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Ich erinnere mich noch gut an den Tag, an dem wir uns das erste Mal getroffen haben. Aber es wäre gelogen wenn ich sagen würde, ich wüsste noch welchen Sweater du an diesem Tag getragen hast. Oder was deine ersten Worte an mich waren. Um ehrlich zu sein erinnere mich noch nicht einmal mehr daran zurück, was ich am diesem Tag getragen oder gesagt habe. Oder warum ich mich in dem kleinen Café in unserer Stadt mit meiner Freundin getroffen habe.
Eigentlich treffen wir uns nie an einem solchen Ort. Wir bevorzugen unsere Zimmer, das Kino oder den nahegelegenen Stadtpark. Das kleine Café jedoch, das nur fünf Minuten von meinem Haus entfernt liegt, besuchen wir eigentlich nie. Ich trinke keinen Kaffee und auch meine Freundin bevorzugst lieber Cola oder ihre überzuckerten Energydrinks. Doch an diesem Tag sollte es wohl so sein. Wir saßen am hintersten Tisch und hatten gerade bestellt, als du und dein bester Freund das Café betraten. Wir hätten uns wohl nie kennengelernt wenn meine beste Freundin Sierra und dein bester Freund Lian sich nicht kennen würden. Nur durch ihre Bekanntschaft kam es dazu, dass du mir plötzlich gegenüber saßt und ich mehr oder weniger dazu gezwungen wurde, dich kennenzulernen.
Rückblickend betrachtend warst du wie eine Achterbahn. Doch nicht etwa, weil es mit dir ein Auf und Ab war und nicht nur weil mein Herz in deiner Nähe Saltos schlugen. Stattdessen waren es meine Gefühle über die ganze Beziehung hinweg, die mich an eine solche erinnerten.
Erst die Vorfreude, wenn man einander kennenlernt und schon am Anfang ahnen kann, dass sich diese Beziehung zu etwas Besonderem entwickeln könnte. Das Kribbeln im Bauch beim ersten Händchen halten und das nervöse Zittern meiner Finger, als du mir zum ersten Mal dein besonderes Lächeln geschenkt hast. Dieses Gefühl der überwältigenden Freunde, die sich wie eine Achterbahn langsam den Berg hinaufzog. Die Nächte die wir zusammen in meinem Zimmer verbracht haben, in denen wir nur mit einander geredet haben. Die Tage an denen du mit doppelter Ausgabe eines Buches in mein Zimmer kamst und wir den ganzen Samstag damit verbrachten die Geschichte gleichzeitig zu lesen, nur damit wir in der Nacht auf Sonntag darüber reden konnten. Diese Momente führten alle dazu, dass sich unser eigener Achterbahnwagon den Berg hinauf zog. All diese Momente führten zu dem stetigen Kribbeln im Bauch. Zu meinem Dauerlächeln. Meinen schwitzigen Händen und meinen roten, hitzigen Wangen.
Dann erreichte unsere Liebe den Höhepunkt. Der Punkt in einer Achterbahn, bei dem das nervöse Kribbeln am stärksten ist. Wenn man sich mit seinen schwitzigen Händen an den Bügel des Wagons klammert und einem das Herz bis zur Brust schlägt. Genau an diesem Punkt wo man kurz davor ist den Abhang herunter zustürzen und sich doch noch wie der König der ganzen Welt fühlt. Dieser Punkt in einer Achterbahn, in der man sich unglaublich frei und doch so ängstlich fühlt.
Dieser Punkt erreichten wir drei Monate später und doch kann ich nicht genau sagen, wann unser Wagon die Ebene erreichte. Wann das freudige Kribbeln verschwand und stattdessen von dem fast schon panischen Gefühl der Nervosität ersetzt wurde. Aber ich weiß, dass ich an diesem Punkt bereit war, alles für dich zu tun. Ich war sogar bereit für mehr. Ich war bereit dir alles auf der Welt zu zeigen, auch wenn du damals die einzige Person warst, die ich zu sehen vermochte. Doch dann kam der Punkt in unserer Beziehung, wo sich die Achterbahn langsam nach unten kippt. Wo sich der Schwerpunkt verlagert und sich der erste Wagon des Zuges langsam über die Spitze des Berges ragt. Man sieht plötzlich in den Abgrund, ahnt was vor einem liegt, und klammert sich fester an die Stange.
Plötzlich war die Freude weg.
Stattdessen hatte das nervöse Kribbeln der Angst meinen Körper ergriffen, wie damals, als du aufgelöst vor meiner Haustür standest. Dabei habe ich dich während unserer Beziehung nur zweimal am Boden erlebt. Das erste Mal war bereits zwei Wochen nachdem wir uns kennengelernt hatten. Dein älterer Bruder wurde ein weiteres Mal mit Drogen erwischt und fürchtete sich nun vor einer ernsthaften Anklage. Du erzähltest mir dein Vater seie vor Jahren abgehauen und dein Bruder könnte angesichts einer Gefängnisstrafe dasselbe planen. Damals war ich überrascht, dass du in dieser Situation gerade vor meiner Haustür standest. Dass du dich mir anvertraust. Bis heute weis ich nicht, was dich dazu bewegt hat gerade mich aufzusuchen. Trotzdem hat es in unserer Beziehung etwas verändert. Ich fühlte mich dir plötzlich so nah und als du mich gefragt hast, ob wenigstens ich dir versprechen könnte, niemals deine Seite zu verlassen, konnte ich nichts anderes tun als zu Nicken und dich fest zu umarmen.
Es war das erste Versprechen, dass ich dir gab und das Letzte, dass ich verzweifelt versuchte nicht zu brechen.
Aber dazu später.
Das zweite Mal, dass ich dich aufgelöst erlebte, war an dem Tag als ich dir erzählte, dass mich zwei maskierte Männer ausgeraubt hätten. Keiner der beiden hatte mich angefasst oder verletzt. Sie hatten mir noch nicht einmal mein Handy abgenommen, sondern sich nur mit den 50€ in meiner Geldbörse zufrieden gegeben. Trotzdem fühltest du dich schuldig in dieser Nacht nicht da gewesen zu sein, um mich zu beschützen. In dieser Nacht hast du mir versprochen, niemals meine Seite zu verlassen.
Wie naiv waren wir damals zu Glauben, dass unsere Versprechen für die Ewigkeit wären? Das wir für die Ewigkeiten wären?
Ich zumindest war bereit mein Versprechen zu halten, während du deins bereits nach wenigen Monaten zu ignorieren wusstest.
Es war die Geburtstagsfeier einer deiner Freunde. Ich wollte nicht kommen, aber du hattest so lange auf mich eingeredet, bis ich schließlich einwilligte. Wir witzelten sogar, dass du mich mit dieser Entscheidung durch die Hölle zerren würdest und was für dich ein Spaß war, war für mich so viel mehr. Damals wäre ich wohl wirklich dazu bereit gewesen für dich durch die Hölle zu gehen. Ich wäre bereit dafür gewesen, an deiner Seite zu sterben und mich von dir in die Flammen werfen zu lassen, wenn das bedeutet hätte an deiner Seite zu sein.
Deine Hand zu halten.
Deine Lippen zu berühren.
Dein Herzschlag zu hören.
Doch für dich waren meine Worte nicht mehr als das. Worte. Du hattest mich darum gebeten dich nie zu verlassen, weil du dich damals davor gefürchtet hattest allein zu sein. Ich weiß nicht, was sich seit dem verändert hat. Doch was ich weis ist, dass ich für dich wie die Schwerkraft war. Ich war diejenige in der Beziehung, die über alles Nachdachte. Die sich über alles Gedanken machte und verhinderte, dass du ab und an den Boden unter den Füßen verlierst. Ich war diejenige, die du brauchtest, um nicht ganz in deiner Fantasie zu verschwinden.
Du dagegen warst wie Sauerstoff.
Ich brauchte dich damals zum Leben und selbst jetzt fühlt es sich noch so an, als würde ich dich brauchen. Seit dem du mich verlassen hast, spüre ich den Druck auf meinem Brustkorb. Die eiserne Kälte die sich auf meine Lungen legt und jedem Atemzug erschwert. Tage nach unserer Trennung fühlte sich das Leben an wie eine reisende Strömung, die mir langsam die Luft aus den Lungen presst und mich dabei langsam tötet. Heute - Monate später - fühlt es sich nicht besser an. Ich habe das Gefühl zu Sterben und die Tatsache, dass ich es allein tue, macht mir schrecklich Angst. Dabei warst du derjenige, der mir in einer belanglosen Nacht geschworen hatte, an meiner Seite zu sterben.
Der Druck auf meinem Brustkorb ist bist heute nicht verschwunden und erneut muss ich an die Achterbahn denken. Wenn der Wagon sich über den Anhang beugt, sich das Gleichgewicht des Zuges neu verteilt und der Wagen plötzlich nach vorne kippt und nach unten rast, verspürt man genau so ein Gefühl. Man vergisst zu atmen. Es fühlt sich so an als würde das Herz für wenige Sekunden aufhören zu schlagen, während dir der kalte Fahrtwind Tränen in die Augen treibt. Man stürzt in einen Abhang, der in dieser Situation länger und steiler wirkt als es ein unbeteiligter Zuschauer erahnen könnte.
Also ja.
Unsere Beziehung war wie eine Achterbahn.
Und trotz diesem panischen Gefühl der Atemnot, kann ich noch immer nicht deine Worte vergessen, die du mir in unserer letzten gemeinsamen Nacht zugeflüstert hast. In der letzten Nacht, bevor du dich dazu entschieden hast jedes unserer Versprechen zu brechen und alkoholisiert mit einem anderen Mädchen zu schlafen.
„Weil ich dir erzähle, dass du alles bist was ich brauche. Ich verspreche dir, dass du alles bist, was ich sehe. Ich folge dir egal wohin und was auch passiert...ich werde dich nie verlassen."
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