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" Guilt is one of those emotions that feeds on itself. With every bite, it gets a little heavier."

Das Zimmer im Motel war wahrlich nicht besonders schön- die Tapete, mit einem Muster aus kleinen, grünen Palmen verziert war, scjäkre sich an einigen Stellen bereits ein wenig. Der Stoff, aus dem die Sessel bestanden wirkte alt- der Stoff löste sich an einigen Stellen, wie alte, trockebe Haut, die sich von drn darunzer liegenden Hautschichten löste, und an wiederrum einigen anderen Stellen,  waren Flecken zu sehen, hinterlassen von irgendwelchen Substanzen. Wenn man auf einem der Sessel Platz nahm, fühlte sich dieser zu weich an, so als wären die Federn bereits ziemlich abgenutzt, und würde schlichtweg einfach nachgeben, sobald sie ein wenig belastet wurden. Auch die Betten wirkten alt- das Gestell knarzte, sobald man sich darauf setzte, oder sich auf der ebenfalls ziemlich weichen, abgenutzten Matratze ein wenig umwandte. Aber das alles spielte keine große Rolle- es war letzten Endes egal, wie das Motel aussah, oder wie herunter gekommen es war.

Was zählte war, dass sie erst einmal mehr oder weniger in Sicherheit waren. Was zählte war, dass sie erst einmal einen Ort gefunden hätten, an dem die bleiben konnten- zumindest so lange, bis ihnen eine Lösung für dieses neue Problem eingefallen war. Einen Ort, an dem die sich überhaupt erst einmal über ihre Situation bewusst werden konnten. Sie hatten nicht vor, länger in diesem Motel zu bleiben als nötig war. Außerdem waren herunter gekommenen Motels nichts, woran Five nicht bereits gewöhnt war- während seiner Zeit in der Kommission, hatte er beiAuftröhen einige Zeit in ähnlichen Räumen wie diesem hier verbracht. Manchmal sogar in Zimmern, die in einem noch schlechteren Zustand gewesen waren- aber sich damals hatte das keine große Rolle gespielt. Auch damals hatte es lediglich zur Unterkunft gedient, bis der Auftrag erledigt gewesen war. Bis eine Lösung für den Auftrag gefunden worden war. Five stockte bei dem Gedanken daran leicht. Die Erinnerung an die Kommission war für ihn noch immer keine positive Erinnerung. Im Gegenteil. Sie war verbunden mit dem Gefühl von getrocknetem, dunkelroten Blut an den eigenen Händen und seinem kupferartigen Geruch.

Von den Gesichtern, die einen nach den Aufträgen heimsuchten, egal wie sehr man sein eigenes Verhalten zu begründen versuchte. Egal, wie sehr man es zu verdrängen versuchte. Die Gesichter der eigenen Opfer brannten sich ins Gedächtnis, mitsamt dem eigenen Schuldgefühl. Fives Gedächtnis war erschreckend gut- und wenn er ehrlich war, war er sich manchmal nicht ganz sicher darüber, ob das nun ein Fluch oder ein Segen war. Allerdings war Five auch verdammt gut darin, Dinge zu verdrängen. Dinge, mit denen er sich nicht auseinander setzen wollte. An die er nicht denken wollte. Und dafür war er in der Tat dankbar.  Es war fast, als würde man diese Dinge in eine hintere Schublade de eigenen Gedächtnisses stecken, und diese verschließen.

Als würde man diese Dinge hinter vielen anderen Dingen zurück schien. Das klappte manchmal- manchmal allerdings auch nicht. Manchmal ließ die Schublade sich nicht verschließen, und der muffige, alte Geruch des Hotels machte es Five nicht unbedingt einfacher, die Gedanken an seine Zeit in der Kommission zu unterdrücken. Aber das musste er. Jetzt war nicht die Zeit, darüber nachzudenken.

Die alten schwarzen Dielen von dem Gerüst des oberen Bettes knattern leise, als die darauf sitzende Person sich ein wenig bewegte.  Ein Stockbett. Sie teilten sich tatsächlich ein Stockbett, jeweils zwei von ihnen in einem Zimmer. Five war mit Klaus in einem Zimmer gelandet, der quasi Anspruch auf das obere Bett erhoben hatte, sobald sie das Motelzimmer betreten hatten. Five hatte nicht widersprochen, stattdessen hatte er sich schlicht auf das untere Bett sinken lassen- zumindest für eine Weile. Fast erinnerte ihn diese Situation ein bisschen an eine Mission, auf der sie als Kinder einmal gewesen waren, und deren Erinnerung ihm mittlerweile ungefähr ebenso furchtbar weit entfernt vorkam, wie sämtliche andere Erinnerungen an seine Kindheit.

Die Mission war in Frankreich gewesen, und gleichzeitig war sie die ersre und einzige Mission im Ausland gewesen, von der Five jemals ein Teil gewesen war. Das Motel damals war um einiges geräumiger, und vermutlich auch vom Zustand her besser gewesen- schließlich war es Reginald gewesen, der damals das Motel gebucht hatte. Reginald, der noch mehr Geld gehabt hätte als Kritiker und Feinde. Damals hatten sie sich für den Aufenthalt in der Stadt ebenfalls zwei Motelzimmer teilen müssen- jedoch jeweils zu dritt. Damals hatte Five sich mit Klaus und mit Ben ein Zimmer geteilt- die höheren Nummern in einem Zimmer, während die ersten drei Nummern sich ebenfalls eins teilten. Klaus hatte damals ebenfalls den Anspruch auf das obere Stockbett erhoben- jedoch hatte Five ihm damals einen ziemlichen Strich durch die Rechnung gemacht, indem er sich trotz dessen auf das obere Stockbett teleportiert, und dieses damit besetzt hatte.

Klaus hatte versucht ihn umzustimmen, und nach dem dies nicht funktioniert hatte, hatte der Lockenkopf sich schließlich auf dem unteren Stockbett eingenistet, während Ben in dem dritten Bett, das etwas weiter entfernt an der Wand gestanden hatte Platz genommen hatte. Damals, als sie noch Reginalds Kinder gewesen waren  und  Ben noch gelebt hatte. Letztere Tatsache hinterließ noch immer einen bitteren Geschmack in seinem Mund, und ein beklemmendes Gefühl in seiner Brust.   Ein Teil von ihm fragte sich, ob seine Geschwister noch mehr Missionen im Ausland gehabt hätten, später, als er schon längst verschwunden gewesen war. Ein anderer Teil von ihm beschloss, dass das keine Rolle spielte. Zumindest erstmal nicht.

Stattdessen kehrten seine Gedanken zu Ben zurück- und zu seinem Spiegelbild, das ihnen heute begegnet war. Es war nicht ihr Ben gewesen- weit entfernt davon, vermutlich. Und doch hatte er selbst bemerkt, dass er sich selbst nicht davon hatte abbringen können, das Ebenbild seines verstorbenen Bruders ungläubig  anzustarren. Was vermutlich daran lag, dass er nicht da mit gerechnet hatte, diesen jemals wieder in Fleisch und Blut zu sehen. Ihm jemals wieder gegenüber zu stehen. Es war ein schmerzhafter Gedanke, aber Five hatte im Laufe der Jahre gelernt, diesen zumindest halbwegs zu akzeptieren- oder zumindest hatte er gelernt, dass es nichts bringen würde, diese Tatsache abzustreiten. Schon in der Apokalypse war er sich dessen mehr und mehr bewusst geworden.

Er hatte mehr und mehr realisiert, dass er einen Bruder weniger sehen würde, wenn er zurück zu seiner Familie kehren würde- und jene Einsicht hatte sich angefühlt, wie ein Schlag mitten ins Gesicht. Aber dennoch war es eine Tatsache gewesen. Er konnte noch nicht einmal behaupten, dass er überrascht war, dass es ihn so getroffen hatte, Ben lebend zu sehen- auch wenn es nicht direkt der Ben war, den er einmal gekannt hatte.  Bens Tod war wie eine Wunde gewesen, die Five mit einigen flüchtigen Stichen wieder zugenäht hatte- und jene Begegnung heute hatte dafür gelockert, dass jene Nähte, die sie Wunde geschlossen hielten sich lockerten, so dass diese aufzubrechen drohte.

Aber er würde sie nicht komplett aufbrechen lassen. Das durfte er nicht. Wenn er jetzt emotional werden würde, würde ihn dies nur vom Wesentlichen ablenken. Wenn er jetzt an Ben dachte, würde er sich nicht mehr darauf konzentrieren können, ihr Problem, das sie momentan hätten zu erfassen. Wenn er jetzt emotional werden würde, konnte er nicht gleichzeitig auch rational sein. Und Letzteres  war in dieser Situation sehr wohl nötig. Der 58-Jährige fuhr sich seufzend durch die dunklen, dichten Haare,   während er versuchte, seine Gedanken wieder ein wenig zu ordnen. " Deine Nervosität ist ansteckend ", durchbrach plötzlich Klaus' Stimme die vor einigen Sekunden noch herrschende Ruhe.

Der Lockenkopf saß aufrecht auf dem oberen Stockbett, und blickte aufmerksam zu seinem Bruder, der die letzzen paar Minuten damit verbracht hatte, nervös im Zimmer auf und ab zu laufen. Five konnte es nicht ausstehen, ruhig sitzen zu müssen, wenn er nervös oder aufgebracht war- meistens konnte er dies auch schlicht nicht. Es war schon immer so gewesen  selbst in seiner Kindheit. Wenn er trotzdem versuchte, ruhig an einer Stelle zu bleiben wenn er Nervös war, fühlte es sich an, als würde die Nervosität sich anstauen. Als würde sie ihn ersticken- oder als würde er versuchen, seine eigene Nervosität zu ersticken. Letzrees war meistens weniger erfolgreich. " Wo bleiben die Anderen?" Erwiderte Five schließlich, ohne mehr auf den vorherigen Kommentar seines Bruders einzugehen. " Ich habe ihnen doch gesagt, dass sie in ein paar Minuten hier sein sollen."

Er bemerkte selbst die Anspannung in seiner Stimme, außerdem fühlte er sich plötzlich ein Stück weit in der Zeit zurück versetzt. Außerdem fühlte er sich einen kurzen Moment lang erneut wie vor einiger Zeit in der Seitengasse- damals, nach seinem Auftrag bei der Leiterin. Damals, als ebenfalls niemand pünktlich aufgetaucht war- von Luther und Klaus einmal abgesehen. Damals, als er ihnen ebenfalls eine begrenzte Zeit  angegeben hatte, in der die aufkreuzen sollten- ohne Erfolg. Auch in der Situation war er nervös, aufgewühlt gewesen- zu Recht. Er war Verdammt nervös gewesen, wegen der kurzen Zeit, die sie gehabt hatten. Wegen dem Blut, das erneut nur für ihn selbst sichtbar an seinen Händen geklebt hatte- wegen dem Gedanken, dass jenes Blut quasi umsonst vergossen worden wäre, wenn seine Geschwister nicht rechtzeitig erscheinen würden. 

In diesem Moment ging es nicht um so viel wie damals. In diesem Moment befanden sie sich nicht direkt in Gefahr, oder unter Zeitdruck- es ging lediglich darum, sich der Lage klar zu werden, zu besprechen, wie sie nun weiter vorgehen würden. Aber nervös war Five trotzdem, was wohl eher an der gesamten Situation lag, als an dem erneut verspäteten Erscheinen seiner Geschwister.

" Du kennst unsere Geschwister doch", erwiderte Klaus mit einem Schulterzucken in einem Versuch, möglichst locker zu wirken- allerdibfs ging die erwünschte Wirkung ziemlich verloren. Der Jüngere wirkte irritiert, und ebenfalks ein wenig angespannt. Auch ihm schien das, was gerade passiert war zu denken zu geben. " Luther und Diego haben sich wahrscheinlich schon gegenseitig in ihrem Zimmer umgebracht, und Vanya und Allison...", zum Ende des Satzes hin, wurde er immer leider, bis er schließlich komplett abschweifte. Er setzte nicht an, um etwas zu dem unfertigen Satz hinzu zu fügen. Stadtdessem wandte Klaus schließlich den Blick von Five ab, und starrte gedankenverloren auf die dunkelblaue Decke, die einmal gefaltet am Ende seines Bettes lag.

Klaus war, seit sie das Zimmer betreten hatten generell nicht sonderlich gesprächig gewesen- im Gegenteil. Fives Bruder, der normalerweise oft genug ohne Punkt und Kome reden könnte, war in den letzten Minuten verdächtigt ruhig, gerade nachdenklich  gewesen. Das war nicht sonderlich oft der Fall- und meistens schien es einzutreten, wenn es dem Lockenkopf nicht besonders gut ging, oder es etwas gab, dass ihn beschäftigte. Bedrückte.  Five meinte, sich  dunkel daran erinnern zu können, dass Klaus früher, in ihrer Kindheit insbesondere in den Tagen nach seinen Einzeltraining immer ähnlich ruhig gewesen war, wie jetzt. Ähnlich abwesend. Mit dem Unterschied, dass er damals auch verstört, ängstlicher gewirkt hatte als normalerweise.

Dass angespannter gewesen war, sich oft flüchtig im Raum umgesehen hatte, wenn die anderen es nicht bemerkt hatten- zumindest nahm Five an, dass die meisten seiner anderen Geschwister es nicht bemerkt hatten. Abgesehen von Ben vielleicht. Ben und er selbst waren eigentlich schon immer so ziemlich die aufmerksamsten Mitglieder der Akademie gewesen. Und so hatte er flüchtigen Blicke durch den Raum bemerkt, die ungewöhnlich blasse Haut und gekrümmte Haltung des anderen Jungen. Von jener Angst war in diesem Moment nicht wirklich etwas zu sehen- der Jüngere wirkte lediglich nachdenklich. Vielleicht sogar ein wenig traurig. Es lag nicht fern zu verlieren, dass es ihn ähnlich wie Five selbst getroffen hatte, seinem ehemals toten Bruder plötzlich wieder gegenüber zu stehen.

Diesen nach all den Jahren, in denen er ihn nur als Geist um sich gehabt hatte wieder in Fleisch und Blut zu sehen. Ihm war klar, dass die Situation von eben wohl auch für Klaus nicht sonderlich einfach gewesen sein konnte. Besonders im Hinblick darauf, dass ihr Ben quasi nicht mehr existierte. Zumindest nicht in dieser Welt. Im Hinblick darauf, dass der Ben, den er Jahre lang als Geist um sich gehabt hatte nicht mehr da war- und stattdessen durch einen Fremden ersetzt wurde. Aber zumindest hatte er einige Jahre mehr mit seinem Bruder gehabt, dachte Five bitter. Er selbst hatte Ben zuletzt vor 45 Jahren lebendig gesehen- an jenem schicksalhaften Morgen, ehe er aus dem Salon gestürzt war, in einem zum Scheitern verurteilten Versuch, Reginald zu beweisen, dass er sehr wohl in der Zeit reisen konnte. Er hatte sich nie von seinem Bruder- seinem ehemals besten Freund-  verabschieden können. Zum Zeitpunkt von dessen Tod, war er nicht anwesend gewesen. Und mental hatte er sich auch nicht  verabschieden können- es hatte einfach nie einen passenden Zeitpunkt dafür gegeben.

In der Apokalypse waren all seine Geschwister ständig in seinen Gedanken herum gespukt. In der Apokalypse hatte er sich an den Gedanken, den Erinnerungen an sie festgehalten, festklammert. Er hatte sie nicht gehen lassen können. Sie waren das Einzige gewesen, was ihn dazu angespornt hatte, weiter zu machen. Was ihm einen Grund gegeben hatte, weiter zu machen, auch wenn Aufgeben mehr als einmal so viel einfacher gewesen wäre. Die Erinnerungen an seine Geschwister waren- abgesehen von Dolores- alles gewesen, was er in der Apokalypse gehabt hatte. Er hatte sie nicht los lassen können- seine Entschlossenheit wäre wie ein Kartenhaus in sich zusammen gefallen, wenn er es getan hätte. Und später hatte er den verstorbenen Hargreeves- Bruder nicht loslassen wollen- nicht nur, weil er nicht wusste wie. Sondern auch, weil er nicht vergessen wollte. Allerdings brachte dies auch die Tatsache mit sich, dass er mit Bens Tod noch immer nicht richtig abgeschlossen hatte. Dass die Wunde zwar grob zugenäht worden war, aber eiterte. Dass das Schuldgefühl und der Schmerz nie ganz verschwunden waren- und wenn beide Dinge sich bis jetzt ein wenig dumpfer angefühlt hatten.

Schließlich brummte er eine Art Zustimmung  auf die vorherige Bemerkung seines Bruders, und blickte in Richtung der Zimmertüre. In einigen Augenblicken würde sie sich öffnen- er könnte es beinahe wie eine Art Vorahnung spüren. Und dann würden sie alle Antworten von ihm erwarten. Erwarten, dass er die Lösungen zu Allem hatte. Dass er die Situation im Griff hatte, wusste, es sie als Nächstes tun sollten. Dass er die Lösung bereits bereut hatte. Die Wahrheit war, dass Five keine Ahnung hatte, was die Lösung war.  Klaus hatte in der Zeit, die sie zu zweit in diesem Zimmer nicht weiter nachgehakt, wofür Five dankbar war. Er wusste nicht, ob dies daran lag, dass Klaus ahnte, dass er selbst überfordert mit der Situation war, und sich nicht weiter aufdrängen wollte, oder daran, dass dieser einfach zu sehe in seinen eigenen Gedanken verloren gewesen war.

Klaus war schon immer weniger aufdringlich, weniger hitzköpfig gwwesen, als die meisten anderen seiner Geschwister. Ben und Vanya ebenfalls, was wohl auch einer der Gründe gewesen war, warum jene drei früher diejenigen in der Akademie gewesen waren, zu denen Five das beste Verhältnis gehabt hatte. Warum er mit jenen drei früher am engsten gewesen war.  Zwar konnte Klaus einem nicht selten höllisch auf die Nerven gehen- und seine provokative Ader hat ebenfalls schon einige Male zum Streit mit einigen seiner Geschwister geführt. Aber dennoch. Die drei höheren Nummern waren weniger in den Kokurrenzkampf um Reginalds Anerkennung verstrickt gewesen. Weniger in den vielen Konflikten, zwischen den anderen drei Nummern.

Weniger hitzköpfig. In gewisser Weise war es einfach einfacher gewesen, die Maske in ihrer Anwesenheit zumindest ein Stück weit abzulegen. Es war leichter gewesen , ihnen zu vertrauen- zu glauben, dass sie es nicht ausnutzen würden, wenn man sich einmal ein Stück verletzlich zeigte. Es war nicht so, dass er die ersten drei Nummern gehasst hatte- im Gegenteil. Er hatte nie jemanden seiner Geschwister wirklich gehasst. Er war oft genug wütend auf sie gewesen, ja. Aber von Hass hatte wohl nie direkt die Rede sein können. Die anderen drei- die ersten drei-  waren einfach zu sehr unter Reginalds Einfluss gewesen. Zu versessen darauf, dessen Anerkenung zu gewinnen.  Jetzt waren die Dinge nicht mehr ganz so, wie sie einmal gewesen waren. Jetzt waren sie alle nicht mehr ganz so, wie sie einmal gewesen waren.  Aber in gewisser Weise war er dennoch fast froh, dass es Klaus war, mit dem er sich jetzt ein Zimmer teilen musste. Im nächsten Moment klopfte es- wie um Fives vorherige Vermutung zu bestätigen- an die Zimmertüre.

" Unter einer  Stunde", verkündete Klaus, der scheinbar gerade ebenfalls aus seinen Gedanken gerissen worden war mit einem leichten Grinsen und gespielter Begeisterung. " Ich glaube, das ist bis jetzt unsere Bestleistung." Five seufzte, drückte den silbernen Griff der Türe hinunter, und öffnete diese schließlich. Luther trat als erstes ins Zimmer, gefolgt von Diego, der auf einem der beiden Sessel im Zimmer Platz nahm, die früher womöglich einmal Königsblau gewesen war, jetzt allerdings nur noch lediglich einen verwaschenen, hellblauen Farbton aufwies. Auf Diego folgte Allison, die ähnlich wie Klaus recht nachdenklich wirkte- außerdem wirkte sie angespannt. Irgendwas beschäftigte seine Schwester definitiv- bedrückte sie vermutlich sogar. Fast wirkte es, als würde ihr etwas- noch- unausgesprochen gerade zu auf der Zunge liegen. Auf der Zunge brennen. Hinter Alison war Vanya, den Blick zu Boden gerichtet, und die Schultern etwas mehr gesenkt, als normalerweise. Auch sie wirkte ein wenig bedrückt, und Five fragte sich kurz, ob Allison ihr wohl von der Sache, die sie beschäftigte erzählt hatte. Vanya schloss die Türe hinter sich und stellte sich neben Allison, die mit verschränkten Armen auf dem zweiten Sessel Platz genommen hatte.

" Und?" Five konnte Diegos fragenden Blick auf such spüren. " Irgendwelche neuen Erkenntnisse?" Der Ältere nickte. Neue Erkenntnisse hatte er  tatsächlich mehr oder weniger- allerdings sprachen diese nicht wirklich für ihn und seine Geschwister. Allerdings ließen diese die Lage noch um einiges negativer erscheinen. Hoffnungsloser. Komlizierter.

" Ich fürchte schon ", antwortete er müde. " Ich fürchte, unser Aufenthalt in den 60er- Jahren, hat einige Nebenwirkungen mit sich gebracht ", nervös kniff er die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen. Es war keine schöne Aussicht. Und es war auch keine schöne Aussicht, dass sie scheinbar mehr oder weniger direkt verantwortlich für die veränderte Zeitlinie waren- aber es war so ziemlich die einzige Erklärung. Sie hatten in der Vergangenheit so viele Dinge verändert- sich so sehr in Dinge eingemischt, denen sie fernbleiben hätten sollen- dass es wohl kaum möglich gewesen wäre, dass diese Veränderungen sich nicht auf die Zukunft- auf ihre Zukunft auswirken würden.

Luther blinzelte. " Das heißt ?" Hakte er nach, die Stirn geringelt und die Augenbrauen in Falten gelegt.

" Das heißt ", erwiderte Five eindringlich, " Dass eure- unsere Einmischungen, in eine Zeit die nicht unsere war Folgen mit sich gebracht hat. Wie ihr sicherlich unschwer erkennen könnt. " Er klang sachlicher als beabsichtigt- und definitiv neutraler, als er sich fühlte. Im Innere  fühlte er sich aufgebracht. Nervös. Wütend, auf sich selbst, und auf seine Familie. Wenn sie sich nicht so sehr eingemischt hätten- wenn sie gar nicht erst in den 60erJahren gelandet wären- dann würde jetzt einiges anders aussehen. Aber der Zeitsprung in die Vergangenheit war ihr einziger Ausweg gewesen. Der Zeitsorunf war die einzige Alternative zu ihrem Tod gewesen. Er hatte nicht wissen können, dass es so kommen würde. Er hatte nicht wissen können, dass er erneut versagen würde. Dass sie zu weit in der Vergangenheit landen würden. Andererseits- warum hätten seine Geschwister so sehr an der Vergangenheit herum pfuschen müssen? Warum hatten sie sich nicht zurück halten können. Zeitreisen waren eine verdammt heikle Sache, das hatte er mittlerweile gelernt. Eigentlich blieb keine Änderung ohne Folgen. Aber das war seinen Geschwistern nicht bewusst gewesen.

Klaus verzog das Gesicht. Allison lehnte sich auf ihrem Sessel ein Stück vor- ihre Stirn war in Fakten gelegt, ihre Stimmung schien in blosse Nervosität, bloße Besorgnis umgeschlagen zu haben. " Five ", brachte sie schließlich hervor. Ihre Stimme klang erschreckend bebend, die Anspannung darin war deutlich zu vernehmen  und ihre Finger krallte sich ein wenig in ihre verschränkten Arme. " Was genau bedeutet das für uns?"

Der Grünäugige biss die Zähne zusammen, und spannte seinen Unterkiefer unbewusst leicht an- eines der Dinge, die er tat, wenn er nervös war. Ihm war durchaus bewusst, was das bedeutete. Und Allison schien es ebenfalls bewusst zu sein- zumindest schien sie es zu erahnen. Zu vermuten. Auch sie schien die Bedeutung bereits zu kennen, allerdings schien sie dennoch darauf zu warten, dass er sie in Worte fasste. Dass er sie benannte. Er wusste nicht, ob er sich den hinter Sorge und Nervosität versteckten Vorwurf in ihrem Blick nur einbildete, oder ob dieser tatsächlich da war. Vielleicht war es Allison, die ihrem Blick diesen Ausdruck verlieh- vielleicht war es sein eigenes schlechtes Gewissen.

Er wusste, was das bedeutete. Er wusste, was es für ihn und seine Geschwister bedeutete. Und er war ihnen eine Erklärung schuldig, so grausam diese auch sein mochte. " Das bedeutet ", erwiderte er gezwungen gefasst, " Dass wir uns in der falschen Zukunft sind", er machte eine kurze Pause, eher er fortfuhr- und er konnte schwören, dass Allison bei seinen nächsten Worten ein Stück in sich selbst zusammen sank, als würde ein schweres Gewicht auf ihren Schultern sie plötzlich in Richtung Boden drücken. " Und ich weiß nicht, ob unsere eigentliche Zukunft so noch existiert. " 

AN: Joa, wieder ein nicht ganz so aktionsreiches Kapitel, aber dafür word in den nächsten Kapueln definitiv noch genug passieren XD und wir schlagen langsam die von mir beabsichtigte Richtung ein^^  wie findet ihr das neue Kapitel eigentlich so?

Schreibt mir gerne eure Meinung dazu in die Kommis ^^

Ansonsten dann bis bald💕

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