Kapitel 13
Sanemis Schritte waren schwer und unregelmäßig, als er schließlich zu uns aufschloss. Sein Körper war von Wunden übersät, und Blut tropfte von seinen Händen. Ich spürte, wie mir ein Kloß im Hals stecken blieb, als ich ihn sah. Ohne nachzudenken rannte ich zu ihm, um ihn zu stützen.
„Sanemi! Du... du hast es geschafft!" Meine Stimme zitterte vor Erleichterung, doch mein Blick blieb auf die klaffenden Verletzungen an seinem Körper geheftet.
Sanemi stützte sich schwer auf mich, sein Atem keuchend. „Hör auf, so ein Gesicht zu machen, Kleiner," murmelte er, „ich bin nicht so leicht umzubringen."
Die ersten Strahlen der Sonne krochen über den Horizont, und plötzlich wurde mir klar, was das bedeutete. Panik erfasste mich, als ich spürte, wie die wärmenden Strahlen der Morgensonne näherkamen.
„Sanemi, wir müssen weg! Die Sonne—"
Doch bevor ich meine Worte beenden konnte, stieß mich Sanemi mit aller Kraft zurück in die Schatten. Der Aufprall raubte mir für einen Moment die Luft, und ich starrte ihn entsetzt an.
„Bleib, verdammt nochmal, da, wo du hingehörst!" schrie er, seine Stimme ein wütendes Grollen.
„Was tust du?!" rief ich zurück, meine Hände gegen den Boden gepresst, um aufzustehen.
Doch Sanemi rannte zu mir, packte mich grob an den Schultern und drückte mich wieder in den Schatten. Sein Gesicht war eine Maske aus Zorn, Verzweiflung und, zu meinem Erstaunen, Angst.
„Bist du total bescheuert, Muichiro?!" brüllte er. „Du bist ein verdammter Dämon! Willst du, dass ich dich dabei zusehe, wie du in der Sonne verbrennst?!"
„Aber du bist verletzt! Ich wollte dir helfen!" protestierte ich, während ich versuchte, mich seinem Griff zu entziehen.
„Helfen?" Sanemis Augen waren weit aufgerissen, und seine Stimme überschlug sich fast vor Wut. „Wie willst du mir helfen, wenn du tot bist, hä? Denkst du, ich will das auch noch mit ansehen? Nach allem, was heute passiert ist?"
Ich spürte, wie seine Worte wie Schläge auf mich einprasselten, doch ich konnte nichts erwidern. Ich wusste, dass er recht hatte, aber die Hilflosigkeit nagte an mir.
„Sanemi, ich..."
„Nein, halt die Klappe!" schnitt er mir scharf das Wort ab. „Ich hab genug gesehen! Genug verloren! Du bleibst genau da, wo du sicher bist, hörst du?!"
Sein Griff auf meinen Schultern lockerte sich, und seine Hände zitterten. Für einen Moment stand er einfach nur da, die Sonne im Rücken, seine Silhouette schwarz vor dem Morgenlicht.
„Sanemi..."
Er sah mich an, seine Stimme nun leiser, aber nicht weniger eindringlich. „Du denkst, du bist der Einzige, der sich Sorgen macht? Du denkst, es wäre leicht für mich, dich so zu sehen? Hör zu, Muichiro. Du bist wichtig. Mehr, als du dir vorstellen kannst. Also riskier dein verdammtes Leben nicht unnötig, klar?!"
Ich nickte stumm, überwältigt von den Emotionen in seiner Stimme. Sanemi atmete tief ein, bevor er sich schwerfällig umdrehte und ein Stück von mir wegschlenderte, direkt in das wärmende Licht der Sonne.
„Sanemi! Du solltest dich auch ausruhen! Du—"
„Halt die Klappe und bleib da, wo du bist!" rief er über die Schulter zurück.
Trotz allem musste ich schmunzeln. Es war Sanemis Art, sich Sorgen zu machen, und auch wenn er es nicht zeigte, wusste ich, dass er das Gleiche fühlte wie ich. Doch tief in mir war die Angst vor der Sonne geblieben – eine Erinnerung daran, wie nah ich gerade daran gewesen war, alles zu verlieren.
„Sanemi, du bist so ein verdammter Riesen-Irrer! Ich hab dir gesagt, dass das Ding zu klein für den Großen hier ist!" Obanai schrie und schüttelte die Kiste, in der ich eingequetscht war, als wäre er kurz davor, sie in die Luft zu jagen.
„Halt die Klappe, Obanai! Wenn du ein bisschen weniger in deiner eigenen Welt leben würdest, würdest du merken, dass der Kleine hier sich weigert, sich in die Kiste zu quetschen! Es geht nicht darum, was du willst, sondern was nötig ist! Und du bist, wie immer, zu verdammt langsam!" Sanemi konterte, während er versuchte, mir den Deckel der Kiste aufzusetzen, als hätte er einen verdammten Deckel zu verschließen, nicht einen Dämon.
„Du bist wirklich der letzte Trottel, weißt du das? Glaubst du wirklich, ich könnte dich nicht in tausend Stücken zerlegen?" Obanai zischte und versuchte, sich an Sanemi vorbei zu schieben, um mit ihm in die Kiste zu kämpfen. „Und du, kleiner Riese, du bist wirklich zu dick für das Ding, ich sehe das!"
„Ach, halt den Mund, du schmaler Esel! Ich krieg den einfach da rein, du siehst ja, dass ich's schon fast hab!" Sanemi drückte mich weiter in die Kiste, während er grimmig Obanai beiseite stieß.
Ich stieß gegen die Wände der Kiste und versuchte, mich zu befreien. Es war wie ein Kampf gegen die Grenzen meiner eigenen Körpergröße – und gegen diese Kiste. Schließlich war es Genya, der plötzlich mit einem beruhigenden Lächeln nähertrat und mir sanft den Kopf streichelte.
„Schhh, Muichiro, es ist okay. Ich verspreche, es wird gleich vorbei sein." Genya's beruhigende Stimme ließ etwas in mir aufatmen, und plötzlich fühlte ich mich seltsam klein und schwach – wie ein kleines Kind. Mein Körper begann zu schrumpfen, als ob er sich von selbst verjüngte.
„Oh, jetzt wird's erst richtig lustig", grinste Obanai, als er den wachsenden Haufen aus Kiste und einem auf einmal kleiner gewordenen Muichiro bemerkte. „Der Kleine macht's noch leichter für uns, wie schön. Sieh dich an, du bist jetzt so klein, du würdest in einem Teetassen-Set Platz nehmen."
Sanemi warf ihm einen genervten Blick zu, während er versuchte, die Kiste noch sicherer zu verschließen. „Hör auf, Obanai, du bist genau wie die Kisten – viel zu eng und viel zu hartnäckig."
„Oh, und du, Sanemi, bist der Typ, der nicht merkt, dass er die falsche Seite eines Krieges gewählt hat. Wenn du nur so viel Energie in dein Gehirn stecken würdest, wie du es in deine Schultern packst, dann wären wir jetzt nicht hier und hätten einen winzigen Dämon in einer Kiste", entgegnete Obanai sarkastisch und rieb sich den Nacken.
„Genug, ihr zwei!", brüllte Mitsuri, die mit einer großen Kiste zurückkam. „Wenn ihr euch noch einmal so anstellt, stecke ich euch in eine Kiste und lasse euch da!"
Obanai und Sanemi starrten sie an, als wüssten sie nicht, ob sie nun lachen oder schreien sollten. „Du... du kannst uns doch nicht einfach so stecken, oder?" Sanemi fragte ungläubig, während Obanai bereits die Arme verschränkte und sich zur Seite drehte. „Ich hätte wohl lieber einen weiteren Dämonenangriff als mit dir in einem Raum zu sein."
„Wenn es hilft, Sanemi", sagte Mitsuri mit einem großen, fast entschuldigenden Lächeln, „kannst du dich noch in die Kiste legen. Ich bin sicher, wir finden einen Platz für dich."
Sanemi schnaubte und setzte sich für einen Moment hin, seine Muskeln anspannend, als er sich wieder zur Kiste beugte und versuchte, sie richtig zu verschließen. „Ich werde lieber diesen bescheuerten Dämonen-Scheiß alleine erledigen, als mit dir beiden zusammen in einem Raum zu sein."
„Oh, wirklich?", sagte Obanai sarkastisch und tat so, als ob er sich auf eine feinere Weise in die Kiste quetschen könnte. „Vielleicht hilft es ja, wenn wir dich erstmal in der Kiste verstauen und dir ein bisschen nachdenken lassen."
„Jetzt hört auf, ihr beiden!", rief Mitsuri aus, wobei sie das Ganze im Zaum hielt. „Ich will nicht, dass hier einer der beiden in die Kiste geht. Schließlich müssen wir den Kleinen beschützen!"
„Kleiner?" Ich schnaubte aus der Kiste heraus. „Ich bin nicht mehr klein. Ihr macht mich nur klein. Und wo ist mein Katana?"
„Ach, du bist doch eh der Letzte, der sich um sein Katana kümmern sollte, wenn du in einer Kiste steckst", rief Obanai fröhlich. „Genieße einfach das Versteckspiel, solange du noch drin bist. Ich hoffe, du hast genug Platz für alle Käfer!"
„Du bist der letzte, der sich ein Urteil erlauben sollte, wenn du siehst, wie du mit deinem schlangenhaft verknoteten Schwert um dich haust, wenn du schon durch die Luft fliegst", entgegnete Sanemi mit einem harten Blick.
„Lass uns einfach losgehen, bevor wir uns alle noch in die Luft sprengen", sagte Mitsuri dann, während sie versuchte, die Kiste von allen Seiten zu kontrollieren. „Wenn das hier zu lange dauert, werde ich die Kiste zur Party machen."
Ich verzog mein Gesicht und klopfte gegen die Wände der Kiste. „Ich hoffe wirklich, dass niemand diese Kiste auf einen Teppich stellt", murmelte ich. „Es wird alles von innen nur schlimmer."
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