Versuch, meine Dankbarkeit zu zeigen, doch es fühlte sich so an, als würde ich ihm gleichzeitig Lebewohl sagen.

Doch Tanjiros Stimme kehrte zurück, lauter und aggressiver als je zuvor. „Muichiro! Genug davon! Gehorche mir!"

Ich schrie auf und drückte mich von Genya weg. Meine Hände griffen in die Erde, während ich verzweifelt gegen Tanjiros Kontrolle ankämpfte. „Ich... ich kann nicht... ich will nicht..." Doch meine Worte klangen schwach und verloren. Ich spürte, wie ich langsam die Erinnerungen an mein menschliches Leben verlor. Die Bilder meines Bruders verblassten, bis ich nur noch seinen Namen kannte, doch sein Gesicht konnte ich nicht mehr sehen.

Genya hielt mich fest, schüttelte mich leicht. „Muichiro, bleib bei mir! Du bist kein Monster! Hör nicht auf ihn!"

Doch Tanjiro war stärker. Mein Körper begann sich gegen meinen Willen zu bewegen. Meine Klauen und Zähne strebten danach, den Befehl des neuen Dämonenkönigs auszuführen. Doch tief in mir kämpfte ein letzter Funke Menschlichkeit.

„Genya...", murmelte ich mit letzter Kraft, „wenn ich die Kontrolle verliere... bitte, töte mich."

Ich schloss meine Augen, und die Welt um mich herum verblasste in einen dichten Nebel aus Schmerz und Erschöpfung. Es war, als würde ich in einen endlosen Abgrund gezogen, unfähig, mich zu wehren. Doch plötzlich wurde alles still. Kein Flüstern, kein Befehl, keine dunklen Gedanken – nur Leere.

Als ich meine Augen öffnete, schien die Zeit stillzustehen. Der Raum war hell erleuchtet, die Fenster offen, und der Duft nach frischen Kräutern und Medizin lag in der Luft. Ich erkannte das Schmetterlingsanwesen. Die sanften Töne von Insekten und Vögeln draußen wirkten beruhigend, doch ich fühlte mich schwer, wie ein Stein im Fluss.

Neben mir saß Genya. Sein Gesicht war voller Sorge, doch als er sah, dass ich wach war, wich der besorgte Ausdruck einem Lächeln. „Muichiro", sagte er leise, und seine Stimme klang, als hätte er tagelang nicht gesprochen. Ohne Vorwarnung beugte er sich zu mir hinunter und küsste mich. Es war kein schneller, flüchtiger Kuss, sondern einer voller Wärme, als wolle er mich daran erinnern, dass ich noch lebte, dass ich noch hier war.

Ich starrte ihn überrascht an, zu schwach, um sofort zu reagieren. Doch dann hob ich meine Hand und legte sie vorsichtig auf seine Wange. „Genya...", flüsterte ich, meine Stimme kaum hörbar. „Du bist... hier."

„Natürlich bin ich hier", sagte er, während er meine Hand festhielt. „Ich werde dich nicht alleine lassen. Nicht, solange du mich noch brauchst."

Ich wollte etwas sagen, doch die Tür flog plötzlich auf, und Sanemi stürmte herein. „Genya! Was, verdammt nochmal, tust du da? Lass ihn doch erstmal richtig aufwachen, bevor du ihn überforderst!" Seine Stimme war laut, und sein Blick blitzte zwischen Ärger und Besorgnis hin und her.

Genya rollte mit den Augen, löste sich aber langsam von mir. „Er braucht Nähe, Sanemi, nicht deinen ewigen Zorn."

„Nähe?" Sanemi funkelte ihn an. „Ich nenne das Belästigung!"

„Das nennt man 'unangenehme Art'", warf eine ruhige Stimme von der Tür aus ein. Es war Obanai, der sich leise angeschlichen hatte, wie es seine Art war. Seine Schlange lag entspannt um seinen Hals geschlungen, und er sah Sanemi mit seinem typischen, stoischen Blick an. „Du könntest wirklich mal an deinen sozialen Fähigkeiten arbeiten."

Sanemi wirbelte herum, seine Fäuste geballt. „Willst du, dass ich dir deine Schlange in den Hals stopfe, Obanai?"

„Versuch's doch, wenn du dich traust", entgegnete Obanai gelassen, ein schiefes Grinsen auf den Lippen. „Ich bezweifle, dass du mir in deinem Zustand überhaupt nahekommen würdest."

Ich konnte ein schwaches Lächeln nicht unterdrücken, obwohl meine Brust sich schwer anfühlte. Selbst in Momenten wie diesen hatten sie die Energie, sich gegenseitig anzufauchen. Mitsuri kam kurz darauf herein, sichtlich genervt. „Jungs! Reißt euch zusammen. Muichiro braucht Ruhe, keine Showkämpfe."

„Sag das deinem Freund", brummte Sanemi, bevor er zu mir zurücksah. „Wie fühlst du dich, Kleiner?"

„Besser... glaube ich", murmelte ich. Doch tief in mir wusste ich, dass das nicht stimmte. Es war, als ob etwas in mir fehlte. Ein Teil meines Selbst war verblasst, als hätte Tanjiros dunkle Aura Spuren hinterlassen.

Ich lag wieder allein im Bett. Genya war kurz weg, wahrscheinlich, um etwas zu essen. Die Erinnerungen an Tanjiro, an seine Befehle und die dunkle Macht, die er über mich hatte, krochen zurück in meinen Verstand. Mein Herz raste.

Ich schloss die Augen, doch anstatt Schlaf zu finden, sah ich Tanjiros dämonische Augen vor mir. Seine Stimme hallte in meinem Kopf: „Du kannst nicht entkommen, Muichiro. Du bist ein Dämon. Und Dämonen gehören mir."

Ich zuckte zusammen und umklammerte die Decke. „Nein... nein, ich bin mehr als das", flüsterte ich zu mir selbst. Doch die Zweifel nagten an mir. Was, wenn ich es nicht war? Was, wenn ich wirklich nicht mehr zu retten war?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top