✖Game 59✖

Taehyung Pov

Es ist nicht das erste mal, dass ich vollkommen benommen in die Leere starre, als könnte ich da etwas sehen was es eigentlich gar nicht gibt, aber gerade ist es vollkommen anders. Ich starre den mittlerweile dunklen Himmel nicht an weil ich über etwas nachdenke oder nicht weiß was ich sonst tun soll, sondern weil mein Körper sich schlichtweg weigert irgendetwas anderes zu tun als zu starren. Alleine das Augen aufschlagen scheint für ihn eine solche Strapaze gewesen zu sein, dass er jetzt erst einmal seine Ruhe braucht.

Selbst als Jungkook mein Gesicht in seine Hände nimmt und zögernd: "Taehyung" sagt, kann ich nicht darauf reagieren. Das ganze erinnert mich ein wenig an das hochfahren eines Rechners, wenn man erst ein wenig warten muss bis er richtig funktioniert, mit dem einzigen Unterschied, dass das hochfahren eines Rechners einem nicht solche Schmerzen bereitet.

Ich wünschte es wäre nur meine Brust, in der es schmerzen würde, aber neben meinem Herz, das sich anfühlt als würde es sich immer wieder zusammen ziehen und versuchen die Patrone, die ich mit dem Schuss rein gejagt habe, wieder auszuspucken, bereitet mir auch noch der Rest meines Körpers Probleme. Meine Arme fühlen sich an als hätte man mir jeden Knochen darin gebrochen und in meinen Beinen habe ich überhaupt kein Gefühl mehr.

Das erste was ich nach einer gefühlten Ewigkeit bewegen kann sind meine Lippen und tatsächlich schaffe ich es sogar etwas zu sagen. "Bin ich am Leben?" Meine Stimme ist kratzig, ich erkenne sie selber gar nicht wieder und entweder Jungkook bemerkt das gar nicht oder aber es interessiert ihn einfach nicht.

Ich wage es kurz zu Zwinkern und nachdem ich die Augen wieder öffne auf Jungkook zu richten. Während ich ganz ruhig aussehen muss, erkenne ich Verwirrung und Panik in seinem Blut- und Tränenverschmierten Gesicht. Dass das mein Blut ist ist kein Rätsel das ich erst einmal lösen muss, aber das er geweint hat überrascht mich doch ein wenig. Er hat um mich geweint und dieser kleine Gedanke schmerzt mich, weil ich ihn niemals weinen wollen sehen würde, aber gleichzeitig erfüllt er mich auch mit Wärme.

Er schluchzt und wischt sich schnell ein paar Tränen weg bevor er nickt. "Ja", beantwortet er meine Frage und sieht mir fest in die Augen. Er kann es anscheinend noch weniger fassen als ich selber, das lässt zumindest sein nach wie vor ungläubiger Blick schließen.

Als ich glaube das Gefühl in meinem Körper zum größten Teil zurück bekommen zu haben, winkel ich zuerst die Beine an und setze mich dann langsam mit Jungkooks Hilfe auf. Es fühlt sich ungefähr so an als hätte man zwei Wochen lang Kraftsport ohne Pause gemacht und müsste jetzt mit diesem monströsen Muskelkater kämpfen. Mein ganzer Körper weigert sich mir irgendwie zu helfen, er wehrt sich sogar viel mehr dagegen das ich mich bewege, aber das alles hilft nichts.

Unter der besorgten Beobachtung Jungkooks knöpfe ich mir langsam mein Hemd nur so weit auf, dass wir die Stelle an meiner Brust sehen können, auf die ich eigentlich geschossen habe. Eigentlich meine ich hier in dem Sinne, dass es absolut gar nichts zu sehen ist. Es klebt Blut an meinem Hemd, an Jungkooks Händen und sogar auf Jungkooks Hose, es ist überall, aber da ist keine Wunde, aus der das Blut hätte kommen können. Meine Brust ist vollkommen unversehrt.

"Warum?", frage ich in die Stille hinein und erwarte eigentlich keine Antwort darauf. Für mich ergibt das alles keinen Sinn, ich hätte tot sein sollen, ich war es sogar für einen Moment. Ich erinnere mich an die vollkommene schwärze, die mich für einige Sekunden in ihren Fängen hatte und an die Kälte, die mit keinem Winter zu vergleichen ist. Aber kaum war ich dort, wurde es auch schon wieder hell als ich die Augen aufschlug. Hier vergingen mehrere Minuten, das erkenne ich daran, dass es, als wir noch hier standen, hell war. Die Sonne war gerade erst dabei unter zu gehen, aber jetzt ist es stockfinster. Für mich waren es nur Sekunden in der Dunkelheit.

"Du bist ein Fehler, Taehyung", sagt Jungkook vollkommen aus dem Nichts und sieht mich mit einem breiten Lächeln an, als wäre das die beste Nachricht die man bekommen kann.

Jetzt bin ich derjenige, der ihn verwirrt ansieht. Wieso sieht er mich an als wäre das tatsächlich etwas gutes? In meinen Ohren hört sich das viel mehr an wie eine Beleidigung. Etwas sagen kann ich allerdings nicht, dazu komme ich nämlich gar nicht, er packt mich an den Schultern und sieht mir wieder fest in die Augen.

"So nannte dich Jimin einmal, er sagte du seist ein Fehler, den es zu beheben gilt und jetzt ergibt das alles auch einen Sinn. Das ist auch der Grund weswegen er dich lebend wollte, du kannst gar nicht sterben, zumindest nicht mit einer Waffe und durch einen Spieler dieses Spieles. Du bist so etwas wie ein Bug."

Gegen Ende hin wurde seine Stimme immer leiser und erst jetzt bemerke ich, dass er eine Hand auf meine Wange gelegt hat und sanft mit dem Daumen darüber streicht. Ich rechne schon fast mit einem Kuss als sein Gesicht meinem immer näher kommt und tatsächlich versuche ich meinen Körper auf das ausweichen vorzubereiten, auch wenn ich weiß das ich es am Ende nicht tun können werde.

Ich bin nach wie vor wütend auf ihn, versuche mir sogar einzureden dass das, was ich empfinde, Hass ist, aber das wäre gelogen. Die Wahrheit ist, dass ich es zulassen würde wenn er jetzt versucht mich zu küssen, weil ich schwach bin was ihn angeht. In so einem Moment könnte ich ihn niemals zurück weisen, aber dazu kommt es nicht.

Er schlingt seine Arme um mich und vergräbt sein Gesicht an meiner Schulter, sodass ich mein Kinn auf seiner abstützen kann. Ich spüre wie seine Fingernägel sich in meinen Rücken bohren, aber der Schmerz ist nicht so groß das es mich stören würde. Es ist Verzweiflung, mit der er sich an mich klammert, Angst und Erleichterung, genau die gleichen Gefühle die ich gerade empfinde und obwohl ich meine Arme hebe um seine Umarmung zu erwidern, lasse ich sie sofort wieder sinken.

Ich kann nicht noch einmal schwach werden.

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