Plätzchen für besondere Engel
Pock Pock Pock. Alec sah Magnus verwundert an. Sie saßen auf dem gemütlichen Zweisitzer, jeder ein Glas Wein in der Hand und beobachteten die Lichter der Stadt, die sich an der dichten Wolkendecke brachen. Fast wie ein Gewitter ohne Regen.
Pock Pock Pock. “Wer ist das?” fragte er den Hexenmeister, der aber nur mit den Schultern zuckte. Da seine Schutzzauber ihn nicht gewarnt hatten konnte es nur einer ihre Freunde sein. Allerdings meldeten diese sich fast immer mit einer Nachricht an, außer Jace. Der blonde Schattenjäger hatte immer noch einen Schlüssel und klopfte nie an. Lieber erschien er spontan zu den unpassendsten Momenten, meistens wenn die beiden schon halb nackt waren.
Bevor es ein drittes Mal pocken konnte war Alec aufgestanden und hatte die Tür geöffnet. Jace stand davor und holte gerade zu einem neuen Tritt aus, den er noch recht elegant auffangen konnte. In beiden Händen trug er riesige braune Papiertüten, die von einer ausgiebigen Einkaufstour zeugten. “Wie hast du des geschafft unten ins Haus zu kommen, aber hier oben kannst du nicht aufschließen?” fragte Alec mit etwas verwirrten Unterton. “Die alte Ms Hodson aus dem zweiten Stock kam gerade vorbei. Jetzt nimm mir endlich etwas ab.” kam es halb hinter den Tüten hervor. Magnus war hinter Alec getreten und sah den Blonden ebenfalls verwirrt an. “Du weißt schon, dass du nicht einkaufen musst. Alles was du brauchst kann ich mit einem Fingerschnipp..”
“Nein, nein.” unterbrach ihn Jace. “Dann ist es nicht richtig. Manche Sachen muss man ganz einfach machen. Mit den Händen, wie Menschen. Ohne Zauber und ohne Runen.”
“Und was genau willst du genauso machen?” fragte jetzt wieder Alec während er eine der Tüten in die Küche trug.
“Plätzchen backen”
Alec verschluckte sich fast an seinem unterdrückten Lachen und Magnus Stirn zierte eine tiefe Furche. “Was? Warum?” fragte der Ältere. “Dafür gibt es Spezialisten. Ich kann dir das beste Weihnachtsgebäck aus Wien oder Leipzig oder Aachen..” “Nein, nein.” unterbrach der Blonden ihn wieder. “Das ist nur Gebäck. Es sind nur richtige Plätzchen wenn man sie selber macht.” vertrat er stur seine Meinung während er Mehl, Zucker und Eier aus der einen Tüte zog und strategisch auf der Arbeitsplatte verteilte. “Wie viele willst du machen? Das reicht für das ganze Institut.” Alecs Kopf war in der zweiten Tüte verschwunden und er holte Butter, Puderzucker und Lebensmittelfarbe zum Vorschein.
“Wir - backen ist eine Familienaktion. Und da wir alle Izzy nicht in die Nähe der Küche lassen, werden wir drei jetzt backen.” Der Blonde war vollkommen von seinem Vorschlag überzeugt und Magnus skeptischen Blick ignorierte er gekonnt. Durchsetzungsstark. Stur. Jace.
“Das ist eine tolle Idee.” fing auch Alec an und sah seinen Mann erwartungsvoll an. Seine braunen Augen wurden etwas größer als er seinen Hundeblick auf legte, den er nur für Magnus herausholte. Aber wer wurde denn beim Gedanken an frisch gebackene Plätzchen nicht wieder zum Kind? Es dauerte einen kleinen Moment bis der Schwarzhaarige verstand warum sein Hexenmeister so wenig begeistert war. “Du hast noch nie Weihnachtsplätzchen gebacken, oder?” fragte er vorsichtig während er auf Magnus zuging und ihm sanft in den Arm nahm. “Es war noch nie notwendig.” gab dieser leise zu. Ungern gab er zu, dass er etwas nicht konnte oder kannte. Besonders nicht wenn Alec und er nicht alleine waren. Alec konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen und küsste seinen süßen Hexenmeister.
“Dann kann ich dir auch mal etwas neues zeigen.” meinte er nur und zog ihn direkt mit in die Küche. Alec band Magnus eine Schürze um, was ihm einen entrüsteten Blick einbrachte. Schließlich war Magnus kein Kind, dem man beim Anziehen helfen musste. Als er sich aber direkt hinter ihn stellte und seine langen Arme um den Hexenmeister schlang war der böse Blick einem entspannten Seufzen gewichen. Magnus fielen mindestens fünfzehn nicht jugendfreie Dinge ein, die er jetzt mit Alec anstellen könnte, wäre sein Parabatai nicht eifrig dabei die Zutaten ab zu wiegen und in die große Küchenmaschine zu füllen. Die beiden kuschelten sich fest aneinander und beobachteten wie Jace hoch konzentriert den Zucker abwog. “Backen ist reine Chemie - auf das richtige Verhältnis kommt es an.” kommentierte er während er den Löffel mit dem Backpulver abstrich.
Magnus schnippte und im Hintergrund erklang leichte Musik. Dazu schwang er leicht in Alecs starken Armen. Er musste an eine der großen Backshows denken, die er manchmal sah um sich die Zeit zu vertreiben. Es fehlte nur noch den neugierige Kommentator.
“Er muss aufpassen, dass er genug Backpulver nimmt, sonst werden sie steinhart. Das ist Großmutters Spezialrezept, wenn es nicht stimmt kannst du die Plätzchen als Wurfsterne benutzen.” erklärte Alec leise direkt neben Magnus Ohr als hätte er seine Gedanken gelesen. Alec hielt seinen Hexenmeister eng umschlungen und küsste sanft seinen Hals während Jace so tat als würde er die beiden gar nicht beachten. Gerne würde er auch mit jemanden zusammen hier stehen, kuscheln und gemeinsame Erinnerungen aufbauen. Aber vielleicht würden ihn diese Plätzchen ein wenig näher an seinen Wunsch bringen. Dafür sollten sie perfekt werden. Er ließ akribisch die Orangenschale in die Schüssel rieseln bis die Waage darunter exakt 25 g anzeigte.
Die Maschine hatte die Zutaten zu einem ansehnlichen Tag vermengt als Jace sich an seinen Parabatai wandte, damit sie zusammen den Teig noch ordentlich durchkneteten. Natürlich hätte die Maschine gereicht, aber dann wäre es doch nicht richtig von Hand gemacht worden. Und Jace wollte es richtig machen. Kein Luftschloss sondern ein solides Fundament, das war sein Plan.
Der fertige Teig kam in den Kühlschrank und Alec verschwand im Bad um sich zu waschen, Magnus dicht auf seinen Fersen um ihn zu unterstützen. Der Blonde lächelte, das Glück seines Bruder freute ihn, und er stellte sich darauf ein die nächste Stunde allein zu verbringen bis sie endlich ans Ausstechen kämen.
Er behielt recht und die beiden tauchten erst wieder auf als Jace schon den ersten Teil des Teiges ausgerollt hatte um ihn mit dem Ausstecher in Form zu bringen. “Warum hast du nur eine Form? Und warum einen Engel?” fragte Alec bevor er sich an Magnus wandte: “Welche Form möchtest du?” Der Hexenmeister besah sich die Engelform, schnippte mit den Fingern und hielt Alec einen Stern entgegen. “Zu dem Engel passen die bestimmt gut. Außerdem kann man sie auch anders verwenden.” spielte er zwinkernd an.
Nachdem sie etwa dreißig Engel und doppelt so viele Sterne aus dem Ofen geholt hatten begann Jace mit einer genauen Inspektion bei der er die zehn schönsten Engel aussuchte und diese begann sehr akkurat zu verzieren. Langsam wurde sein Verhalten wirklich seltsam, also noch seltsamer als die beiden es gewohnt waren. “Die scheinen für jemand besonderen zu sein?” fragte Magnus scherzhaft während Alec versucht über Jace Schulter zu spähen. “Warum nimmst du nur rot und schwarz?” Der Blonde malte mit stoischer Gelassenheit die Konturen seiner Engel nach und verdeckte Alec dabei so gut es ging die Sicht. “Hast du Goldfarbe?” fragte er plötzlich in Richtung des Hexenmeisters ohne auf die Fragen eingegangen zu sein.
Magnus hatte sich schon den restlichen Plätzchen gewidmet und dekorierte die Sterne glitzernd und strahlend wie Alec noch nie einen Keks gesehen hatte. Ohne von seinem Werk auf zu sehen schnippte er mit den Fingern und vor Jace erschien eine kleine Tube mit der gewünschten Farbe.
Alle drei waren schnell in ihre Kunstwerke vertieft, wobei Alec deutlich mehr Spaß daran hatte sie zu probieren und Magnus Werke zu sortieren, wer welchen als Geschenk bekommen würde. Silber und Rot für seine Schwester, Hulkgrün für Sheldon, leicht angebrannt für ….
Die Zeit verflog und die erst nachdem schon längst die Nacht angebrochen war ließen sich die zwei jeweils mit einem Martini in der Hand auf das gemütliche Sofa fallen. “Das war eine tolle Idee.” lobte Magnus den Blonden, der immer noch in der Küche stand. Jace brummte zustimmend und wählte die zwei Schönsten seiner Engel aus - einen roten mit schwarzen Flügeln und einen nur mit goldenen Haaren - und verpackte sie in ein kleines Paket. “Magnus, könntest du ein Portal für mein Paket erschaffen?” fragte er schließlich nachdem er noch eine ordentliche rote Schleife um das schwarze Papier gebunden hatte.
“Natürlich. Wo soll es hinführen?” der Hexenmeister hatte beschlossen sich heute einfach nicht mehr über seinen Besucher zu wundern. “Es wird seinen Weg schon finden.” meinte Jace nur als er das Paket in den lila Energiestrudel warf und dabei an den gefallenen Engel dachte, den er so gerne auf sich aufmerksam machen wollte.
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