Kapitel 1
Erstaunt sah der Arzt zwischen den beiden hin und her. „Du bekommst ein Kind", sagte er nun deutlich. Akira, der neben ihm gestanden hatte, musste sich an ihm festhalten, weil er sonst zu Boden gegangen war.
Harus Gesicht zeigte ein Entsetzen, als hätte der Arzt gerade gesagt, sie würde nicht mehr lange leben. Die Worte hallten in seinem Kopf wieder und wieder und seine Hautfarbe wurde noch blasser, wenn das überhaupt noch möglich war.
Sezuna hob die Hand und krallte sich an Haru fest. „Das ... Das ist ... Ich ... Oh", brachte Sezuna stammelnd hervor und der erste, der sich wieder fing, war Akira.
„Ich glaube nach dieser Nachricht sollten wir sie erst einmal ein wenig in Ruhe lassen", murmelte er dem Arzt zu.
Wer von ihnen am meisten geschockt war, konnte der Arzt nicht sagen. War es keine gute Neuigkeit für sie? „Sezuna scheint jedoch abgesehen von der Schwangerschaft gesund zu sein. Das, was ihre Erschöpfung ausmacht, sind ganz normale Anzeichen davon. Sie wurden nur durch die Reise verstärkt. Ich möchte dich auf jeden Fall in den kommenden Tagen genauer untersuchen, damit ich feststellen kann, dass es dir und deinem Kind auch wirklich gut geht", erklärte er, bevor Akira ihn aus dem Zimmer zog.
Zurück blieben die beiden, fassungslos und erschrocken.
„Haru", brach Sezuna plötzlich die Stille und ihre Stimme war ein wenig verweint, weil ihr Tränen über die Wangen liefen.
Er sah auf und sie konnte sehen, dass auch ihm die Tränen kamen. Vor Glück oder vor Schock war nicht auszumachen. „Ich habe dein Leben ruiniert", flüsterte er heiser.
„Bitte was?", fragte sie entsetzt über diese Bemerkung.
„Ich habe dein Leben ruiniert", wiederholte Haru. Seine Tränen liefen unaufhaltsam die schmutzigen Wangen hinab und schüttelte den Kopf. Wie sollte er jemals ein guter Vater sein? Er war nicht dafür gemacht, im Gegensatz zu Sezuna. Die Erinnerung an den Alptraum kam wieder hoch, in dem er die Kinder erschreckt und eines getötet hatte. „Ich kann das nicht ..."
Sezuna griff nach seinen Armen und versuchte ihn zu schütteln. „Komm ja nicht auf die Idee, mich damit alleine zu lassen", sagte sie entsetzt.
Panik breitete sich in ihm aus, als sie das sagte. Er wollte sich nicht allein lassen, aber wie sollte er für sie und ihr Kind sorgen, wenn er noch nicht mal auf sich selbst oder sogar Sezuna aufpassen konnte? Haru würde kläglich versagen, ein guter und liebevoller Vater zu sein. Wenn sie aufgepasst und sich nicht einfach den Gefühlen hingegeben hätten, wäre das auch nicht passiert. Wie sollte Sezunas zierlicher Körper überhaupt damit zurechtkommen?
Sanft nahm Sezuna Harus Gesicht in die Hand und drehte dieses zu sich. „Du weißt nicht, ob du ein guter Vater sein wirst, ohne es überhaupt zu versuchen", sagte sie sanft. Ihr war anzusehen, dass sie ein wenig nervös, aber auch glücklich war. Sie freute sich auf das Kind, wusste aber, dass sie irgendwann noch einmal Panik bekommen würde. Denn jetzt war alles noch so unwirklich.
„Ich kann es nicht Sezuna!", sagte er verzweifelt. Sein Körper zitterte bei der Vorstellung, dass sie ein Kind von ihm haben würde. Ausgerechnet von ihm, der nicht gut mit Menschen umgehen konnte. Der Schock saß tief in ihm und Haru wurde unruhig.
Sezuna ließ seinen Kopf nicht los. „Du bist ein liebevoller Mann", sagte sie sanft und küsste ihn flüchtig auf die Lippen.
„Du verstehst es nicht, Sezuna. Ich kann nicht einmal für mich sorgen! Wie soll denn das mit einem Kind gehen? Ich bin nicht der Geduldigste!", versuchte er zu erklären, doch seine Stimme zitterte so sehr, dass er abbrach und in Tränen ausbrach. „Du sorgst für uns und dann auch noch für das Kind. Das ist nicht fair. Du bist zu jung, um das zu tun", schluchzte er. Viele Männer würden sich wohl darüber freuen, doch bei Haru war es anders. Die Sorgen und die Angst vor dem Unbekannten, ob sie es überhaupt schaffen konnten, ließen ihn verzweifeln.
Sezuna nahm ihn vorsichtig in den Arm. „So viel wird sich nicht ändern", sagte sie sanft. „Wir werden zusammen in einem Baumhaus wohnen und unsere Zeit zusammen genießen.
Wie konnte sie nur so positiv darüber denken? Eine Menge würde sich ändern, wenn das Kind da war. Haru sank in sich zusammen und ihm wurde speiübel. Was hatte er nur wieder angerichtet. Immerhin trug er den größten Teil dazu bei.
„Freust du dich nicht wenigstens ein bisschen?", fragte sie. „Immerhin ist das auch ein Teil von uns beiden."
„Ich weiß es nicht. Es ist einfach zu früh für uns beide. Wir hätten uns nicht einfach den Gefühlen hingeben sollen", brachte er unsicher hervor. Im Moment fühlte er nur den Schock, was seinen Körper dazu veranlasste, vor Erschöpfung zusammenzubrechen.
Sein Körper wurde schwerer und unkontrollierter, als er zusammensackte, dabei versuchte er, Sezuna nicht zu verletzen, während er neben sie sank. Bestimmt würde er anfangen, sich zu freuen, sobald der Schock nachließ, doch im Moment konnte er an nichts anderes denken, dass er Sezunas Leben damit zerstört hatte. Sie würden nicht mehr weiterreisen und auch nicht mehr diese Orte besuchen, zu denen sie zurückkehren wollten. Ihr Körper brauchte Ruhe und durfte nicht mehr überanstrengt werden, das wusste er.
Sezuna seufzte und legte sich zu Haru. „Aber sieh es doch mal so: Ich bin gesund. Schwanger ja, aber mir geht es sonst gut", erklärte sie. „Und wenn ich die Dinge langsam angehe, kann ich noch immer alles machen, was mir beliebt."
„Ich hätte es merken und dich schonen sollen. Nicht weiterhin dem Stress und die Gefahren aussetzen, nur um Akira nach Hause zu bringen", nuschelte er. Wie konnte sie sagen, dass es ihr gut ging, wenn es ihr die letzten Tage so schlecht gegangen war?
„Ich bin einfach nur erschöpft. Das hätte auch ohne Schwangerschaft passieren können. Und so weit ist sie noch nicht, dass es wirklich die Schuld des Babys ist", meinte sie leise. „Außerdem bist du nicht dafür verantwortlich, dass uns Magier angegriffen haben. Ohne die und die Wüste wäre es wohl auch nicht so schlimm."
„Du weißt, dass es einem ungeborenen Kind schadet, wenn man Magie einsetzt oder wenn bei einem Magie eingesetzt wird", sagte er traurig. Haru mit seinem ständigen Drang hatte sie oft genug mit seiner Magie geheilt und damit das Wohl des Kindes gefährdet. Es gab Berichte darüber, dass einige Kinder sogar im Bauch der Mutter gestorben waren, weil Magie bei ihnen eingesetzt wurde.
Sezuna gab einen Ton von sich, der zeigte, wie viel sie davon hielt. „Das sind Vermutungen. Es gibt keine Beweise dafür und ganz ehrlich? Ich spüre nicht, dass es dem Kind geschadet hat und ich werde nicht darauf verzichten Magie einzusetzen, nur weil irgendwer das behauptet."
Haru schwieg, denn es war nicht gut, wenn sie sich aufregte. Wenn er wirklich ein guter Vater wäre, so müsste er auch ein guter Mann für Sezuna sein. Das allerdings glaubte er selbst nicht, weil er ihr zu oft geschadet und einfach über ihre Grenzen hinweg gegangen war. Seine Lippen formten Worte, aber kein Ton kam heraus. Jedoch schien er sie immer wieder zu sagen, während er vor sich hinstarrte. Sein Herzschlag raste so schnell, dass Haru glaubte, jede Sekunde in Ohnmacht zu fallen. Er war schweißnass und schien sich selbst nicht beruhigen zu können, solche Angst hatte er davor.
Sezuna begann ihn sanft zu streicheln und sang, um ihn zu beruhigen. Etwas anderes fiel ihr nicht ein, denn sie wusste, dass er wohl einfach nur Zeit brauchte.
Anfangs registrierte er es gar nicht wirklich, aber je mehr ihre Stimme zu ihm vordrang, desto ruhiger wurde er, bis er schließlich in einen Halbschlaf fiel. Sein Körper ruhte, aber sein Geist war wach und fühlte sich in seinem eigenen Körper gefangen. Als wäre er in der Dunkelheit eingeschlossen.
Je mehr Sezuna allerdings sang, desto friedlicher wurde auch sein Geist. Was waren das für Worte, die sie zum Singen nutzte? Es klang, als würde sie ihn positiv beeinflussen wollen. War Sezuna wirklich glücklich darüber, ausgerechnet von ihm ein Kind zu bekommen? Von jemanden, der sich nicht kontrollieren und andere beschützen konnte?
Einmal war es, als hörte er sogar Akiras und Harutos Stimmen im Hintergrund. Vielleicht träumte er es auch nur, obwohl Sezuna zu sprechen schien. Verstehen konnte er allerdings nichts.
Er war so weggetreten, dass er nicht bemerkte, wie Haruto Sezuna einen Stärkungstrank brachte und Akira sich leise mit ihr unterhielt. Der Prinz schien bemerkt zu haben, dass Sezuna trotz anfänglichen Schock freute.
Haruto stellte sicher, dass der Trank ohne Magie zubereitet wurde, da auch er bereits Erfahrungen gesammelt hatte, dass zu viel Magie einem Ungeborenen schaden kann.
„Es gibt bestimmte Methoden, die einem Kind nicht schaden, deswegen würde ich diese gerne an dir anwenden, sobald du dich besser fühlst", hatte er zu ihr gesagt. Akira hatte ihm erzählt, dass sie nicht gut auf Magie reagierte, jedoch Harus Magie mittlerweile besser akzeptierte.
„Ich werde keine Magie benutzen, solange du es selbst nicht willst. Leider werde ich nur mit Magie feststellen können, ob dein Baby bereits Schaden genommen hat oder nicht", sagte Haruto zu Sezuna.
Irgendwann herrschte Stille in Harus Kopf und die Dunkelheit fing ihn wieder ein, da Sezuna und die Geräusche um ihn verstummten. Verzweiflung machte sich in ihm breit, die versuchte, ihn zu erdrücken und er versuchte, mit aller Macht, sich daraus zu befreien und aufzuwachen, sodass er anfing, innerlich zu schreien, als ob er Hilfe brauchte, wieder aufzuwachen. Aber kein Laut verließ seine Lippen.
„Ich würde sehr gern, dass Haru schaut, ob es dem Kind gut geht. Seine Magie werde ich besser verkraften", erklärte Sezuna leise. „Sie hatte nichts dagegen den Magier, doch wenn er ablehnte, würde sie ihm nicht gestatten, Magie an ihr anzuwenden. Das konnte sie nicht zulassen, da sie damit dem Kind vielleicht sogar noch mehr schadete.
„Natürlich. Es ist deine Entscheidung. Wichtig ist vor allem, dass du ihm dabei vertraust. Akira sagte, dass er ebenfalls ein Heiler sei, ist das richtig?", fragte Haruto sie und warf auf den schlafenden Jungen einen Blick.
Sezuna nickte. „Ja, er ist ein sehr guter Heiler, auch wenn er manchmal ein wenig übervorsichtig ist", erklärte Sezuna liebevoll und strich ihm durch die Haare. „Und im Moment wohl einfach sehr entsetzt, dass er Vater wird."
„Ein Heiler muss oft übervorsichtig sein, um keine Risiken einzugehen. Ich nehme an, er wird noch keine Erfahrungen mit dieser Art von Untersuchung gemacht haben, deswegen wäre ich gerne dabei und würde ihn anweisen, was er zu tun hat", erklärte der Arzt mit dem zersausten Haaren. Seine besten Jahre hatte er wohl schon hinter sich, denn sein Gesicht wies Falten auf, die sich verstärkten, wenn er lachte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top