Kapitel 57
Sezuna wäre es aber lieber, wenn er vielleicht jetzt schon einige kaute, damit es ihm schnell besser ging, denn sie wusste nicht, wie sie ihn jetzt in Richtung Wanne bringen sollte.
Der blonde Magier versuchte ihr mit Handzeichen deutlich zu machen, dass er es zumindest versuchen wollte. Auch wenn er nicht wusste, ob er es nicht sofort wieder ausspucken würde.
Sezuna nahm sich ein paar der Kräuter und hielt sie Haru vor dem Mund, damit er sie vielleicht ein bisschen kauen konnte. Gleichzeitig hielt sie aber auch den Deckel bereit, der über ihren Essen gelegen hatte, falls er sich übergeben musste.
Haru öffnete leicht seine Lippen, damit sie es ihm in den Mund schieben konnte. Anfangs passierte gar nichts, denn er lag einfach still da. Dann erst begann er sehr langsam zu kauen, wobei sein Gesicht sich verzog. Die Kräuter waren bitter und mehr genießbar, wenn man sie mit Zucker aß oder trank. Einmal würgte Haru sogar und er hustete, aber er behielt es im Mund, was schon mal ein gutes Zeichen war. Allerdings bat er sie mit einer Handbewegung, sie ihm wieder wegzunehmen, als er der Meinung war, er hätte genügend darauf herumgekaut. Schlucken sollte man sie nicht, das wusste er. Haru schob die zerkauten Kräuter mit der Zunge nach außen, sodass sie auf seinen Lippen lagen.
Sezuna hielt ihm einen kleinen Teller hin, wo er die Kräuter draufspucken konnte. "Helfen sie ein bisschen?", fragte sie hoffnungsvoll.
"Weiß ich noch nicht", kam es kläglich von ihm. Der bittere Geschmack hatte seine Zunge lahmgelegt, was ebenfalls normal war, wenn man sie zu lange kaute. Wenigstens konnte er wieder sprechen, das war schon ein gutes Zeichen. "Mir ist nur so warm."
Sezuna blickte ihn nachdenklich an und legte einen leichten Kühlzauber auf das Tuch. Hoffentlich half dass. Nebenbei aß sie ein wenig, um ihren Hunger zu bezwingen.
Eine halbe Stunde lag Haru noch fast unbeweglich da, bis er endlich anfing, sich wieder ein wenig zu rühren. Seine Hand fuhr langsam an Sezunas Arm entlang, bevor er sich müde über das Gesicht fuhr. "Wenigstens ist mir nicht mehr übel", stellte Haru fest und versuchte zu lächeln. "Schmeckt es dir?"
"Mir würde es besser schmecken, wenn es dir besser ginge", meinte sie, da sie sich ein wenig quälen musste, um zu essen, während Haru so neben ihr lag.
"Es wird schon. Du weißt doch, dass es jedes Mal so ist", beruhigte er sie und streichelte sie leicht weiter, bevor er versuchte, sich aufzusetzen.
"Dieses Mal wirkt es schlimmer", gestand sie und klang sorgenvoll.
"Ich werde schon nicht sterben", erwiderte der Magier und brachte sich in eine sitzende Position. "Es ist wohl einfach alles zu viel. Die Karokiroki sind sehr stark. Haruto wusste genau, dass es beinahe unmöglich ist, sich ihnen zu widersetzen."
"Das war auch gut so", murmelte sie. "Willst du dich dann in unserem Zimmer ein wenig ausruhen, während ich schaue, wie ich die Speisen vorkochen kann?", fragte sie und fuhr ihm einmal durch die Haare.
Er nickte leicht und stand auf. Noch war er wackelig auf seinen Beinen, doch mit Sezunas Hilfe würde er es bestimmt schaffen, zurück zum Schlafzimmer gehen zu können.
Sofort war diese bei ihm, damit sie ihn ein wenig stützen konnte.
Haru lächelte leicht für ihre Hilfe und zusammen schafften sie es nach einiger Zeit, endlich im Schlafzimmer anzukommen. Dort ließ sich Haru aufs Bett fallen und bewegte sich nicht mehr.
"Ruh dich aus", meinte Sezuna, die ihm durch die Haare fuhr und ihm auf die Stirn küsste. "Ich koch vor, in Ordnung?"
"Mache ich. Ich brauche vielleicht noch ein bisschen. Aber bis du fertig bist, sollte ich wieder der Alte sein", lächelte Haru sie an und rollte sich auf die Seite, um sich auszuruhen. Dann fiel ihm jedoch etwas ein. "Brauchst du den Herd und den Ofen? Die sind noch in der Manteltasche."
"Das wäre sehr lieb. Ich weiß aber nicht, wo ich kochen kann", gab sie zu und glaubte nicht, dass sie hier im Zimmer kochen konnte.
Haru war anderer Meinung. Das magische Feuer würde keinen Schaden anrichten, sonst hätte es den Stand schon längst niedergebrannt. Rauch würde sich auch nicht bilden können. Mit einer Handbewegung zog er den Stand aus der Manteltasche, ohne hinzusehen und murmelte ein paar Worte, bevor der Stand sich vergrößerte. Das Schlafzimmer war sehr groß und es gab eine Menge Platz, sodass Haru kein Problem darin sah, wenn Sezuna diese Dinge hier erledigte.
Sezuna blickte das Ganze ungläubig an und schüttelte ein wenig den Kopf. "Na gut, wenn du meinst", murmelte sie und begann damit ihre Vorräte rauszuholen und sich anzusehen, was sie alles hatte, bevor sie magisch begann das Essen zu schneiden.
"Akira lässt uns bestimmt freie Hand, solange wir sein Zuhause nicht herunterbrennen", meinte Haru leicht schulterzuckend. Sein Kopf klarte sich langsam auf und er fing an, sich besser zu fühlen. Lust zum Aufstehen hatte er trotzdem noch nicht.
"Auf deine Verantwortung", lachte Sezuna leise und in einer guten halben Stunde hatte sehr mehrere Schüsseln voll mit Gemüse und Fleisch.
"Er wird es nicht wagen, etwas zu sagen. Akira weiß, wie gefährlich ich sein kann, wenn ich wütend bin. Du kannst ihn gerne fragen. Immerhin war er derjenige gewesen, der meinen Zorn zu sehen bekommen hatte", murmelte Haru und drehte sich so um, damit er Sezuna beobachten konnte, wie sie kochte.
Diese schüttelte den Kopf und begann damit das Fleisch zu würzen. Einiges davon packte sie in eine Dose, um es bis morgen aufzuheben. Den Rest begann sie anzubraten.
Stumm beobachtete der Junge das rothaarige Mädchen als plötzlich sein Magen anfing, laut zu knurren.
Sezuna sah überrascht auf und wirkte überrascht. "Hast du Hunger?", fragte sie und gab das Gemüse dazu.
"Ich bin mir nicht sicher, aber mein Magen knurrt. Oder waren es die Sejuk Kräuter?", fragte er nachdenklich. Als sein Magen jedoch noch lauter knurrte, zuckte er zusammen. "Eindeutig Hunger", stellte er fest.
Sezuna lachte leise. "Möchtest du es versuchen?", fragte sie und hielt ihm ein Stück Fleisch hin, das schon gut war.
Das wollte er auf jeden Fall. Nur würde er wohl vorsichtig sein müssen, nachdem er seit einer Ewigkeit nicht mehr gegessen hatte. Haru setzte sich im Bett auf, um sich nicht zu verschlucken. Vorsichtig nahm er ihr das Stück Fleisch aus den Fingern und steckte es sich in den Mund. Lange kaute er darauf herum, ohne etwas zu sagen. Anfangs sah es sogar so aus, als ob er es ausspucken würde, weil sein Gesicht zu einer Grimasse verzogen war. "Es schmeckt sehr gut", sagte er schließlich.
"Aber es ist noch nicht so gut für deinen Körper?", wollte sie wissen und entschied sich dazu ein wenig der Hühnerbrühe, die sie angesetzt hatte, in eine Tasse zu füllen. "Vielleicht ist das flüssig besser?"
"Ja, ich denke auch. Mein Körper wird sich wieder an alles gewöhnen müssen. Das war damals auch so ...", gab er zu und nahm dankbar die Tasse entgegen. Obwohl sie heiß war, fing er an, sie zu trinken. Er verbrannte sich dabei nicht, weil seine Magie ihn sowieso schützte. "Ich glaube, das ist besser für den Anfang", lächelte Haru vorsichtig.
"Das ist gut", nickte Sezuna und war beruhigt, dass es ihm scheinbar langsam wieder besser ging, wenn er aß.
Haru wollte noch eine Tasse, nachdem er die erste geleert hatte. „Es fühlt sich komisch an, wieder etwas im Magen zu haben", gestand er ihr.
"Übertreib es bitte nicht gleich", sagte sie, gab ihm aber eine weitere Tasse. "Das letzte Mal hattest du nicht so lange zwischen den Mahlzeiten.
"Nein das meinte ich nicht. Damals ... nach ihren Tod. Ich habe ein halbes Jahr nicht essen, trinken oder schlafen können", versuchte er zu erklären. Düster erinnerte er sich an die Zeit, aber auch die Zeit danach, wo er lange krank gewesen war.
"Möchtest du mir davon erzählen?", fragte sie, arbeitete aber weiter, damit sie ihm nicht das Gefühl gab, ihn zu drängen.
Für einen Moment schwieg er, bevor er vorsichtig anfing zu erzählen. "Als sie gestorben war, hatte ich den größten Kummer, den ich bis dahin erlebt hatte. Durch den Stress und alles habe ich lange nicht essen können. Alles, was ich getan habe, war weinen und im Bett liegen. Auf ihrer Beerdigung war es sogar noch schlimmer für mich. Meine Eltern zeigten mir deutlich, was sie von mir hielten, nachdem ich meine Schwester und Sarah auf dem Gewissen hatte. Also haben sie mich eingesperrt."
Es war nicht einfach, darüber zu sprechen, ohne dass ihm Tränen in die Augen stiegen. Verdammt, es war schon so lange hergewesen und trotzdem kam es manchmal wieder hoch.
Sezuna lies von ihrem Essen ab, erhob sich und nahm Haru sanft in die Arme. "Es waren Unfälle", flüsterte sie. "Deine Eltern hätten für dich da sein sollen", meinte sie leise und begann ihn zu streicheln.
"Ich weiß es nicht. Für mich waren sie nie wirklich da gewesen. Selbst als kleines Kind war ich mehr auf mich gestellt. Die anderen Kinder hatten Angst vor mir, weil ich mich nicht kontrollieren konnte, wenn wir gespielt hatten", sprach er weiter. Haru hielt inne und meinte, dass es besser wäre, wenn Sezuna ihrer Arbeit nachging. Sonst würden sie nicht fertig werden. Gedankenverloren sah er in die Tasse mit der Brühe und seufzte. "Es war ihnen egal, ob ich esse, schlafe oder trinke. Sie hatten sogar gehofft, dass ich sterbe. Nicht einmal einen Arzt haben sie geholt, als ich wieder essen konnte. Dafür war ich sehr lange krank."
"Ich passe auf dich auf, versprochen", sagte sie und kam gar nicht auf die Idee wieder zu ihrem Essen zu gehen. Das konnte warten. Haru war wichtiger als alles andere.
"Das weiß ich. Es war schwer damals. Ein halbes Jahr nicht essen zu können, bis sich mein Körper und Geist angefangen hat, damit abzufinden, was passiert ist. Als ich dann essen wollte, konnte ich gar nichts in mir behalten und hatte innerhalb eines Jahres nur noch die Hälfte meines damaligen Gewichts", erzählte er weiter und schüttelte den Kopf. Haru hatte hohes Fieber gehabt, welches er nicht selbst bekämpfen konnte. Seine Eltern hatte das gar nicht interessiert, sondern oft so getan, als würde er gar nicht existieren.
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