Der Teufel "Perfektion"

6 Uhr morgens, der Wecker klingelt. Mürrisch steht sie auf und schlurft mit langsamen Schritten in Richtung Badezimmer. Dort angekommen wird sich für die Schule hergerichtet, sie möchte ja so schön sein wie die anderen. Sie kämmt die lange Haarpracht gründlich durch, stylt sie solange, bis sie perfekt sitzt, sie putzt ihre Zähne, bis sie makellos weiß scheinen; sie möchte ja so schön sein wie die anderen. Niemand wird ihr heute die Show stehlen, denn das heute ist ihr Tag. Die Hand wandert langsam zum Makeup und sie beginnt, sich herzurichten. Schließlich möchte sie ja so schön sein wie die anderen.

Nach einer geschlagenen halben Stunde hat sie ihr Werk vollbracht und die noch immer müden Füße tragen sie zurück ins Schlafzimmer. Vor ihrem Schrank stehend sucht sie nach den richtigen Klamotten für den heutigen Tag, sie möchte ja schön sein wie die anderen.
Am liebsten würde sie den weiten Pulli anziehen, den sie so liebt, aber darin »sieht sie aus wie ein Kartoffelsack«, hatte ihre Freundin beim letzten Mal gescherzt, also landet ihre Entscheidung schließlich bei dem engen Top und einer Bluse, damit ihr nicht zu kalt wird. Aber wen interessiert schon Kälte? Immerhin möchte sie ja so schön sein wie die anderen. Dazu noch eine passende Skinnyjeans und fertig ist ihr Outfit. Zufrieden läuft sie die Treppe nach unten in das Erdgeschoss, ihr Blick bleibt an der Küche hängen. Ein wenig Zeit für Frühstück wäre noch übrig, aber sollte sie wirklich? Von Essen wird man dick und wenn man dick ist, dann ist man nicht mehr schön. Aber sie möchte doch so schön sein wie die anderen. Kopfschüttelnd entscheidet sie sich gegen die wichtige Mahlzeit und schnappt sich ihre Schultasche. Ein kleines Lächeln bildet sich auf ihren Lippen, als sie einen letzten Blick in Richtung Küche wirft, ehe sie das Haus verlässt. Heute würde ihr Tag werden, denn heute ist sie schön.

Doch als sie die Schule betritt und all die perfekten und wunderschönen Mädchen um sich herum sieht, rutscht ihr Herz in die Hose. Denn in dem Moment wird ihr klar, sie wird nie so schön sein wie die anderen.

»Nobody's perfect«
Das hat damals schon Hannah Montana gesungen und damit wohl eines der größten Konflikte angesprochen, mit denen die heutige Gesellschaft zu kämpfen hat. Heutzutage wird uns überall im Alltag vorgelebt, wie wir zu sein haben und was 'perfekt' ist, das fängt in der Schule an und zieht sich weiter über die Medien. Dabei gibt es so etwas wie 'perfekt' gar nicht. Perfektion wird von jedem anders definiert. "Schönheit liegt im Auge des Betrachters", heißt es immer, aber seien wir mal ehrlich - wer denkt heutzutage schon noch so?

Wir sehen die 'Models' in schönen Kleidern mit schönem Make-up über den Laufsteg schweben, ein gefälschtes Lächeln in die Kamera, während sie sich mit den knochigen Fingern durch die gestylten Haare fahren. Wir sehen die Stars und Sternchen, wie sie mit geschminkten Gesichtern, Extensions und teuren Klamotten über den roten Teppich stolzieren, kurz anhalten und ihre gebleichten Zähne in die Kameras der Paparazzi halten. Wie sollen wir da bitteschön nicht dem Ideal nachleben?

Cara Delevingne trägt plötzlich Hosen in schrillen Farben - von einem Tag auf den anderen trägt jeder um dich herum ebenfalls Hosen in schrillen Farben, wie sollst du da noch nein sagen? Wir werden regelrecht gezwungen, dem Ideal zu folgen, denn wenn wir dies nicht tun, werden wir von der Gesellschaft ausgeschlossen. Ein Außenseiter.
Die heutige Gesellschaft ist verkorkst und geblendet von dem Perfektionismus, der uns vorallem durch die Medien vorgelebt wird. Und während wir so händeringend versuchen, dem Ideal zu folgen, merken wir gar nicht, wie wir dabei uns selbst zerstören. Jeder Mensch ist ein Individuum, also wann fangen wir an, uns auch dementsprechend zu verhalten?

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