Von Dämonenkriegern und Himmelsboten

P.o.v. Austin

Jonathan. Warum ausgerechnet Jonathan? Es gibt so viele Himmelsboten, warum ausgerechnet er? Der Engel mit dem sanften Blick, funkelnde Kristalle in den hellen Iriden und dem blonden Haar. Auf der Erde zwischen all den stinkenden Menschen, war Jonathan immer die Reinheit in Perfektion. All die anderen Himmelswesen sind Nichts im Vergleich zu seiner strahlenden Erscheinung. Fades blasses Gesindel, den Dreck unter meinen Füßen nicht wert. Allesamt sind es nutzlose Wesen, nicht mehr. Jonathan, mein süßer Engel. Ich erinnere mich an das Gefühl seiner feingliedrigen Finger auf meiner erhitzten Haut. Er war so schön, seine Lippen meine Rettung und die schneeweißen Schwingen glichen Federn. Samtig weich legten sie sich beschützend über meinen zitternden Leib. Jonathan, mein Jonathan. Ich weiß, dass er kommen wird um sie vor uns zu retten. Evelyn, mit den strohigen braunen Haaren und der leichenblassen Haut. Der faulige Gestank ihrer Eingeweide lässt mich würgen, jedes Mal, wenn sie in meiner Nähe ist. Ich hasse sie, so sehr. Doch noch mehr hasse ich den Fluch, welcher seit einer schicksalshaften Nacht auf dem Körper meines Geliebten ruht. Stumme Tränen begleiten mich durch die Nacht, glutheiße Wut begrüßt mich wie einen alten Freund, sobald die Sonne über den Horizont kriecht und die Schatten der Nacht vertreibt.

Die Prophezeiung, unsere Aufgabe in diesem dämonischen Spiel, blutrote Federmale, all dies kündigt das Ende der Zeit an. Dieser Mensch an Evelyns Seite, verströmte den gleichen widerlichen Geruch. Alle Menschen, egal wo wir uns auf der Suche nach den Artefakten befanden. Epochen zogen an uns vorbei, ein stetiger Strom in unserem unsterblichen Leben. Jahrhunderte altes Leben und meine Gedanken gehörten immer ihm. Joss hat mir verboten Jonathan jemals wiederzusehen. Es war ein Befehl und als Dämonenkrieger, muss ich dem Befehl meines Königs Folge leisten. Immer und überall. Tu ich es nicht, leidet meine Seele und somit auch die Liebe meines Herzensmenschen. Jonathan trägt den Fluch des Amoros. Mein Schmerz ist seiner, nur tausendmal tiefer. Noch heute, dreitausend Jahre später, höre ich seine Schreie der Verzweiflung und fühle das Feuers in seinen Adern. Es drohte ihn zu verbrennen, von innen heraus und alles nur, weil ich schwach war. Schwach, ein kriechender Wurm, mit nicht genügend Willenskraft, um mich von ihm fernzuhalten.

Jonathan schritt immer mit solch einer unnachahmlichen Eleganz über den sandigen Boden an unserem Zufluchtsort. Kleine Körnchen sammelten sich zwischen den Zehen und auf dem Fußballen. Muschelkalk zierte die helle Haut und die sterbende Sonne am Horizont färbte die Federn seiner Schwingen blutrot. Es war dieser eine Moment, das Rauschen der Wellen, die letzten wärmenden Strahlen kitzelten unsere Haut und sein Haupt erstrahlte schneeweiß und wunderschön im letzten Atemzug des Tages. Es traf mich wie ein Blitz, heiß, drängend und von ungeahnter Kraft. Diesem Engel gehörte mein Herz, meine unsterbliche Seele und ich wusste, nein spürte, dass die Welt aufhören würde sich zu drehen, sollten meine Worte in den Tiefen des Ozeans entschwinden.
„Ich liebe dich", sagte ich hastig und Jonathan lächelte sanft. Sein Blick zeugte von Belustigung und Zuneigung.
„Du Spinner. Das weiß ich doch."
„Aber ich habe es dir noch nie gesagt", antwortete ich.
„Das musst du auch nicht. Ich weiß es und nur das ist wichtig."

Sanft streichelte sein Daumen über die vernarbte Haut an meinem Handrücken, Jonathans Hand in meiner standen wir am Strand, lauschten dem Gesang des Meeres und hörten das leise Zischen, als die Sonne hinter dem Horizont verschwand. Ich liebte diese Momente, das Farbenspiel am Horizont und die Wärme seiner Haut. Meine Aura umwebt steht ein eisiger Strom, kalt und unerbittlich. Zum Töten geboren, erschaffen aus den siedenden Feuern des dritten Höllenkreises. Jonathan hingegen ist schiere Wärme, die Sonne und der Nektar, welche mich lebendig halten. Er ist die Ruhe und ich der Sturm. Unsere Liebe, meine rettende Insel in einem Meer voller Abgründe.

„Du bist so wunderschön", hauchte er, seine Lippen Millimeter von den meinen entfernt. Pure Verführung und ich nicht in der Lage, mich seinen Küssen zu verwehren. Ich hätte es nie gewollt, mein ganzer Körper schrie nach ihm. Seine Berührungen, seinen anbetungswürdigen Lippen, der talentierten Zunge um meinen zuckende Muskelring und seinen langen Finger tief in mir. Scharfkantige Zähne, welche fordernd über erregte Haut glitten und ein ekstatisches Hochgefühl hinterließen. Jedes Mal an unserem Strand unter der sengend heißen Sonne und dem Meeresrauschen im Ohr.

„Das sagst du immer und ich verstehe es nicht. Was ist an mir schön? Das Blut an meinen Flügeln? Die Narben auf meinem Körper?"
„Alles an dir ist wunderschön. Jede Narbe, jeder Muskel, die Federn in deinem Haar", antwortete er. Die Kuppe seines Daumen zeichnete die Konturen meines Antlitz nach, schwebte federleicht über Kanten und Makel. Doch Jonathan sah lächelnd auf mich herab. Ihm war es egal, das alles. Für ihn zählten nur wir zwei. So war es schon immer gewesen.

„Wir sind so verschieden", flüsterte ich. Jonathan küsste mein Haar, die Schläfen und die Stirn. Mit geschlossen Augen genoss ich seine Liebkosungen, das salzige Aroma seiner Haut kitzelte auf meiner Zunge, regte sämtliche Geschmacksknospen und alle Sinne an. Seine Lippen, forschend, huldigend über meinen bebenden Leib und kribbelnd wanderten seine Liebkosungen über meine Wirbelsäule. Der eiskalte Klumpen in meiner Brust zog sich schmerzhaft zusammen, seine Fürsorge brachte meine dämonische Seite in Aufruhr. Alles war gut mit ihm an meiner Seite und der strahlenden Sonne über uns. Ein stummer Zeuge unserer Liebe. Niemals hätte ich geglaubt, dass eben diese Stille zu unserem Verhängnis werden würde. Wir fühlten uns sicher, doch trübte der Schein und wir waren längst ins Fadenkreuz des Königs geraten.

Ich möchte schlafen, bin so müde und ich möchte schreien, unendlich laut, dass die Erde erbebt und das Echo meiner Schreie in den letzten Winkeln der Hölle ertönt. Meinen Schmerz sollen sie hören, spüren wie es mich innerlich zerreißt, dass ich ihn nie wieder berühren kann. Meine Hände sind sein Verderben und jeder Moment in seiner Nähe ist quälend. Höllenqualen und keine Rettung in Sicht. Berührte Haut erinnert sich. Immer und überall verfolgt mich das kribbelnde Gefühl. Meine Flügel zucken, ich kann es kaum ertragen dieses Gefühl in meiner Brust. Heiße Tränen benetzen meine Haut, mir ist eiskalt.

Es ist das Echo einer schicksalshaften Sommernacht. Die Luft roch nach Meer, salzig und frisch. Die Sonne wärmte unsere Leiber und der Sand unter meinen Fingern rieselt sanft auf Jonathans nackte Haut hinab. Jonathans verklärter Blick, gerötete Wangen und sinnliche Lippen. Schauder der Erregung auf unserer Haut, heißer Atem und eine fordernde Zunge in meiner Mundhöhle. Die lieblichen Geräusche meines Geliebten und sein pulsierender Penis tief in mir, als die Ekstase wellenartig über uns zusammenbrach. Gefolgt von den Tränen in seinen Augen, glitzernde Perlen sterbend auf schneeweißer Haut. Unsere Hände, verzweifelt aneinander festhaltend. Der Sog war stark, mächtig. Ich spürte die Magiewelle noch bevor ich sie sah, fühlte die Kraft der Dunkelheit und wusste, es war vorbei. Unser Traum einer gemeinsamen Zukunft, es würde ihn nie geben.

Alles wurde dunkel, das Atmen fiel uns schwer. Die Luft stank ungeheuerlich nach Tod und Verderben, blutrote Blitze zuckten am Himmel über uns, teilten die Wolken und trafen mich mit aller Macht. Jonathan schrie, verzweifelt, schmerzvoll und ich blickte tief in seine Augen, schickte stumme Liebesbotschaften direkt in sein Herz. Plötzlich war alles still, die Schwärze um uns herum wandelte sich in pulsierendes rot und ich wusste augenblicklich, wo ich war. Hier war ich geboren, hier kam ich her. Knieend blickte ich auf den staubigen Boden, sah die leuchtenden Runen im Feuerkreis blitzen und wünschte mir einen schnellen Tod. 'Wie erbärmlich', dachte ich. Meine unsterbliche Hülle war gefangen bis in alle Ewigkeit. Ich war allein, gefesselt an Eisenketten und Joss, mein König, ragte höhnisch grinsend über mir auf. Aus seinem flammenumwobenen Haupt tropften gelb-rote Lavaströme und die Wut loderte heiß in seinen Augen. Klauenbesetzte Hände bohrten sich schmerzhaft in meinen Leib. Sterne tanzten vor meinen Augen, die Schmerzen waren kaum zu ertragen und die liebliche Stimme meines Geliebten war der einzige Halt, um nicht an diesem finsteren Ort zu verzweifeln.

Erinnerungen sind nicht immer heilsam. Sie sind Folter und begleiten mich jeden Tag. Die Wut in meinem Inneren zuckt wie eine in Flammen stehende Peitsche. Glühendheiße Lava ersetzt das Blut in meinen Adern und die Farbe meiner Augen gleicht die der Federn auf meinem Haupt. Jonathans Geschenk an mich, auf ewig verbunden mit dem Thronfolger.

Chris spürte den Menschen in Florida auf und gemeinsam verbrachten wir langweile Tage und noch nervtötendere Nächte damit, ihr armseliges Leben zu beobachten. Joss zu sehen, an der Seite dieses verhassten stinkenden Wesens, versetzte dem lauernden Funken in meiner Brust neue Antriebskraft und ich schwor mir, dieses Insekt seiner Bestimmung zuzuführen. Evelyn würde sich für ihre Taten vor dem Rat verantworten müssen.
„Was macht er hier?", fragte ich ungläubig. Chris neben mir veränderte leicht seine Haltung, in der wir uns seit Tagen befanden. Zähneknirschend legte er eine Hand auf meine Schulter, flackernd bauten sich die Bilder einer Erinnerung auf. Ich sah Joss am letzten Tag des infernalen Krieges. Sein unversehrtes Gesicht blutbeschmiert und hinter ihm eine blonde Schönheit von königlichen Blut. Jonathan, wunderschön in eine weiße Seidentunika gehüllt. Ein lederner Harnisch schützte seine Brust und die goldenen Spangen an seinen Handgelenken funkelten mit der flammenden Klinge seines Schwertes um die Wette. Stolz und erhaben betrat er das blutige Schlachtfeld. Jubelschreie erklangen und der Lebensfunke in meiner Brust hörte auf zu schlagen. Joss sah ihn nicht kommen und Jonathan, in all seiner Pracht und Herrlichkeit, breitete seine Flügel aus.

Staub und Asche wirbelten um ihn herum, Federn mit samtig weichen Spitzen und von so reinem unschuldigen Weiß schwebten in der Luft. Donnergrollen ertönte und ein gleißend heller Blitz teilte den Himmel. Ungläubig starrte ich auf die göttliche Erscheinung, Joss blinzelte. Der metallische Geschmack von versickertem Blut lag schwer auf meiner Zunge. Die Kehle staubtrocken, kein Schrei kam über meine Lippen, kein Wort. Die Erde unter unseren Füßen färbte sich blutrot, als das Flammenspuckende Schwert in Jonathans Hand hart auf Joss' Körper traf. Sein sonst so makelloses Gesicht teilte sich in zwei Hälften, es war zu spät und der Zorn brach sich Bahn. Joss' Flügel schlugen aufgeregt, versetzten die staubige blutgetränkte Luft in einen Wirbel der Zerstörung. Mein Körper erwachte zum Leben, beschützend prallte ich gegen Jonathans muskulöse Brust. Der Harnisch dämpfte meinen Aufprall, der Geruch von Leder stieg in meine Nase und ehe ich mich versah, versanken wir gemeinsam in der Dunkelheit. Ich wusste, dass Joss vor Wut toben, die Welt aus ihren Angeln heben würde. Doch das alles war mir egal. Jonathans Unversehrtheit war alles was zählte.

'Die Prophezeiung', wurde mir bewusst. Jonathan ist der Schlüssel zu dem stinkenden Individuum und meiner Rache. Wie ich sie hasse, dieses Leben und die Spiele. All die Jahrhunderte voller Schmerz. Ich bin es leid.
„Hör auf damit", ertönt Chris schneidende Stimme plötzlich neben mir.
„Das ist widerlich. Deine Liebe... du stinkst danach und wieder haftet dir sein Geruch an. Das ist kaum zu ertragen und es verrät dich. Jedes Mal wenn du an ihn denkst, dann bist du so..."
„Voller Wut", knurre ich.
„Genau. Aber auf den Falschen. Unser König beschützt die Seinen..."
„Seine Sklaven", fauche ich und balle meine Hände zu Fäuste, damit diese nicht unversehens im Gesicht meines Generals landen.
„Schweig still. Erfülle deine Pflicht. Du hast einen Eid geschworen."
„Sie stinkt. Ihre Eingeweide, faulig. Ich möchte ihr den Bauch aufschlitzen und das Sterbende aus ihr heraus holen. Ich bringe es Joss als Geschenk."
„Austin", bellt Chris laut, ein leichtes Beben dringt durch mich hindurch. Meine Flügelspitzen kribbeln. Er ruft nach mir, stumm. Seine Seele, sein Herz, ich spüre seine Sehnsucht und mir wird unsagbar übel. Keuchend taste ich nach dem Mal auf meiner Schulter, es brennt. Überrascht stelle ich fest, es ist lange her, viele Jahrhunderte.

„Du hast keine andere Möglichkeit und das weißt du. Du Austin, bist der einzige, der nah genug an Jonathan heran kommt, um ihm wirklich zu schaden. Seine Macht ist für uns tödlich. Doch dich wird er verschonen." Nein.
„Du musst ihn töten. Hast du mich verstanden?", fragt Chris eindringlich und das Rot seiner Iriden leuchtet wie die untergehende Sonne an unserem Strand.
„Mit meiner Liebe." Chris nickt und legt seine Hand auf meine Schulter. Der Druck lässt mich stöhnend in die Knie gehen. Die Visionen, die Prophezeiung, Jonathan, Evelyns Verrat, all das bringt mich an die Grenzen meiner Belastbarkeit und noch ehe ich meine Augen öffnen kann, spüre ich den Sog, wirbelnde Farben und ein gleißend helles Licht.


„Austin", krächzt Jonathan und greift sich schmerzvoll an die Brust.



***
Die komplette Geschichte zu diesem Kapitel findet ihr auf dem Profil von _Silencia_




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