Kapitel 7
༻*ੈ✩‧₊˚
𝙻𝚎𝚔𝚝𝚒𝚘𝚗𝚎𝚗 𝚍𝚎𝚜 Ü𝚋𝚎𝚛𝚕𝚎𝚋𝚎𝚗𝚜
༻*ੈ✩‧₊˚
𝑳𝒖𝒄𝒊𝒆𝒏
༻*ੈ✩‧₊
Am nächsten Morgen war die Villa in eine Stille gehüllt, die fast beunruhigend wirkte. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, ihre Strahlen fielen durch die hohen Fenster und zeichneten goldene Muster auf den polierten Marmor.
Die Gärten waren makellos, die Blumen standen in voller Blüte und doch war die Schönheit trügerisch. Nichts an diesem Ort war so unschuldig, wie es den Anschein hatte.
Ich hatte die Nacht kaum geschlafen. Die Gedanken an Mireya und ihre Worte
„Dann zeig mir, wie ich überlebe“
Hatten mich wachgehalten. Sie war wirklich entschlossen, das war offensichtlich. Aber ich fragte mich, ob sie wirklich verstand, was sie da forderte.
Im Keller der Villa, an einem Ort, den nur wenige kannten, war die Luft kühl und schwer von dem Geruch nach Leder und Metall.
Die Wände aus blankem Beton trugen Spuren von Jahren intensiven Trainings. Hier war kein Platz für Schwäche oder Nachlässigkeit.
Aric war bereits da, wie immer. Er stand im Ring, zog die Bandagen um seine Hände straff und sah mich an, als wüsste er, dass ich nicht in meiner besten Verfassung war.
„Du siehst aus, als hättest du die Nacht durchgemacht,“ bemerkte er trocken.
„Ich habe nachgedacht.“ Ich zog mein Hemd aus, legte es auf die Bank und griff nach meinen Handschuhen.
Aric grinste schief. „Über sie?“
Ich ignorierte die Bemerkung und stieg in den Ring. „Wie läuft es mit den neuen Sicherheitsmaßnahmen?“
„Gut. Wir haben die Schwachstellen verstärkt. Magnus wird es schwer haben, uns noch einmal zu überraschen.“
„Er wird es versuchen.“ Ich hob die Fäuste und trat vor. „Und wir müssen bereit sein.“
Aric wich meinem ersten Schlag aus, seine Bewegungen schnell und präzise. „Bereit sind wir. Die Frage ist, ob du es bist.“
Ich antwortete nicht. Stattdessen ließ ich meine Fäuste sprechen, griff an und zwang ihn in die Defensive.
Doch Aric war ein erfahrener Kämpfer und bald hatte er das Blatt gewendet. Sein Ellbogen traf meine Seite und ich biss die Zähne zusammen, um den Schmerz zu ignorieren.
„Du bist abgelenkt,“ sagte er, während er sich zurückzog und in die Ausgangsposition ging.
„Das bist du sonst nie.“
„Ich bin nicht abgelenkt,“ knurrte ich und ging wieder in die Offensive.
Aric grinste und blockte meine Schläge. „Oh doch, das bist du. Sie hat dich aus dem Gleichgewicht gebracht.“
Ich hielt inne, meine Fäuste waren noch erhoben und starrte ihn an. „Ich bin nicht aus dem Gleichgewicht.“
„Sicher.“
Aric ließ die Arme sinken und trat aus dem Ring. „Du kannst es dir selbst einreden, Lucien. Aber ich kenne dich. Du hast noch nie jemanden wie sie hier gehabt.“
Ich sah ihm nach, wie er ein Handtuch griff und sich über die Stirn wischte.
Seine Worte hallten in meinem Kopf nach, während ich mich aus dem Ring zurückzog und mein Hemd wieder anzog.
Ich schnappte mir meine Trinkflasche, trank ein schluck und lief nach oben. Mireya wollte kämpfen lernen, also würde ich ihr das beibringen. Ich suchte sie in ihrem Zimmer, dann im Wohnzimmer, Küche und Garten doch sie war nirgendwo. Schlussendlich lief ich zur Bibliothek und tatsächlich, dort war sie.
Mireya saß in der Bibliothek, hatte ein Buch vor sich aufgeschlagen, doch sie schien mehr mit ihren Gedanken beschäftigt zu sein als mit dem Inhalt der Seiten.
Ihr Blick wanderte immer wieder zum Fenster, hinaus in die Welt, die sie nicht betreten durfte.
„Du liest nicht wirklich,“ sagte ich, als ich eintrat.
Sie zuckte zusammen und ihre Augen weiteten sich für einen Moment, bevor sie sich wieder fingen.
„Vielleicht nicht.“
Ich ließ meinen Blick über sie schweifen. Sie wirkte ruhiger als gestern, aber da war eine neue Entschlossenheit in ihrem Blick, eine, die mich gleichermaßen faszinierte und irritierte.
„Du hast letzte Nacht etwas gesagt,“ begann ich. „Etwas, das ich nicht erwartet habe.“
„Und?“ Sie legte das Buch zur Seite und verschränkte die Arme.
„Wenn du wirklich lernen willst, wie man überlebt, dann musst du bereit sein, alles zu tun, was nötig ist.“
„Das bin ich.“ Ihre Stimme war ruhig, aber fest.
Ich trat näher, hielt ihren Blick fest. „Überleben bedeutet nicht nur Stärke. Es bedeutet, die richtigen Entscheidungen zu treffen, die richtigen Leute zu lesen und niemals zu zeigen, was du wirklich denkst.“
„Dann zeig es mir.“ Ihre Worte waren wie ein Schlag.
Ich hielt inne, suchte in ihrem Gesicht nach einem Zeichen von Unsicherheit, doch da war nichts. Nur Entschlossenheit. Schließlich nickte ich.
„Morgen früh. Sei pünktlich.“
Ich drehte mich um und ging zur Tür. Doch bevor ich den Raum verließ, warf ich einen letzten Blick über die Schulter. Sie saß noch immer da, doch ihr Blick war jetzt klarer, fokussierter.
Während ich die Bibliothek verließ, konnte ich das Gefühl nicht abschütteln, dass Mireya mehr war als nur eine Aufgabe.
Sie war eine Herausforderung, eine, die ich nicht ignorieren konnte.
Der nächste Morgen brach klar und ruhig an, es war ein seltener Moment der Stille in der sonst so chaotischen Welt der Villa.
Die Sonne tauchte den Innenhof in ein sanftes, goldenes Licht, aber ich wusste, dass diese Ruhe trügerisch war. In diesem Haus bedeutete Ruhe nie Sicherheit, sondern nur die Vorbereitung auf den nächsten Sturm.
Ich war bereits seit einer Stunde wach, hatte die Nachrichten durchgesehen und Pläne für die kommenden Tage geschmiedet.
Doch heute stand etwas anderes an.
Mireya.
Sie hatte es gewagt, mich herauszufordern und ich war entschlossen, sie nicht zu enttäuschen.
Als ich den Keller betrat, blieb ich kurz stehen. Der Raum war kühl, die Luft roch nach Metall und Schweiß, doch was mich überraschte, war Mireya. Sie war bereits da, stand mitten im Raum und betrachtete die Umgebung mit einem Ausdruck, der irgendwo zwischen Unsicherheit und Entschlossenheit lag.
„Du bist früh,“ sagte ich und meine Stimme durchbrach die Stille.
Sie zuckte leicht zusammen, drehte sich dann um und sah mich mit erhobenem Kinn an. „Ich dachte, Pünktlichkeit wäre dir wichtig.“
Ich schmunzelte. „Das ist sie.“
Aric lehnte an der Wand, wie immer war er entspannt, aber ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er uns genau beobachtete. Sein Blick wanderte von mir zu Mireya und ich konnte die Skepsis in seinen Augen sehen.
„Also,“ begann ich, während ich meine Hände in die Hosentaschen steckte, „du willst lernen, wie man überlebt?“
Mireya nickte knapp. „Du hast es versprochen.“
Ich trat näher, mein Blick bohrte sich in ihren. „Das habe ich. Aber es wird nicht einfach. Du wirst dich überwinden müssen, wirst Dinge tun müssen, die dir unangenehm sind.“
„Ich bin bereit,“ sagte sie, ihre Stimme schien fest überzeugt zu sein, aber ich bemerkte das leichte Zittern in ihren Händen.
„Gut.“ Ich wandte mich an Aric. „Wir fangen mit den Grundlagen an. Selbstverteidigung.“
Aric stieß sich von der Wand ab und trat zu uns. „Du willst, dass ich sie angreife?“
„Nicht zu hart,“ sagte ich ruhig, ohne den Blick von Mireya abzuwenden.
„Nur so viel, dass sie lernt, wie es ist, in einer gefährlichen Situation zu sein.“
Mireya sah zwischen uns hin und her, ihre Augen verengten sich. „Das ist dein Plan? Mich von ihm angreifen lassen?“
„Wenn du das nicht willst, kannst du gehen,“ erwiderte ich kühl.
Sie presste die Lippen zusammen, dann nickte sie.
„Okay.“
Aric trat vor, seine Bewegungen waren langsam und kontrolliert. Er packte ihre Handgelenke, sein Griff war fest, aber nicht schmerzhaft. Mireya zuckte zusammen und versuchte sich loszureißen, doch es war zwecklos.
„Stopp,“ sagte ich, meine Stimme war ruhig, aber bestimmt. „Reißen bringt nichts. Nutze seine Kraft gegen ihn. Beobachte ihn. Wo sind seine Schwachstellen?“
Sie hielt inne, ihre Atmung war flach, aber ihre Augen suchten. Dann, plötzlich, trat sie Aric mit voller Wucht auf den Fuß.
Aric fluchte leise und ließ sie los. „Das war... unerwartet.“
Ein Lächeln huschte über Mireyas Gesicht. „Du hast gesagt, ich soll seine Schwachstellen nutzen.“
Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. „Nicht schlecht.“
„Nicht schlecht?“ Aric rieb sich den Fuß und sah mich an. „Sie hat mich fast lahmgelegt.“
„Dann pass besser auf,“ sagte ich trocken.
Wir trainierten weiter. Ich ließ Mireya verschiedene Techniken ausprobieren, zeigte ihr, wie sie aus Griffen herauskam, wie sie Angriffe abwehrte. Es war offensichtlich, dass sie keine Erfahrung hatte, aber sie lernte schnell. Und sie gab nicht auf, selbst als sie zu Boden geworfen wurde oder ihre Bewegungen unbeholfen wirkten.
Nach zwei Stunden war sie erschöpft, Schweiß lief ihr über die Stirn, aber sie weigerte sich, aufzuhören.
„Das reicht für heute,“ sagte ich schließlich, als sie nach Luft schnappte.
„Ich kann noch weitermachen,“ protestierte sie.
„Nein, kannst du nicht,“ erwiderte ich ruhig. „Überanstrenge dich nicht. Du wirst morgen Muskelkater haben.“
Aric verließ den Raum, murmelte etwas von „endlich Kaffee“ und ließ uns allein zurück.
Mireya setzte sich auf die Bank, nahm das Handtuch, das ich ihr reichte und wischte sich das Gesicht ab.
„War das... akzeptabel?“
Ich setzte mich neben sie, ließ einen Moment der Stille verstreichen. „Es war mehr als das. Du hast Talent. Und die Entschlossenheit dazu.“
Sie sah mich an und ihre Augen suchten meinen Blick. „Glaubst du, das reicht?“
Ich lehnte mich leicht zu ihr hinüber, hielt ihren Blick fest. „Es ist ein Anfang. Aber du hast noch einen langen Weg vor dir.“
Für einen Moment sagte keiner von uns etwas. Dann nickte sie langsam, ihre Hände ballten sich zu Fäusten.
„Ich werde nicht aufgeben.“
Ich stand auf, reichte ihr die Hand, um ihr hochzuhelfen.
„Das hoffe ich. Denn in dieser Welt überleben nur die, die bereit sind, alles zu tun.“
Während wir den Keller verließen, konnte ich nicht anders, als zu denken, dass Mireya stärker war, als sie selbst ahnte.
Und vielleicht, nur vielleicht, war sie genau das, was diese Welt brauchte, auch wenn sie es noch nicht wusste.
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