Kapitel 29

Er musste den Zauber unterbrechen, denn es kamen von oben Steine nach, die es schwerer machten, sie weiter zu entfernen. Also wartete er ab, bis es sich beruhigt hatte und fing wieder an, mit seinen Händen die Magie in die Steine zu leiten, um sie entfernen zu können. Leider begannen die Steine sich sofort zu bewegen, als er es versuchte. Egal, welcher Stein er bewegen wollte, es wurde gefährlicher, denn es bewegte sich jedesmal.

Entnervt und frustriert hörte er auf und schüttelte den Kopf. „Es bringt nichts. Sobald ich einen entfernen möchte, besteht die Gefahr, dass der komplette Weg weggerissen wird", seufzte er.

Myron und Akira, die zurückgetreten waren, damit Haru Platz hatte, sahen sich nachdenklich an. „Gibt es einen anderen Weg?", wollte Akira wissen und Myron rieb sich das Kinn.

„Ja, den gibt es. Dazu müssen wir ein wenig zurück und dann erst einmal Richtung Süden. Er wird jedoch um einiges länger sein. Ich denke aber, es wird uns nichts anderes übrig bleiben."

„Dann ist das so", murmelte Haru leise und drehte sich von dem Platz weg, um mit Sezuna auf dem Rücken sich in Sicherheit zu bringen. Erst, als sie weit genug von der Stelle weg und Sezuna mit dem Rücken dazu gewandt war, sagte er zu ihr, dass sie ihre Augen wieder öffnen konnte.

„Wie lange werden wir mit dem anderen Weg brauchen? Und wie gut ist er begehbar?", wollte er dann wissen und streichelte Sezunas Beine, die an seinen Seiten herabbaumelten, sanft.

Sezuna erklärte ihm leise, dass sie die Augen die ganze Zeit geschlossen hatte und das auch so lassen würde, während Myron versuchte abzuschätzen, wie lange sie noch unterwegs sein würden. Der andere Weg war an einigen Stelle sehr schlecht passierbar und würde ungefähr die doppelte Zeit benötigen.

Akira seufzte frustriert auf. Langsam fragte er sich, ob es vielleicht besser gewesen wäre, in den östlichen Hafen zu fahren und von dort aus den Weg nach Kituo Cha anzutreten.

Haru trat auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Wir können es nicht ändern, lass uns das beste daraus machen, ja?", sagte er zu ihm und versuchte, aufmunternd zu klingen.

Akira seufzte und ließ die Schultern hängen. „Wir könnten zurückgehen und über den östlichen Hafen fahren", schlug er vor, weil er nicht wusste, ob es mit Sezuna im Schlepptau eine so gute Idee war, weiter durch das Gebirge zu laufen.

„Die Entscheidung liegt bei Sezuna. Wobei es vielleicht genauso lang dauern würde", meinte Haru und sah sie von der Seite an. Er spürte ihre Angst und dachte ebenfalls daran, dass sie vielleicht am besten von der anderen Seite kommen sollten.

„Mir ist es egal", brachte Sezuna mühsam hervor. „Wir können auch zurück und über den Wasserweg."

„Zuerst sollten wir allerdings zurücklaufen und uns dann entscheiden. Es gibt ja schließlich noch den direkten Weg durch die Berge", schlug Myron ihnen vor. Ihm ging es nicht um die Bezahlung, sondern darum, dass sie wieder heil nach unten kamen, egal in welche Richtung sie gingen.

„Das klingt gut", murmelte Sezuna, die am liebsten so schnell wie möglich von hier weg wollte.

Also gingen sie den gesamten Weg wieder zurück, bis sie an einer Abzweigung ankamen. Der Weg nach unten war angenehmer zu gehen, fand Haru. Das täuschte aber, meinte Akira, der damit schon Erfahrungen hatte.

„Also, jetzt haben wir die Wahl. Entweder durch die Berge im Süden oder zurück nach Mal Gotra", sagte Myron plötzlich und sah sie abwartend an.

Akira blickte fragend zu Haru, denn ihm war es mittlerweile egal.

„Mir ist es egal", murmelte Sezuna, die nicht wusste, ob sie vielleicht angesprochen war, oder nicht, weil sie die Augen noch immer geschlossen hatte.

Bevor Haru irgendwas entscheiden konnte, hörten sie plötzlich wieder einen enormen Krach, der einem Steinbruch ähnelte. Haru zuckte sogar zusammen, denn der Weg unter ihnen erzitterte. Myron wurde blass und sah sich um, als er kläglich flüsterte, dass es wohl nur noch eine Entscheidung geben würde, denn der Weg, den sie gekommen waren, hatte ebenfalls den Weg abgeschnitten.

„Ich glaube, wir sollten uns ein wenig beeilen", gab Sezuna mit belegter Stimme von sich. „Es wird wohl noch mehr Felsrutsche geben", sagte sie wenig erfreut. Die Wahrscheinlichkeit, dass durch die Lautstärke der ersten Steinrutsche und des Echos weitere ausgelöst werden würden, war sehr hoch.

„Es bleibt nur noch der Weg in den Süden Sezuna. Beide Richtungen sind nicht mehr begehbar", seufzte Haru verzweifelt. Obwohl es ihm auf dem Schiff nicht gefallen hatte, wäre es ihm tausendmal lieber, dort zu sein als hier zwischen den Felsen eingesperrt zu sein. Er vermutete auch, dass die Steine sich genauso bewegen würden wie die weiter oben und es nur noch gefährlicher werden würde.

„Dann ist das so, aber bleibt bitte nicht stehen", gab sie fast schon verzweifelt von sich.

Haru nickte dem Führer zu, dass er voraus gehen sollte. Er würde den Weg schon wissen, da war er sich sicher und sie mussten ihm dabei vertrauen. Die kleine Gruppe setzte sich schweigsam in Bewegung, wobei Akira ziemlich blass aussah. Nicht nur hatte er Angst, nicht mehr nach Hause zu kommen, sondern auch um seine Freunde. Vor allem, weil Sezuna in Panik war, was er mittlerweile sehr gut verstehen konnte, denn er war es auch.

Nur Haru schien nicht panisch, dafür aber genervt zu sein, was durchaus verständlich war. Der Weg nach Süden war um einiges beschwerlicher und keinesfalls mit dem Karren und mit Tieren zu schaffen. Vorsichtshalber legte er um Myron und Akira wieder das magische Seil, als sie einen sehr engen Pfad an einer Felswand entlang gehen mussten, wobei nun die linke Seite in den Abgrund führte. Wie am Vortag erschuf er einen kleinen Zaun, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich festzuhalten.

Es wurde immer kälter und windiger, je weiter sie gingen und Haru hatte das Gefühl, dass sie sehr weit hoch gingen. Nicht nur wegen der Kälte, auch weil der Aufstieg viel steiler war.

Sezuna auf seinem Rücken reagierte kaum und krallte sich lediglich an ihm fest, während sie scheinbar in anderen Gedanken versunken war.

Wie gut, dass es Wärmezauber gab, sogar Myron bat den blonden Magier, ihm einen Zauber aufzulegen. Wie lange sie den steilen Aufstieg gingen, wussten sie nicht, nur, dass es dunkel wurde. Akira fragte Myron, wann ein Platz kommen würde, wo sie übernachten konnten.

„Sobald wir von dem Pfad wegkommen", erwiderte er und meinte, dass sie wohl in einer Stunde dort sein müssten, wenn sie die Geschwindigkeit beibehielten.

Sezuna seufzte ein wenig erleichtert, als es in der Ferne erneut einen Steinschlag gab und die Gruppe zusammenzuckte. Hoffentlich nicht wieder auf dem Weg.

Wind kam auf, der ihnen um die Ohren heulte und dieses Mal ging er nicht weg, sondern wurde immer stärker. Dazu ein seltsames Geräusch, das irgendwie aus der Luft kam, aber so von den Wänden widerhallte, dass keiner genau sagen konnte, woher es kam.

Der Wind machte das Laufen sehr schwer, denn er drückte die kleine Gruppe ständig zurück, als wollte er sie daran hindern, näher zu kommen. Schließlich hatten sie den schwierigen Teil geschafft und sie atmeten auf, als sie endlich den Platz erreichten, der jedoch nur von einer Seite von dem Wind geschützt war.

Es war mittlerweile so dunkel geworden, dass sie kaum noch etwas sehen konnten. Harus Lichtkugeln erhellten zwar sehr viel, doch das änderte kaum etwas daran, dass es über ihnen fast vollkommen schwarz war. Nicht einmal die Sterne waren zu sehen.

„Hier können wir endlich ausruhen", seufzte Akira und war völlig erschöpft. Außerdem nervte ihn dieses seltsame Geräusch, was wohl der Wind verursachte und das einfach nicht leiser werden wollte.

Zudem kam der Wind plötzlich von oben und die Gruppe spürte einen seltsame Druck, als würde der Wind sie in die Knie zwingen wollen.

Sezuna kam nicht umhin die Augen aufzureißen, weil das doch sehr komisch war.

Dunkelheit umfing sie und das Licht von Harus Kugeln schien plötzlich immer weniger zu werden.

„Was ist das?", fragte Akira entsetzt und spürte plötzlich etwas an seinen Schultern. Als er sich umsah, konnte er jedoch nichts sehen, bis er plötzlich den Halt am Boden hervor und in die Luft gehoben wurde.

Er schrie laut auf und ihnen fuhr ein Schrecken in die Glieder, denn sie konnten nichts dir h die plötzliche Dunkelheit sehen. Erst als das Licht der Kugeln wieder sichtbar wurden, konnten die anderen sehen, dass Akira nicht mehr auf der Stelle stand, auf der er gerade eben noch gewesen war.

„Akira!", schrie Haru entsetzt und sah sich um. Abgestürzt war er nicht, das hätte er gemerkt. Aber das Seil, welches noch um Akiras Bauch gewesen war, als sie den gefährlichen Pfad passiert hatten, war gebrochen. Haru sah nach oben und sah etwas fliegen, was er durch die Nacht nicht einfach identifizieren konnte. Allerdings hörte man Akira schreien, sodass sie instinktiv wussten, dass er dort war.

Sezuna starrte mit weit aufgerissenen Augen in den Himmel und hob panisch die Hand, als wolle sie nach Akira greifen, doch ihre Magie schien gegen irgendwas zu krachen und zerbrach, bevor sie Akira erreichen konnte.

Selbst die Magie von Haru reichte nicht aus und sobald der bewegende Punkt sich soweit entfernt hatte, dass er nicht mehr zu sehen war, sank er trotz Sezuna auf die Knie und schlug verzweifelt und voller Wut mit der Faust auf dem Steinboden ein. Tränen liefen ihm übers Gesicht und er schluchzte. Ausgerechnet Akira! Denjenigen, der von ihnen beschützt werden wollte! Und sie hatten versagt!

Sezuna schlug ihm auf den Arm. „Nicht verzweifeln und erst recht nicht aufgeben. Er trägt noch immer meinen Rucksack und der Ortungszauber davon ist noch immer aktiv", erklärte sie und durch die Dunkelheit fühlte sie sich sicher, weil sie nichts sehen konnte.

„Was?", fragte er heiser. Das hatte er nicht gewusst, weil sie darüber gesprochen hatten, als Haru nach seinem Ausbruch nicht wirklich zugehört hatte. Seine Verzweiflung war deutlich spürbar und sein Herz schlug so schnell, dass er es direkt spürte, wie es Blut in seinen Körper pumpte. Noch immer liefen ihm die Tränen über das Gesicht, die er trotzig wegwischte und zitterte. „Wer auch immer ihn geholt hat ... wird dafür mit seinem Leben büßen ...", schwor er Rache. Myron war bewegungsunfähig und zu geschockt, um sich zu rühren oder etwas zu sagen.

~*~*~

Wenn euch die Story gefällt, dann würden wir uns sehr über Kommentare und Votes freuen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top