KAPITEL 06
E L I Z A B E T H
»Keine extremen Belastungen, der Schulsport wird wohl bis auf weiteres für dich ausfallen, da die Scherbe ziemlich weit in dein Fleisch eingedrungen ist. Die Entschuldigung bekommst du am Empfang, ebenso wie deine Krücken. Am besten wäre es, wenn du ein bis zwei Tage Zuhause bleibst und deinem Fuß Ruhe gönnst«, tadelte mich der Arzt und schenkte mir einen ernsten Blick.
»Und das nächste Mal, Ms. Reed, ziehen sie sich bitte Schuhe an wenn sie durch den Wald gehen.«
Augenverdrehend nickte ich, um so schnell wie möglich wieder nach Hause zu kommen. Wenigstens hatte die Wunde nach dem Nähen gar nicht so schlimm ausgesehen, ich hatte nur ein dickes Pflaster bekommen. Mum bedachte mich mal wieder mit einem strengen aber auch besorgten Blick.
»Dann wünsche ich ihnen noch gute Besserung.«
Damit verabschiedete sich der Doktor von uns und machte sich auf den Weg zum nächsten Patienten. Die Dame am Empfang schien bereits auf uns zu warten. Ihre Praktikantin, ungefähr in meinem Alter, lieferte mir schnell eine Erklärung zu der Benutzung von den Krücken ab. Ich war mir nach zwei Schritten zu 100 Prozent sicher, dass die Fortbewegung mit diesen Mordwaffen kein leichtes Spiel werden würde.
Während meine Mutter die Sportentschuldigung ausstellen ließ, entschieden das Mädchen und ich uns dazu, letztendlich die eine Krücke wegzulassen.
So kam es schließlich, dass Mum und ich im Auto landeten und uns auf dem Heimweg befanden. »Du hast gehört was der Arzt gesagt hat. Liza wenn ich es noch einmal erlebe dass du ohne Schuhe durch den Wald spazierst, bekommst du Hausarrest für eine Woche. Das war mehr als unverantwortlich von dir und dann auch noch mit deinem Nachhilfelehrer.«
Ihre Miene verzog sich zu einer Grimasse, ich versuchte den Ausdruck zu ignorieren und mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Mit einem Ruck stoppte das kleine Auto plötzlich und blieb mitten auf der Straße stehen.
»Elizabeth, hörst du mir überhaupt noch zu?«, schrie sie mich schon fast an und ich bemerkte den leicht wütenden Blick an mir haften. Sanft drehte ich den Kopf in ihre Richtung.
»Mum, ich habe höllische Fußschmerzen, bitte nimm es mir nicht übel wenn ich so schnell wie möglich nach Hause möchte«, motzte ich.
»Ich mache mir doch nur Sorgen um dich. Du scheinst in letzter Zeit so abwesend zu sein, und das seit Dean dir die Wahrheit erzählt hat. Ich wusste doch von Anfang an dass es viel zu früh war«, meinte sie mehr zu sich selbst als zu mir.
»Wie würdest du dich fühlen wenn du kurz vor deinem 17. Geburtstag erfährst, dass dein Dad ein angesehener FBI Agent ist und dich aus einem Grund den er dir nicht verraten darf auf einmal trainieren möchte?«, zischte ich gereizt, meine Gedanken jedoch waren ganz woanders.
Mum wollte etwas sagen, doch die Worte blieben ihr im Mund stecken; sie schwieg und startete den Motor des Autos.
»Es tut mir Leid, Elizabeth. Leider ist es nun einmal mein Job mir Sorgen zu machen. Ich möchte doch auch nicht mit dir streiten, du weißt wie sehr ich es hasse dich anzuschreien.«
Ich kehrte ihr immer noch die kalte Schulter zu, hatte keine Lust wieder eine neue Diskussion zu starten. Die Schmerzen in meinem Fuß machten sich wieder bemerkbar, am liebsten hätte ich mich auf der Stelle unter irgendeine Decke verkrochen und zu weinen begonnen. Normalerweise nahm ich kleinere Unfälle immer ziemlich locker auf, aber diesmal war es irgendwie anders.
»Elizabeth«, versuchte sie es wieder.
»Du sollst mich nicht Elizabeth nennen«, murmelte ich so leise, dass sie es nicht verstehen konnte und tappte leicht mit dem Finger gegen die Fensterscheibe.
Das Auto fing an etwas zu Ruckeln als wir in unsere Einfahrt abbogen. Ich legte mir die Krücke zurecht, öffnete danach die Tür und versuchte einigermaßen charmant auszusteigen.
Dad starrte mir und Mum erstaunt entgegen als wir das Haus betraten.
»Wo wart ihr denn? Und was ist mit deinem Fuß passiert, Liz?«, wollte er ein wenig erstaunt erfahren. Wenigstens einer der es anscheinend endlich kapiert hatte.
»Frag doch Mum, sie weiß sowieso alles besser«, grummelte ich und hüpfte an ihm vorbei um die Treppe nach oben zu nehmen.
Hinter mir konnte ich noch das genervte Stöhnen meiner Mutter wahrnehmen, ehe ich oben angekommen war und die Zimmertür zuknallen ließ.
Das Bett war machte einen gemütlichen Eindruck, ich ließ mich sofort darauf fallen, die Krücke die dabei Bekanntschaft mit dem Boden machte und den kleinen Knall der darauf folgte, ignorierte ich gekonnt. Die Decke war kalt und leblos. Von unten konnte ich ein paar Rufe hören, Mum und Dad stritten sich wahrscheinlich gerade. Wenige Minuten später klopfte es an meiner Zimmertür, ich antwortete nicht, sondern stellte mich schlafend. Dennoch wurde die Tür aufgerissen.
»Liza, lass uns bitte noch einmal in Ruhe reden. Du brauchst dich jetzt gar nicht schlafend zu stellen, ich weiß dass du wach bist.«
Wieso war ich eigentlich so durchschaubar?
»Worüber möchtest du denn reden? Über meine Unreifheit?«, zischte ich fragend.
Ihr Blick veränderte sich, ich konnte deutlich erkennen dass sie versuchte ein Lachen zu unterdrücken.
»Du brauchst mir nicht sagen dass dieses Wort nicht im Vokabular existiert, das weiß ich schon. Mir ist nur nichts anderes eingefallen«, verteidigte ich mich und hob abwehrend die Hände.
»Das wollte ich doch gar nicht. Elizabeth, es tut mir Leid ich nehme alles zurück was ich gesagt habe. Aber bitte pass das nächste Mal besser auf«, bat sie mich.
Und schon wieder Elizabeth. Lernte sie es denn wirklich nie?
»Gut, ich verzeihe dir wenn du aufhörst mich andauernd bei meinem vollen Namen zu benennen. Das ist richtig peinlich, besonders wenn andere Leute dabei sind«, bemerkte ich.
Verwundert zog sie ihre Augenbrauen zusammen.
»Wie soll ich dich denn sonst nennen?«, fragte sie.
Ein Grinsen schlich sich auf meine Gesichtszüge.
»Liz. Nur Liz und nicht anders.«
Als Antwort nickte sie und ließ sich auf meinem Computerstuhl nieder. Verwirrt und zugleich abwartend schenkte ich ihr meine Aufmerksamkeit.
»Dieser Luke...«, fing sie an und ich erwartete bereits das schlimmste. »Ich würde ihn gerne zum Abendessen morgen einladen. So als ein kleines Dankeschön. Ihr scheint euch ja sehr zu mög-«
In Höchstgeschwindigkeit saß ich senkrecht im Bett.
»Ein Wort weiter und ich fange den dritten Weltkrieg an! Und diesmal kommst du nicht so leicht davon, das schwöre ich dir!«, meinte ich und zeigte mit meinem Finger auf sie, um meinen Worten ein wenig Ausdruck zu verleihen.
»Wieso? Eliza... - Liz, das ist mir egal. Ich möchte mich bei ihm bedanken, auch dafür dass er dir so gute Mathe Nachhilfe gibt.«
Woher wusste sie denn bitte schon wieder dass die Nachhilfe so gut war? Es hatte sich noch nichts verändert, ich war genauso weit wie vorher. Ich hatte sogar nicht einmal richtig bemerkt, dass sie mich wieder Elizabeth genannt hatte.
»Aber Mum, ich kann ihn nicht leiden, und...« Dieses Mal war sie diejenige die mich unterbrach.
»Keine Wiederrede. Kontaktiere ihn irgendwie, du kommst die nächsten zwei Tage ja nicht in die Schule.«
Mit diesen Worten verließ sie meinen Raum und schloss leise die Tür, sauer schlug ich in mein Kissen.
Wenn es etwas gab worauf ich wirklich keine Lust hatte, dann war es mit Luke zu Abend zu essen. In meinem Bauch brummte es, dem Anschein nach waren mein Organ und ich derselben Meinung. Um meine Mutter jedoch zufrieden zu stellen, klappte ich meinem Mac auf und wartete bis Facebook geladen war.
Mit einem Klick hatte ich mich eingeloggt und das Stalken konnte beginnen.
Ich musste ernsthaft erst einmal scharf nachdenken, wie Lukes Nachname war. Nach einer Weile flogen meine Finger über die Tastatur und gaben oben in die Spalte Luke Hemmings ein. Zum Glück war er mit Alessia deren Freundschaftsanfrage ich zusammen mit ein paar anderen gerade angenommen hatte, befreundet, sonst hätte ich mich vermutlich tot gesucht.
Es dauerte ein bisschen bis ich mich dazu durchringen konnte, ihm eine Freundschaftsanfrage zu senden. Direkt danach fing ich an seine Bilder durchzusehen, und die ganzen Nachrichten auf der Pinnwand zu lesen.
Ein Mädchen hatte ihm vor ungefähr einem Jahr einen süßen Text hinterlassen. Ganz am Ende stand Ich liebe dich, Lucas Robert Hemmings. Da sie ein paar Fotos zusammen hatten, war ich mir sicher dass sie seine Freundin sein musste. Und nicht nur das, ich wusste nun endlich auch seinen vollen Namen mit dem ich ihn ab heute aufziehen konnte.
Mein Blick durchforstete weiter die Seite, zu seinem Beziehungsstatus hatte er nichts angegeben.
Neugierig schrieb ich eine Nachricht an Less.
Hat Luke eigentlich eine Freundin?
Dann klickte ich auf senden. Warum genau mich das eigentlich interessierte wusste ich nicht so ganz, es war einfach so. Erschöpft stellte ich das Gerät beiseite und widmete mich den Hausaufgaben die wir heute Morgen in der Schule aufbekommen hatten.
Ich hatte überhaupt keine Lust irgendwas von den Übungen zu machen, aber es war immerhin besser als nichts zu tun und irgendwann musste ich sie ja erledigen.
Der Facebook-Ton lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf den Bildschirm, Less hatte mir zurückgeschrieben.
Nein hat er nicht, Aleisha und er haben sich vor ungefähr zwei Monaten getrennt. Wieso fragst du mich das?
Meine Wangen färbten sich rosa, und ich tippte eine Antwort. Als ich danach meine Benachrichtigungen checkte entdeckte ich, dass Luke online gekommen und meine Anfrage bestätigt hatte. Gerade wollte ich ihm etwas schreiben als ein weiteres Chat-Fenster aufging.
Soso, Elizabeth Maria. Du möchtest also mit mir befreundet sein? ;)
Um genau zu sein war nichts an dieser Nachricht auch nur irgendwie provozierend, aber ich merkte sofort, wie sich dennoch mein Puls verschnellerte.
Wenn du es genau wissen und die Wahrheit hören möchtest - falls du sie ertragen kannst - ... Eigentlich ja nicht. Aber da ich wegen meiner wunderbaren Wunde am Fuß die nächsten zwei Tage in der Schule fehlen werde und meine Mutter dich morgen Abend zum Essen einladen möchte, musste ich dich ja irgendwie kontaktieren.
Mittlerweile war nicht nur mein Puls sondern auch mein Herzschlag verstärkt beschleunigt. Dieser Junge regte mich einfach nur auf. Nicht nur innerlich, auch äußerlich.
Um Nachrichten verschicken zu können muss man aber nicht Befreundet sein ;) Zum Essen? Ich? Und das bei euch, in der Höhle des Löwen? Damit ich noch mehr Freizeit damit verschwende, dich einzuschüchtern? Hm, was für ein verlockendes Angebot.
Augenverdrehend schrieb ich eine letzte Nachricht.
Sei einfach um 19 Uhr da, dann ist alles in Ordnung. Ach ja, niemand hat dich gezwungen meine Anfrage anzunehmen ;) Wir sehen uns morgen, Lucas Robert.
Ich machte mich daran den Mac herunterzufahren und weiter an den Hausaufgaben herumtüfteln. Um zirka 22 Uhr beendete ich meine Arbeit und beschloss eine schnelle aber durchgängige Dusche zu nehmen.
L U K E
Die Sonne stand bereits hoch am Himmel als ich es endlich schaffte aus dem Bett zu kommen. Liz' letzte Facebook-Nachricht brachte mich immer noch dazu ein wenig zu grinsen.
Zwar wusste ich nicht woher sie plötzlich neben Lucas auch noch Robert kannte, aber es machte um ehrlich zu sein Spaß, sich gegenseitig mit den vollen Namen aufzuziehen.
Benny saß bereits am Frühstückstisch, Dad las neben ihm Zeitung während Mum mir einen Kaffee kochte.
»Guten Morgen«, murmelte ich und räusperte mich danach. Da ich keinen großen Hunger hatte entschied ich mich dazu den Teil mit dem Frühstück zu überspringen und nur mein Getränk runterzuschütten.
Heute in der Schule würde es mit Sicherheit langweilig werden, da ich niemanden hatte den ich Nerven konnte.
Warum musste Liz auch nur in diese dumme Scherbe treten?
Um ehrlich zu sein freute ich mich sogar ein bisschen darauf sie heute Abend zu sehen. Auf der Stelle kam mir Jimmys Gesicht vor mein geistiges Auge und ich hätte mir am liebsten mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Wir hatten uns doch für heute verabredet, weil er mir beibringen wollte zu schießen.
Glücklicherweise hatte ich heute nicht ganz so lange Schule, vielleicht schaffte ich es ja doch noch alles unter einen Hut zu bringen.
»Luke? Kommst du? Wir müssen los«, riss mein kleiner Bruder mich aus meinen Gedanken.
Ich nickte abwesend, trank den letzten Schluck aus meiner Tasse und schnappte mir dann die Schultasche. »Bis heute Abend!«, rief ich ehe ich die Tür hinter mir und Benny ins Schloss zog.
»Wieso kommst du erst heute Abend?«, fragte mein Begleiter neugierig.
»Ich bin bei Liz und ihren Eltern zum Essen eingeladen, weil ich ihr gestern aus einer echt miesen Situation geholfen habe«, antwortete ich und schnalzte mit der Zunge.
Benny blieb stehen. »Du willst es also wirklich durchziehen, oder?«
Die Miene meines kleinen Bruders war fassungslos, seine Augen musterten mich betrübt.
»Nein Benny, auf gar keinen Fall! Ich würde so etwas niemals auch nur in Erwägung ziehen.«
Okay, vielleicht entsprach mein gesagtes doch nicht so ganz der Wahrheit, denn ich würde alles tun um meine Familie zu schützen, besonders meinen Bruder. Er war alles was ich hatte, einer der wenigen Gründe weshalb ich es Zuhause noch aushielt.
»Aber ich verstehe nicht wieso du dann zu Jimmy gesagt hast, dass du es tatsächlich machen wirst.«
»Benny, du brauchst dir keine Sorgen machen. Das gehört alles zu meinem Plan Liz zu beschützen und uns vom sinkenden Schiff zu retten.«
Er nickte unsicher, schien mir aber zu glauben.
»Wir sollten jetzt wirklich langsam mal nach unten, sonst kommen wir zu spät«, sagte er und lief die Treppen hinunter, dicht gefolgt von mir.
-'-
Der Bus bremste und ich war der einzige der an dieser Haltestelle aussteigen musste. Zum vereinbarten Treffpunkt war es nicht mehr weit, ich kannte den Weg ja schon.
Die abgelegene und zum Teil ungenutzte Halle, die zudem auf einem riesigen Platz lag, war schon von weitem sichtbar. Immer wieder drehte ich mich nervös um, um mich zu versichern dass mir niemand folgte.
Die Eingangstür ging wie gestern auch, total schwer auf. Nervös fuhr ich mir durch die Haare und setzte den ersten Fuß hinein.
»Hallo Luke, schön dass du gekommen bist.«
Erschrocken fuhr ich herum.
»Jimmy, wieso musst du mich eigentlich immer so erschrecken?«, rutschte es aus mir heraus, ich hielt mir vor Schreck die Hand vor den Mund.
»Das macht Spaß. Übrigens werden wir das auch noch üben. Du kannst es dir nicht erlauben so schreckhaft zu sein.« Er lief an mir vorbei, auf einen Tisch zu auf dem mehrere Waffen lagen.
Mit großen Augen schritt ich ihm hinterher.
»Keine Sorge, du musst heute noch nicht ran. Bevor du die Praktischen Übungen machst, musst du die Theorie haargenau beherrschen, damit nichts schief läuft.«
Ein Kloß setzte sich in meinem Hals fest.
»Aber zuerst werde ich dir den Abschuss und die Haltung dazu einmal vorführen.« Er griff nach einer der richtig gefährlich aussehenden Waffen.
»Bist du bereit?«
Da meine Stimme sowieso versagen würde, nickte ich nur um ihm seine Antwort zu geben. Ohne ein weiteres Zeichen zu geben positionierte er sich gekonnt und keine Sekunde später war der Schuss mit einem lauten Knall abgefeuert.
Die Kugel schlug ein Loch in den roten Kreis an der Wand, verblüfft verfolgte ich das Geschehen.
»Bei einem Menschen ist es natürlich noch leichter. Du musst einfach auf den Oberkörper, am besten auf das Herz, zielen und schon hast du denjenigen ausgeschaltet.«
Er sagte das, als wäre es ein absolutes Kinderspiel, aber ich hatte ja schon gestern erfahren dass er keine Probleme damit hatte, jemanden zu töten.
»Ich weiß nicht ob ich das tun kann«, erwiderte ich wahrheitsgemäß und zuckte mit den Schultern. Jimmy kam langsam auf mich zu, klopfte mir auf die Schulter.
»Wie gesagt, du wirst es lernen. Aber zuerst kommen wir zur Theorie.«
Er legte die Pistole wieder zurück an ihren Platz, und bedeutete mir so wie gestern auch, erneut Platz zu nehmen. Als wir beide saßen fing er an mir alles haargenau zu erklären.
»In die meisten Magazine von Pistolen passen um die 15 Patronen hinein, aber wir benutzen eigentlich immer um die acht bis neun. Von den Patronen gibt es natürlich auch wieder verschiedene Arten, aber meistens nehmen wir die Lefaucheux-Stiftzünderpatrone. Das ist die modernste.«
Aufgeregt nickte ich und wartete darauf, dass er fortfuhr. Jimmy holte hinter sich eine etwas kleinere Pistole vor.
»Jetzt kommen wir zum Funktionsprinzip«, sagte er und hielt mir die Waffe vor die Nase.
»Wenn man eine Patrone abfeuert schiebt der Rückstoß oder der Gasdruck den Verschluss nach hinten, dabei wird der Verschluss bei verriegelten Systemen entriegelt. Dabei zieht der am Verschluss angebrachte Auszieher die leere Patronenhülse an der hierfür bestimmten Rille aus dem Patronenlager. Die Verriegelung zwischen Lauf und Verschluss ist ab einer bestimmten Leistung erforderlich, da sich der Verschluss ohne die Verriegelung öffnen würde, solange sich das Geschoss noch im Lauf befindet. Die Folge wäre, dass die Patronenhülse, die ohne das sie umgebende Patronenlager dem Gasdruck nicht standhalten kann, durch den Gasdruck gesprengt würde. Durch die aus dem Auswurffenster fliegenden Hülsenteile könnten der Schütze oder Dritte verletzt werden, außerdem wäre die Funktion der Waffe nicht mehr gewährleistet. Im weiteren Rücklauf trifft die vom Auszieher gehaltene Hülse auf den Auswerfer, der meist innen am Griffstück der Pistole angebracht ist. Dadurch wird die Hülse seitlich nach oben durch das Auswurffenster des Verschlusses ausgeworfen, während der Verschluss weiter zurück läuft und ein eventuell vorhandenes Schlagstück spannt. In seiner hinteren Position angekommen, schiebt die Verschlussfeder den Verschluss wieder nach vorne. Dabei führt der Verschluss mit der Unterkante eine neue Patrone aus dem Magazin dem Patronenlager zu, dabei greift der Auszieher wieder in die Rille am Boden der Hülse. Bei verriegelten Systemen verriegelt im weiteren Vorlauf der Verschluss. In der vordersten Stellung angekommen, befindet sich eine neue Patrone im Patronenlager und das Schlagstück ist gespannt. Für einen weiteren Schuss muss der Schütze nun lediglich den Abzug loslassen und erneut betätigen.«
Es herrschte Stille zwischen uns, ich hatte noch nie einen Menschen so viel reden hören. Woher wusste er so gut über die Funktion einer Pistole Bescheid?
»Ich habe früher bei der Polizei gearbeitet, falls du dich fragst woher ich das alles weiß«, sagte er, ein kleines Grinsen auf dem Gesicht. Damit war meine Frage wohl beantwortet. Irgendwie war es unvorstellbar, dass Jimmy mal bei der Polizei gearbeitet hatte.
»Das war echt viel Stoff auf einmal, ich kann mir das nie im Leben alles merken«, seufzte ich, in Gedanken ganz woanders.
»Mehr kommt heute nicht mehr dazu, du kannst gehen. Übermorgen werden wir die wichtigsten Dinge noch einmal wiederholen. Du solltest dich nun größtenteils darauf konzentrieren, dich Liza anzunähern.«
Jimmy erhob und entfernte sich ein paar Schritte gleichzeitig. Ich beschloss nun ebenfalls aufzustehen und mich so langsam auf den Heimweg zu machen.
»Bis übermorgen«, verabschiedete ich mich knapp und drückte die schwere Tür auf.
Draußen war es immer noch so warm wie heute Morgen, zwar waren ein paar kleine, weiße Wölkchen am Himmel zu sehen, aber die Sonne brannte trotzdem auf die Erde herab. Mein Blick fiel auf die Uhr, es war kurz nach fünf, ich hatte also noch ein bisschen Zeit mich für das Abendessen fertig zu machen.
E L I Z A B E T H
Den ganzen Tag hatte ich entweder mit faulenzen, schlafen oder essen verbracht. Zudem lief nebenbei die ganze Zeit der Fernseher. Supernatural war so unendlich spannend wie schon lange nicht mehr und das obwohl ich jede der bisher erschienenen Staffeln in und auswendig konnte.
Mum bereitete schon seit Stunden das Abendessen vor, während Dad wieder zu einem Notfall Einsatz gemusst hatte. Langsam wollte ich aber mal wissen, was er die ganze Zeit zu tun hatte, dass es so wichtig war.
In einer Stunde würde Luke erscheinen, meine Lust darauf ihn zu sehen hielt sich immer noch in Grenzen.
Die Schmerzen in meinem Fuß waren deutlich besser als gestern. Zwar war es noch immer nicht gerade angenehm, mit dem verletzten Fuß aufzutreten, aber es wurde besser. Bis zu meinem Geburtstag war mit Sicherheit alles wieder in Ordnung.
Mein Geburtstag.
Was sollte ich eigentlich machen? Für eine Party kannte ich zu wenige Leute. Mal sehen, vielleicht hatte Less ja eine gute Idee für die Feier.
Unten erklang ein seltsames Geräusch, es hörte sich sehr nach einem heruntergefallenen Topf an. Mit der Krücke unter der Hand, stolzierte ich aus meinem Zimmer. Man konnte die deutlichen Flüche meiner Mutter genauestens vernehmen. »Ist alles in Ordnung, Mum?«, fragte ich.
»Alles klar, mir ist nur der eine Topf heruntergefallen. Liz, zieh dich doch bitte schon einmal um, unser Gast kommt in einer Stunde.«
Augenverdrehend äffte ich sie nach und hüpfte zurück in mein Zimmer.
Vor dem Kleiderschrank stehend, und keine Ahnung habend was ich anziehen sollte, stand ich da. Schließlich kramte ich nur einen Pullover und eine schwarze Jeans heraus. Im Bad war es schön warm. Ich streifte mir die Freizeitkleidung vom Körper und begutachtete meinen ordentlich gewickelten Verband. Vorsichtig strich ich über die Stelle an der die Wunde war.
Ein kleiner beißender Schmerz durchfuhr meinen Körper.
»Schlechte Idee«, murmelte ich und entfernte meine Hand wieder.
Nachdem ich mir letztendlich auch noch die Haare gewaschen und geföhnt hatte, betrachtete ich das Gesamtbild im Spiegel und war mehr als zufrieden. Die Gold schimmernden Locken fielen mir über die Schultern, ich hatte keine Lust dazu, diese zu glätten. So langsam machte ich mich auf den Weg nach unten, da ich beim Treppen steigen immer ein bisschen länger brauchte.
Das war einer der schlimmsten Nachteile an dieser Wunde.
Der prachtvoll gedeckte Tisch war vielleicht etwas übertrieben, aber wenn ich das Mum gesagt hätte, wäre sie mir bestimmt ins Gesicht gesprungen oder hätte mich bestenfalls sofort in der Luft zerfetzt.
Die Türklingel holte mich aus meinen Gedanken. Geschmeidig schritt ich durch den Flur, um zu öffnen.
Meine Augen weiteten sich vor Erstaunen, als ich Luke vor mir entdeckte. Ich konnte nicht anders, als ihn zu mustern. Die schwarze Skinny Jeans betonte seine Beine, das weiße T-Shirt schmiegte sich eng um seinen Oberkörper. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus.
»Hallo Elizabeth Maria«, meinte er und zwinkerte mir zu.
»Komm rein, Lucas Robert«, sagte ich und schenkte ihm ein freches Lächeln.
Irgendwie hatte ich eine Vorahnung, dass dieses Essen alles was bisher passiert war, verändern würde.
Ob im Positiven oder Negativen wusste ich nicht wirklich.
A/N: Trailer an der Seite c:
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