Kapitel 3.2 (überarbeitet)
Sie wollte es nicht wahrhaben, aber konnte das wirklich sein? Sie, seine Gefährtin? Elly hatte bereits von den Seelengefährtinnen der Drachen gehört. Aber bisher hatte sie nie wirklich daran geglaubt, dass das Schicksal zwei Wesen zusammenführte, die angeblich füreinander bestimmt waren.
Außerdem zählte Silas zu den Schwarzdrachen. Und Schwarzdrachen waren für ihre Aggressivität bekannt. Sie waren blutdürstige Bestien, die nur aus dem Grund existierten, um Chaos und Zerstörung zu verbreiten.
Die Menschen gingen davon aus, dass Schwarzdrachen einst aus der Dunkelheit selbst geformt wurden. Von einem mächtigen Schwarzmagier. Und doch konnte sie nicht leugnen, dass zwischen Silas und ihr ein starkes, magisches Band bestand. Noch nie zuvor hatte sie sich so sehr zu einem anderen Wesen hingezogen gefühlt.
"Du spürst es ebenfalls nicht wahr?", wollte er von ihr wissen, doch sie sah ihn nur fragend an.
"Die Verbindung zwischen uns", half er ihr auf die Sprünge.
"Ich.. ich bin ehrlich gesagt völlig durch den Wind, gib mir erstmal eine Minute, damit ich mich sammeln kann", antwortete sie ihm, um Zeit zu schinden. Er deutete ein Lächeln an und erhob sich, half ihr auf die Beine.
Rasch zupfte sie ihre Kleidung zurecht und räusperte sich. Die ganze Situation überforderte sie und sie hatte keine Ahnung, was sie nun sagen sollte.
Silas war ein Drache, sie sprach hier gerade mit einem echten Drachen. Noch immer konnte sie nicht fassen, was hier vor sich ging.
Er musterte sie von oben bis unten, als könnte er auf diese Weise herausfinden, was sie gerade dachte. Unter seinem Blick wurde sie nervös und sie ertappte sich dabei, wie sie mit den Beinen hin und her zappelte.
"Was ist mit dir? Habe ich dich so sehr aus dem Konzept gebracht?", wollte er von ihr wissen und zog fragend eine Augenbraue nach oben, während er sie provokant angrinste. Ganz offensichtlich versuchte er sie aus der Reserve zu locken.
"Vielleicht ein bisschen", gab sie zu und sein verwunderter Gesichtsausdruck verriet ihr, dass er wohl eher damit gerechnet hatte, dass sie ihm ein paar giftige Worte an den Kopf knallen würde.
Sein Blick wurde ganz weich und er begann mit seinen Fingern sanft über ihre Wange zu streicheln.
"Mir gefällt deine Ehrlichkeit", gestand er ihr, woraufhin ihr Herz einen Sprung machte.
"Wir gehören zusammen Elly. Das Schicksal hat uns zusammengeführt", versuchte er sie zu überzeugen.
"Ich höre auf mein Herz, aber ich spüre gar nichts, ich weiß nicht mal wovon du redest", log sie und wandte ihren Kopf ab.
Er lachte leise. Ein Zeichen dafür, dass er ihr die Lüge nicht abkaufte. Mit sanfter Gewalt zwang er sie dazu, ihn erneut anzusehen.
"Elly..", fing er an und nahm ihre Hand in seine, führte sie anschließend zu seinem nackten Oberkörper. Genau zu der Stelle, wo sein Herz lag. Sie konnte seinen kräftigen Herzschlag unter ihrer Handfläche spüren, seine Haut war angenehm warm.
"..dank dir schlägt mein Herz seit heute wieder. Du bist dafür verantwortlich", hauchte er und sie schluckte schwer. Wenn dem wirklich so war, war sie tatsächlich seine Gefährtin.
Agatha, die Dorfälteste hatte früher immer erzählt, dass nur die Seelengefährtin eines Drachen dazu in der Lage wäre, das Herz ihres Partners zum schlagen zu bringen. Und wenn Silas sie täuschte und bereits eine Gefährtin haben sollte, hätte sich das schon längst in Aerrion herumgesprochen. Nein, sie glaubte ihm. Er sprach die Wahrheit.
Elly konnte der Versuchung nicht widerstehen und streichelte beinahe wie von selbst mit ihren Fingern über seinen muskulösen Oberkörper, seine kräftigen Bauchmuskeln entlang. Silas genoss ihre Berührungen sichtlich und blickte mit halbgeschlossenen Lidern auf sie herab.
"Warum sträubst du dich gegen mich? Liegt es daran, dass ich dein Zuhause zerstört habe?"
Elly schüttelte den Kopf. "Nein, das ist es nicht."
"Warum kannst du es dann nicht akzeptieren?", fragte er sie schließlich und sah sie an, als wäre sie der kostbarste Schatz der Welt. Ihr wurde ganz warm ums Herz und doch warnte sie ihre innere Stimme vor ihm. Er war gefährlich. Sie durfte ihn nicht zu nahe an sich heranlassen, ihn nicht in ihr Herz lassen.
Sobald sich ein Drache und seine Gefährtin gegenseitig akzeptierten, gingen sie einen Bund ein, der sie unwiderbringlich zusammenführte. Für die Ewigkeit. Sie hatte sicher nicht vor, ihr Herz an einen Mann wie ihn zu verschenken geschweige denn, sich an ihn zu binden.
Es hieß, dass ein Drache erst vollständig war, wenn er seine zweite Hälfte, seine Gefährtin, gefunden hatte und mit ihr den Bund eingegangen war. Erst dann würde er das volle Potenzial seiner Kräfte entfalten können, die in ihm schlummerten.
Ihr wurde mulmig zumute, wenn sie nur daran dachte, dass sie ihn durch den Bund noch stärker machen könnte, als er ohnehin schon war. Wäre er dann überhaupt noch aufzuhalten? Ihre Nackenhaare richteten sich auf. Sie durfte nicht vergessen, wer er war.
Wie konnte er nur ein Schwarzdrache sein und dazu noch der Herrscher über die schwarzen Legionen, wenn er sich ihr gegenüber doch so liebevoll verhielt? Es würde ihr viel leichter fallen, ihm zu widerstehen, wenn er sich ihr gegenüber wie ein Monster verhalten würde. Wenn er ihr einen Grund geben würde, ihn zu hassen.
"Du wirst deine Zweifel schon noch ablegen. Komm mit mir, Elly. Begleite mich nach Vargorath, zur schwarzen Festung", forderte er sie auf. Er sah sie voller Zuneigung an, voller Wärme.
Beinahe stiegen ihr Tränen in die Augen. Noch nie hatte sie sich so begehrenswert gefühlt, wie in seiner Gegenwart.
Die Jahre als Ausgestoßene des Dorfes hatten sie verletzt und tiefe Narben auf ihrer Seele hinterlassen. Sie war beinahe ausgehungert nach emotionaler und körperlicher Nähe, sehnte sich nach Liebe und Zuneigung. Er versprach ihr alles davon.
Elly blickte über Silas Schultern hinweg, in Richtung ihres zerstörten Dorfes. Rauchschwaden stiegen über den Trümmern der Häuser empor, vereinzelte Flammen züngelten über die Holzplanken.
Es war so verlockend einfach mit ihm mit zu gehen, in eine bessere Zukunft. Sie war neugierig auf ihn, wollte mehr über ihn erfahren. Wenn sie ihm folgen würde, hätte sie die Chance dazu. Aber es wäre mehr als egoistisch von ihr, wenn sie es wirklich tun würde.
Dass Silas und seine Diener in ihrem Dorf ein Blutbad angerichtet hatten, war eine Sache gewesen. Aber sie wollte doch nicht, dass Unschuldige starben. Wie könnte sie die Tatsache einfach ausblenden, wenn sie mit ihm zusammen war? Wenn sie wusste, dass er weiter morden würde?
"Mit deiner Hilfe werde ich die Welt in Trümmern legen und aus ihrer Asche eine neue erschaffen. Eine dunkle Welt, in der Chaos und Leid an der Tagesordnung stehen", raunte er in ihr Ohr, als würde er sie mit seinen Worten verführen wollen. Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals. Das war sicherlich das letzte, was sie gerade hören wollte.
"Aerrion wird für alle Anhänger des Lichts ein Ort reinster Qual werden. Und wir beide, meine Liebe, werden über diese Welt herrschen", fuhr er fort und seine braunen Augen flackerten, ehe sie sich rot färbten. Der Drache in ihm kam zum Vorschein und seine Stimme klang nun um einiges tiefer, als zuvor. Ein finsteres Lächeln legte sich auf seine Lippen und er schien bereits in Gedanken vertieft zu sein.
Wahrscheinlich malte er sich gerade aus, wie er Aerrion in den Untergang stürzen konnte. Seine Augenfarbe erinnerte sie in diesem Moment an die Farbe menschlichen Blutes, das er noch vergießen würde. Das er noch vergießen wollte.
Elly war zutiefst schockiert darüber, wie schnell er sich verändern konnte. Nichts erinnerte sie mehr an den Mann, der er gerade noch gewesen war. Silas lechzte beinahe danach, Zerstörung zu verursachen. Ihr wurde übel und sie war völlig verunsichert.
Elly wich augenblicklich vor ihm zurück, als hätte sie sich verbrannt. Sie konnte ihm nicht folgen, sie würde es nicht tun.
"Ich brauche etwas Zeit für mich, um in Ruhe darüber nachzudenken, ob ich mit dir gehen möchte, Silas", sagte sie schließlich, aber sie wusste bereits, dass sie ihm nicht folgen würde.
Auch wenn es ihr einen Stich ins Herz versetzte, ihn verlassen zu müssen, war dies doch der einzig richtige Schritt. Alles andere wäre unverantwortlich. Sie war kein schlechter Mensch.
"Du weißt, dass ich dich nicht gehen lassen kann, nicht wahr?", sagte er und wirkte verletzt, als hätte ihn ihre Unentschlossenheit gekränkt.
"Ich würde dir die Zeit geben, die du brauchst. Aber sobald meine Feinde von dir erfahren, werden sie dich jagen. Sie werden dich als Waffe benutzen, um mich zu schlagen. Das kann ich nicht zulassen", sprach er mit fester Stimme.
Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Das was er sagte, klang keineswegs abwegig. Als seine Gefährtin würde sie immer in Gefahr sein und geradewegs zu einer Zielscheibe für seine Feinde werden.
Hatte sie sich nicht Aufregung und Nervenkitzel in ihrem Leben gewünscht? Vielleicht hätte sie es nicht zu laut ins Universum rufen sollen.
Sie befand sich in einer sehr kniffligen Lage. Was sollte sie nur tun? Ihre Augen füllten sich mit Tränen, nur mit Mühe konnte Elly sie noch zurückhalten.
Silas sah sie besorgt an und schien sich nicht gut dabei zu fühlen, wenn es ihr schlecht ging.
"Du hast bedenken wegen meiner Pläne für Aerrion, nicht wahr?", wollte er von ihr wissen und versuchte sie zu beruhigen. Sie nickte nur zur Antwort und hoffte, dass er sie verstehen würde.
"Ich kann nachvollziehen, wie du dich gerade fühlen musst", fing er an und legte einen seiner Finger unter ihr Kinn, zwang sie dazu, ihn anzusehen.
"..aber hör mir gut zu, Elly", forderte er sie auf und sah ihr direkt in die Augen. Sie hatte das Gefühl, als würde er bis in ihre Seele blicken.
"Unsere Herzen schlagen im selben Takt, ansonsten wärst du nicht meine Gefährtin. Tief in dir vergraben lauert eine Dunkelheit, die meiner gleicht", versicherte er ihr, als wäre er fest davon überzeugt. Sie spürte, dass er etwas in ihren Augen suchte. Etwas, das er unbedingt finden wollte. Er grub tiefer, immer tiefer, bis sie das Gefühl hatte völlig nackt vor ihm zu sein.
Er war ihr viel zu nahe und mit jeder Sekunde die verging, fühlte sie sich unwohler. Doch sie konnte ihren Blick nicht von ihm abwenden. Sie wagte es nicht einmal zu blinzeln.
Mehrere Sekunden des Schweigens vergingen. Dann lächelte Silas zufrieden, als hätte er gefunden, wonach er gesucht hatte.
"Ich werde die Dunkelheit in dir Stück für Stück hervorbringen, Elly", versprach er ihr und seine roten Augen funkelten vor wilder Entschlossenheit. "Du wirst es lieben in der finsteren Welt zu leben, die ich erschaffen werde."
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