Asche frisst man nicht

TW: Zigaretten, Sucht, Tod

Die Lampen brannten von der Decke
Auf die Schachteln hinterm Glas
Auf denen ich immer, immer wieder
Die schwarze Warnung las

Ich rührte mich nicht
Wie ein verängstigter Hund
Ich verharrte nur wachsam
Erneut eine Stund'

Die Kälte des Parketts
Sickerte in meine Schuh
Der wogende Trubel
Er ließ mir keine Ruh

Zwischen den bunten Regalen
Schwirrten viele Gestalten
Manche Haut glatt wie Skulpturen
Manche zerfurcht von Falten

Manche stolpernd, manche grazil
Manche auf der Suche, manche mit Ziel
Dichte Bärte oder funkelnde Augen
Deren Pupillen wie Schwämme das Licht einsaugten

Feuerrote Wangen
Oder klimpernde Ketten
Dezent geschminkte Münder
Dünn wie Zigaretten

Dutzende Gesichter, von denen jedes
Durch den Laden floh

Doch auf keinem stand geschrieben
Warum, weshalb, wieso

Stunden waren schon verstrichen
Ich stand starr am Automat
Im Tumult dazwischen
Noch hatte keiner gefragt

Noch hatte keiner sich bedient
Noch hatten die Tasten nicht geklickt
Das letzte Mal an diesem Ort
Lag ein Stück zurück

Die Lampen brannten von der Decke
Wozu schienen sie bloß hier?
Diese Bilder von bleichen Körpern
Sie waren sowieso in mir

Es war sowieso dunkel
Und gleichzeitig hell
Ich sah die Leichen eh
Trostlos und grell

Verkohlte Adern
Wie Spinnennetze
Oh, Schwester, du hast sie geliebt
Der Asche graue Schätze

Meine Glieder wurden schwer
Endlich wandt' ich mich zum Gehen
Doch mit Blick in den Gang

Blieb' ich wieder stehen

Es passierte nun
Worauf ich die ganze Zeit,
Von Erinnerung eingemauert,
Still und stumm gelauert hatte

Aus der Menge löste sich die Fremde
Auf dem Ozean ein Land
Ihre Arme blass und glänzend
Mit einem Korb in der Hand

Ihre Haare wellten sich
Wie ein Kleid in Frühlingswinden
Nur wollte heut' der Winter nicht
Aus meinem Herz verschwinden

Ihre Schritte lang und achtsam
So erschreckend elegant
Mit einer Facette
Die den Weg hierher fand

Sie schlenderte an mir vorbei
Skepsis schwebte in der Luft
Ihre Ignoranz durchbohrte mich
Es war kein schöner Duft

Über den Knöpfen kreisten ihre Finger
Nicht zierlich, nicht drall
Marlboro, Winston, West, Pall Mall

Der Drang war wie ein Gewitter
Durch meinen Magen gerollt
Sie hindern, dachte ich
Oh, Schwester, hättest du's gewollt?

All die gequälten Würmer
All die Schulhofstürmer
All die Götter ohne Stolz
All jene, die denken: Was soll's

All die Friedhofsgespenster
All die schmorenden Kettenraucher
All die vor dem offenen Fenster
All die heimlichen Verbraucher

Die gegen Regeln Amok liefen
All die, die glaubten, es zu genießen
Die für sich selbst ein Spielzeug waren
Und ihre Seelen mussten dafür bezahlen

Mit weinenden Lungen
Und gespaltenen Gemütern
All die, deren Qualen niemals vergehen
Ich habe euch gesehen

All sie, Schwester, haben eine Geschicht'
Voll Enttäuschung, Kummer

Wie du-
Und wie ich

Die Fremde geht, lässt mich im Stich
Lächelt vielleicht,
Vielleicht auch nicht
Eine Schachtel liegt im Korb

Der Schmerz macht meine Hoffnung wett
Tränen klatschen aufs Parkett
Was weiß ich, ein kleines dummes Kind, schon?

Sie ist nur ein Teil davon

Von diesem Mosaik aus Lehm und Zimt
Ein nächstes frommes Herz, dem das Glück entrinnt

Was ewig brennt und niemals geht
Wenn die Flamme erlischt, ist es zu spät

So zerfrisst der Tabak weiter
Den jungen Freiheitsschänder
Sie kommt dich besuchen, Schwester
Mach ein Kreuz in den Kalender

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