23. Kapitel
Leicht gestresst sah ich mich in der Küche um. ‚Wer weiß, wie lange er weg bleibt' Ohne lange zu überlegen ging ich zur Küchentheke und griff unruhig nach einem der Messer, das in dem dunklen Messerblock steckte. ‚Nur für den Fall' Schnell lief ich aus dem Raum und nahm dabei einen anderen Weg als Gabriel.
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die Haustür wieder abgeschlossen war, ziemlich hoch lag, musste ich es einfach versuchen.
Als ich den Ausgang wenige Meter entfernt vor mir sah, wunderte ich mich darüber, dass ich es schon so weit geschafft hatte. ‚Jetzt nicht unvorsichtig werden', dachte ich und überwand die letzte Distanz zwischen der Freiheit und mir. Ich legte eine Hand um den Türgriff, drückte ihn herunter und fühlte wie mir mein Herz in die Hose rutschte. ‚Die verfluchte Tür ist wirklich offen' Ungläubig sah ich erst nach draußen und dann wieder über meine Schulter, ins Haus. Es war niemand zu sehen. Immer noch fassungslos schloss ich sie so leise wie möglich und rannte los.
Als ich realisierte, dass ich tatsächlich draußen war, hätte ich vor Freude weinen können. ‚Ich habe es wirklich geschafft'
Ich entschloss mich dazu, zu der Tankstelle zu rennen, die ich damals gesehen hatte. ‚Bei mir zu Hause werden diese Freaks wahrscheinlich als erstes suchen, wenn ich noch den Hausschlüssel gehabt hätte'
Mit Glücksgefühlen und Panik rannte ich die Straße entlang. ‚Es ist zwar schlauer durch den Wald zu rennen, aber ohne Schuhe wäre es nur schmerzhaft und unvorteilhaft'
Mit nach oben zuckenden Mundwinkeln sah z dabei zu, wie die Haustür ins Schloss fiel. »Wow«, flüsterte ich. »Sie ist dumm« Lächelnd lief ich los und zog mir Schuhe an.
»Ich bin joggen«, rief ich noch und griff zusätzlich nach einer Waffe, die in einer der Schubladen von der Kommode lag. Eliot sollte wissen, dass er das FBI einfach hereinlassen konnte, wenn sie kamen.
Fröhlich verließ ich das Haus und joggte über die Straße. ‚Schade, dass sie so vorhersehbar ist' Es war mir ziemlich klar, wo meine Schöne hingehen würde. Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. ‚Aber was soll's, eine kleine Verfolgungsjagd ist doch immer interessant'
Leider war mir bis jetzt immer noch kein Auto entgegengekommen. ‚Wahrscheinlich hätte sowieso keins für mich angehalten. So wie ich aussehe, da wäre ich auch einfach weitergefahren' Da ich leider noch nie die Sportlichste war, fing ich nach wahrscheinlich fünf Minuten an zu joggen, anstatt weiterhin zu rennen. ‚Ich darf nicht sofort meine ganze Energie aufbrauchen!'
Mein Blick schweifte kurz durch den Wald und dann wieder nach vorne, zu dem Nichts. Hier war weit und breit nichts, bis auf Bäume und Straße. Unsicher biss ich auf die Innenseiten meiner Wangen. Hätte ich nicht gewusst, dass bald die Tankstelle kommen würde, dann wäre ich wahrscheinlich weinend zusammengebrochen. Ich konzentrierte mich auf das Geräusch meiner Schritte, blendete mein Keuchen aus und versuchte ein gleichmäßiges Schritttempo herzustellen.
‚Wenn ich erstmal bei der Tankstelle bin, werde ich sofort die Polizei rufen'
»Los Honey, schneller! Du hast es bald geschafft!«, wurde mir auf einmal jubelnd hinterhergerufen, weshalb ich erschrocken nach hinten sah. ‚Das kann doch nicht wahr sein' Gabriel war gut 100 Meter hinter mir und selbst von hier konnte ich sein dämliches Lächeln sehen. Nervös sah ich nach vorne und fing erneut an zu rennen. »Lass mich verdammt nochmal in Ruhe«, schrie ich panisch, sah wieder kurz über meine Schulter und bemerkte, dass er nun auch rannte. ‚Scheiße! Wieso ist er so schnell?'
Immer mehr Adrenalin strömte durch meinen Körper und ich erhöhte mein Tempo. Als ich hörte, wie seine schnellen Schritte immer näher kamen, wäre ich am liebsten ohnmächtig geworden.
‚Soll ich doch in den Wald rennen und versuchen ihn abzuschütteln?', fragte ich mich gestresst, doch ich sah schon die Tankstelle, wodurch ich neuen Mut fasste. ‚Nein, ich kann das schaffen!'
Lachend steigerte ich mein Tempo. ‚Das macht doch mehr Spaß als gedacht', bemerkte ich und kam meiner Schönen immer näher. Es war ein schöner Anblick wie ihre offenen Haare wild umher flogen und ihr zierlicher Körper, der alles gab was er geben konnte.
»Komm schon, gib alles! Nicht mehr weit und du bist frei«, rief ich fröhlich. Als sie nach meinen Worten kurz ihren Mittelfinger hob, konnte ich nicht anders und lachte erneut. ‚Ganz schön frech'
Meine Schritte wurden größer. Ich wurde schneller. Ich kam ihr so nah, dass ich ohne Probleme nach ihren Haaren greifen könnte, doch ich hielt mich zurück, da sie fast ihr Ziel erreicht hatte. Grinsend verlangsamte ich wieder mein Tempo und fing an zu joggen. Sofort riss sie die Tür auf und war schon in dem ranzigen Ladeninneren verschwunden.
Panisch stolperte ich nach vorne zu der leeren Theke. »Hey, hallo? Ich brauche Hilfe! Bitte!«, rief ich und sah über meine Schulter, durch die Glasfront. Der Psycho, der mich verfolgte kam langsam immer näher.
»Bitte, ist da jemand?«, rief ich erneut, doch es ließ sich immer noch niemand blicken. »Das kann doch nicht wahr sein«, flüsterte ich erstickt und hörte, dass die Tür geöffnet wurde. »Hm die Bewegung hat wirklich gut getan?«, sagte mein Verfolger hinter mir, weshalb ich angespannt zu der Eis Gefriertruhe lief.
»Ich habe ein Messer!«, meinte ich gepresst und hielt es warnend vor meine Brust.
»Ja, das sehe ich« Lächelnd stellte sich Gabriel vor die andere Seite der Gefriertruhe. Sein Blick glitt kurz zu der leeren Theke. »Das ist ein Zeichen vom Schicksal! Es will, dass du bei mir bleibst«, meinte er und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich ging nicht auf seine Worte ein.
»Ich warne dich«, sagte ich nur und fuchtelte mit dem Messer herum, als er langsam um die Truhe herumlief. Ich bewegte mich im gleichen Tempo wie er.
„Und ich warne dich, Honey. Wenn du das Messer jetzt weglegst, dann verspreche dir, dass ich die ganze Sache vergessen werde« Er blieb stehen.
Spöttisch lachte ich auf und zog die Augenbrauen leicht zusammen. »Wie wäre es, wenn du wieder in dein komisches Haus kriechst und ich dir verspreche, dass ich dich nicht absteche?«, fragte ich und lächelte dabei genauso wie er.
»Glaubst du wirklich, du schaffst es mich zu erstechen?« Mit einem herausfordernden Funkeln in den Augen sah er mich an. Gerade als ich antworten wollte, ertönte eine fremde Stimme.
»Hallo?«, fragte jemand, weshalb wir synchron zur Theke guckten. Es stand ein älterer Mann mit Brille dahinter und sah uns erschrocken an.
»Nerv uns nicht, alter Mann?« Abschätzig stützte Gabriel sich mit einer Hand auf der Truhe ab. Geschockt senkte ich das Messer und sah wieder zu dem älteren Herrn. ‚Er ist meine Rettung!'
»Bitte, rufen Sie die Polizei!«, rief ich panisch, weshalb er überfordert das Gesicht verzog. »Bitte, ich.. ich brauche Hilfe! Ich wurde gegen meinen Willen festgehalten! Dieser Mann da ist ein Mörder, nein, Serienmörder!« Gestresst zeigte ich in Gabriels Richtung. Dieser zuckte nur lächelnd die Schultern und sah wieder zu dem erstarrten Mann. »Hörst du schlecht? Ich bin der Mörder, der sie festgehalten hat. Daher kann ich ihr wohl schlecht helfen?«
Endlich bewegte sich der Mann wieder und nickte hektisch. Es wirkte so, als wäre er aus seiner Schockstarre erwacht.
Sofort kramte er nervös nach seinem Telefon.
Angespannt presste ich die Lippen zusammen und blickte erneut zu Gabriel, der gelassen meinen Blick erwiderte. ‚Was hat er vor? Warum steht er nur da und tut nichts?'
‚Nein, das reicht' Schmunzelnd zog ich meine Waffe aus dem Hosenbund. »Weißt du, meine Kleine« Ich lehnte mich ein wenig näher zu ihr. »Ich gönne dir deine Freiheit wirklich von Herzen, aber..« Ohne meinen Blick von ihrem zitternden Körper abzuwenden, richtete ich die Waffe auf den unfähigen Menschen hinter der Theke. »Aber so einfach werde ich dich nicht wieder hergeben« Ich drückte ab und genoss es, wie ihr Blick von angespannt, zu schockiert wechselte. Sie ließ das Messer fallen und rannte panisch zu der Leiche. Lächelnd steckte ich die Waffe zurück an ihren Platz.
»Wer hätte gedacht, dass du so viele Menschen auf dem Gewissen hast?« Ich lief genau wie sie hinter die Theke. Jill drückte panisch auf seiner Brust herum und versuchte die Blutung zu stoppen.
Ich öffnete die Kasse. »Siehst du nicht, dass er tot ist?« Sie sah auf und als ich sah, dass sie nicht weinte, sondern ziemlich ernst guckte, lächelte ich überrascht. ‚Sie gewöhnt sich wohl an diesen Anblick?'
»Was meinst du damit, dass ich Menschen auf dem Gewissen habe?«, fragte sie mich leise, weshalb ich grinsend anfing Geld aus der Kasse zu nehmen. »Du weißt doch ganz genau was passiert, wenn du jemanden auf dich aufmerksam machst und dennoch tust du es immer wieder«, schnaubte ich lächelnd und zog die Augenbrauen zusammen.
Als ich genug Scheine in der Hand hielt, wandte ich mich wieder zu ihr. Sie sah mich wütend an, weshalb ich seufzend die Arme verschränkte. »Du hast so ein herzerweichendes Lächeln, doch benutzt es nie«
Sie hörte endlich auf wie eine verrückte die Leiche zu betatschen und erhob sich langsam. »Ich werde erst lächeln, wenn ich weiß, dass du hinter Gittern verrottest«, meinte sie finster, weshalb ich gespielt getroffen eine Hand auf mein Herz legte. »Autsch«
Ungläubig schüttelte ich den Kopf und wandte mich von ihm ab. ‚Es ist sinnlos. Für ihn ist das ganze nur ein scheiß Spiel', dachte ich und schloss kurz die Augen. Obwohl er damit recht gehabt hatte, dass ich schuld an dem Tod der Leute war, wollte ich es mir nicht eingestehen. Ich wollte nicht schon wieder in dem endlosen Kreislauf der Trauer versinken.
Nachdem ich den Laden verließ, blieb ich verkrampft stehen und atmete die frische Luft ein. ‚Ich werde nicht weinen, nicht mehr!'
Hinter mir wurde die Ladentür geöffnet. »Warum hast du das Geld mitgenommen?«, fragte ich und sah zu dem trostlosen Wald. »Damit es wie ein missglückter Überfall aussieht und nicht wie absichtlicher Mord«, meinte Gabriel und klang dabei so, als wäre es selbstverständlich. »Natürlich können wir uns das Geld teilen, immerhin sind wir doch Bonnie und Clyde 2.0?«
Fassungslos drehte ich mich zu ihm. »Ich verzichte«, antwortete ich gepresst und verzog das Gesicht. Er warf mir plötzlich etwas zu, was ich auch auffing. Es war eine Zigarettenschachtel. »Ich rauche nicht« Verwirrt sah ich dabei zu, wie er auf mich zukam. Ich hatte zwar damals gegen den Stress angefangen zu rauchen, doch habe schon vor Monaten wieder aufgehört.
»Ich glaube heute schon« Er zwinkerte mir zu und steckte sich selbst eine der Zigarren in den Mund.
Unmerklich ließ ich die Schultern sinken.
‚Ich glaube auch' Mein Blick fokussierte meine Hände. An ihnen klebte das Blut des fremden Mannes. ‚So schnell.. kann ein Leben beendet werden'
Stumm liefen wir nebeneinander die Straße entlang. In unseren eigenen Gedanken versunken, inhalierten wir die Zigaretten, bis ich schließlich doch die Stille durchbrach.
»Woher wusstest du, wo ich war und warum konntest du mich so schnell einholen?«, fragte ich leise und sah dabei zur Seite in den dunklen Wald.
»Du bist..« Er hielt inne. »Eben nicht gerade die schnellste?« Er schmiss den Zigarettenstummel auf den Boden. Ich spürte, dass er mich ansah. »Außerdem war ich damals einige Jahre beim Militär, wodurch ich meine Sportlichkeit noch weiter steigern konnte« Zwinkernd verschränkte er die Hände hinterm Kopf. »Du warst von Anfang an im Nachteil, was soll ich sagen?«
Überrascht sah ich ihn an und warf, genau wie er zuvor noch, den Stummel weg. »Wirklich?«, fragte ich nachdenklich und sah erneut in den Wald. ‚Das würde auch erklären, warum er so muskulös ist..?'
»Wirklich. Da habe ich auch Eliot kennengelernt«
Ohne ihn anzusehen nickte ich leicht. ‚Das Eliot im Militär war, kann ich mir gut vorstellen. Er steht immer so auffällig gerade in der Gegend herum'
Ich vergrub meine Hände in den weichen Taschen meines Pullovers und sah erneut zu ihm. Er erwiderte den Blickkontakt. »Wie sehr bin ich dieses Mal zu weit gegangen?«
Seine Mundwinkel zuckten amüsiert nach oben.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top