An diesem sonnigen Samstagmittag (eine andere Art Gedanken-Geschichte)

Ich war schon immer "anders" wie meine Mutter immer zu sagen pflegte, schon seit ich klein war.

Statt mit Püppchen zu spielen suchte ich nach Orten, an denen niemand und nichts war und beobachtete stundenlang die Wolken wie sie in verschiedenen Formen und Farben auftauchten. Ich betrachtete sie immer ganz genau und schloss aus den Formen die sie angenommen hatten welche Träume und Gedanken in meinem Kopf schwirrten.

„Wolken präsentieren die gewesenen, nie existierenden oder für immer da gewesenen Träume", hatte ich meiner Mutter damals gesagt.

„Warum glaubst du das?", hatte sie mich gefragt.

„Weil sie als alles und nichts existieren."

Sie hatte gestarrt, paralysiert von dem was ich gesagt hatte.

Ich war ja erst ein kleines Kind gewesen.

Ich wusste, dass ich ihr Angst machte, weil ich das bin, was für sie Ungewiss ist. Sie kennt nicht das, was hinter Leben und leben lassen steckt, sie kennt nicht das, was man denken hinter dem Denken nennt.

Aber ich machte nicht nur ihr Angst, ich machte allen Angst.

Den Kindern im Kindergarten,

Der zickigen Betreuerin,

Dem jungen Gärtner von neben an.

Und irgendwann beschloss ich zu schweigen. Es muss an dem sonnigen Samstagmittag gewesen sein, als die schneeweißen Rosen in Großmutters Garten ihre Köpfe beinahe abrissen um den Strahlen der Sonne nahe zu sein.

„Oma?", hatte ich mit leiser aber klarer Stimme gefragt. Sie hatte sich langsam zu mir umgedreht und mich durch ihre kleine, runde Brille lächelnd angesehen.

„Ja, mein Kind?"

„Warum haben alle Angst vor mir? Ich sage doch nur was war und was gewesen ist. Ich sage doch nur, welche Möglichkeiten wir haben, was wir niemals sehen werden. Warum fürchten sie mich, wenn ich ihnen erzähle, dass der Wind mir Geschichten zuflüstert?", ihr ohnehin schon faltiges Gesicht, runzelte sich zu einem nachdenklichen und besorgten Ausdruck.

„Weil sie das fürchten was ihnen Unbekannt ist", raunte sie mir nach einer Weile zu.

„Bin ich ihnen etwa Unbekannt?", ein trauriges Lächeln lag auf ihren Lippen.

„Ja, ja das bist du. Sie kennen keine Kinder im Alter von fünf ein Halb Jahren, dass das Leben besser versteht als sie. So traurig es auch scheinen mag, so muss ich dir jetzt etwas ans Herz legen, was du nicht verdient hast: ich fürchte du musst schweigen. Schweigen über deine Gedanken, schweigen über das, was du über das Leben weißt, schweigen über die Schönheit die ihnen tiefen deiner Seele und deines Herzens liegen und warte, warte bis die Zeit gekommen ist erneut das zu öffnen, was alle so sehr fürchten"

Und so hatte ich begonnen zu schweigen. Natürlich war ich immer noch dieses seltsame Mädchen, welches Stundenlang in den Gänseblümchen-Wiesen lag und die Wolken beim Vorbeiziehen beobachtete, immer noch dieses Mädchen, welches mit nackten Füßen durch tiefen, weißen Schnee stapfte und mit Winterstiefeln über heißen Asphalt. Aber ich hatte begonnen mein Denken für mich zu behalten. Ich schrieb es in kleinen schwarzen Notizbüchern auf welche ich unter den losen Brettern meiner Zimmerwand versteckte. Und ich wartete, ich warte immer noch eines Tages frei sein zu können, frei von meinen eigenen Gedanken.

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