Verschwundene Erinnerungen
Ich war nun schon seit einigen Wochen aus dem Krankenhaus raus und in meinem normalen Alltag drin. Meine Erinnerungen an danach waren trotzdem noch weg. Doch das störte mich nicht. Der Geisterfahrer wurde geschnappt und mir und meiner Schwester ging es soweit wieder ganz gut. Das einzige was mich etwas beunruhigte, waren die unklaren Erinnerungen an die Krankenhauszeit. Nur einzelne Brocken fanden ab und zu den Weg zurück in mein Gehirn. Ja, ich schlief fast die ganze Zeit, aber irgendetwas musste ich doch mitbekommen haben? Und wenn mir mal etwas einfiel, dann nur einzelne Worte oder Sätze, die absolut keinen Zusammenhang hatten. Manchmal dachte ich echt, ich sei verrückt. Aber nachdem was Tara und ich erlebt hatten, ist das auch kein Wunder mehr.
>>Denkst du, dass ich verrückt bin?<< , fragte ich Mel, nachdem ich meinen Gedanken beendet hatte. Sie war meine beste Freundin und ich konnte mich immer auf sie verlassen. Mel blieb abrupt stehen und schaute mich verwundert an. >>Nein, natürlich nicht! Wie kommst du darauf?<< Ich atmete schwer aus. >>Ich weiß es nicht.<< Und ob ich es wusste. Ich hatte sogar die richtigen Worte, um es ihr zu erklären, aber ich konnte nicht. Ich weiß nicht wieso, aber ich konnte einfach nicht. Stumm gingen wir nebeneinander her. Als wir den Klassenraum betraten, rannte Mel schnell auf eine der hintersten Bänke zu und reservierte sie für uns. Sie hasste es vorn zu sitzen und mir war es auch recht. Mel und ich unterhielten uns noch eine Weile, bis es klingelte und Herr Weber - wie immer gut gelaunt - zur Tür herein kam. Ich fragte mich jedes Mal aufs Neue, wie er immer mit einem Lächeln rumlaufen konnte. Egal ob im Unterricht, oder in der Pause. Aber dafür war er auch mein Lieblingslehrer. Ich starrte eine Weile aus dem Fenster, als ich plötzlich Bilder vor den Augen hatte, wie das Auto auf uns zukam. Ich zuckte zusammen. Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen. Doch die Bilder gingen nicht mehr aus meinem Kopf. Um mich abzulenken, versuchte ich mich wieder auf den Unterricht zu konzentrieren. Nach einer Weile funktionierte es sogar. Zum Glück bemerkte keiner meinen Aussetzer, nicht mal Mel die direkt neben mir saß. Ich atmete tief ein und aus, um selbst zur Ruhe zu kommen. Das half. Doch das hatte Mel anscheinend gemerkt. >>Ist alles in Ordnung?<< Verwundert sah sie mich aus ihren grün-blauen, großen Augen an. Dabei strich sie eine Strähne, ihrer langen rötlichen Haare hinters Ohr. Sie sah niedlich aus, mit ihrer etwas blassen Haut und den Sommersprossen. Ich nickte nur und setzte mir dabei ein gezwungenes Lächeln auf. Mel begnügte sich damit und schaute wieder nach vorn. Ich dann ebenfalls. Der Rest der Stunde verlief ziemlich langweilig und entlockte mir aus Versehen ein lautes Gähnen. >>Yuna?<< , rief Herr Weber mich auf. Jetzt erst bemerkte ich, dass es etwas zu laut war. Ich setzte mich erschrocken auf und starrte ihn mit großen Augen an. Ich wollte etwas sagen, aber die Worte fanden den Weg aus meinem Mund nicht heraus. >>Wenn dich mein Unterricht langweilt, kannst du auch gerne vor der Tür warten!<< , fügte Herr Weber in einem strengen Ton noch hinzu. So kannte ich ihn gar nicht. Ich wurde auf meinem Stuhl immer kleiner und schüttelte nur den Kopf. Dabei belies er es auch. Zum Glück.
>>Was war das gerade mit Herrn Weber?<< , fragte mich Mel während wir aus der Schule gingen. >>Ich weiß es nicht. Ist mir so rausgerutscht.<< , gab ich kurz zurück. Sie nickte nur und wir verabschiedeten uns. Mel und ich wohnten im selben Dorf und wir gingen jeden Tag zur Schule und nach Hause. Ich war froh jemanden wie sie zu haben. Die meisten in unserem Dorf und in der Schule haben mich erst richtig wahrgenommen, als der Unfall passiert ist.
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