Kapitel 69
Sezuna hörte es zwar, doch sie schwieg. Sie wollte ihn glauben lassen, dass sie schlief, denn sie erhoffte sich, dass er vielleicht mit ihr sprach und sie einige Dinge über ihn erfahren konnte.
Nach einer Weile fing er unbewusst an, ihren Rücken zu streicheln. Er ging wirklich davon aus, dass Sezuna schlief, denn sie bewegte sich auch nicht. „Eines Tages ... wirst du vielleicht verstehen ... dass du genauso wichtig bist wie sie es war. Und dass ich dich mit aller Macht vor anderen und mir beschützen werde ...", waren seine letzten leisen Worte, bevor er in einen unruhigen Schlaf fiel.
Dieses Geständnis wärmte ihr Herz und gleichzeitig machte es ihr Angst. Sie wusste, dass Haru verschwinden würde, sobald er körperlich Interesse an ihr zeigte. Einfach, weil er sie nicht verletzten wollte. Sezuna konnte ihn ein wenig verstehen, gleichzeitig wollte sie aber nicht, dass das Ganze so ausging. Was sie tun konnte, wusste sie jedoch auch nicht.
„Sarah, was machst du denn?", fragte Haru seine Freundin erstaunt, als sie ihn zu sich auf den Schoß zog und ihn sanft küsste. „Du weißt, meine Eltern sind heute nicht da ...", flüsterte sie heiser und er lächelte. Und ob er das wusste. Selbst Jare war bei Freunden, sodass sie ganz alleine waren. Seit einer Ewigkeit hatten sie auf diese Gelegenheit gewartet. Oft genug waren sie gestört worden, doch nun war es endlich soweit. Ein ungutes Gefühl wuchs in Haru heran, doch er ignorierte es.
„Versprich mir, dass du vorsichtig sein wirst", sagte Sarah leise, wobei ein wenig Angst darin mitschwang.
Haru nickte und küsste sie lange und liebevoll, ehe er sich von ihr heruntergleiten ließ und sie hochhob. Sarah lachte und hielt sich an ihm fest, indem sie ihre Arme um ihn geschlungen hatte.
Vorsichtig legte er sie auf dem Bett ab und krabbelte über sie, wobei er links und rechts seine Arme deponierte. „Du glaubst nicht, wie sehr ich dich vermisse ...", sagte Sarah plötzlich und Haru zuckte zusammen. Wieso sagte sie das?
Forschend sah er seine Freundin an, die sich plötzlich veränderte und Sezunas Gestalt annahm. „Ich vermisse dich ... lass mich nicht allein", sagte die Gestalt nun mit Sezunas Stimme. Haru sprang auf und sah geschockt auf das Mädchen herunter, welches plötzlich genau wie Sarah tot im Bett lag.
„Sarah! Sezuna!", schrie er verzweifelt auf wollte zu dem toten Mädchen. „Du hast wieder einen auf dem Gewissen Haru ... du gehörst eingesperrt", erklang plötzlich die Stimme seiner Eltern von irgendwo her. Dem blonden Jungen drehte sich alles, sodass er zusammensackte und immer wieder verzweifelt „Nein!" schrie.
„Haru!", rief Sezuna und rüttelte den Blonden, der nicht aufhören wollte zu schreien. „Haru", rief sie noch einmal ein wenig verzweifelter und versuchte ihn aus seinen Träumen zu reißen.
Erschrocken und entsetzt wachte der Junge schweißgebadet auf und keuchte in der Dunkelheit. Haru setzte sich hin und vergrub seinen Kopf in den Armen, ohne dass er Sezuna zuerst hörte. „Es wird passieren ... bitte nicht ...", flüsterte er zu sich selber. Sein Herz raste und sein Atem ging viel zu schnell.
Sezuna zog ihn an sich heran und streichelte sanft seinen Rücken. „Du hattest einen Albtraum", flüsterte sie und hoffte damit recht zu behalten.
Erst nun registrierte er das Mädchen. „Ja, es war die Zukunft ...", sagte er leise und lehnte sich erschöpft an sie. Seine Haut war schweißnass und ihm selbst war es viel zu heiss, obwohl es kühl im Raum war.
Sezuna hielt ihn einfach weiter fest. „Es ist alles in Ordnung", murmelte sie, auch wenn das nicht ganz stimmte.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, nichts ist in Ordnung Sezuna. Dir wird das gleiche Schicksal widerfahren wie ihr. Wir dürfen nicht zusammen bleiben ..." Seine Stimme klang verzweifelt und ernst dabei. Haru hatte sich gefreut, Sarah wieder zu sehen. Er dachte, es war Realität, doch als sie diese seltsamen Dinge gesagt hatte, wusste er, dass es das nicht war, weil sie schon vor langer Zeit von ihm gegangen war. Und als nächstes würde es Sezuna sein ...
„Hör auf damit", sagte Sezuna ernst und blickte ihn entschlossen an. „Ich will nichts davon hören, was sein könnte."
„Es könnte nicht so sein, es wird passieren", erwiderte es und lehnte sich zurück ins Bett. An Schlaf war nicht mehr zu denken, deshalb starrte er an die Decke und nagte an seiner Unterlippe. Wie sollte er ihr erklären, dass er so einen ähnlichen Traum gehabt hatte, bevor das mit Sarah passiert war?
„Nein, denn du kannst nicht in die Zukunft schauen. Und selbst wenn, ist es nicht in Stein gemeißelt", widersprach Sezuna energisch.
Noch immer schlug sein Herz sehr schnell wie das einer Maus. Harus Hand war in seine Decke gekrallt und er versuchte sich, auf ihre Worte zu konzentrieren, damit die Bilder des Traumes nicht mehr vor seinen Augen erschien. Sezuna nahm alles zu leicht. Ja, sie konnte seine Ausbrüche noch standhalten, aber wer wusste schon, wie lange noch? „Ich habe Angst um dich ...", gestand er ihr leise.
„Das weiß ich", murmelte Sezuna und nahm ihn fest in den Arm.
Durch ihre Umarmung schaffte er es endlich, sich leicht zu beruhigen. Haru lag da, noch immer komplett nass, als wäre er gerade erst aus der Dusche gekommen und schließlich legte er einen Arm um Sezuna, um sie an sich heranzuziehen. „Ich will dich nicht verlieren ..."
„Ich weiß", murmelte sie beruhigend und schmiegte sich an ihn.
„Ich glaub, ich muss duschen", flüsterte er nach einer Weile leise und wollte aufstehen.
„Komm bitte wieder", flüsterte sie leise und ließ ihn nur widerwillig los.
Haru nickte und stand auf und ging ins Badezimmer, um sich ausgiebig zu duschen. Dieses Mal jedoch eiskalt, damit er wach wurde. Nach zehn Minuten kam er zurück in das dunkle Zimmer und wechselte seine schmutzige Kleidung. Er entschied sich, die morgens zu waschen und zu trocknen, bevor sie weiterreisten.
Sezuna saß im Bett und beobachtete ihn dabei neugierig, aber abwartend.
Erst nachdem er fertig war, kam er zurück ins Bett, wobei er sich nicht gleich hinlegte, sondern erst noch am Rand des Bettes sitzen blieb.
Sezuna wartete geduldig darauf, dass er sich hinlegte, denn gerade jetzt wollte sie ihn nicht drängen.
Was er auch nach einigen Minuten schließlich tat. Seine Haut war heruntergekühlt und er fühlte sich erfrischt an, jedoch hatte er Kopfschmerzen bekommen, was ihm zeigte, dass er zu viel Stress hatte. Das lag aber nicht an Sezuna, sondern an seinen Gedanken, die den Stress verursachten. Ohne ein Wort zu sagen nahm er das blonde Mädchen wieder in die Arme und drückte sie an sich.
Diese spürte seine Wärme an ihren Rücken und hielt seine Hände fest, damit er sie nicht gleich wieder loslassen konnte. „Möchtest du darüber reden?"
„Über was?", fragte er in der Dunkelheit. Er ließ es geschehen, dass sie ihn festhielt, immerhin hatte er sie auch festgehalten.
„Was dir auf dem Herzen liegt", flüsterte sie, weil sie die Stille der Nacht nicht stören wollte.
„Alles ... Sarah ... Du ... die Angst davor, was passieren kann und vielleicht wird. Meine Eltern ... die alles dafür tun würden, um mich einzusperren. Die Angst davor, dich zu verletzen und unglücklich zurückzulassen, weil du es nicht verdienst, so behandelt zu werden ...", sagte Haru leise und Sezuna spürte, wie sich sein Griff um sie verfestigte, als würde er sie nicht mehr loslassen wollen.
„Haru", sagte sie sanft und streichelte seine Hände. „Du bist nicht allein mit dem Problem. Ich bin hier und werde dir helfen", versprach sie und versuchte ihn ein wenig mit ihren Streicheleinheiten zu entspannen. „Wir finden schon einen Weg, deine Eltern hinter uns zu lassen und deine Angst zu beruhigen."
Ihre Berührungen ließen ihn zuerst ein wenig zusammen zucken, bevor er sich entspannte. „Was ist, wenn es keine Hilfe gibt? Wenn nichts helfen kann? Wenn es mehr Menschenleben opfert, bevor wir einen Weg gefunden haben? Meine Eltern werden nicht aufgeben ... sie wollen Gerechtigkeit für alles, was ich getan habe ...", erwiderte er und hielt nun still, während sie ihn streichelte. „Ich will dich nicht unnötig in Gefahr bringen, wenn du mir helfen willst."
„Du kannst nicht wissen, ob wirklich etwas passiert oder ob wir nichts finden. Wir können es nur versuchen", meinte sie leise und streichelte unbeirrt weiter. „Was deine Eltern wollen interessiert mich ehrlich gesagt nicht. Sie sollen sich zum Teufel scheren, wenn es nach mir ginge. Irgendwo ganz tief runter, wo sie so schnell nicht wieder raus kommen."
„Dort ist mein Platz schon reserviert", lächelte er plötzlich, obwohl sie das nicht sehen konnte. „Du bist verdammt hartnäckig ... wenn du etwas willst ... ich bin mir nur nicht sicher, ob es sich überhaupt lohnt, mir zu helfen, wenn ich mir selbst nicht helfen kann", seufzte Haru leise.
„Gerade deshalb! Wenn du dir nicht helfen kannst, kann ich dir vielleicht helfen", entgegnete Sezuna ernst. „Aber nur, wenn du dir helfen lässt."
„Ich bin zu stolz, um Hilfe anzunehmen, Sezuna", gab Haru widerwillig und zerknirscht zu. Haru hatte nie Hilfe von jemanden bekommen, sodass er gar nicht wusste, wie es war. Er selbst war sich wirklich nicht mehr sicher, ob man ihm helfen konnte. Auch wenn es süß von ihr war, dass sie ihm helfen wollte.
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