Kapitel 44

Sie reagierte nicht, aber Haru hörte, wie sich ihre Atmung langsam änderte. Dennoch schien es nicht, als würde sie demnächst die Augen öffnen wollen.

„Sezuna ... Kaffee ist fertig", sagte er sanft und setzte sich neben sie.

Die Reaktion war ein Grummeln und dann rollte sie sich zusammen.

„Unglaublich!", rief er empört und sah die beiden Männer für einen Moment sprachlos an. „Sezuna, willst du deinen Kaffee?", fragte er wieder und stellte die Tasse ihr fast vor die Nase.

Erneut ertönte ein Grummeln, bevor sie sich an ihn schmiegte und für einen Moment wirkte, als würde sie tief einatmen, bevor sie erneut recht ruhig wurde.

„Sie macht mich wahnsinnig", stöhnte Haru verzweifelt. Für einen Moment betrachtete er sie und seufzte auf. „Na gut, dann lassen wir sie schlafen", murmelte er, bevor er versuchte, sich von ihr zu befreien.

Er war kaum von ihr weg, als sie sich aufsetzte und die Augen rieb. „Haru?", fragte sie murmelnd und tastete sich umher.

„Ist das dein Ernst?", fragte er sie vorsichtig. „Kaffe verschmähst du, wirst nicht einmal wach, wenn ich jagen und den Drachen füttern geh, aber sobald ich annähernd von seinem kuscheln weggehe, wachst du auf", warf er ihr vor. Allerdings klang es beruhigt, denn immerhin wachte sie auf.

„Was?", murmelte Sezuna, die völlig verschlafen war, bevor man sehen konnte, dass sie den Geruch wahrnahm. „Ist das Kaffee?"

Ihm lag ein sarkastischer Kommentar auf der Zunge, aber er nickte nur. „Ich kümmere mich um den Bären, sobald ich mir sicher bin, dass dir nichts fehlt. Du hast viel zu viel Magie eingesetzt."

„Bären?", fragte sie und man konnte ihr ansehen, dass sie völlig neben sich stand.

„Trink erstmal deinen Kaffee, damit du überhaupt munter wirst", lächelte Haru sie an und nickte den Männern zu. „Ich habe nur für unser Essen und für den Drachen gesorgt."

„Drachen?", kam die nächste verwirrte Frage, bevor sie den Kaffee hob und erst einmal den Geruch inhalierte.

„Weißt du überhaupt, was passiert ist?", fragte Akira sie besorgt. Noch nie hatte er sie so gesehen, wie verwirrt sie nun war.

„Nicht wirklich", gestand sie. „Ich hab Myron gefunden", stellte sie fest und nahm einen Schluck.

„Aber du erinnerst dich, dass der Drachen Akira entführt hat und wir ihn gefunden haben? Wir waren oben in den Bergen, als sie angegriffen haben und wir wurden getrennt", sagte Haru nüchtern und so ruhig wie möglich, obwohl er innerlich deswegen noch total aufgewühlt war. Es war besser, wenn sie den Rest nicht erfuhr. Sie würde sich wahrscheinlich nur aufregen.

Sezuna blickte Haru für einen Moment einfach nur an und trank den Kaffee. „Ja", war dann die schlichte Antwort, bei der sich Haru nicht sicher sein konnte, ob sie sich wirklich daran erinnerte.

Er schwieg nun und nahm sie für einen Moment in den Arm. „Wenigstens bist du jetzt wach. Wie geht es dir?", fragte er sie schließlich, nachdem sie mehrmals an ihrer Tasse genippt hatte.

„Müde und noch erschöpft. Mein Körper fühlt sich an, als hätte ich sämtliches bisschen Kraft herausgesaugt", gab sie an und rieb ihre Wange an ihm.

„Du bist über dich hinausgewachsen meine Kleine", flüsterte er sanft und küsste ihr Haar. Das Bär lief nicht weg, sondern konnte auch warten. Erst einmal war Sezuna dran. Sie war wichtiger für ihn.

„Ich hatte wirklich Angst", gestand sie leise und hielt sich an Haru fest.

„Ich weiß. Du warst sehr tapfer und hast dich deinen Ängsten gestellt, ich bin so stolz auf dich. Hast du immer noch Angst vor den Bergen?", fragte er sie vorsichtig, wobei er sie streichelte.

„Nicht mehr so viel, wie vor Drachen und Magiern", gestand sie leise und erschauderte ein wenig.

„Apropos Drache ...", fing er an und nickte mit dem Kopf in seine Richtung. „Er ist verletzt und hungrig. Ich hab ihm schon Hasen gebracht, aber das war nicht genug", sagte Haru und fuhr fort, deshalb den Bären geholt zu haben.

Sezuna hob den Blick und sah zu Haru, bevor sie sich langsam in Richtung des Drachen drehte und dann erschauderte, bevor sie sich wieder wegdrehte. „Träume ich noch?", fragte sie ein wenig atemlos.

„Nein, er ist echt", sagte Haru und trennte das nächste Bein des Bären ab, welches er dem Drachen hinwarf.

Sezuna zupfte an seinem Ärmel. „Warum liegt der da rum?", fragte sie und wirkte ein wenig unruhig.

„Weil er verletzt ist und ich ihn mit einem Beruhigungszauber belegen musste. Er wollte abhauen, aber in dem Zustand wird er nicht weit kommen", erklärte er ihr und schnitt nun Fleischteile für die Gruppe aus, bevor er den Rest wieder zu dem Drachen fliegen ließ.

„Allerdings weiß ich nicht, was mit ihm los ist. Außer dass der eine Flügel gerissen ist ..."

Sezuna öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen, schloss ihn dann jedoch wieder. „Das Ding wollte uns fressen", brachte sie schließlich mühsam hervor und wirkte irgendwie irritiert.

„Ich bin mir nicht sicher, ob die Magier was damit zu tun hatten oder ob es von ihm selbst kam", meinte er schulterzuckend. Sie schien noch immer irritiert zu sein.

„Ich bin echt fassungslos. Willst du ihn als Haustier behalten?", fragte sie und blickte zwischen Haru und dem Drachen hin und her.

„Bring mich nicht auf dumme Gedanken", warnte er sie lächelnd, wobei ihm genau dieser Gedanke gekommen war. Dabei war ihm klar, dass Drachen keine Haustiere waren. „Er wird sowieso nicht bleiben, aber ich möchte, dass er wenigstens gesund in die Freiheit zurückkehrt. Wer weiß, was er alles bei den Magiern erlebt hat."

Sezuna schnaubte leise und erhob sich ganz langsam und wackelig.

„Was hast du vor?", fragte Akira und wollte sie zurückhalten.

„Ich möchte mir den Drachen ansehen", gestand sie und beobachtete diesen neugierig, blieb aber stehen.

„Du gehst nicht alleine. Ich will ihm sowieso noch mehr geben. Aber ich habe gehofft, dass du rausfinden kannst, was mit ihm ist", flüsterte Haru ihr zu und stand auf, um sie zu begleiten.

Sezuna wirkte darüber sichtlich erleichtert und machte sich langsam auf den Weg zu dem Drachen. Dabei war ihr anzusehen, wie vorsichtig und ehrfürchtig sie auch war.

Haru brachte ihm etwas zu essen mit, welches er ihm vor den Drachenschlund legte. „Ich habe dir jemanden mitgebracht. Vielleicht kann sie herausfinden, was mit dir los ist", sagte er sanft zu dem Drachen. „Ich hatte Angst, dass er mehr verletzt wird, wenn ich ihn heile", gestand er.

Sezuna nickte und trat um ihn herum, um ihn mustern und von allen Seiten betrachten zu können. „Ehrlich gesagt habe ich nicht viel Ahnung von diesen Tieren", murmelte sie leise. Ob die Magier in ihren Tunneln noch Informationen hatten?

„Was du nicht sagst. Da geht es mir nicht anders. Aber wir können ihn hier nicht einfach so liegen lassen. Meinst du, ich soll ihm den Flügel heilen?", wollte er wissen, während er zusah, wie der Drache gierig das Fleisch fraß.

Sezuna hatte mittlerweile eine Hand auf seine Schuppe gelegt und spürte, wie schön warm er war. Die Schuppen an sich waren sehr glatt und hart. Wahrscheinlich eine perfekte Panzerung.

Seltsamerweise wehrte er sich nicht gegen ihre Berührungen und Haru hoffte, dass er ihn heranließ, damit er ihn heilen konnte.

Vorsichtig trat er an den Flügel heran und berührte ihn. Auch er spürte die Wärme und er erzählte ihr dabei. Wie seine Schuppen sich geändert hatten.

„Ich hatte schon bei der ersten Begegnung das Gefühl gehabt, dass der Drache mit einem Zauber belegt war, um nicht aufzufallen", meinte Sezuna, die sogar damit begann den Drachen zu streicheln.

„Naja wir haben ihn ja auch fast nicht sehen können", erwiderte er und fing an, Magie in den kaputten Flügel fließen zu lassen. Der Flügel reparierte sich von alleine und sah wieder wie neu aus.

Dem Drachen schien es jedoch wenig zu gefallen, denn erneut versuchte er sich Haru zu entziehen und schlug verärgert mit den Flügeln.

„Er scheint etwas gegen mich zu haben", stellte er fest und breitete seinen Flügel aus, sodass er ihn nicht bewegen konnte. Dafür war es für Haru einfach festzustellen, ob er noch andere Verletzungen hatte.

„Ich hätte in seiner Position auch etwas gegen dich", murmelte Sezuna, die ihn beruhigend streichelte. „Wahrscheinlich haben die Magier ihm weh getan, wenn sie Magie an ihm verwendet haben."

„Dann ist es besser, ihn frei zulassen. Er wird damit nicht weit kommen", meinte er und unterbrach seine Arbeit für einen Moment, um auf den Drachen von vorne zuzutreten.

„Ich werde dir nichts tun, das verspreche ich dir. Ich möchte dir helfen und lasse dich dann frei", sagte er zu dem Drachen, der ihn misstrauisch ansah.

„Ich denke nicht, dass er dich versteht", meinte Sezuna, die jedoch davon ausging, dass er entweder eine Handaufzucht war, oder von den Magiern direkt erschaffen wurde.

„Er hat die Magier auch verstanden, wenn sie ihm Befehle gegeben haben", erwiderte er und kraulte sanft die Schuppen an dem großen Kopf des Drachen. Beide hatten Akira und Myron vergessen, denn der Drache war so interessant.

„Tiere verstehen nicht die Worte, sondern den Tonfall", erklärte sie leise und begann eine Stelle an den Flügeln des Drachens zu kraulen.

Daraufhin sagte Haru nichts mehr, sondern kraulte weiterhin den Drachen, dessen schuppige Haut sehr warm war. Nicht so heiß, dass man sich verbrannte, sondern angenehm. „Was haben sie nur mit dir gemacht ...?", fragte Haru den Drachen leise und sah dann zu Sezuna. „Eigentlich hätte ich nichts dagegen, ihn zu behalten. Er ist genau wie du, aufbrausen und eine Wildkatze, woher er oder sie eher ein Wilddrache ist."

Sezuna lachte leise. „Dann machst du aber auch seinen Dreck weg und fütterst ihn", sagte sie und streichelte sich an seinen Schuppen entlang. Eigentlich war er ein ganz ruhiger und lieber.

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