Kapitel 26

„Magst du herunter?", fragte Haru das Mädchen auf dem Rücken leise. Jeder in der kleinen Gruppe schien dankbar zu sein, endlich da zu sein, denn nicht nur die Steinschläge waren gefährlich gewesen, sondern auch der steile Aufstieg.

Sezuna nickte verkrampft, schaffte es aber nicht von selbst ihre Finger von ihm zu lösen. Der Steinschlag hatte dafür gesorgt, dass die bekannte Panik wieder in ihr aufgestiegen war.

„Sezuna ... lasse mich bitte los, damit du hinunter kannst. Ich verspreche dir, ich nehme dich dann sofort in den Arm", sagte er sanft zu ihr. Dank den Lichtkugeln konnten sie in ihren Rucksäcken die Dinge herauszuholen, was sie brauchten, unter anderem Essen und ihre Schlafsachen.

Haru legte seine Finger auf ihre und versuchte sie langsam zu lösen.

Sezuna zitterte noch immer und Haru spürte, wie kalt ihre Finger waren. Dennoch gelang es ihm, sie langsam von sich zu lösen.

Die Rothaarige reagierte dabei kaum und versuchte sich selbst wieder ein wenig zu beruhigen. Hier war es nicht mehr gefährlich.

Als sie von seinem Rücken herunter war, nahm er sie sofort in den Arm, wie er es ihr versprochen hatte. Er setzte sich mit ihr zusammen auf den Boden, nachdem er mit Magie die Decke herausgezogen und ein magisches Feuer erschaffen hatte. Erst dann machte er sich daran, ein Schutzschild zu bauen, welches sie nicht nur vor Tieren, sondern auch vor der Kälte schützen sollte.

Akira reichte Sezuna einen Tee, damit sie sich noch mehr aufwärmen konnte und Haru fragte sich, ob sie überhaupt in der Lage war, zu kochen. Wenn nicht, mussten sie eben das Essen, was es gab.

Sezuna versuchte sich wieder zu beruhigen und jetzt, da sie sich nicht mehr bewegten und der Boden unter ihr nicht nachgab oder schwankte, wurde es besser. Zitternd griff sie nach ihrem Rucksack, um die Dinge für das Essen herauszuholen. Sie wollte kochen, auch wenn sie nicht wusste, ob sie es konnte. Doch so würde sie sich ablenken können.

Eine Hand legte sich auf ihre und Haru schüttelte den Kopf. „Wenn du dich nicht gut fühlst, lass es bleiben, ja? Wir werden schon essen können. Wichtiger ist, dass du dich nun ausruhst. Wenn du aber kochen möchtest, dann wäre es gut, gleich so viel zu machen, damit wir morgen auch was haben", schlug er vor. Man konnte ja nicht wissen, wie der nächste Tag verlaufen würde. Das sprach er allerdings nicht aus.

„Brauchst du Magie von mir?", fragte er sie leise.

„I-Ich möchte mich ablenken", erklärte sie den Plan und nickte dann ein wenig. Aber eigentlich waren ihre Steine noch voll, obwohl sie so viel Magie genutzt hatte, wie lange nicht mehr.

„Also gut", lächelte Haru ihr aufmunternd zu. Dann wandte er sich an die Männer, während er Sezuna genau beobachtete, wie es ihr ging und ob sie ruhiger wurde.

Sie sprachen ein wenig über den Weg heute, als ein köstlicher Duft aus dem Topf kam, den Sezuna aufgestellt hatte.

Die Rothaarige war hochkonzentriert und nutzte die Magie langsam und mit Bedacht. Nicht, weil sie so wenig hatte, sondern weil sie sich Zeit lassen wollte. Außerdem setzte sie einen Teig für Fladenbrot an und bat Haru einen passenden Stein zu finden, den sie als natürliche Herdplatte nutzen konnte.

Er stand auf, denn in ihrer Nähe konnte er keinen finden. Haru verließ das Schutzschild, um sich auf die Suche dafür zu machen.

Sezuna konzentrierte sich so sehr auf das, was sie tat, dass sie es kaum bemerkte. Doch je länger Haru weg war, desto mehr begann sie zu zittern, während sie mit ihren Händen den Teig in der Schüssel knetete.

Akira beobachtete das mit wachsender Sorge. Deshalb rief er plötzlich nach Haru, der irgendwo aus der Dunkelheit her auftauchte. „Ja?", fragte er und hielt einen flachen, aber breiten Stein in den Händen. Mehr hatte er nicht auftreiben können. Dabei hatte er sich überlegt, vielleicht einen geeigneten Stein aus dem Fels zu hauen, aber nachdem Sezuna bereits Panik gehabt hatte, wollte er es nicht noch extra heraufbeschwören.

Akira deutete Haru, dass er sie wegen Sezuna gerufen hatte, die bereits wieder zitterte. Trotzdem gab sie sich Mühe sich nichts anmerken zu lassen.

Der erschöpfte Ausdruck in seinen Augen wich der Sorge und er kniete sich neben sie. „Sezuna, ich bin da", sagte er leise und nahm ihr Gesicht in seine Hände, damit sie ihn ansehen konnte. „Der Stein liegt hier, damit kannst du backen. Möchtest du, dass ich den Teig knete?", fragte Haru sie. Es erschien ihm hilfreicher, wenn er ihr das abnehmen konnte, wenn sie nicht mehr konnte.

Ihre goldenen Augen richtete sich auf ihn und er konnte deutlich sehen, wie sie sich ein wenig beruhigte. „Danke, aber ich mach das schon. Ich nutze Magie. Iss ruhig erstmal. Das Essen ist fertig", murmelte sie und deutete mit den Augen zu dem Topf.

„Du solltest auch essen, vergiss das nicht", erinnerte er sie, nahm aber bereits Teller aus dem Rucksack und gab Akira und auch Myron einen Teller voll Eintopf, selbst wenn er selbst etwas zu essen dabei hatte. Aber Haru fand es ungerecht, ihrem Führer nichts zu geben, dabei war es auch für ihn harte Arbeit, egal wie oft er die Berge schon durchquert hatte.

„Ich esse gleich Fladenbrot", murmelte sie und belegte den Stein mit einem Wärmezauber, um kurz darauf den Teig in den Händen zu formen und drauf zu legen.

„Und Eintopf", bestand Haru und nahm sich selbst etwas, bevor er sich dicht neben sie setzte, damit sie spürte, wie er für sie da war. Ihr Zittern ließ nur langsam nach und er fragte sich, ob es vor Angst, der Kälte oder der Müdigkeit war.

Während das Brot auf dem Stein langsam vor sich hin backte, lehnte sich Sezuna ein wenig an Haru. Ihr Teller Eintopf stand vor ihr und nur ab und an nahm sie einen Bissen.

Die Luft unter den Schutzschild füllte sich zunehmend mit verschiedenen guten Düften und Haru klaute sich ein Stück Fladenbrot, als es fertig war, verbrannte sich aber promopt seine Finger.

Akira lachte leise, denn diese Aktion gab dem ganzen ein Stück Alltag zurück.

Auch Sezuna lachte leise, bevor sie mit Magie ihre Hände schützte, bevor sie sich ebenfalls das Brot nahm, um es zu teilen und sowohl Akira, als auch Myron zu reichen.

„Du kannst sehr gut kochen", sagte Myron zu ihr, als er gegessen hatte. Auch er hatte das Mädchen die ganze Zeit beobachtet, wusste aber nicht, was er sagen sollte. Er hatte schon einige Leute gesehen, die in den Bergen in Panik verfallen sind. Aber so schlimm wie bei ihr hatte er es noch nicht erlebt.

„Danke", gab sie mit einem Lächeln zurück und knabberte dann an ihrem Fladenbrot, das sie ab und an in den Eintopf tauchte oder mit einer Kräutercreme bestrich, die sie in einer Schale dabei hatte.

Sie schwiegen einige Minuten, bis Haru den braunhaarigen Mann schließlich fragte, wie er so viel trainieren konnte, wenn er ständig auf Reisen war. Vorher hatte ihn diese Frage schon beschäftigt, aber er hatte sie nicht davor stellen wollen.

Myron lächelte verlegen und gab zu, dass er die meiste Zeit trainierte, wenn er nicht gerade auf Reisen war. Er wollte eigentlich in die königliche Garde eintreten, aber ein Herzfehler stand ihm dabei im Weg. Diesen hatte er seit Geburt und niemand konnte ihm dabei helfen.

„Wie ihr wisst, werden nur kerngesunde in der Garde aufgenommen, wenn sie spezielle Ausbildungen durchlaufen haben. Ich habe sie zwar geschafft, aber wurde nicht angenommen. Da ich aber sonst zu nichts nütze bin, habe ich angefangen, Menschen durch die Berge zu führen", gestand er.

„Ständig durch die Berge zu reisen ist sicherlich auch ein hartes Training", murmelte Sezuna leise und rührte nun einen Eierkuchenteig an.

„Ja das ist es. Auch manchmal die Kämpfe, die man austragen muss, wenn einem wilde Tiere begegnen oder streitlustige Menschen ist Training. Das Schwert, welches ich immer bei mir habe, gehörte meinem Großvater, der in der Armee gewesen war. Es ist ein Erbstück und hat mir schon oft geholfen, mich in schwierigen Situationen befreien zu können", erzählte er weiter. Dann jedoch krempelte er seinen Arm hoch und zeigte auf etwas, was bei Haru einen Begeisterungsschrei auslöste.

„Gewichte?!", rief er mit klopfendem Herzen. Hatte er etwa jemanden gefunden, der genauso solche Trainingsmethoden bevorzugte?

Akira musterte die beiden nachdenklich. Da hatten sich aber zwei gefunden. Kein Wunder, dass Haru so gut mit Myron klarkam.

Wobei die beiden nicht einmal sehr viele Worte gewechselt hatten, seit sie sich kannten. „Wie schwer sind sie?", wollte Haru wissen und Myron gab zu, dass er mehr als fünf Kilo nicht schaffte. Dafür aber an beiden Armen. Bewundernd sah Haru ihn an und warf dann einen Blick zu Sezuna.

Vielleicht erinnerte es sie daran, dass er in naher Zukunft ihre ebenfalls wieder erhöhen würde. Immerhin hatte sie das Gewicht nun schon länger und sie schien damit keine Probleme mehr zu haben.

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