Bist du noch da?

Bist du noch da?
Da, wo ich dich vor zwei Jahren das letzte Mal gesehen habe?
Da, wo ich dich immer noch fast täglich spüre?
Da, wo ich dich insgeheim noch festhalte, weil das Loslassen nur noch mehr Leere verursachen würde?

Bist du noch da?
Tief in den Gedanken versunken, immer weiter ins Labyrinth gehend, wissend, dass du dich nur noch mehr und mehr verlierst?
Am Schreibtisch sitzend, den ganzen Tag, die ganze Nacht, mit starrem Körper und müdem Blick?
Viel zu viel vorgenommen, damit dir keine Sekunde übrig bleibt, über dich selbst und deine Probleme nachzudenken?

Bist du noch da?
Verlogen.
Eklig.
Wiederwärtig.

Ich hoffe nicht.
Ich hoffe du bist gegangen, über alle Straßen und alle Felder hinaus.
Ich hoffe du hast einen Ort gefunden, an dem du geheilt werden kannst.
Ich hoffe du kommst nie wieder vorbei.

Doch insgeheim weiß ich:
Du bist noch da.
Versteckst dich zwischen den Zeilen der Sätze, die ich schreibe.
Tauchst in der spiegelnden Scheibe auf, in die ich einen kurzen Blick werfe.
Wartest auf mich in den stillen Momenten, in denen ich gezwungen bin, mich mit mir selbst zu beschäftigen - oder sollte ich sagen mit dir?

Du kannst ohne mich nicht existieren.
Denn du bist nur ein Teil von mir.
Doch ich käme ohne dich klar.
Ich käme ohne dich zurecht.

Doch solange das "käme" noch kein "komme" ist,
solange ich vor lauter Selbsthass nur dich im Spiegel sehe,
solange du dich versteckst, doch ich dich noch immer finde,
bist du auch noch da.

Denn egal wie weit du laufen würdest,
egal hinter welchen Straßen und Feldern du bereits wärst,
ich würde zu Hause auf dich warten,
dass du zurückkommst.

Und genau das ist das Problem.

27.07.20

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