Kapitel 32

Unsicher blicke ich immer wieder zu meinem Nachbarn herüber und hoffe dabei einfach, dass er es nicht bemerkt. Natürlich wäre das nicht nötig, wenn ich, statt ihn anzustarren, einfach auf die Straße sehen würde, aber das kann ich nicht. Fast fühlt es sich so an, als würde er meinen Blick anziehen wie ein Magnet, dessen Kraft man nicht durchbrechen kann. In meinem Inneren hoffe ich, dass auch er mich ansieht, doch stattdessen liegt sein Blick starr auf der Straße vor ihm, während das Auto über die Straße lenkt, die aus dem der Stadt heraus und auf den High Way führt.

Wo bringt dieser Junge mich nur hin? Wehe er entführt mich. Zutrauen würde ich es ihm jedenfalls. Unsicher beginne ich mit dem Reißverschluss meiner Jacke zu spielen und ziehe sanft am Ausschnitt meines Shirts, weil es sich plötzlich so anfühlt, als würde mir der Stoff die Luft abschnüren. Vorsichtig blicke ich zu Cameron zurück und versuche herauszufinden, was er wohl vorhat.

Seine Finger wickeln sich feste um das schwarze Material des Lenkrades, welches der starr in eine Richtung gedreht hält. Das Auto macht nicht den kleinsten Schlenker, sondern bleibt stur auf seiner geraden Linie genau wie der Blick des Fahrers. Sein blondes Haar leuchtet im gelben Licht der späten Nachmittagssonne und ich muss dem Versuch widerstehen meine Hände in seinen Haaren zu vergraben und ihn an mich zu ziehen, doch die Distanz, die erst gerade, ob bewusst oder unbewusst zu mir aufbaut, verwirrt mich und hält mich von dem ab, was ich gerade so gerne tun würde.

Mein Herz beginnt jedoch kurz zu flattern, als er seine Stimme erhebt, die in diesem Moment sowohl warm und weich, als auch erotisch und rau klingt: "Fühlst du dich nicht wohl?" Sofort erwache ich erschrocken aus meinen Gedanken und schaue ihn überrascht an, bevor ich ehrlich zugebe: "Na ja, geht so. Du bist heute irgendwie so still." Als ich die Worte meinem Mund entflohen sind, höre ich erst, dass meine Stimme ein wenig zittert und leiser klingt als beabsichtigt, weshalb ich mich, in der Hoffnung meine Stimme dadurch fester klingen zu lassen, schnell räuspere. "Tut mir leid", er senkt den Blick ein wenig und es wirkt fast so, als wäre ihm klar gewesen, dass er sich gerade nicht so verhält wie sonst. "Was ist los?", frage ich und lasse meinen Reißverschluss endlich los, weil das Geräusch mich mittlerweile doch genervt hat, um meine linke Hand auf sein Bein zu legen. Sanft erwidert er die Bewegung und fährt mit den Fingerspitzen sanft über meine Hand, bevor er seine Finger mit meinen verschränkt: "Ich habe Angst etwas falsch zu machen oder zu sagen, weil du gesagt hast, dass das hier meine letzte Chance ist und ich will es euch nicht vergeigen." Nun klingt er fast sehnsüchtig!

Seine Berührung lässt die Schmetterlinge in meinem Bauch erwachen und einen Freudentanz in meiner Bauchhöhle aufführen, während seine Worte meinen Herzschlag beschleunigen, bis ich fast denke, dass mein Herz nahezu zum Explodieren bringen. Ich weiß, dass ich eigentlich hart belieben und mich ihm nicht einfach so an den Hals werfen sollte, aber er schafft es mich immer wieder zu überraschen, wenn ich es gar nicht erwartet habe.

Sanft versuche ich ihm gut zuzusprechen: "Du wirst es nicht vergeigen. Heute versuche ich ganz und gar unvoreingenommen zu sein und will einfach nur schön Zeit mit dir verbringen. Entspann dich einfach und alles wird gut!" Ich nehme wahr, wie er tief Luft holt und dann nickt: "Danke, ich hatte Angst, dass du mir nicht mal eine reale Chance gibst, sondern schon am Anfang schlecht gelaunt bist und keine Lust hast." "Das würde ich nicht tun", gebe ich zu, obwohl es doch etwas sein könnte, was ich tun würde, wenn ich mit irgendwem verabredet wäre, den ich nicht ausstehen kann: "Ich habe gesagt, dass ich dir eine Chance gebe und daran halte ich mich jetzt auch." "Danke", lächelt er sanft und streichelt mit seinem Daumen über meinen Handrücken. Am liebsten würde ich ihn bitten nicht aufzuhören, aber leider nimmt er kurz darauf seine Hand weg, um das Auto auf einen Parkplatz zu lenken und als ich den Kopf endlich wieder hebe, sehe ich wieso er das Tempo nun verlangsamt und beide Hände wieder zurück ans Steuer legt. Ich selbst lasse mich in den Sitz zurückfallen und ziehe mit einer Hand meine Jacke enger um mich, während ich mit der anderen meine Haare über meine rechte Schulter lege, damit ich sie im Reißverschluss meiner Jacke nicht einklemme, weil ich es hasse, wenn sich meine braunen Strähnen zwischen den Metallzähnen des Verschlusses verfangen.

Mein Blick fällt auf das Gebäude vor mir und das Interesse packt mich. Endlich sind wir da!

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