1. Runde: Henry Gibson

Alle, die schon dran waren, saßen vor dem großen Flachbildfernseher und blickten auf ihren Kumpanen, der sich in einem Raum befand. Gerade versuchte dieser an einem Seil nach oben zu klettern.

"Er sollte nicht so hastige Bewegungen machen", rief Christine und rollte mit den Augen.

Adrian seufzte. "Wenn du das besser machen kannst, dann geh hin und zeig es ihm!"

Sie schlug ihm gegen den Oberarm. "Was ist dir denn über die Leber gelaufen? Du brauchst mich doch nicht so anzuscheißen!"

"Ach lass mich!", knurrte er und rutschte ein Stückchen von ihr weg. Sie seufzte und stand auf. Christine konnte nicht länger mit ihm in einem Raum sitzen.

"Endlich ist die Tussi weg", flüsterte Harrison und schlug ihm auf die Schulter.

Adrian grinste. "Die hat genervt. Hoffentlich fliegt sie als Erste raus."

"Ihr könnt doch nicht so über Christine reden", mischte sich Therese ein und unterbrach somit das hitzige Gespräch der beiden Jungen. Sie hatte sich indes vom Bildschirm abgewendet und blickte ihnen stur in die Augen.

"Das ist doch wohl unsere Entscheidung über wen wir reden und über wen nicht!", bellte Adrian und hob seine Hand in die Höhe. Augenblicklich wich Therese vor ihm zurück.

"Komm. Lass sie", versuchte es Gilbert und stellte sich schützend vor Therese. Grummelnd ließ Adrian die Hand wieder sinken und schaute auf den Schirm, wo Henry gerade dabei war, das Seil zu packen und somit wieder versuchte, an diesem empor zu steigen. Diesmal gelang es ihm. Langsam schritt er voran und achtete darauf, nicht herunter zu fallen.

"Wenigstens hat er es jetzt geschafft", kommentierte Jim und reichte Adrian ein Glas, indem das Wasser Schlieren zog. Angewidert rümpfte er die Nase und schob das Glas von sich.

"Das ist bestimmt vergiftet. Koch e lieber auf und bring es mir dann wieder zurück."

Jim zuckte entsetzt mit den Achseln. "Wie? Du willst es warm trinken? Das schmeckt doch nicht."

Er wollte sich zum Gehen abwenden, als Adrian ihn an der Schulter packte und zu sich drehte. "Wie dumm bist du eigentlich?! Ich bin doch nicht lebensmüde und trinke warmes, aufgekochtes Wasser!"

"Aber du hast doch gesagt, dass du...", setzte er an. Doch Adrian nahm ihm das Glas aus der Hand und leerte es in einem Atemzug. Anschließend drückte er es dem verdatterten Jim wieder in die Hand und zeigte auf die Tür. Schweigend verschwand dieser und lief mit gesenktem Kopf von Dannen.

"Das hätte nicht sein müssen", tadelte ihn Vanessa, nachdem sich Adrian wieder hingesetzt hatte und die Arme vor seinem Körper überkreuzte.

"Dann kriech doch in ihren Arsch, wenn du darauf bestehst!", bellte er und zeigte ihr den Mittelfinger. Wütend stand Vanessa auf und rauschte aus dem Raum.

"Mal sehen, wann du deine erste Verwarnung erhältst", sprach Harrison und lächelte. Adrian zuckte unbekümmert mit den Schultern und schaute auf den Fernseher, wo Henry sich an einer Luke zu schaffen machte. Nachdem er diese geöffnet hatte, kroch er hindurch und sie hörten einen leisen, erstickten Laut.

"Was da wohl drin ist?", wollte Jim wissen, der sich lautstark auf einem Sessel niedergelassen hatte. "Wenn die Kamera nur ein wenig näher zoomen würde. Dann würden wir erkennen können, was sich in dem Raum befindet. Und warum Henry aufgeschrien hat."

Adrian seufzte. "Das werden wir noch früh genug erfahren. Jetzt meckere doch nicht so rum!"

'Man. Hat der eine scheiß Laune', dachte Jim und schaute auf den Fernseher. Henry ging gerade, mit vorsichtigen Kriechbewegungen in den Raum hinein. Die Spieler, die sich im Wohnzimmer des großen Hauses befanden, erstarrten. Mit offenen Mündern blickten sie ins Innere und sagten kein einziges Wort mehr. Auch Adrian, dessen Laune bis auf den Tiefpunkt gesunken war, sprach nicht.

***

Jakes Eltern saßen wie zur Salzsäule erstarrt auf ihren Plätzen. Das, was sich in dem Kämmerlein abspielte, konnte nicht real sein.

"Oh Gott", keuchte sie und schloss angsterfüllt die Augen. "Der arme Junge."

"Bestimmt werden die ihm nichts tun. Wenn er sich weiter so ruhig verhält, wird nichts passieren."

Jakes Mutter lachte rau auf. "Und wenn doch?!"

"Das lassen sie bestimmt nicht zu", versuchte er seine Frau zu beruhigen.

"Woher willst du das wissen?"

Bei jedem Wort wurde ihre Stimme immer schriller, sodass sie sich an ihrer eigenen Spucke verschluckte.

"Darling. Beruhige dich. Es wird nichts passieren."

Doch zwecklos. Seine Frau war hysterisch und würde nicht so leicht von ihrem hohen Ross heruntersteigen. Das wusste er nur zu gut.

"Ich gehe dir einen Tee holen", sagte er und wollte aufstehen, als sie ihn am Arm packte und zu sich zog.

"Bitte bleib bei mir. Alleine halte ich das bestimmt nicht aus", flehte sie und umklammerte seinen Arm noch fester, als er sich versuchte, aus ihrem Griff zu befreien. Seufzend gab er nach und ließ sich wieder neben sie auf das Sofa fallen. Erschöpft und mit geschlossenen Augen, lehnte sich seine Ehefrau an ihn. Beruhigend mahlte er kleine Kreise auf ihren Rücken. Lautlos bewegten sich ihre Lippen. Schweigend gab er ihr einen Kuss auf den Haaransatz und schaltete weg. Vielleicht wäre es besser, wenn sie das Spiel nicht mehr verfolgten. Vielleicht hatte Jake ja Recht und dieses Spiel war krank. Wenn er seinen Sohn am nächsten Tag sehen würde, dann musste er ihn darauf ansprechen und sich bei ihm entschuldigen.

***

"Das arme Schwein", sprach Nicholas und schaute in die Kamera.

"Sei nicht so hart zu ihm. Er hat es ja geschafft, die Tiere zu überlisten und ist nur mit ein paar Kratzern davongekommen."

"Ja, das stimmt. Und gleich ist er auch durch die Tür."

"Dann wird er den Knopf drücken. Mal schauen, wie lange Henry Gibson dafür gebraucht hat."

Eine rote Lampe leuchtete auf, als Henry den Buzzer betätigte und aus dem Raum lief. Das Bild wurde schwarz und die Moderatoren schalteten die Kamera ab.

"Leider war er der zweit Langsamste", meinte Nicholas, nachdem er die Anzeige studiert hatte.

"Und morgen ist die Entscheidung. Also stimmt heute noch einmal für euren Lieblingskandidaten oder für eure Lieblingskandidatin ab, wenn ihr wollt, dass diese weiterkommen."

"Morgen werdet ihr nicht mehr dazu kommen. Denn um 10.00 PM werden wir die Funktion zum Abstimmen blockieren."

"Also ran an die Tasten und abstimmen", forderte Ashley mit Blick in Richtung Kamera auf. Nicholas pflichtete ihr bei und schaltete nach und nach die Monitore ab. Nachdem alles aus war und die Server heruntergefahren wurden, verließen sie den Raum und hielten noch kurz an einem Automaten.

"Willst du auch einen?", fragte Ashley und schaute zu ihm auf, da er ein Stück größer war als sie.

Er schüttelte seinen Kopf. "Das ist lieb von dir, Ash. Aber sonst kann ich die ganze Nacht nicht schlafen."

Sie steckte das Geld in den kleinen Schlitz und drückte danach ein paar Tasten. Es brummte und summte. Heiße, braune Flüssigkeit floss in einen Pappbecher, den sie darunter gestellt hatte. Nachdem es aufgehört hatte, hob Ashley ihn vorsichtig an und lief zu ihrem Wagen.

"Wir sehen uns dann morgen!", rief sie Nicholas durch ihr offenes Fenster zu.

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