Ein Rätsel für mich

Seitdem er sein Paket durch das Portal geschickt hatte waren ein paar Tage vergangen. New York versank in Weihnachtsstimmung und sogar etwas Schnee war gefallen. Überall wurde auf die schönste Zeit des Jahres verwiesen und Jace hatte das Gefühl nur noch von glücklichen Paaren umgeben zu sein. Mit einem Stich im Herzen dachte er an sein kleines Paket und fragte sich zum tausendsten Mal ob es wohl angekommen war. Ob es bei dem richtigen angekommen war oder ob es seinen Weg nicht gefunden hatte. Und falls es wirklich in Edom gelandet war, wusste der Empfänger dass es von ihm war? Natürlich nicht. Jace hatte nicht daran gedacht einen Absender darauf zu schreiben. Ok, ehrlich gesagt hatte er daran gedacht, sogar sehr oft. Aber im letzten Moment hatte er sich dagegen entschieden weil er nicht wußte wie sein Geschenk ankommen würde. Oder wenn der falsche es finden würde. Der blonde Schattenjäger hatte so eine Angst davor zurückgewiesen zu werden, dass er lieber riskierte, dass er niemals eine Antwort erhalten würde.
Andererseits würde ein Höllenfürst durchaus in der Lage sein den Absender herauszufinden, sofern es ihn interessierte. Drei Tage vor dem großen Fest der Mundies versuchte Jace sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass seine Plätzchen wohl auf ewig im Limbus verschwunden wäre oder Asmodeus einfach kein Interesse an einem kleinen Sterblichen hatte.

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Während Jace auf einer sehr langweiligen Patrouille durch die verschneiten Seitenstraßen New Yorks wanderte, saß eben jener Höllenfürst auf einem eleganten Stuhl vor einem altmodischen mannshohen Spiegel in seinem Thronsaal und wirkte einen sanften Zauber. Zwei Spiegel waren ihm bereits verbrochen weil er seine Magie mit zu viel Kraft auf sie geschickt hatte. Er musste sich schwer zurücknehmen, damit seine Ungeduld ihn nicht wieder zu viel Magie losschicken ließ. Das kleine schwarze Paket mit den zwei gebackenen Engeln lag neben ihm. Endlich spürte er wie die Verbindung zustande kam. Seine Reflektion im Spiegel änderte sich und sein Blick fiel in ein ihm unbekanntes Schlafzimmer. Nichts kam dem mächtigen Dämon bekannt vor und einen kleinen Moment zweifelte er ob sein Zauber ihn in den richtigen Spiegel geführt hatte. Um seinen Spruch zu testen konzentrierte sich auf seinen Sohn und sofort verschwamm das Zimmer vor ihm. Nach wenigen Augenblicken blickte er in Magnus opulentes Schlafzimmer. Eine Katze lag mitten auf den golden bezogenen Decken und sah ihn mit großen Augen durch den Spiegel an. Ja, das war eindeutig, sein Zauber funktionierte.

Natürlich funktioniere seine Magie einwandfrei. Aber auch ein jahrtausendealter Engel tat gut daran sich gelegentlich selbst zu überprüfen. Überheblichkeit hatte mehr als einen seiner Brüder in den Limbus geschickt.

Wieder konzentrierte er sich auf die gebackenen Engel neben sich, das Bild in seinem Spiegel verschwamm und das vorherige Zimmer erschien wieder. Wer auch immer hier wohnte, dieser Mensch hatte die Plätzchen gebacken und ihm geschickt. Offensichtlich war es kein Hexenmeister, denn sonst hätte er nicht Magnus Portal nutzen müssen. Und genauso offensichtlich war es kein Mundie, da diese schon vor Jahrzehnten ihren Glauben an die göttlichen Heerscharen verloren hatten. Und da Magnus dieser Person ein Portal erschaffen hatte ohne nach dessen Ziel zu fragen, musste es jemand sein dem sein Sohn vertraute. Asmodeus wusste genau, dass Magnus niemals ein Portal nach Edom geöffnet hätte wenn er gewusst hätte wohin das Paket geschickt werden sollte.
Das Zimmer in seinem Spiegel war wohnlich eingerichtet, ein großes Bett war gut zu erkennen. Weiche pastellfarbene Laken standen im Gegensatz zu den sonst dunklen Möbeln aus massivem Holz. Auf dem kleinen Nachttisch lag ein Buch, aber nichts was auf den ersten Blick den Bewohner preisgeben würde. Probeweise ließ Asmodeus seine Magie über seine Fingerspitzen tanzen und schickte ein winzige Menge durch den Spiegel. Tatsächlich tanzte eine winzige rote Flamme über das Bett bevor sie erlosch. Ein selbstgefälliges Grinsen legte sich auf sein Geschicht. Damit konnte er arbeiten. Vorsichtig, um den Spiegel nicht zu beschädigen, sande er wieder seine Magie aus und klappte damit die Bettdecke auf. Nur eine kleine Veränderung, die den meisten Menschen nicht einmal auffallen würde.
Er öffnete die Schranktüren, aber da er von dem Spiegel aus nicht hinein sehen konnte bekam er auch hier keinen brauchbaren Hinweis auf den Absender seines Geschenkes. Von der Einrichtung her tippte er auf einen Mann, einen offensichtlich sehr ordentlichen, der nichts überflüssiges in seinem Schlafzimmer herumliegen ließ. Er sah keinen Schmuck, keine Dekorationen außer den schweren Ornamenten an den Möbeln. Selbst auf dem großen Schreibtisch lag nur ein kleiner Block und ein Stift. Sonst konnte Asmodeus nur noch eine angelehnte Tür erkennen. Mit einem kleinen Magieschubser öffnete er sie etwas weiter und sah in ein unbeleuchtetes Badezimmer. Das brachte ihn auch nicht weiter. Etwas frustriert zog er seine Magie zurück durch den Spiegel und beschloss ein paar Stunden zu warten. Irgendwann würde der Bewohner nach Hause kommen und dann würde er erfahren wer ihn mit den Plätzchen bedacht hatte.

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Die Nacht war genauso ereignislos verlaufen wie die letzte. Und die davor. Anscheinend hatten sich auch die Dämonen von der Weihnachtsstimmung der Stadt anstecken lassen. Frustriert und unausgeglichen trat Jace in sein Zimmer im Institut und erstarrte. Etwas war anders. Jemand war hier gewesen. Angespannt untersucht er das Badezimmer, dessen Tür geöffnet worden war, genauso wie sein Kleiderschrank und die zurückgeschlagene Bettdecke.
Fast eine Stunde lang untersuchte er sein Zimmer mit mehr Energie als jeden Tatort. Er konnte einfach nichts finden. Schließlich war er davon überzeugt, dass keine Gefahr bestand und er auch niemanden davon erzählen würde. Er konnte sich ziemlich gut das hämische Grinsen von ein, zwei Kollegen vorstellen, wenn er wegen einer aufgeschlagenen Bettdecke einen falschen Alarm auslöste.
Hin und hergerissen ging der Blonde erst einmal ausgiebig duschen. Das heiße Wasser löste die Spannungen seiner Muskeln so dass er anschließend nur noch in sein Bett kroch und beschloss die Unstimmigkeiten einfach zu ignorieren. Schon nach wenigen Minuten war er fest eingeschlafen und sah nicht wie sich die Reflektion im Spiegel veränderte.

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Asmodeus hatte sich ein wenig die Zeit vertrieben indem er aus der Asche vor seinem Palast Skulpturen entstehen ließ. Die kleinen Naschereien hatten ihn an die Zeit mit Michelangelo erinnert und so hatte er aus den verbrannten Dämonen niedliche Putten geschaffen. Die Ironie war ihm vollkommen bewußt. Leider nicht der restlichen Bevölkerung seines Reiches. Vielleicht sollte er ein paar seiner intelligenteren Dämonen auf Bildungsreise in die Welt der Mundies schicken?

Er wendet sich wieder seinem Spiegel zu und schickt sanft den Zauber um den Blick in das Schlafzimmer seines Unbekannten zu öffnen. Diesmal hat er Glück. Eine menschliche Gestalt lag in den weichen Laken, ein paar blonde Haare waren zu erkennen, helle Haut, viele Muskeln und eine Menge schwarzer Runen. Ein Shadowhunter. Das hätte ihm klar sein können. Sein Sohn schien sich davon mittlerweile einen ganzen Harem zu halten.

Neugierig saugt er jedes Detail im Raum auf. Der wohldefinierte Körper unter der dünnen Decke, das aufgeschlagene Buch auf dem Nachtisch, die zusammengelegte Kleidung auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch. Seine schweren Schuhe standen ordentlich daneben. Nicht viel. Eine ganze Weile beobachtete Asmodeus seinen schlafenden Shadowhunter und überlegte ob er ihn wecken sollte. Dann entschied er sich aber für ein kleines Spiel. Schließlich hatte er alle Zeit der Welt und damit könnte er die Langeweile ein wenig vertreiben. Er ließ seine Magie durch den Spiegel dringen und ein Blatt auf dem Schreibtisch faltete sich selbst zu einer Rose. Diese legte er auf das aufgeschlagene Buch bevor er zwei kleinen Zauber hinterließ. Sobald ein Fuß auf den Boden gesetzt wird würde er es spüren. Und wenn er den Spiegel wieder aktivierte würde nur er in den Raum sehen können. Der verstörte Blick von Magnus Katze hatte er immer noch vor Augen.

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Jace erwachte ausgeschlafen und erholt aber mit dem dumpfen Gefühl dass etwas nicht stimmte. Etwas war anders. Sofort sprang er aus dem Bett, bereit sich zu verteidigen, auch wenn er nicht wußte wer sein Gegner war.

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