Kapitel 21

Elly war vollkommen aufgewühlt. Ein roter Schleier der Wut legte sich vor ihr Sichtfeld, während sie den Dolch tief in Edans Fleisch versenkte. Seine Schmerzensschreie erfüllten die Nacht und klangen wie Musik in ihren Ohren. Blut spritzte aus der Wunde und besudelte ihr Gesicht mit glänzendem Rot.

Sie stach ein weiteres mal zu und erinnerte sich dabei an sein dreckiges Lachen, an die verletzenden Worte die er ihr einige Minuten zuvor an den Kopf warf, während er versucht hatte sie zu töten.

Elly spürte wie Silas Blut in ihr erwachte, wie es prickelnd heiß durch ihre Adern floss und auf dem Weg zu ihrem Herzen jeden Millimeter für sich beanspruchte. Es fühlte sich gut an, genau wie seine Berührungen die ihr vermutlich niewieder aus dem Kopf gehen würden. Wie war es überhaupt möglich, dass ein so bösartiger und unberechenbarer Mann wie er dazu fähig war, sanft und zärtlich zu sein?

Als sie an sich hinunterblickte fiel ihr auf, dass ihre Kleidung blutverschmiert und an einigen Stellen zerrissen war. Sie konnte deutlich sehen wie sich schwarze Schuppen auf ihrer Haut bildeten und diese immer zahlreicher wurden.

Sein Blut schlängelte sich weiter nach oben, spülte ihre Sorgen fort und ließ sie an nichts anderes als an ihn denken. Vor wenigen Stunden hätte sie vor Panik geschrien und versucht die Schuppen von ihrer Haut zu kratzen doch nun störte sie es nichtmehr. Silas Einfluss auf sie wurde immer größer und ihr war klar, dass sie ihm selbst die Sache mit Edan jederzeit verzeihen würde wenn er doch nur endlich zurückkommen und sie küssen würde.

Edans Atmung ging ganz flach und wenn er weder geröchelt noch Blut gespuckt hätte, wäre ihr vermutlich nichtmal aufgefallen, dass sie eine blutige Waffe in der Hand hielt und gerade dabei war einen Mord zu begehen. Elly hielt inne.

Silas Blut tat es ihr gleich und stoppte kurz vor ihrem Herzen. Es schien bereits seine Finger nach dem Organ auszustrecken. Als Edan ihr zögern bemerkte verzog er seine Lippen zu einem gequälten Lächeln und provozierte sie ein letztes mal. Wahrscheinlich wollte er einfach nur, dass die Schmerzen ein Ende hatten. "Hexe" kam es ihm ganz leise über die Lippen und seine Worte verfehlten ihre Wirkung nicht. Es fiel Elly ohnehin schon schwer genug sich zu beherrschen und nun hatte er sein Todesurteil besiegelt.

Als das Messer durch Edans Bauch schnitt und er seinen letzten Atemzug tat, strömte Silas Blut direkt in ihr Herz als hätte es schon eine Ewigkeit auf diesen Moment gewartet.

Elly zuckte zusammen. Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn und sie ließ die Waffe fallen. Ihre Zähne klapperten und sie hatte das Gefühl, als würde sie gegen eine schwere Krankheit ankämpfen, gegen die sie nur verlieren konnte. Ellys Körper verkrampfte sich und ihr Herz pochte immer schneller gegen ihre Brust. Es trommelte, hämmerte und raste bis es schließlich von jetzt auf gleich, ganz aufhörte zu schlagen. Kraftlos brach sie auf Edans Körper zusammen.

Einige Sekunden passierte garnichts und sie dachte schon sie müsse wirklich sterben, doch dann spürte sie wie das Pochen zurückkehrte. Zuerst war es ganz leise aber es wurde von mal zu mal lauter und stärker.

Elly gewöhnte sich schnell an den neuen Rhythmus ihres Herzschlags, anders als an ihre Sinne die nun viel ausgeprägter waren als zuvor. Als sie ihre Augen aufschlug und sich umsah wirkte alles verändert und ungewohnt, als hätte sie soeben eine fremde Welt betreten. Ihr war zwar klar, dass das einzige was sich tatsächlich verändert hatte nur sie selbst war, aber es fühlte sich trotzdem merkwürdig an.

Elly nahm ihre Umgebung nun viel intensiver wahr und hörte sogar einige Eichhörnchen, die von Ast zu Ast sprangen und über die Bäume huschten. Der Geruch eines verwesenden Hirschs stieg ihr in die Nase, genau wie der von frischen Kiefernnadeln.

Sie blickte über die Wiese zum Waldrand hin und konnte jedes einzelne Tier in der Dunkelheit deutlich erkennen. Nicht nur ihr Geruchssinn, sondern auch ihre Augen hatten sich verbessert. Elly wusste, dass es ein leichtes für sie wäre eines der Tiere zu jagen und zu reißen aber warum sollte sie sich mit so einem kleinen Häppchen zufrieden geben, wenn sie doch frisches Menschenfleisch vor der Nase hatte?

Sie schnüffelte an Edans Leiche und ihr lief das Wasser im Mund zusammen. Elly erschreckte sich über ihr Verhalten, doch sie empfand weder Abscheu noch Ekel bei dem Gedanken daran, sein Fleisch zu kosten. Was hatte sie nur getan? Sie erkannte sich selbst nicht wieder. Elly bedauerte nichtmal, dass sie ein Leben genommen hatte.

Ihre Instinkte verrieten ihr, dass Silas in der Nähe war. Sie konnte ihn riechen, konnte ihn spüren. Elly fühlte eine tiefe Verbindung zu ihm, fast so als würden ihre Herzen nun gemeinsam schlagen. Er trat zwischen zwei Bäumen aus dem Wald hervor und kam langsam auf sie zu.

Wenn seine menschliche Gestalt vorher schon attraktiv und unwiderstehlich auf sie wirkte, haute er sie nun förmlich um. Seine braunen Augen waren auf sie gerichtet, er hatte dunkelblonde Haare, ein markantes Kinn und leichte Bartstoppeln. Silas Körper wirkte wie gemeißelt, wohlgeformt und war der Traum jeder Frau.

Elly wurde ganz warm, als er näher kam doch sie rührte sich keinen Zentimeter vom Fleck aus Angst jemand könnte ihr die Beute abspenstig machen. Innerlich musste sie über dieses lächerliche Verhalten lachen, doch nur solange bis sie erkannte, was dies zu bedeuten hatte. Sie verhielt sich wie ein Raubtier, wie ein... ihr Blick fiel erneut auf ihre schwarzen Schuppen ... Drache.

"Verzeih mir, dass ich dich mit diesem minderwertigen Mensch zurückgelassen habe, aber ich musste es tun. Sonst hättest du sein Leben niemals beendet." Silas lächelte sie entschuldigend an. "Nun wirst du die Welt mit meinen Augen sehen und mich besser verstehen können."

Eigentlich sollte Elly wütend auf ihn sein, doch sie war viel zu froh darüber ihn wiederzusehen. Zögernd nahm sie ihren Mut zusammen und stellte die Frage, die ihr am meisten auf der Seele brannte. "Bin ich jetzt ein Drache so wie du?" Allein die Vorstellung reichte aus, um ihre schuppige Haut vor Freude zum prickeln zu bringen. Elly schüttelte sich, sie hatte sich definitiv verändert.

"Noch nicht ganz, aber ich werde deine Wandlung vollenden wenn du mich lässt." Er grinste und etwas dunkles, verführerisches blitzte in seinen Augen auf. Elly wartete gespannt darauf, dass er weitersprach. "Ein Drache zu sein hat viele Vorteile. Wir leben sehr lange, sind immun gegen Kälte und Krankheiten, besitzen starke magische Kräfte und können die Elemente Luft und Feuer kontrollieren." Wie zur Bestätigung streifte der Wind ihre Haut und flüsterte "Ich werde dir ein Leben ermöglichen, für das viele töten würden. Akzeptiere mich als deinen Mann und du wirst glücklicher sein als jemals zuvor." Ihr Unterleib kribbelte und anstatt zurückzuweichen, blieb sie wo sie war.

"Ein weiterer Biss, während wir uns lieben sollte ausreichen um deine Transformation abzuschließen" schnurrte er und der Wind streichelte über ihre schuppige Haut. "Ich verspreche dir, dass ich ganz zärtlich sein werde, wenn du dich mir hingibst."

Seine braunen Augen färbte sich vor Erregung blutrot. Er wirkte nun weniger beherrscht und seine dunkle Seite kam zum Vorschein, in seinem Blick lag die reinste Gier. "Ich will dich, Elly" gab er ehrlich zu und nahm kein Blatt vor den Mund. "Lass uns dort weitermachen wo wir aufgehört haben und ich werde dich für immer an mich Binden."

Der menschliche Teil, der ihr noch geblieben war flackerte auf und drängte sie dazu die Flucht zu ergreifen doch das Verlangen danach, einfach stehen zu bleiben und ihm genau das zu geben was er wollte, war überwältigend. Elly hatte nicht das Bedürfnis danach Widerstand zu leisten. Sie reagierte allgemein anders als sonst und war vermutlich schon mehr ein Drache, als ein Mensch.

Sein Grinsen wurde breiter, während er immer näher kam. Etwas finsteres lag über seinem Gesicht und er sah aus wie ein gefallener Engel. "Was sagst du dazu Elly, willst du ein Drache werden?" fragte Silas schließlich und wartete auf eine Antwort. Sie knabberte an ihrer Lippe und dachte darüber nach aber sie kam immer wieder zu demselben Ergebnis. Welche Konsequenzen ihr Handeln dabei mit sich ziehen würde, war ihr in dem Moment egal. Sie wollte ihm gehören, voll und ganz. Elly nickte und er wirkte höchst zufrieden mit ihr, der Wind küsste ihre Haut.

Jede Zelle ihres Körpers reagierte auf ihn und ihr Puls raste vor Aufregung, bei dem Gedanken daran, was in wenigen Minuten passieren würde. Als er bei ihr ankam, streckte er seine Finger nach ihr aus und gerade als Elly sie ergreifen und ihn an sich ziehen wollte, entstand eine grüne Efeuwand zwischen ihnen. Sie konnte Silas zwar noch sehen, aber nicht berühren.

Elly knurrte frustriert und funkelte die Elfen, die nun über die Wiese auf sie zustürmten bedrohlich an. Sicher waren sie für diesen Zauber verantwortlich. "Holt das Mädchen und bringt sie fort von hier, Silas hat sie völlig in seinen Bann gezogen, sie weiß nicht was sie tut" hörte Elly einen von ihnen sagen.

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