30. Kapitel
Müde lief ich die hellen Marmorstufen herunter und versuchte meine Augen offenzuhalten. Ich musste an Violet denken. ‚Ich komme nicht drüber hinweg wie unglaublich traurig ihr Abschied von Eliot war.. Es war so traurig, dass ich beinahe geweint habe, während Gabriel nur teilnahmslos durch die Gegend geguckt hat. Gabriel..'
Die letzten zwei Tage hatte er sich dauerhaft so verhalten. Anstatt wie immer sein nerviges Lächeln zu lächeln, sah er einen desinteressiert oder nachdenklich an. ‚Ob das wohl mit seinem Wunsch zusammenhängt?', fragte ich mich schläfrig und wäre dabei fast gegen das Geländer der Treppe gelaufen.
Der Schlafmangel machte sich jeden Tag deutlicher bemerkbar. Müde rieb ich über meine geschlossenen Augen und lief durch irgendeine der vielen Türen. ‚Verdammt. Ist das der richtige Weg zur Küche?' Mein Blick flog unsicher umher. ‚Ich glaube nicht. Aber der Weg kommt mir trotzdem bekannt vor..', fiel mir auf, weshalb sich mein Körper ein wenig entspannte. Nach wenigen Metern wusste ich wieder, warum es mir so bekannt vorkam. ‚Hier ist das unnötig große Esszimmer. Aber es ist kaum wiederzuerkennen?'
Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen. Der Esstisch wurde an die Seite geschoben und am Ende des Raumes wurde eine kleine Bühne mit Mikrofon aufgebaut. Es stand sogar eine Bar in der hinteren Ecke. Ungläubig öffnete ich den Mund und ging tiefer in den Raum. ‚Was zur Hölle? Wieso habe ich das nicht mitbekommen? Und was wird hier passieren?', fragte ich mich irritiert und ging wieder einige Schritte rückwärts.
‚Ich gehe Gabriel fragen', beschloss ich schließlich und drehte mich um, um den Raum zu verlassen. ‚Wird hier eine Party gefeiert?Aber warum sollte Gabriel so etwas machen?'
Immer verwirrter schaute ich in alle Räume an denen ich vorbeikam. ‚Wo ist er?'
Noch immer schläfrig betrat ich das große Wohnzimmer, doch ich war nach wenigen Sekunden hellwach. ‚Dieser kranke Bastard..' Ungläubig öffnete ich den Mund und merkte, wie meine Sicht vernebelte.
»Was hast du getan?«, fragte ich fassungslos und sah diesen Psychopathen an. Es fühlte sich so an, als hätte sich meine Kehle zugeschnürt. Ich konnte nicht mehr atmen.
Anstatt mir zu antworten, blieb Gabriel regungslos auf dem Boden liegen und blies langsam den Rauch seiner Zigarette aus. Fast so, als hätte er meine Anwesenheit nicht mitbekommen. Doch ich wusste, dass er mich bemerkt hatte. Neben ihm lag eine schwarze Pistole und eine Zigarettenschachtel. Als ich den Raum vorhin betreten hatte, war mir schon der Zigaretten Geruch entgegengekommen.
Stille herrschte, bis er seinen Kopf zu mir drehte. Er sah mich an und stieß ein tiefes Lachen aus. Sonst sagte er nichts, er lachte einfach nur. Sein Gesicht war voller dunkler Blutspritzer und seine Augen blickten mir funkelnd entgegen.
Ungläubig zog ich die Augenbrauen zusammen und schüttelte leicht den Kopf. Ich wollte und konnte die Situation einfach nicht verstehen. Das war das letzte mit dem ich gerechnet hätte.
»Warum?..«, hauchte ich erstickt in seine Richtung. Ich ging langsam auf Eliot zu. Er saß mit geschlossenen Augen in einem der Sessel. Sein Gesichtsausdruck schien friedlich zu sein. Fast könnte man meinen, er würde einfach nur schlafen.
‚Das kann doch nicht real sein?' Mein Magen drehte sich um und ich bekam das Bedürfnis mich zu übergeben. Einzelne Tränen fielen meine Wangen hinunter.
Mein Blick blieb ununterbrochen an der Schusswunde hängen, die direkt in Eliots Brust zu sehen war. Direkt da, wo einst sein Herz geschlagen hatte.
Mein Blick schweifte von dem traurigen Mädchen, direkt zu dem Feuerzeug neben mir. Ich steckte mir die zweite Zigarette in den Mund und zündete sie an. Es entspannte mich. Lächelnd pustete ich den Rauch aus und legte eine Hand unter meinen Kopf.
»Wieso?«, ertönte Jills weiche Stimme nach wenigen Minuten, weshalb ich die Augenbrauen zusammenzog. ‚Zum Glück versucht sie ruhig zu bleiben. Eine Furie ist das letzte, dass ich jetzt gebrauchen kann. Besonders nach so einem nervigen Tag'
Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen.
»Verfluchte scheiße! Wieso?!«, fragte sie plötzlich lauter und drehte sich zu mir. Sie sah ziemlich entsetzt aus. Und dass, obwohl es nicht ihre erste Leiche war.
Meine Augenbrauen gingen leicht in die Höhe, während ich die Zigarette auf dem lächerlich teuren Teppich ausdrückte. »Er ist nutzlos geworden«, erbarmte ich mich nach wenigen Sekunden zu sagen.
Ihre dünnen Ärmchen hingen schlaff an der Seite herunter und ihr Gesichtsausdruck war wirklich unbezahlbar! Amüsiert richtete ich meinen Oberkörper auf, um wenig später wieder auf beiden Beinen zu stehen. »Wir wissen beide, wie verliebt er in deine kleine Freundin war. Ich habe gehofft, dass er sie nur benutzen würde um mit ihr zu schlafen, aber..« Ich ging zu der kleinen Getränkebar. »Falsch gedacht. Er ist ihr komplett verfallen! Und mit einem verliebten Dummkopf kann ich nichts anfangen« Ich lächelte leicht. »Er hätte mich für sie verlassen und das konnte ich nicht zulassen«
Ich griff nach einem der Scotch Gläser und füllte es. »Und dementsprechend musste er mit den Konsequenzen leben« Entnervt nahm ich einen Schluck der hellen Flüssigkeit und sah sie wieder an. Sie sah von Tag zu Tag erschöpfter aus.
»Schau mich nicht so an, Prinzessin«, meinte ich amüsiert, als sie mich weiterhin entgeistert ansah. »Er hatte einen kurzen, eher schmerzlosen Tod und wie heißt es nicht sowieso so schön? Er ist jetzt an einem besseren Ort« Meine Mundwinkel zuckten erfreut nach oben. ‚Wer es glaubt! Ich werde ihm definitiv in der Hölle begegnen'
»Ich habe ihn insgeheim von seinem Leid erlöst«, sagte ich nach einigen Sekunden dieser nervigen Stille und ließ eine Hand in meiner Hosentasche verschwinden. Im Moment war es wirklich schwer zu sagen, was das traurige Mädchen dachte. Sie erwiderte weiterhin nichts, was mich langsam wütend machte. »Sprich mit mir!« Genervt zog ich die Augenbrauen zusammen und knallte das Glas auf den kleinen Tisch vor mir.
Sie zuckte nicht einmal zusammen! Sie machte gar nichts, außer mich aus ihren unschuldigen Augen anzusehen. »Los, Honey. Sag mir wie sehr du mich dafür hasst!« Wütend ging ich einige Schritte auf sie zu. Endlich bewegte sich meine kleine Jill wieder. Sie schüttelte langsam, schon beinahe enttäuscht den Kopf und wich etwas zurück. »Das ist doch krank«, hauchte sie mit so einer Ruhe, dass ich lächelnd meinen Kiefer anspannte. ‚Wie süß..'
Unsere Blicke kreuzten sich ein letztes Mal, ehe sie mir den Rücken zukehrte und aus dem Raum floh.
Mein Kopf war noch immer wie leergefegt, als ich das nach Rauch stinkende Wohnzimmer verließ. ‚Nur weil Eliot endlich wieder lieben konnte, wurde er umgebracht? Das ist so unfassbar abartig. Wie kann dieser Psychopath nur denken, dass er so etwas darf? Das er wann immer er will, einfach Gott spielen darf?'
Erschöpft setzte ich mich die eine kühle Treppenstufe und vergrub meine Hände in meinem offenen Haar. Ich konnte nicht länger mitansehen, wie unschuldige Menschen starben. Es machte mich psychisch, sowie physisch kaputt. Schon seit dem Tag, an dem Jack gestorben ist, kämpfte ich mit mir selbst und mit meiner inneren Stimme. Sie sagte mir andauernd, dass das Leben nicht mehr lebenswert wäre. Aber mein Herz schrie, dass ich weiter kämpfen sollte. Für Violet, für meine Eltern und auch für mich. Ich wollte meinem Herz vertrauen, doch mein Kopf war viel zu überzeugend, um einfach weghören zu können.
Ich wusste, dass dieses Monster all das nur tat, um mich zu zerstören und ich wollte es nicht zulassen. Ich wollte dagegen ankämpfen. Ich wollte ihm nicht das geben, wollte ihm nicht die Genugtuung geben, mich selbst zu töten. Es würde nämlich rein gar nichts ändern. Er würde wie zuvor weitermachen, eine andere Frau an meiner Stelle nehmen und sie genauso psychisch krank machen wie mich. Es würde sich so lange wiederholen, bis es endlich jemand schaffte diesen Kreislauf zu stoppen. Und ich wusste, dass ich diese Person nicht sein konnte.
»Frauen sind anstrengend«, lächelnd sah ich zu Eliot. Das ich wütend war, war vorhin nur vorgespielt. Es war wie immer nur Theater. Ich fühlte gar nichts in mir. Keine Wut, keine Trauer oder Freude.
»Ach Eliot..« Noch immer lächelnd ging ich auf ihn zu und klopfte ihm auf die Schulter. »Das nimmst du mir doch nicht übel, oder? Nein, das tust du nicht. Immerhin habe ich dich wieder mit deiner Herzdame vereint, nicht wahr?«
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