Weißt du noch?

Weißt du noch die Nächte, an denen wir die Sterne zählten und solange wachblieben, bis sie langsam im violetten Himmel verschwanden?

Oder die Morgende, an denen wir Schokokuchen zum Frühstück aßen, obwohl keiner von uns Geburtstag hatte?

Oder die Nachmittage, an denen du mich aus der Schule abholtest und wir an den See fuhren, als wären schon Sommerferien?

Oder die Tage, an denen wir Kreuzworträtsel lösten, indem ich dich nach der Lösung fragte und die Buchstaben eintrug?

Oder die Abende, wenn Opa mit seinen Freunden verabredet war und wir uns mit seiner alten Garderobe verkleideten?

Oder die Herbstferien, wenn wir mit dem knallgelben Käfer in die Berge fuhren und wandern gingen, jedes Jahr, bis du den Rollator bekamst?

Oder die Momente, in denen wir über all die Erinnerungen lachten, die wir zusammen gemacht haben?

In den Nächten habe ich das Zählen gelernt.

Zu den Geburtstagen meiner Kinder backe ich jedes Mal deinen Kuchen.

In dem See habe ich meinen Kindern das Schwimmen beigebracht.

Durch die Kreuzworträtsel habe ich das Lesen gelernt.

Das alte Hawaiihemd von Opa hängt noch immer in meinem Schrank.

In den Bergen habe ich mir letztes Jahr ein Ferienhaus gekauft.

All diese Erinnerungen trage ich stets in meinem Herzen. Und ich weiß, du tust das auch.

Auch, wenn du das nicht mehr weißt. Auch, wenn du all diese Momente vergessen hast und mich fragend ansiehst, wenn ich dich besuche, weil du mein Gesicht nicht zuordnen kannst.

Auch, wenn es schmerzt, weil du nicht weißt, welche Zahl nach zwölf kommt oder was das rote Verkehrsschild bedeutet. Weil du nicht verstehst, warum Opa nicht neben dir sitzt und dass meine Tochter nicht ich ist.

Meine Liebe für dich wird nicht verschwinden, so wie die zahlreichen Sterne im Violett, wenn eine Unendlichkeit ihr Ende nahm. Sie ist immer da.

Auch, wenn ich dir das jeden Tag auf's Neue sagen muss.

16.10.20

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