3. Kapitel
‚Wieso öffnet denn keiner diese verfluchte Tür?' Das Klopfen wandelte sich in ein hämmern um, doch es passierte weiterhin nichts. ‚Ruhig bleiben, Jill. Vielleicht ist niemand zu Hause?'
Nachdenklich starrte ich die mattglänzende Tür an. ‚Stimmt. Warum habe ich da nicht schon früher dran gedacht'... Beschämt fuhr ich durch meine verknoteten Haare und drehte mich um. Mit einem langen Seufzer lief ich los. ‚Ich versuche einfach, selber einen Laden zu finden'
Gerade als ich mich ein paar Meter entfernt hatte, hörte ich, wie jemand die Tür hinter mir öffnete. »Hey, warte!«
Überrascht drehte ich mich um, doch bevor ich mich versah schlangen sich zwei kräftige Männerarme um meinen Körper. Ich wurde hochgehoben und zu der offenen Haustür getragen. Augenblicklich breitete sich Panik in mir aus. ‚Was ist hier los? Was soll das?' Ängstlich versuchte ich mich aus seinem Griff zu winden, doch der Fremde hielt meine Arme festgeklemmt, weshalb ich mich kaum bewegen konnte. »Wwas soll das? Loslassen!«, murmelte ich panisch, doch wurde einfach stumm weiter getragen. »Loslassen habe ich gesagt!« Wütend trat ich meinem Entführer gegen das Knie, doch seinerseits kam nur ein leises schnauben. Bevor ich ein zweites und drittes Mal ausholen konnte, befand ich mich schon im Haus und sah, wie die Tür mit seinem Fuß geschlossen wurde.
Auf der Stelle löste sich der eiserne Griff und ich wurde abgesetzt. Verkrampft wich ich einige Schritte zurück und sah in das Gesicht eines jungen Mannes.. Er sah mich mit entspannter Miene an und lehnte sich gegen die Tür. Unfähig etwas zu sagen oder zu tun, starrte ich ihn schockiert an. Mein Atem wurde immer flacher und unregelmäßiger. ‚Wurde ich gerade gekidnappt?'
Nach einem kurzen räuspern, fuhr er sich durch das dichte Haar und blickte umher. »Tschuldigung. Ich wollte dir keine Angst machen«, sagte er lediglich mit einem aufgesetzten Lächeln und sah in meine Richtung. ‚Wie soll man bei diesem falschen lächeln keine Angst bekommen?'
Verwirrt verzog ich mein Gesicht.
»Ich.. was..? Das.. das ist Entführung!«, erwiderte ich und verschränkte unsicher die Arme vor der Brust. ‚Ich muss meine Wut solange nutzen, bis mich meine Unsicherheit komplett zerfrisst. Und das wird nicht mehr lange dauern...'
Er sah mich an. Keine einzige Regung war in seinem Gesicht zu sehen.
»Was soll dieser scheiß?« Ich versuchte so aufgebracht wie möglich zu klingen, doch jeder hätte meine Unsicherheit herausgehört.
»Wir sprechen besser im Wohnzimmer weiter« Nach zwei unerwartet großen Schritten stand er neben mir und zog mich grob an seine Seite. Mein Herz rutschte mir in die Hose. Ohne auf meine Antwort zu warten, führte er uns weg von der Tür, weg von der Freiheit...
»Lass mich bitte los«, presste ich angestrengt hervor. Sein Griff war fest und fing an, leicht zu schmerzen. Ich konnte meinen Oberkörper kaum noch bewegen, weshalb ich immer mehr Angst bekam. So gut es ging versuchte ich stehen zu bleiben, doch er zog mich mit Leichtigkeit weiter durch das fremde Haus.
Kurz darauf kamen wir in einem Wohnzimmer an, wo er uns zu einem Sessel führte und mich herunter drückte. Währenddessen sah er mir wie vorhin, falsch lächelnd in die Augen. Stark verunsichert erwiderte ich seinen Blick.
Nachdem er selbst Platz in dem gegenüberliegenden Sessel nahm, lehnte er sich nach vorne und sah mich an. ‚Was passiert hier..'
Erst jetzt, als ich größtenteils wieder klar denken konnte, fing ich an ihn und meine Umgebung genauer wahrzunehmen. Sofort wanderte mein Blick umher und prägte sich ungewollt alles ein. Das Wohnzimmer war groß und wurde modern gestaltet. Alles sah ziemlich teuer aus. So wie bei meinen Eltern zu Hause.. Der Mann vor mir war definitiv nicht arm dran. ‚Aber warum lebt er dann an so einem abgelegenen Ort? Vielleicht wegen der Privatsphäre? Oder ist er einfach ein komischer Freak? Auf jeden Fall ein Freak...'
Mein Blick glitt zurück zu der besagten Person. Schon die ganze Zeit über hatte ich seinen stechenden Blick gespürt. Es wirkte so, als würde er jede meiner Bewegungen beobachten und mich studieren. Als würde er mich jetzt schon besser kennen, als ich es je könnte.
Seine Haare waren beinahe so dunkelbraun wie meine eigenen Haare und fielen ihm leicht in sein Gesicht. Jedoch waren seine Haare noch mit helleren, braunen Strähnen durchzogen. ‚Wahrscheinlich gefärbt..' Durch die dunklen, kräftigen Augenbrauen und mit dieser Haltung konnte er einem ganz schön Angst machen...
»Hast du mitbekommen, was ich gesagt habe?«, fragte er mich, was mich zurück aus meiner Gedankenwelt holte. ‚Jill... Lass ihn nicht aus den Augen..'
Stumm sah ich ihm in die Augen. Kopfschüttelnd fuhr er sich durch die Haare und lehnte sich zurück. »Ich habe dich gefragt, ob du etwas trinken möchtest?«
»Uhm... Was? Nein.. danke« ‚Wie komisch und abgedreht..'
Zögerlich stand ich auf.
»Mein Besuch... ich wollte eigentlich nur fragen, wo der nächste Supermarkt ist«, erwiderte ich einen Ticken zu verlegen und guckte für den Bruchteil einer Sekunde zu der breiten Tür, durch die wir ins Wohnzimmer gekommen sind. ‚Sie ist ziemlich weit weg'..
‚Ob er meinen Blick bemerkt hat?' Mit einem neutralen Blick sah er mich an und stand auch langsam auf. »Ach so? Möchtest du hier vielleicht erst etwas essen?« Das gezwungene Lächeln erschien erneut.
Vorsichtig bewegte ich mich in Richtung Tür, doch verlor ihn währenddessen nicht eine Sekunde aus den Augen. Er stand so auffällig gerade wie zuvor schon. ‚Er hat irgendwie etwas von einem Soldaten an sich', ging es mir durch den Kopf.
»Nein, auch nicht. Ich denke, ich werde auch ohne Hilfe einen Laden finden. Tut mir leid für die Störung und ich finde alleine raus«, sagte ich verkrampft und setzte wie er, ein falsches Lächeln auf.
‚Jetzt oder nie'
Mein Adrenalinspiegel schoss in die Höhe. Sofort wandte ich mich komplett ab und rannte los, doch konnte keine verfolgenden Schritte hören. Aus Unsicherheit sah ich kurz über meine Schulter und tatsächlich, er stand noch immer an der selben Stelle. ‚Was soll das alles? Was ist hier los verdammt...'
Plötzlich stand ich in einem korridorartigen Flur.
‚Scheiße! Was ist das? Ein Labyrinth?' Meine Hände fingen leicht zu zittern an. Panisch rannte ich auf eine offene, gegenüberliegende Tür zu, doch stieß augenblicklich in eine männliche Duftwolke. Arme schlangen sich um meinen Bauch.
Mein Herz pochte unangenehm schnell gegen meine Brust und ich hatte das Gefühl, gleich ohnmächtig zu werden. ‚Ich will das alles nicht..'
Erste Tränen stiegen mir in die Augen, doch ich blinzelte sie schnell weg.
‚Ist es der Mann von eben? Hat er es geschafft, mich einzuholen? Nein...'
»Wohin des Weges, schöne Frau?« Wurde mir zugeflüstert.
Wie gelähmt stand ich in seinen Armen.
Eine Hand löste sich und strich meine Haare zur Seite. Kurz darauf spürte ich seinen Atem in meinem Nacken. Meine Tränen kamen zurück.
»Berauschend. Du riechst so süß, dass es einem unreal vorkommt«, murmelte er in mein Ohr und strich mit seiner kalten Hand meinen Hals entlang. Gänsehaut überkam mich. ‚Gott ist bei mir', dachte ich wehmütig. ‚....'
‚Das ist sie also, meine neue Nachbarin' Amüsiert lauschte ich ihrem viel zu schnellen Atem und fing an mich zu freuen. ‚Sie ist schön. Wie eine Puppe'
Eliot hatte sie vorhin extra für mich abgelenkt, damit ich mich umziehen und waschen konnte. Gleichzeitig hatte ich ihre Akte überflogen und musste schon sagen... sie ist interessant.
Sie war sogar sehr interessant. Die Schönheit in meinen Armen war einem Menschen ähnlich, der eigentlich nicht mehr unter den Lebenden wandeln sollte. ‚Und wenn das kein Zeichen für Spaß ist, dann weiß ich auch nicht..'
Meine Schöne wusste es zwar nicht, aber sie würde sich beweisen müssen.
Normalerweise erwartete ich nicht so viel von meinen Spielfiguren, aber das Schicksal hätte ihr nicht dieses Aussehen gegeben, wenn sie nicht die Person sein sollte, die in der Lage war, mich herauszufordern. Sie musste mir, auch ihr ebenbürtig sein, musste genau so psychisch stark sein und durfte nicht die selben Fehler machen. Sonst würde ich sie am Ende, ohne zu zögern, mit in den Tod reißen. Meine Mundwinkel zuckten nach oben.
‚Aber Schicksal hin oder her, so einfach werde ich es dir nur heute machen' Langsam hob ich meinen Arm und wartete gespannt auf den Spielzug ihrerseits.
Ich merkte, wie sich der Griff des Armes etwas lockerte. Ohne weiteres holte ich mit dem Ellenbogen aus und traf seinen Magen. ‚Wer hätte gedacht, dass der Selbstverteidigungskurs mal etwas bringen würde?', dachte ich panisch und rannte los.
Ich hörte ihn hinter mir ächzen, doch sah keine Sekunde zurück.
Sobald ich die Eingangstür sah, hätte ich beinahe erneut angefangen zu weinen.
Grinsend streckte ich die Arme aus, ließ meine Fingerknöchel knacken und sah Eliot an. Er stand wieder im Wohnzimmer und guckte nachdenklich auf den Boden. »Sie ist Eden ähnlich«, meinte er ruhig. Automatisch fingen meine Mundwinkel an zu zucken. »Nicht wahr? Hast du das getan, worum ich dich gebeten habe?«, fragte ich ihn, doch wusste insgeheim schon die Antwort. Nach einem kurzen Nicken seinerseits, klatschte ich erfreut in die Hände.
‚Jilly...'
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