TSoH - Geschmacklos

Das Essen hatte keinen Geschmack.

Der Alp saß an seiner langen Tafel, angefüllt mit fetten, würzigen Speisen, aromatischem Wein und Wasser und er konnte nur dabei zusehen, wie seine Generäle sich die Köstlichkeiten schmecken ließen.

Gestern hatte er noch zumindest Schärfe wahrnehmen können, doch heute war selbst dieses Gefühl verschwunden. Gelangweilt sah er von seinem gewürzten Rehbraten auf zu seinem Kader. Seine fünf Alptraumgeneräle saßen ihm am nächsten, danach folgten die Nachtmahre mit absteigendem Rang.

Sie waren laut und gierig wie ein Rudel ausgehungerter Wölfe. Xander und Aron stritten sich lauthals um das beste Stück. Ingvar und Hjörtur verschlangen ihr Fleisch, als hätten sie seit Wochen nichts gegessen, nur Ögmundur, saß still da und aß bedächtig.

Dem alten General machte niemand mehr das Essen streitig, trotz der Tatsache, dass er unbeschenkt war. Der Alp spürte seinen Blick auf ihm, stechend wie die Mittagssonne in dieser verdammten Welt jenseits der Caivasz – Grenze.

Zu Hause würde er drinnen im Dämmerford speisen und nicht an einer großen Feldtafel unter offenem Himmel. Zumindest neigte sich der Tag seinem Ende zu.

Der Alp hatte Hunger. So unglaublichen, beißenden Hunger. Die letzte Menschensiedlung war schon viel zu lange her. Darum drehten sich Ögmundurs und seine Gespräche in letzter Zeit nur noch.

‚Es ist schon drei Wochen her, Alp', sagte der Alte immer.

Drei Wochen – es war mehr. Dreiundzwanzig Tage, siebzehn Stunden und ungefähr zweiundzwanzig Minuten.

Er hatte solchen Hunger. Seine Generäle auch, aber sie konnten ihren gesteigerten Appetit zumindest noch mit richtigem Fleisch besänftigen.

Gerade als sich der Herr der Alpträume dazu zwingen wollte noch ein Stück des geschmacklosen Fleisches hinab zu würgen, ging ein Tumult durch seine Wachen.

Niemand störte die Tafel der Obersten, aber er war um die Ablenkung mehr als froh. Die hechelnde, vor Blut triefende Schattenläuferin war wohl auch noch so wichtig, dass sie sofort vorgelassen wurde. Aufmerksam legten sich Alps violette Augen auf die Frau, die sich neben seinem Stuhl ins Gras warf.

„Alp...Alp..." Sein Name kam so keuchend über ihre Lippen, dass er ihn nicht einmal verstand. Geduldig wartete er, dass sie sich gefangen hatte und drehte sich sogar von seiner Tafel weg um den Neuankömmling genauer zu begutachten.

Ihr langes, schwarzes Haar war zerzaust, die dunkle Kleidung schwer und vollgesogen mit Blut, ihre Augen hatten etwas gehetztes unter all dem harten Glanz.

Die Schattenläuferin hatte ihren Atem wiedererlangt und sah mit festem Blick zu ihrem Anführer auf. Es war still geworden, die Generäle und der Rest der Tafel hatte ihr Raufen eingestellt und sahen nun ebenfalls zur Frau im Gras.

„Meister. Unsere Patrouille wurde überfallen! Sie waren uns weit überlegen und hatten Blockierer bei sich. Sie haben sie alle getötet. Alle bis auf mich und Jördis.

Ich habe mich befreit, aber sie haben sie einfach mitgenommen!"

Die Augen des Alps verengten sich vor Zorn. „Wer hat euch überfallen?" Das Gefühl hatte etwas schales an sich, aber er wusste genau wie er sich zu fühlen hatte.

Ein Anflug von Scham legte sich auf ihre Züge, „Menschen, Meister."

„Menschen?", fragte Aron angewidert, doch der Alp bedeutete ihm zu schweigen.

Totenstille trat ein, als sich alle Augen auf ihren Anführer legten. Er starrte in das Gras vor sich, scheinbar auf keinen genauen Punkt fixiert.

„Menschen." Er lächelte wie ein grausames Raubtier.

„Menschen und Blockierer", ermahnte ihn Ögmundur.

Der Alp nickte nur gedankenverloren, ehe er sich erhob.

„Xander, Ingvar, Hjörtur!" Die Angesprochenen Männer sahen wachsam auf. „Sammelt eure zehn besten Schattenläufer. Wir holen uns Jördis wieder."

„Mit vierunddreißig Kämpfern?", fragte Ögmundur in seinem Rücken und der Alp drehte sich lächelnd zu ihm herum.

„Fünfunddreißig", berichtigte der Alp ihn und drehte sich zum Gehen. „Aron! Kümmere dich um Soley! Sie ist ganz hungrig!"

Der letzte der Generäle sah ihn nur fragend an, ehe er dem Fingerzeig seines Meisters zur Frau im Gras folgte.

„Aber..."

Mit einer einzigen Handbewegung schmiegte sich blanke Dunkelheit um den Alp und kurz darauf war er von der Tafel verschwunden.

Seine drei Alptraumgeneräle waren längst dabei ihre Schattenläufer zusammenzustellen und lange würde es nicht mehr dauern bis er den Menschen gegenüberstehen würde.

„Aron geht mir in letzter Zeit so sehr auf die Nerven. Das sollte ihn Demut lehren."

Er berührte den Talisman um seinen Hals und der Anhänger begann zu vibrieren. Das Zittern ergriff seinen ganzen Körper und hallte selbst in seinen Knochen nach.

Der Alp blieb an einem kleinen Hang stehen und überblickte die Anhöhe. Hinter ihm manifestierte sich aus dem Nichts ein Mann.

„Es gibt Arbeit."

Das Heer der Menschen war beeindruckend. Sie wuselten umher wie ein Haufen Ameisen und ihre Wächter waren wirklich so aufmerksam, dass sie sie beinahe entdeckt hätten.

Es wäre klug die kommende Nacht abzuwarten, wäre klug die Dunkelheit zu nutzen und in ihrem Element zuzuschlagen. Es wäre klug diese ganze Aktion nicht so auszuführen, wie der Alp es gerade tat. Aber er hatte Hunger – und – er wollte dieses neue Gefühl von Unsterblichkeit ausprobieren. Dieses Versprechen alles tun zu können, was ihm beliebte.

Die Finsternis, die der Alp um seine Leute legte, war samten. Die langen Schatten des Nachmittags verbargen sie gut. Es war viel zu einfach, aber er konnte nicht aus seiner Haut.

Vor einem riesigen Zelt hielt er inne und trat schließlich aus seiner Dunkelheit heraus.

Die Szenerie die sich ihm bot erinnerte ihn ein bisschen an ihn selbst und seine Schattenläufer. Nur dass sie weitaus mehr Manieren beim Essen zeigten. Menschen waren in allem so ungehobelt. Seine Leute sahen wenigstens aus wie ein Rudel Wölfe und nicht wie eine Horde Schweine.

Er musste angsteinflößend aussehen wie er sich aus den Schatten manifestierte und plötzlich im letzten, orangeglühenden Licht des Tages dastand wie ein schwarzer Heiliger.

Die Menschen sahen mit großen Augen zu ihm auf. Ungläubig und verwirrt, als würde er sich so schnell wieder in Finsternis auflösen wie er aufgetaucht war.

„Ich bin der Fürst der Alpträume", seine Stimme hallte laut und tief über die gesammelte Zeltstadt, „Und ihr habt einen meiner Nachtmahre gefangen genommen. Ich will sie wiederhaben."

Sofort sprangen die Krieger auf und stürzten sich auf den Eindringling. Der Alp blieb ungerührt stehen, während kleine Klingen durch die Luft zischten und sie niederstreckten.

Die Angriffe aus den Schatten verwirrten die Menschen. Als sie sich nach den Angreifern umsahen, lag die Hälfte von ihnen schon schlafend auf dem Boden.

Seine drei Generäle standen hinter ihm und streckten sie nieder wie nichts. Der Alp hob die Hände und eine weitere Welle Angreifer fiel sofort in tiefen Schlaf. Zu mehr hatte er nicht Zeit, obwohl er so verdammt hungrig war.

Er ließ seine Arme sinken, als die Krieger der Menschen vor den Angreifern zurückwichen und aus sicherer Entfernung zu ihnen sahen. Irgendwo hörte er den geblafften Befehl nach Bogenschützen.

Er verdrehte die Augen und machte sich bereit erneut seinen Namen und sein Anliegen über die Zeltstatt des Heeres zu rufen.

„Was geht hier draußen vor sich?"

Ein großer Mann trat aus dem Zelt vor ihm. Seine Rüstung glänzte matt in der untergehenden Sonne, ein flammfarbender Umhang spielte um seine Schultern. Sein Kopf war ungeschützt und Alp konnte ihm direkt in seine dunklen Augen sehen. Er hatte ein nicht verachtenswertes Gesicht, mit markantem Kinn und dunklem Bart über brauner Haut und wildem schwarzen Haar.

Der Nachtmahr war sich sogar ganz sicher, dass er die meisten seiner Frauen nicht einmal vergewaltigen musste.

Der Menschenmann legte seine Stirn in Falten als er verachtend zum Alp blickte. Sie sahen sich an, lange und aufmerksam.

„Ich bin der Fürst der Alpträume", wiederholte er erneut und die Augen des Offiziers fielen auf seine schlafenden Männer, „Und ihr habt jemanden gefangen genommen der zu mir gehört."

Überlegend sah der Mensch sich um, „Von so einem Schwachsinn habe ich noch nie gehört, Zaubererbestie." Seine Worte troffen nur so vor Verachtung.

Aus dem Kreis der sie umzingelnden Menschen traten nun Männer in Roben hervor. Der Alp bemerkte sie aus den Augenwinkeln, ein paar Herzschläge später als er ihre Präsenz spürte. Die lodernde Flamme an wärmender Magie in seinem Brustkorb wurde hinabgedrückt bis sie nur noch ein sanftes Glühen war.

Seinen Generälen und den restlichen magiebegabten Schattenläufern ging es ähnlich und die ersten Menschen erwachten keuchend aus ihrem Schlaf. Sie wichen hinter ihre Kameraden zurück. Ein Zucken umspielte Alps Mund. Die bloße Andeutung eines Zähnefletschens.

Dies waren Blockierer und sie waren verdammt mächtig, wenn sie selbst seine Magie so weit drücken konnten. Sie waren fleischgewordener Abfall, Menschenmüll, den es zu zerreißen galt. In den Schattenläuferländern wurden normale Menschen mit dieser Fähigkeit aufs brutalste gejagt und ermordet.

Der Offizier blickte abwartend auf die restlichen Männer hinab, die zwar noch atmeten aber nicht erwachten.

Gegen diese Blockade anzukämpfen kostete unendlich viel Kraft, aber der Alp wurde diesem Menschen nicht einen Funken von Schwäche zeigen.

Er lächelte plötzlich und warf sein schwarzes Haar zurück. „So macht sie das also."

Unbeeindruckt blinzelte der Schattenläufer ihn an. Der Mann drehte sich herum und winkte einen seiner Männer heran.

„Bringt sie her, wenn er sie unbedingt haben will!"

Jördis wurde aus einem nahen Zelt geschleift, sie schnappte um sich wie ein wildes Tier. Ihre Haare waren zerzaust, ihre Kleidung hing in Fetzen. Sie wehrte sich heftig gegen die Männer die sie anfassten. Dann sah sie den Alp und ihre Verteidigung fiel kurz von ihr ab. Die Menschen pressten sie direkt neben dem Offizier zu Boden.

Der Mensch sah grinsend auf sie hinab.

„Ganz schön wehrhaft. Und dazu hat sie ständig meine Männer einschlafen lassen. Hab sie dann einem meiner Hauptmänner gegeben, auch weil er ein starker Blockierer ist – na ja war. Sie hat ihm den Hals aufgebissen."

Jördis warf ihren Kopf herum und funkelte den Menschen an.

Der Stiefel des Offiziers in ihren Rippen ließ sie jedoch wieder zusammensinken, „Verrückte Schlampe."

Hinter ihm bewegten sich die Schattenläufer, bereit den Menschen zu töten, doch der Alp hielt sie mit mahnend erhobener Hand auf.

„Sie gehört zu mir. Genau wie die, die bei ihr waren und die ihr getötet habt. Aber ich vergebe Euch und lasse Euch und Eure...", die Augen des Alps schweiften einmal angeekelt über das versammelte Heer, „...Eure Menschen gehen, wenn Ihr sie mir zurückgebt."

Das Lachen des Offiziers war laut und dröhnend als es über den Platz hallte. Es dauerte etwas zu lange um nicht lächerlich zu wirken.

„Was glaubst du bitte wer du bist, Abschaum? Wir sind das heilige Heer unter dem Geistlichen Projas! Wir haben schon die Städte Rghor, Szendras und Uil von den Ungläubigen gereinigt und nehmen es nun mit dem größten Übel auf! Der freien Stadt Konztar! Meinst du ich lasse mir von einem Zaubererhund wie dir etwas befehlen? Ich, der legendäre Feldherr Crontos?"

Der Schattenläufer lächelte mitleidig. „Was für ein absolut dämlicher Name."

Crontos schönes Gesicht verzog sich zu einem süffisanten Grinsen, „Du und dein Abschaum könnt dabei zusehen wie ich diese verrückte Schlampe zureite, ehe ich ihr die Kehle durchschneide und eure Köpfen auf Spießen enden!"

Er lächelte gewinnend und der Nachtmahr musste zugeben, dass er wirklich schön war. Mehr aber auch nicht.

„Wie geschmacklos", knurrte er, „Ihr führt also ein ‚heiliges Heer' an und tötet ‚Ungläubige' und ‚Zauberer'? Ihr seid genauso langweilig wie alle Menschen vor euch. Große, schöne Worte für Vergewaltigung und Massenmord. Menschen haben einfach keine Raffinesse."

Crontos musterte den Alp genauer, „Du sprichst, als wärest du kein Mensch, Abschaum. Zauberer wie du bedrohen die heilige Ordnung!"

„Ja, das sagtest du bereits. Ich hab's verstanden, du bist auf der Seite, die Beschwörer tötet und Blockierer duldet. Ihr Söldnerarmeen habt genau zwei Gruppen, es is nich so schwer."

„Söldnerarmee?", der Mensch lachte höhnisch auf, „Ich befehlige das Heilige Heer! In meinen Reihen kämpfen 30000 Männer, alle gesalbt und bereit das Böse von der Welt zu tilgen."

Die violetten Augen des Nachtmahren flogen kurz über die anwesenden Menschen, „Na das klingt doch vielversprechend."

Crontos grinste ihn breit an, „Dich zu töten wird besonderen Spaß machen!"

„Ungemein", pflichtete er ihm bei, ehe er sich halb umwandte, „Wie viele?"

Aus Schatten, Nebel und dem Sud der Erde wuchs ein Mann, seine Haare schwarzgrau, seine Haut aschfahl und seine Augen glühend rot wie Rubine.

Die Menschen wichen zurück, nur Crontos blieb und sah wachsam zu.

Der rotäugige Mann blickte den Alp unverwandt an, „31293 Krieger, 5038 Begleiter, also 36331 Menschen insgesamt."

Der Nachtmahr blickte dem Offizier bewundernd entgegen.

„Eine beeindruckende Größe!", schnurrte der Alp, ehe sich seine Augen zu kalten Schlitzen formten, „Zidar – dezimiere sie auf 200 Menschen!"

Das Grinsen, dass sich dem Neuankömmling auf die Züge legte war unnatürlich breit. Mit fast schon beschwingten Schritten stolzierte er auf Crontos zu. Die unnatürlich roten Augen aufgerissen, sein Mund manisch verzogen.

„Es ist schon lange überflüssig diesen Planeten von dieser nach Scheiße stickenden Menschheit zu befreien. Ich werde in deinem Blut und Fleisch baden und deine Kinder fressen, während du nicht mal mehr die Luft hast zu schreien, werde ich dich qualvoll in Stücke reißen! Es ist Zeit zu ster..."

Der Offizier sah dem Mann mit großen Augen entgegen, während dieser unbeirrt auf ihn zukam und in einer einzigen, fließenden Bewegung zog der Mensch sein Schwert. Der Stahl glühte kurz im Feuer der untergehenden Sonne auf, dann hatte sich Zidars Kopf von seinem Körper gelöst.

Mit einem dumpfen Schlag kam der abgetrennte Kopf auf dem Boden auf, ein paar Herzschläge später folgte ihm der geschlagene Torso.

Crontos starrte die Überreste verachtend an, „Ist das alles?", brüllte er laut und belustigt und sein versammeltes Heer begann dröhnend zu lachen.

Missmutig blickte der Alp hinab zu seinem geköpften Diener, die Augenbrauen fragend hochgezogen als könnte er nicht verstehen, was gerade falsch gelaufen war.

„Das war ein echt guter Schlag!" Der Alp wandte halb den Kopf und warf dem wasserstoffblonden Schattenläufer hinter ihm einen kurzen Blick zu. Xander zuckte nur unschuldig mit den Schultern und sah zu Ingvar als wolle er ‚Fandest du das nicht auch?' fragen.

Ihr Anführer blickte wieder zu dem lachenden Menschenoffizier und seiner Klinge, so scharf, dass sie mühelos einen Mann köpfen konnte.

Seine Haut schimmerte unnatürlich bleich im letzten sterbenden Licht des Tages als der Alp seine Hand über den gefallenen Körper ausstreckte. Aus seinen Fingern fiel der schwarze Talisman nur aufgehalten von der dünnen Kette aus Silber.

„Zidar", seine Stimme klang wie das bedrohliche Grollen eines Sturmes in weiter Ferne. Hinter ihm versank die Sonne endgültig hinter dem Horizont „Ich breche deine Fesseln."

Sein gefallener Körper löste sich auf in schwarzen Sud und Morast und versank in der Erde. Die meisten Menschen lachten immer noch als die ersten Schreie laut wurden.

Seine Schattenläufer zuckten erschrocken zusammen und der Alp sah sich ebenfalls um, doch eher neugierig, wollte er doch wissen, was für eine Kreatur er da mit seinem Blut gebannt hatte.

Es war unglaublich.

Durch die Masse der Leiber wütete ein großer, blutiger Schemen. Menschen wurden in die Luft geworfen und fielen wieder hinab wie kaputte Puppen, ehe sie von diesem Monster verschlungen wurden.

Es war ein riesiges Ungeheuer, sein Gesicht weiß und augenlos, schnappte es trotzdem präzise nach den Fliehenden. Tausende, starre Iriden zogen sich über den sich unnatürlich windenden Körper. Jede Drehung ließ mehr und mehr Menschen zu Staub zerfallen. Ihre Seelen gefressen vom schwarzen Nichts das sein Körper war.

Schwarze Flammen stoben in die Luft und zündeten die Fliehenden an.

Es war faszinierend.

Wahrlich.

Während selbst seine Schattenläufer respektvoll zurückwichen, konnte er nur voll Staunen auf seine befreite Bestie blicken.

Wie sie die Menschen tötete und – auch nur die Menschen. Kein anderes Leben wurde berührt, die Pferde nicht getötet, das Gras verdorrte nicht und nicht Mal die Zelte begannen zu brennen. Der perfekte Tod. Das gnadenlose Ende.

Crontos lief durch seine Männer und brüllte ihnen Befehle zu, aber keiner von ihnen lebte lange genug um irgendetwas fruchtbares zu Stande zu bringen. Ihre Schwerter, ihre Pfeile, selbst das Steingeschoss trafen Zidar in seiner Monstergestalt nicht, flogen durch ihn hindurch, als wäre er so irreal wie ein Alptraum.

Das Monster öffnete sein Maul, drei Reihen spitzer, weißer Zähne schnappten nach den Menschen und sie schrien laut und verzweifelt, als der Tod durch sie wütete und sie absolut nichts dagegen machen konnten.

Er spürte ihn, diesen Blick eines Mannes der wusste wie man jemanden tötete. Der Alp drehte sich um, um zu sehen wie Crontos auf ihn zustürmte. Seine Augen waren wild und entschlossen und sein ungebrochener Wille fachte in Alp Hunger an, so viel, so verzehrend.

„Tötet ihn!", schrie er seinen Männern zu, als er mit blankem Schwert auf ihn zuraste, bereit den Schattenläufer zu fällen.

Seine Finger zuckten und Crontos stürzte, als hätte ihn alle Kraft verlassen. Wie eine Marionette, der ihre Fäden abgeschnitten wurde, landete er im Dreck. Sein Schwung riss seinen Körper weiter durch den Matsch, sodass er direkt vor Alps Füßen landete.

Bedächtig beugte er sich zu ihm herunter und strahlte dabei eine tödliche Ruhe aus, schrecklicher als das Sterben und Töten um sie herum.

„Oh nein. Scheint als wären all Eure Blockierer tot", der Anführer streckte seine Hand aus um Crontos wutverzerrtes Gesicht etwas mehr zu ihm zu drehen.

Seine braunen Augen starrten ihn hasserfüllt an, huschten noch einmal über das Schlachtfeld und zu seiner Waffe, die nutzlos in weiter Ferne lag.

„Verdammter Bastard", knurrte der Mensch.

„Kssssht." Um sie herum fielen die letzten Krieger und Stille kehrte ein.

„Sei ein Mann und töte mich, Zaubererbestie! Ich fürchte das Ende nicht."

Fragend legte der Alp seinen Kopf schief, seine helle Haut leuchtend im aufgehenden Mond, „Nein? Sag mir was du fürchtest, Mensch."

Crontos Körper verkrampfte sich und der Anführer musste sich zurückziehen um sich nicht von ihm anspucken zu lassen.

„Feigling!"

„Oh nein. Du verstehst nicht, Mensch. Ich habe Hunger. So unglaublichen, brennenden Hunger. Einen Hunger, den keine noch so üppige Mahlzeit befriedigen kann, verstehst du? Ich brauche dich."

„Du willst mich fressen, Zaubererbestie?" Nun schwang in der Stimme des Menschen neben unendlicher Abscheu auch Angst mit und er schien sich bewegen zu wollen, gegen die geistigen Fesseln des Schattenläufers anzukämpfen.

Der Alp schüttelte nur stumm seinen Kopf. „Oh nein. Du verstehst nicht. Sag mir – wovor hast du Angst."

Crontos schwieg stur aber der Alp sah das kurze Glitzern in seinen Augen. Eine stumme Regung.

Gutmütig lächelte er ihn an, „Ich verstehe."

Der Mond stand hoch am Himmel und die Nacht war warm, als der Alp sich endlich erhob. Er hörte das Zirpen der Grillen, sah das Licht der schwächsten Sterne und spürte den sanften Kuss des Windes auf seiner Haut.

Er war so lebendig wie schon lange nicht mehr.

Xander und Ingvar standen wachsam hinter ihm. Sie waren die einzigen Lebewesen auf dem leeren Feld und beschwingt stolzierte er auf sie zu.

Er bemerkte wie sie Abstand hielten und als er näher kam, sah er auch wovon. Aus den Tiefen der Dunkelheit manifestierte sich Zidar in seiner menschlichen Gestalt. Er sah gelangweilt aus, aber seine roten Augen strahlten wie die Zwillingsmonde bei einer Sonnenfinsternis.

„Worauf warten wir noch?", fragte ihr Anführer fröhlich, „Lasst uns zurück zu meinen Nachtmahren gehen! Ich will unbedingt Rehbraten essen!"

Sie verschmolzen mit der Dunkelheit, während die letzten Leichen der Menschen, ihre Augen in Grauen aufgerissen und glanzlos auf die hellen Sterne gerichtet, zu Staub zerfielen.

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Ein Kapitel, welches ich gerne in der Überarbeitung von The Stuff of Heartache einbauen würde, aber eben weitaus früher, als das Projekt jetzt schon fortgeschritten ist.

Deswegen - ein Leckerbissen für euch. 

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