Kapitel 18

Sezuna nickte ein wenig steif. „Weiß er denn davon?", wollte sie wissen, denn das wäre ihr peinlich.

„Nein, aber es wird es sowieso merken. Wenn er ein guter Führer ist, ist er eine Hilfe und kein Klotz am Bein", erwiderte er nüchtern.

„Dann hoffe ich, dass er es nicht merkt", murmelte Sezuna und ärgerte sich schon wieder über sich selbst. Sie wollte nicht, dass andere Leute wussten, wie schwach sie in der Beziehung war.

Haru legte ihr von hinten beruhigend eine Hand auf den Rücken. „Alles wird in Ordnung sein, Sezuna", sagte er leise zu ihr und beugte sich dabei nah an ihr Ohr. „Du bist, was du bist und kein anderer kann das ändern. Wenn es ihm nicht gefällt, bleibt er hier, dafür werde ich sorgen", versprach er leise.

„Es geht mir nicht darum, dass es ihm gefällt oder nicht. Das ist mir sogar egal", murmelte sie. Es ging ihr lediglich darum, dass es ihr peinlich war, diese Schwäche Leuten zu zeigen, die sie nicht kannte und denen sie noch nicht vertraute.

„Lass das Akira regeln, dass er nicht mitkommt, solange wir üben", bat er sie.

Sezuna nickte leicht und beobachtete, wie Akira und Myron sich unterhielten.

Schließlich kam Akira auf die beiden zu. „Wir können losgehen. Myron bleibt hier und macht sich ein wenig über die aktuelle Situation kundig und solange können wir uns noch umsehen gehen", versicherte Akira mit einem Lächeln.

„Das ist gut. Dann kann sich Sezuna langsam daran gewöhnen", lächelte Haru nun und drückte leicht ihre Schulter. Er hatte gewusst, dass Akira das richtig machen würde, war aber auch auf der anderen Seite froh, dass man mit Myron anscheinend gut reden konnte.

Sezuna wirkte erleichtert, hakte sich aber schon jetzt bei Haru unter, weil sie nicht allein sein wollte, wenn sie sich unwohl fühlte. Sie konnte nicht sagen, ob sie bereits, wenn sie aus der Türe waren, Angst bekam, weshalb sie auf Nummer sicher gehen wollte.

Haru hielt ihre Hand fest, um zu zeigen, dass er da sein würde, wenn sie ihn brauchte. „Lass und gehen und langsam anfangen", schlug er vor und trat auf die Tür zu, da Darian und Myron anscheinend in ein Gespräch vertieft waren und er nicht stören wollte.

Sezuna nickte und atmete tief durch. Sie wollte sich nichts anmerken lassen und versuchte deshalb ihre Nervosität im Zaun zu halten, als sie den Raum verließ.

Draußen kam ihr kühle Luft entgegen, die sie ein wenig erzittern ließ, doch das war nichts im Vergleich zu den Bergen, die sie nun deutlich sehen konnte. In wenigen Metern Entfernung waren die Steinwände der Berge zu sehen und das machte Sezuna nur noch nervöser. Doch noch waren sie nicht zwischen den Bergen und hinter ihr lag eine weite Fläche, die sie ein wenig beruhigte.

„Lass uns das Dorf ein wenig erkunden, ja?", fragte Haru. So würden sie am Berg entlanggehen, ohne höher zu kommen und er hoffte, dass das ihr helfen würde, ruhiger zu werden.

Sezuna nickte, doch schon jetzt wirkte sie ein wenig verkrampft. Es war einfach ein sehr seltsames Gefühl den Bergen so nah zu sein und selbst die Luft war hier anders.

Haru hielt ihre Hand fest und streichelte mit dem Daumen darüber, als er spürte, dass es ihr nicht so gut ging. „Was meinst du, wäre diese Art von Häuser eher geeignet, wenn wir uns niederlassen wollen?", fragte er sie und blieb an einem Haus nahe der Felsenwand stehen. Eingehend musterte er die Bauweise der Häuser, denn es schien als würde er sich schon Gedanken um ein eigenes Haus machen.

Sezuna richtete ihre Aufmerksamkeit nun auf dieses Gebäude und musterte es. „Wolltest du nicht ein Baumhaus bauen?"

„Wollte ich, da hast du recht. Nur wird das ausbestimmten Gründen nicht gehen", sagte er lächelnd, wobei Ernst in seiner Stimme mitschwang. Wenn ihr nur der Gedanke daran, auf den Berg zu gehen, wie wäre es dann möglich, sie in ein Baumhaus zu bringen? Dort oben würde sie wohl nur Panik schieben und das Leben nicht genießen können.

Sezuna schmiegte sich ein wenig an Haru. „Warum wird das nicht gehen?", fragte sie leise. „Und wollen wir mal da hoch gehen?", fügte sie hinzu und deutete auf eine Art Aussichtsturm, der in den Berg gehauen war. Das wäre ein guter Schritt in die richtige Richtung.

„Können wir. Und die Antwort auf die Frage kannst du dir eigentlich selber geben, meine Kleine", lächelte er ihr aufmunternd zu, als sie auf den Aussichtsturm zugingen.

„Ein Baumhaus muss ja nicht nur ganz weit oben im Baum sein", murmelte sie. „Normale Bauwerke haben auch zwei bis drei Stockwerke, da stört es mich auch nicht", fügte sie hinzu. Immerhin konnte sie in Häusern nicht sehen, wie hoch sie wirklich war und sie konnte nirgendwo runterfallen. Doch hier, wo sie noch immer alles sehen konnte, viel es ihr nicht so leicht.

„Aber ich wollte ein Baumhaus wirklich oben in den Bäumen", lachte Haru leise. Sonst war es für ihn kein Baumhaus. „Vielleicht werden wir uns aber auch einfach nur ein Haus bauen, das ebenerdig ist, so fällst du mir nicht die Treppen hinunter", neckte er sie ein wenig, bevor sie den Aussichtsturm erreichten.

„Oder eines, das oben und unten ist und verbunden", schlug Sezuna vor, bevor sie die Treppe des Aussichtsturms betrat. Die ersten Stufen fielen ihr nicht schwer, doch je weiter sie ging, desto stärker wurde das Gefühl von Beklemmung. Doch da sie sich Haru in ihrem Rücken bewusst war, fühlte sie sich zumindest in dem Punkt geschützt. Die Wahrscheinlichkeit rückwärts hinunterzufallen war sehr gering.

Außerdem spürte sie seine warme Hand an ihrem Rücken, die sie stützte, aber nicht schob. Haru wollte ihr Zeit lassen, sich mit der Situation anzufreunden, auch wenn das hieß, dass sie stehen bleiben und sogar eventuell einige Stufen wieder hinunter gehen mussten.

Sezunas Atem ging schwer und sie versuchte sich auf das zu konzentrieren, was sie tat. Der Vorteil war, dass man durch die Stufen nicht hindurchsehen konnte. Auch die Wände boten keine Möglichkeit etwas zu sehen. Das machte es ihr definitiv leichter.

„Was für eine Art Haus würdest du gerne haben?", fragte der Magier hinter ihr, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Mehr als das konnte er im Moment nicht tun, auch wenn er hoffte, dass ihre Panik nicht wieder so stark werden würde wie zuvor.

Noch lief sie aber weiter. Langsam und beständig. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Eines aus Holz wäre schön, aber Stein ist pflegeleichter."

„Vielleicht eine Kombination aus beiden?", kam die nächste Frage von ihm und er legte seine andere Hand ebenfalls auf ihren Rücken.

„Ja vielleicht", brachte sie mühsam hervor und dann erreichten sie die höchste Stelle.

„Atme tief ein und aus und schließe deine Augen Sezuna. Ganz ruhig", beruhigte er sie. Es waren nicht einmal fünfzehn Meter über dem Boden, aber sicherlich schon genug für sie.

Sezuna versuchte sich zu beruhigen, brachte es aber nicht über sich, die Augen zu schließen. Stattdessen richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf sie Umgebung, ohne direkt hinunter zu sehen. Ihre Hand tastete dabei suchend nach Harus.

Die gab er ihr auch und hielt sie mit der anderen an der Schulter fest. „Schau mal, kannst du dort hinten das Meer sehen?", fragte er sie leise und zeigte in eine Richtung, in der man tatsächlich etwas blaues sehen konnte. Allerdings sah man auch, dass es sehr weit entfernt war. Haru war erstaunt, dass man selbst von hier noch das Meer sehen konnte und fragte sich, wie es wohl von oben auf dem Berg aussah.

Sezuna nickte, traute sich aber nicht, näher an das Geländer heranzutreten. Trotzdem begann sie sich langsam daran zu gewöhnen.

Akira und Haru standen neben Sezuna und bewegten sich auch nicht weiter. Erst wenn sie selbst sich bewegen würde, würden sie folgen. Irgendwie war es eine unausgesprochene Vereinbarung von den beiden Männern, dass sie an ihrer Seite blieben.

Die Rothaarige fühlte sich seltsam beschützt, auch wenn sie die Angst trotzdem noch verspürte. Vielleicht was es deshalb so schlimm geworden, weil Haru einfach vorgelaufen war.

„Es ist alles in Ordnung Sezuna. Lass dir Zeit, okay?", sagte Haru leise zu ihr. Die ganze Zeit über ließ er sie nicht los, sondern verflocht seine Finger mit ihren.

„Das ist nicht so einfach", gab sie zu. Wie sollte das nur im Gebirge werden? Sie wäre nicht einmal so schnell wie eine Schnecke!

Ihre Finger bekamen plötzlich zarte Küsse ab, denn der Magier hatte ihre Hand zu seinen Lippen geführt. Auch wenn Akira noch ein schlechtes Gewissen hatte, nahm er einfach Sezunas andere Hand und drückte sie leicht. Er wusste, dass Haru nichts dazu sagen würde.

So gewappnet machte sie nun doch vorsichtige Schritte auf die Brüstung zu.

Die Männer begleiteten sie bis dorthin, darauf gefasst, dass sie wieder Panik bekam. Sie konnten nichts anderes tun als für sie da zu sein.

Sezuna zitterte, hielt sich aber sonst tapfer, als sie mit einem Lächeln Akiras Hand losließ, um damit die Brüstung zu ergreifen. Mit schnellem Atem entschied sie sich hinab zu sehen und ein kurzer Anflug von Panik überkam sie, doch ihr Kopf berechnete die Wahrscheinlichkeit abzustürzen als sehr gering. Die Mauer war hoch genug und keiner würde sie stoßen. Das sorgte dafür, dass sie begann sich ein wenig zu beruhigen.

„Geht es ein wenig besser?", fragte Haru sie leise, als er spürte, wie sie sich anspannte, als sie hinunter sah. Der Magier hoffte, dass sie sich später in den Bergen auch beruhigen konnte.

„Ja", bestätigte sie leise. „Ich habe halt das Problem, dass mein Kopf mit alle möglichen Vatianten von Unfällen zeig, die dafür sorgen könnten, dass ich falle.

„Wenn du an sowas denkst, ist die Gefahr natürlich höher. Deswegen sagt man ja auch, dass man sich nicht so viel ausmalen sollte, was passiert, weil es dann doch eher passieren kann, wenn du es erwartest", versuchte er zu erklären. Sanft nahm er sie in den Arm und küsste ihr rotes Haar.

„Du weißt, dass mein Kopf das von selbst macht", grummelte sie, genoss seine Umarmung aber sichtlich.

„Sezuna, das weiß ich doch. Du bist anders als alle anderen, ich wollte doch nur einen Rat geben", sagte er leise in ihr Ohr. Natürlich konnte sie es nicht ändern, nur wollte er ihr Tipps geben, die vielleicht halfen.

„Deine Gegenwart hilft mir sehr", gestand sie leise.

Da er nicht wusste, was er darauf antworten sollte, schwieg er und hielt sie weiterhin fest. „Willst du weitermachen, oder willst du zurück aufs Zimmer?", fragte er sie leise, nachdem sie einige Minuten schweigend da gestanden waren. Haru genoss die Aussicht auf das Dorf Mal Gotra und auf das weit entfernte Meer.

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