Schlachtfeld (Kurzgeschichte)

Der Soldat stand in einer Reihe, seine Gefährten neben, vor und hinter sich. Gefangen zwischen Leibern, Desertation unmöglich, sollte es brenzlig werden. Seine dunkelgrüne Uniform war noch unbefleckt und würde es auch bleiben, wenn nichts schiefging. Zumindest war es das, was sich hier eingeredet wurde. Jedoch war es unmöglich das sich anbahnende Gefecht zu umgehen. Es war jetzt schon ein Fixpunkt in der Geschichte, bevor es überhaupt begonnen hatte. Für jemanden wie ihn, der nichts weiter war als eine Puppe, die man so herumschob, dass es strategischen Nutzen hatte, spielte diese Tatsache allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Er diente nur einem Zweck.

Er war hier, um seine Stadt zu beschützen, deren Mauern hinter ihm aufragten, hinauf in eine Höhe, die im Vergleich zu den winzigen Körpern der Soldaten wirkte, als wäre sie von Riesen angestrebt worden, als wäre die Wand gar kein Teil der Welt zu der die Soldaten gehörten. Dennoch waren sie es, die für den Erhalt dieses Bauwerks in dem Kampf geschickt wurden.

Und sie hatten gute Chancen auf Erfolg. Sie waren eine Einheit, ein Heer aus identischen Körpern, die sich eng aneinanderdrängten, in die gleiche Kleidung gezwängt, ein Gewehr auf der Schulter, um sich zu verteidigen, um ein Mittel zu haben, die Gegner fernzuhalten, die sich in einiger Entfernung positioniert hatten.

Es war, als würde man in einen Spiegel gucken. Dass die anderen in Blau gekleidet waren, schien der einzige sichtbare Unterschied zu sein. Bei Dämmerlicht oder gar Dunkelheit hätte man sie nur schwerlich oder überhaupt nicht auseinanderhalten können. Dies war aber kein Argument, um auf eine Schlacht zu verzichten, immerhin galt es, die begehrte Mauer einzunehmen oder einfach dem Erdboden gleichzumachen.

Während der Soldat die Feinde so ausführlich musterte, wie ihm nur möglich war, schienen sich beide Befehlshaber zu entschlossen zu haben, ihren Angriff zu starten. Die gegnerischen Uniformierten begannen vorzurücken, näherten sich langsam den beiden Mauern, die sie erwarteten. Die, die von Menschenhand errichtet war und jene, die aus Männern selbst bestand und sich zu einer Walze transformierte, die gegen die Kontrahenten vorrückte, um sich ihnen wagemutig in den Weg zu stellen, das Glück als scheinbare Macht, die entschied, welcher Seite der Ruhm letztlich zuteilwerden würde.

Nun setzte sich auch der Soldat in Bewegung, rückte langsam nach vorne, neben ihm, vor ihm und hinter ihm seine Kameraden, die es ihm gleichtaten. Es war, als würden sie von einer leitenden Hand bewegt, nach vorne gedrängt auf Wunsch eines Kopfes hin, der mit seinem Denken über ihnen stand, dem Befehlshaber, der über das Schicksal seiner Leute entschied, die er in die Schlacht schickte, wohlwissend, dass er viele von ihnen Opfern würde. Jener scherte sich nicht darum, dass die Spielfiguren seiner Armee fielen, solange es nicht mehr waren als auf der Gegenseite.

Diese wartete indes mit neuen Methoden auf, die zwar vorhersehbar, aber feige gewählt waren, wie der Befehlshaber der Mauer fand. Katapulte rollte heran, es würde Steine regnen auf die Wand und auf die Soldaten selbst, die zermalmt werden würden, unwiederbringlich zerstört. Kaputt.

Es war eine grausame Vorstellung, aber sie hielt niemanden zum Stoppen an. Die Vorgänge waren in Bewegung gesetzt worden und würden nicht aufhören, ehe die Denker, die dahinterstanden nicht ein endgültiges Resultat sahen.

Kämpft, drangen ihre Stimmen zu den Soldaten durch, die sich ins Schlachtgetümmel stürzten. Einer nach dem anderen fiel, lag am Boden, teils das vormals makellose Antlitz zerkratzt und nicht mehr Teil des großen Spiels.

Dann kamen die Steine geflogen. Die Katapulte schleuderten sie in die Höhe, manche trafen, manche nicht. Die meisten landeten in der Mauer, die zu wackeln begann. Vielleicht war sie doch nicht so stabil gebaut, wie anfangs angenommen worden war. Es kamen Zweifel auf beim Befehlshaber der grünen Seite, der sein Werk wackeln sah.

Und irgendwann fiel der erste Stein und weitere folgten ihm. Die Soldaten auf dem Feld schienen unbedeutend geworden zu sein, noch weniger individuell als sie es vorher gewesen waren. Es war vielmehr so, dass sie einfach nur noch im Schatten der hohen Mauer standen, während diese nach und nach in ihre Einzelteile zerlegt wurde. Der Vorrat an Geschossen ging nicht aus.

Das ist nicht fair, erklang die Stimme des Befehlshabers, welcher hinter seiner Mauer stand, die an den meisten Stellen nicht mal mehr halb so hoch aufragte, wie sie einst gewesen war. Seine Soldaten kümmerten ihn gar nicht mehr, er hatte verloren.

Und irgendwann kam ein Ruf Sie ist kaputt! und dann war die Mauer ganz zerstört und der Spaß am Spiel verloren. Die Soldaten hatten wenig gelitten, nur wenige hatten Kratzer und wurden zurückgepackt in ihre Kiste, ungewiss, ob sie jemals wieder zum Einsatz kamen.

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