Kapitel 33
Auch wenn es ihm nicht behagte und er Sezuna lieber auf seinem Rücken haben wollte, so sah er doch ein, dass Sezuna sich selbst ihrer Angst stellen und beweisen wollte, dass sie es durchaus schaffen konnte. „Ich könnte aber auch die Gewichte ablegen, dann wären wir schneller", murmelte er leise.
„Wir versuchen es so", entschied Sezuna, denn wenn Haru die Gewichte abnahm, wäre das in einem möglichen Kampf, ein wichtiger Überraschungsmoment, den sie noch nicht verbrauchen wollte.
Seufzend drückte er Sezuna fest an sich. „Pass auf dich auf, ja? Und wenn du nicht mehr kannst, sage Bescheid, dann nehme ich dich", bat er sie eindringlich und küsste ihre weichen, aber kalte Lippen. Dabei ließ er einen stärkeren Wärmezauber auf sie einwirken, bevor er das magische Seil um sie legte und ihre Steine antippte, um somit eine ständige Verbindung zu ihr zu haben. Sie musste dicht an ihm bleiben, egal was passierte.
Erst dann drehte er sich zu Myron um und bedeutete ihm, auf den Rücken zu klettern. Dabei sah er dem braunhaarigen Mann an, dass er sich fragte, woher er wohl die Kraft hatte, ihn durch die Berge zu tragen.
Myron trat gerade auf Haru zu, als er aus den Augenwinkeln bemerkte, wie Sezuna bereits zum Sprung zu einem recht nahen Berg ansetzte. Bevor er zu Haru auf den Rücken klettern konnte, sprang sie ab.
Der Wind in ihren Rücken trieb sie viel stärker und schneller voran, als er es ohne Magie getan hätte und sie landete an der anderen Bergspitze. Ihre Hände und Füße lagen lediglich auf der Wand, doch sie rutschte nicht. Stattdessen hielt ein Zauber sie dort an Ort und Stelle.
Sezunas Herz schlug heftig und für einen Moment wurde ihr schlecht, doch im Grunde fühlte es sich nicht so an, als könnte sie fallen, solange sie die Zauber spürte und das gab ihr Sicherheit. Vielleicht hätte sie das von Anfang an machen sollen.
Haru hatte die Situation mit klopfendem Herzen beobachtet und stieß erleichtert die Luft aus, die er in sich gehalten hatte. Sezuna sah wie eine Spinne aus, die an der Wand hinaufkletterte, wobei sie sich nun nicht bewegte. Das magische Seil zwischen ihnen war leicht sichtbar, denn es reichte auch auf eine gewisse Distanz. Solange sie sich nicht noch weiter entfernte, war es in Ordnung. So konnte er wenigstens noch eingreifen.
Weil er sie nicht allzu lange dort warten lassen wollte, legte er schnell das Seil um Myron und bat ihn, sich nun gut festzuhalten. Haru rannte auf die Klippe zu und sprang im richtigen Moment ab, um kurz darauf neben Sezuna zu landen. Auch er hatte seine Hände und Füße an die Wand gelegt, während Myron an seinem Rücken hing.
„Bist du in Ordnung, Sezuna?", fragte er sie besorgt, war auf der anderen Seite aber auch sehr stolz auf sie, weil sie es gewagt hatte, sich ihrer Angst zu stellen.
Sezuna Atem ging schnell und heftig. „Es macht Spaß", bemerkte sie, denn trotz der Angst abzustürzen, hatte es doch etwas sehr Spannendes und fast schon Erregendes. Sie war einfach jemand, der mit dem Feuer spielte, selbst wenn sie sich sehr stark verbrennen konnte. Vielleicht lag es auch daran, dass sie nun das Gefühl hatte, die Kontrolle zu haben.
„Dummkopf", schalt Haru sie liebevoll und wuschelte ihr einmal durch ihre Haare. „Sag das, nachdem wir Akira befreit haben. Wohin nun?", gab er zurück und spürte Myron, wie er sich krampfhaft festhielt.
Sezuna bewegte sich leicht, so dass sie an der Felswand wie eine Spinne entlang krabbelte. „Da lag", deutete sie und sah sich suchend um, wo sie am besten hinspringen konnte.
Wie auch immer sie es geschafft hatte, ihre Angst so zu unterdrücken, war ihm schleierhaft. War die Angst um Akira eventuell größer? Er folgte ihr, wobei er sie schnell einholte und wartete, wohin sie als nächstes springen würde.
Was Haru nicht wusste war, dass sie noch immer mit der Angst kämpfte, doch das Adrenalin und die Sorge zumindest so groß waren, dass ihre Angst nur noch an zweiter Stelle stand.
Sezuna atmete tief ein und sprang dann an eine Felswand, bei der sie aber nicht kleben blieb, sondern sich sich gleich wieder abdrückte und zur nächsten. Dort gab es einen Absatz und sie konnte für einen Moment mit festen Boden unter den Füßen durchatmen.
Elegant sprang er ihr hinterher und gab zu, dass es wirklich Spaß machte. Nie zuvor hatte er es in so einem großen Abstand versucht, aber es gab ihm ein Gefühl von Freiheit. Die Aussicht war atemberaubend schön und man konnte sehr weit sehen. Wobei man mehr die Gipfel der anderen Berge um sie herum sehen konnte. Dennoch war dieser Ausblick einmalig und Haru versuchte, sich den Anblick für immer einzuprägen.
Als er sie erreicht hatte, bat er sie, einfach den Weg zu zeigen, sich aber nicht zu weit von ihm zu entfernen. „Ich folge dir, wohin du auch gehst."
Sezuna strahlte ihn an und schien sich bei dieser Aktivität immer wohler zu fühlen. Dennoch wurde sie nicht übermütig. Sie betrachtete die Umgebung genau und suchte den Weg aus, der sie am leichtesten vorwärts bringen würde und der am ungefährlichsten war.
Nachdem sie einige Berge übersprungen hatten und sicheren Boden unter den Füßen fühlten, drehte sich Haru zu Myron um. „Alles in Ordnung bei dir?", fragte er ihn, denn er hatte keinen Laut mehr von sich gegeben und er war sich unsicher, ob er überhaupt noch am Leben war.
Myron hielt sich verkrampft fest, hatte aber die Augen weit aufgerissen und nahm die Dinge mit einer gewissen Angst und Faszination wahr. „Das ist ... atemberaubend", brachte er mühsam hervor.
„Ihr habt seltsame Ausdrücke für so eine Situation", grinste er schwach und blickte von ihm zu Sezuna und wieder zurück, wobei er den Kopf schüttelte. Zwar konnte er sie verstehen, aber er fand das Ganze gar nicht lustig.
„Wie weit sind sie entfernt? Bewegen sie sich noch?", fragte Haru nun an Sezuna gewandt.
„Ja, sie bewegen sich noch, werden aber langsam. Wir holen also auf", erklärte sie und sprang im nächsten Moment weiter.
„Das ist gut, langsam verliere ich die Nerven bei dieser Jagd", murrte Haru, klang aber auch erleichtert.
„Verstehe ich", murmelte Sezuna und sprang weiter. „Wir sollten uns beeilen", fügte sie hinzu und sprang dann noch ein Stück weiter, bevor sie plötzlich ein Stück nach unten rutschte, weil ihre Zauber im Schnee nicht sofort Halt fanden.
„Sezuna!", rief er erschrocken und sprang ihr hinterher, um sie zu halten. Vielleicht wäre sie nicht gefallen, doch er wollte sichergehen, dass ihr nichts passierte.
Diese hatte bereits selbst den Halt wiedergefunden, als Haru bei ihr ankam, doch das Herzklopfen und der Anflug von Panik war kaum zu erkennen.
„Sei vorsichtiger, bitte. Ich will dich nicht verlieren", bat er sie atemlos und folgte ihr dann weiter. Gerade im Schnee war es schwer zu erkennen, wohin sie traten oder landeten, weil es an manchen Stellen wahrscheinlich um einiges tiefer war und sie darin versinken konnten.
„Tut mir leid", brachte Sezuna keuchend hervor. „Mit Schnee habe ich nicht so viele Erfahrung", murmelte sie, doch sie konnte mit der Situation umgehen.
„Die wirst du hier oben genügend bekommen", lachte Haru leicht spöttisch, meinte es aber nicht böse. Auch er hatte nicht so viel Erfahrung mit Schnee, hatte aber darüber schon gelesen, weil es ihn faszinierte.
„Es könnte Gefahren bergen, die wir nicht einschätzen können", meinte Sezuna, bevor sie den Kopf hob. „Sie sind stehengeblieben."
„Dann los, lass sie uns endlich einholen. Ich habe ein Hühnchen mit dem Vieh zu rupfen", knurrte Haru gefährlich und setzte sich in Bewegung, die sie ihm vorgab.
Sie wurden ein wenig schneller und Sezuna spürte, wie sie Akira einholten. „Wir sind fast da", sagte sie und sprang weiter.
Sie hatten bereits das eine Tal, welches sie sonst hätten durchqueren müssen, hinter sich gelassen. Das Tal hatte er nur von oben gesehen und hatte einige Nebelfelder dort erkennen können.
Noch sah er nichts anderes als weitere Gipfel, doch da sie weiter entfernt waren, vermutete er, dass vor ihnen bereits ein nächtes Tal lag.
Sezuna fluchte plötzlich und wurde schneller. „Ich kann die Verbindung nicht mehr spüren", gab sie verärgert an, wusste aber noch sehr genau, wo sie die Verbindung verloren hatte.
„Oh nein", murmelte Haru tonlos und sein Herzschlag wurde noch schneller. Bedeutete das etwa, dass ihm etwas passiert war? Ein undefinierbarer Laut entwich auch Myrons Mund.
„Wir müssen uns beeilen", wurde Haru panisch.
„Wir sind gleich da", bemerkte Sezuna und sprang von Bergspitze zu Bergspitze, bevor sie sich an einem Berg langsam nach unten bewegte. „Irgendwo hier."
Als Haru jedoch nach unten blickte, sah er nichts als einen Wald. Dunkel, dicht und auch ein wenig mystisch ragten die Bäume aus dem Tal in die Höhe, welche von einigen Nebelschwaden umgeben waren. Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte er den Wald.
„Dort? Wenn er im Wald verloren gegangen ist, könnte es lange dauern, bis wir ihn finden", murmelte er unglücklich.
„Nein, nicht direkt im Wald", sagte sie und kletterte langsam den Berg hinab. Blieb aber nicht auf der Seite des Berges, sondern zwischen den Felswänden der Berge. Trotzdem immer noch in Waldnähe.
Der blonde Magier folgte ihr seufzend und passte auf, dass sie nicht rutschten, denn die Felswände waren glitschig und selbst mit einem Zauber nicht immer einfach zu bezwingen. „Wo meinst du, ist er dann? Wo hast du den Kontakt verloren?", fragte er sie, während er neben ihr nach unten kletterte.
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