KAPITEL 18
E L I Z A B E T H
Ich brachte es kaum fertig zu schlucken, so trocken schien meine Kehle zu sein. Die Luft war auf Kriegsfuß mit meiner Lunge, welche in meinem Brustkorb immer kleiner zu werden schien. Der schwarzhaarige neben mir schwieg und hielt sich dezent im Hintergrund als ich auf Luke zu stampfte und ihn von dem Mädchen wegzerrte.
Eifersucht und Wut trieben mich in meinem Vorhaben voran, ich schenkte dieser Schlampe meinen schlimmsten Todesblick, ehe ich mich Luke zuwandte, der mich mit weit aufgerissenen Augen anstarrte.
Seinen Blick konnte ich nicht so wirklich deuten, er schien überrascht zu sein.
Schnell wechselte er ein paar Blicke zwischen mir und dem anderen Mädchen. Das brachte mein Fass zum überlaufen, ich hob meine Hand und ließ sie etwas weniger sanft auf seine Wange treffen.
Die ganzen Menschen um uns herum hielten die Luft an, für einen Moment war es komplett still und alle hatten ihren Blick fest auf uns geheftet. Allerdings beschäftigten sich die Meisten der Starrenden bereits nach wenigen Sekunden wieder mit ihren eigenen Problemen. Luke atmete noch immer geschockt einmal tief ein und hielt sich die pochende, rote Wange.
»Liz, ich kann das erklären. Es ist nicht so wie es aussah.«
Bitter lachte ich auf und schüttelte den Kopf. Ich war die ganzen Ausreden satt. Was sollte denn als nächstes kommen? Würde er eine Bank ausrauben? Oder vielleicht doch jemanden entführen?
»Luke, du bist das Allerletzte. Du hattest es mir versprochen. Irgendwie war mir von Anfang an klar, dass du es sowieso nicht schaffen würdest. Aber ich hatte Hoffnung. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber sie stirbt. Mit der Aktion von gerade eben hast du alles getoppt, was du jemals getan hast. Egal was wir hatten, es ist vorbei«, sagte ich mit eiskalter Stimme.
Anschließend biss ich mir auf die Innenseiten meiner Wangen und versuchte die Tränen zurückzuhalten.
Das Mädchen, das Luke die Zunge in den Hals gesteckt hatte, stand immer noch neben uns und schnaubte verächtlich. »An deiner Stelle wäre ich froh, dass du sie endlich los bist Lukey«, zwitscherte die Schlampe.
In diesem Moment ging alles drunter und drüber, ich ging auf die wasserstoffblonde Barbiepuppe zu und zog an ihren künstlichen Haaren.
Ein schriller Schrei drang an meine Ohren; jedoch wurde dieser durch meine Faust, die in ihrem Gesicht landete, gedämpft.
Als mich zwei Hände von hinten packten und wegzogen, sah ich das Blut aus ihrer Nase tropfen.
Ich schaffte es nicht mich aus dem starken Griff zu wenden, bis ich die Entscheidung traf, mich mit meinen Füßen zu wehren. Ich holte aus und trat der Person gegens Schienbein, dann entfernte ich mich sofort von der Gestalt. Ich erkannte den schwarzhaarigen Typen, welcher sich stöhnend das Schienbein hielt.
Luke stand mit gesenktem Kopf an derselben Stelle wie gerade eben auch. Ich drehte mich spöttisch seufzend von ihm weg und bahnte mir einen Weg zum Ausgang durch.
Draußen schien der Mond matt auf mich herunter, der Wind wehte durch meine Haare und hinterließ eine Gänsehaut auf meinen Beinen. Tränen tropften auf den Boden, aus meiner Kehle entwich ein ungewolltes Schluchzen. Mit zitternden Fingern zog ich mein Handy hervor um einen Blick auf die Uhrzeit zu werfen.
Es war kurz vor elf, und ich hatte absolut keine Ahnung wo ich mich befand. Weinend fuhr ich mir durch die Haare und streifte die hohen Schuhe von meinen Füßen.
Barfuß und total aufgewühlt suchte ich mir eine Richtung aus, in die ich langsam schlenderte und somit meinen Heimweg antrat.
Beunruhigt begutachtete ich die ganze Zeit die Gegend um mich herum, damit ich mich vergewissern konnte, dass ich alleine war.
Ein Auto kam langsam von hinten angefahren, Schweißperlen traten auf meine Stirn. Ich brachte es noch immer nicht zu Stande mich zu beruhigen; die Aufregung und Nervosität wurde nicht besser, als das Auto neben mir langsam zum Stehen kam und das Fenster heruntergekurbelt wurde.
»Steig ein«, sagte der Typ, dem ich soeben vermutlich das Schienbein gebrochen hatte.
Ich schüttelte den Kopf und setzte meinen Weg fort.
»Bitte. Es ist so spät und nicht gerade ungefährlich in deinem Alter alleine draußen herumzulaufen. Komm schon, ich bringe dich nach Hause«, beschloss er.
Schließlich gab ich mich geschlagen und öffnete die Beifahrertür. Kurze Zeit später brach ein Regenguss über Sydney herein, es hatte deutlich abgekühlt. Innerlich war ich froh darüber in das Auto gestiegen zu sein, obwohl ich den Kerl kaum kannte. Ich wusste nicht einmal seinen Namen, geschweige denn sein Alter oder irgendetwas in der Art.
Ich nannte ihm nur zögerlich meine Adresse, lehnte mich aber entspannt zurück als er das Radio einschaltete und auf die Hauptstraße abbog.
»Wie heißt du eigentlich?«, rutschte es aus meinem Mund heraus; ich begann auf meiner Unterlippe zu kauen.
Er grinste, hielt seinen Blick trotzdem konzentriert auf die Straße gerichtet.
»Zayn. Und du bist Elizabeth, habe ich Recht?«, fragte er und schenkte mir ein schnelles Zwinkern, weswegen ich die Stirn runzelte und ihn verblüfft anstarrte.
»Bist du sehr überrascht?«, wollte er erfahren.
Daraufhin nickte ich nur, da sich der Kloß in meinem Hals schon wieder festgesetzt hatte.
Zayn fing an zu lachen.
»Du bist die Freundin eines neuen Drogendealers. Fast jeder von den Jungs die da drin hängen wissen über dich und Luke Bescheid«, informierte mich der schwarzhaarige und ich schluckte den ekeligen Geschmack in meinem Mund herunter.
Die rote Farbe auf meinen Wangen wollte sich wohl gar nicht mehr verkriechen, sie blieb standhaft.
Wir bogen in unsere Straße ein und ich atmete erleichtert aus.
Es gab keinen Ort, wo ich gerade lieber sein wollte, als in meinem Bett mit einer Tafel Schokolade und der neuen Staffel von Pretty Little Liars.
Die Nacht würde wohl sehr lange werden, aber ich war mir ohnehin sicher, dass ich wegen der Vorkommnisse kein Auge zu machen würde, nicht einmal für ein paar Sekunden. Zu sehr nahm mich die ganze Sache mit.
Es war alles so perfekt gewesen und im nächsten Moment hatte sich alles zu einer absoluten Katastrophe entwickelt.
Geknickt verabschiedete ich mich von Zayn mit einem Dankeschön und einem gefaketen Lächeln. Ich warf die Autotür zu und ging im Regen die Treppen zu unserer Haustür hinauf.
»Elizabeth? Du hast deine Jacke und deine Schuhe vergessen«, hielt mich eine Stimme zurück und ich drehte mich um, damit ich meine Sachen abholen konnte.
Ich nickte ihm dankend zu.
Ich spürte die steinigen Treppen erneut unter meinen Füßen und als ich bemerkte, dass Zayn fortgefahren war, ließ ich mich vor der Tür zusammensinken und stützte das Kinn auf meinen Händen ab.
Die winzige Überdachung über mir war gerade so groß, dass ich nicht nass wurde. Erneut veranstalteten die Tränen ein Wettrennen an meinen Wangen hinunter, ich wischte mir über die müden Augen.
Erschöpft zog ich ein Taschentuch aus dem Seitenfach der kleinen Tasche und putzte mir die Nase. Danach steckte ich den ebenfalls herausgeholten Schlüssel ins Schloss und sperrte die Tür auf. Geräuschlos schloss ich die Tür hinter mir und sprintete mit nackten Füßen die Treppen nach oben.
Bevor ich mit meinem Serienmarathon beginnen konnte, beschloss ich ein Bad zu nehmen um meine Körpertemperatur wieder etwas zu erhöhen und die Füße sauberzuschrubben. Im Flur und allgemein im ganzen Haus herrschte Totenstille, entweder schliefen meine Eltern schon, oder sie waren am späten Abend ebenfalls noch ausgegangen.
Mir sollte es jedenfalls Recht sein, solange ich meine Ruhe hatte.
Auf meinem Handydisplay waren unzählige Anrufe aufgelistet, beinahe alle stammten von Luke. Okay, um genau zu sein waren alle von Luke. Augenverdrehend schaltete ich das iPhone aus und steckte es ans Ladekabel. Auf dem Weg ins Badezimmer lief ich an meinem Spiegel vorbei, der die Wand verzierte. Das Spiegelbild sah beschmutzt, verweint und elendig erschöpft aus.
Vielleicht sollte ich meine Pläne ändern und doch versuchen etwas Schlaf zu bekommen.
Um ehrlich zu sein wusste ich nicht, ob ich es morgen fertig bringen würde zur Schule zu gehen. Es konnte gut sein, dass dieser Tag der erste in meinem gesamten Leben war, an dem ich Schule schwänzen würde. Doch in diesem Moment hätte ich alles in Kauf genommen um Luke aus dem Weg zu gehen, die Folgen waren mir gerade mehr als egal. Ich konnte meinen Eltern bestimmt ganz leicht eine Erkältung vortäuschen.
Ein Kribbeln in meiner Nase entlockte mir ein Niesen und ich war mir plötzlich nicht mehr so sicher darüber, ob ich die Erkältung wirklich vorspielen musste. Das warme Badewasser entspannte meine Muskeln und löste sämtliche entstandenen Verspannungen. Ich hatte Mühe damit die Augen offenzuhalten, weil sich dieses Gefühl sehr befreiend anfühlte.
Selbst der Herz und der Pulsschlag hatten sich so langsam wieder beruhigt.
Zwar war mein Körper entspannt, dafür geschah in meinem Kopf das genaue Gegenteil. Ich grübelte darüber, wie ich in den nächsten Tagen vorgehen sollte. Mein Plan war es, die ganze Sache erst einmal vor meinen Eltern und allen anderen geheim zu halten, und das obwohl ich mir sicher war, dass sie früher oder später die Wahrheit herausfinden würden.
Doch ich hatte diesen Weg gewählt, also musste ich nun schauen, wie ich damit zurechtkam.
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