Kapitel 57
„Und wie soll ich dann meine Muskeln entspannen?", fragte sie und massierte ihn weiter.
„Du kriegst eine neue. Aber die wird vergraben", erwiderte er und zerfloss regelrecht unter ihren Händen. „Du machst das wirklich so gut ...", stöhnte er vor Wohlwollen.
Sezuna schnaubte und drückte ein wenig mehr zu. „Die ist ein Erbstück. Die wird nicht vergraben", erklärte sie mit Nachdruck.
„Soll ich dich dann mit vergraben?", fragte Haru sie mit einem schelmischen Grinsen und wandte seinen Kopf zu ihr.
Kurz hielt Sezuna in ihrer Bewegung inne, machte dann jedoch weiter. „Lebendig begraben zu werden, ist eine meiner größten Ängste", gestand sie flüsternd.
Nun drehte er sich ganz zu ihr um und sah sie forschend an. Haru kam näher an ihr Gesicht und entschuldigte sich bei ihr, denn das habe er nicht gewusst und er wollte ihr damit keine Angst machen. „Ich habe es nur aus Spaß gesagt, es tut mir leid", sagte er zerknirscht zu ihr.
„Das weiß ich. Es ist trotzdem ... die Vorstellung reicht, um mir Angst zu machen", meinte sie leicht geknickt, weil sie seine gute Laune zerstört hatte.
„Wird nicht wieder vorkommen, versprochen", versicherte er ihr und lächelte schief. Er ließ sich neben sie mit einem Seufzer auf das Bett fallen und nagte wieder an seiner Unterlippe. „Es ist so schwer, mit anderen Menschen umzugehen ... richtig umzugehen ...", meinte er nachdenklich.
„Wieso? Weil man etwas falsches sagen könnte?", wollte sie wissen und ließ sich ebenfalls mit dem Rücken auf das Bett fallen.
„Mhm. Wenn man nicht weiß, was einem Angst macht oder was einen verletzt, kann jedes Wort schon dazu führen, dass sich der andere unwohl fühlt ...", gab er zurück. „Übrigens schulde ich dir jetzt eine Massage ..."
Sezuna schenkte ihm ein erfreutes Lächeln. „Willst du dich damit bei mir entschuldigen?", fragte sie neugierig und legte sich mit dem Bauch aufs Bett.
„Ja, aber lass das nicht zur Gewohnheit werden", warnte er sie und setzte sich auf, um seine Hände auf ihre Schulter und den Nacken zu legen, bevor er anfing, sie zu massieren.
Sezuna gab ein zufriedenes Stöhnen von sich. „Versprochen", murmelte sie, war aber durchaus versucht ihn irgendwann wieder dazu zu bringen. Er machte das so gut!
Haru übte einen mäßigen Druck auf ihre Muskeln und Sehen aus, nicht zu leicht, weil sie das nicht wollte, aber auch nicht zu fest, weil das kontraproduktiv sein konnte. Er ließ seine Finger an ihren Schulterblättern fahren und dann die Vene hinauf zu ihrem Nacken. Haru fühlte, wie verspannt sie dabei war und konnte sich vorstellen, wie das weh tun konnte. „Du solltest öfters Lockerungsübungen machen, Sezuna, damit sich deine Muskeln nicht so sehr verhärten", schlug er vor.
„Wenn du mir zeigst, wie das geht", murmelte sie und trotz Harus Druck wirkte sie entspannt und zufrieden. Was er durchaus nachvollziehen konnte. Es fühlte sich fast so an, als würde er versuchen Stein zu kneten.
„Kann ich gerne machen, allerdings habe ich eher das Gefühl, du wirst sie meiden, damit ich dich massieren muss, nachdem ich dir verbiete, diese Bürste noch einmal zu benutzen", sagte er und Sezuna konnte sein Grinsen bei diesen Worten hören. Haru hoffte, dass sie nicht herausgefunden hatte, wie kitzelig er wirklich war. Das würde für ihn einen großen Nachteil bedeuten.
„Auf die Idee wäre ich gar nicht gekommen", sagte sie überrascht aber auch mit einem Grinsen.
„Du machst dich lustig über mich", stellte Haru fest. Seine Hände waren warm und kräftig, als er sie massierte. „Willst du dich nicht lieber auf den Boden setzen, damit ich besser massieren kann? Die Haltung ist ein wenig unbequem", fragte er das Mädchen.
„Wenn du das möchtest, gern", stimmte sie zu und lächelte leicht. „Und nein, mache ich nicht."
Haru wartete, bis sie sich auf den Boden gesetzt hatte und setzte sich hinter sie auf das Bett, sodass seine Knie neben ihren Schultern waren und sie dazwischen. Nun konnte er sie besser massieren und übte einen besseren Druck auf. Es dauerte zwar eine ganze Weile, doch langsam fingen sich die harten Muskeln an zu lösen
Die Geräusche, die Sezuna dabei von sich gab, zeigten Haru deutlich, dass sie schon lange nicht mehr so durchgeknetet worden war und wie sehr es ihr gefiel.
Sezuna selbst hatte die Augen geschlossen und genoss einfach nur den Moment.
Der blonde Junge arbeitete schweigend an ihrem Rücken und hörte erst auf, als sich die Muskeln gelockert hatten. Die ganze Zeit über hatte er den Druck beibehalten und nur geringfügig geändert, wenn die Muskeln mehr Druck brauchten. Er ließ seine Finger an ihren Nacken langsam nach oben zu ihrem Kopf fahren und hörte dann auf, denn das war der Abschluss gewesen.
„Fertig", sagte Haru und streckte sich erst einmal ausgiebig.
Sezuna seufzte und streckte sich ebenfalls. „Gott war das gut. So gut bin ich noch nie massiert wurden", sagte sie ehrlich und schenkte Haru ein breites Lächeln. „Vielen Dank, das fühlt sich gleich viel besser an."
Er nickte ihr zu und ließ sich rücklings auf das Bett fallen. „Brauchst du Magie in den Steinen?", fragte er beiläufig und rieb sich die Augen.
„Wenn du mir schon wieder welche geben magst, gern. Allerdings reicht auch morgen", versicherte die Blonde und erhob sich, um sich auf das Bett zu legen.
„Ich habe genügend Magie, die ich dir geben kann. Meine scheint bereits aufgefüllt zu sein", meinte er nachdenklich. „Du massierst übrigens auch sehr gut. Es hat sich sehr gut angefühlt", bemerkte er und sah zu ihr, nachdem er seinen Kopf in ihre Richtung gedreht hatte.
Sezuna schenkte ihm ein erneutes Lächeln. „Danke, ich mach das sehr gerne", meinte sie und holte die beiden Steine aus ihrem Oberteil heraus, damit Haru sie auffüllen konnte.
Haru nahm sie entgegen und schon wenig später hielt er Sezuna beide Steine vor die Nase. Er ließ sie lose von seinen Fingern herunterbaumeln, damit sie diese einfach nehmen konnte. „Wo hast du gelernt, so zu massieren?", wollte er dann wissen.
„Aus Büchern und getestet habe ich es an meinen Eltern", erklärte sie und nahm die Steine entgegen. „Ich kenne mich gut mit Druckpunkten und dergleichen aus", fügte sie hinzu und hing sich die Steine wieder um, bevor sie aufstand. „Ich denke, ich sollte jetzt ins Bad und mich fürs Bett fertig machen."
„Mach das. Lass dir Zeit", sagte Haru und stand auf, um sich an den Tisch zu setzen, damit er nach draußen sehen konnte. Er schien mit seinen Gedanken weit weg zu sein, als Sezuna ins Bad ging.
Diese kam seiner Aufforderung nach und ließ sich Zeit. Sie genoss das warme Wasser und die Möglichkeit sich zu waschen und zu entspannen, denn es gab eine Badewanne. Ihr war klar, dass sie auf ihrer Reise nicht so häufig würde baden können, doch das war in Ordnung.
Währenddessen hing Haru seinen Gedanken nach. Über Sezuna, den Fremden beim Essen und was noch alles passieren würde. Der Junge hörte das Wasser im Badezimmer und lächelte leicht. Dabei musste er an Sarah denken, die er einmal, ohne es zu wollen, beim Baden beobachtet hatte. Sie war anfangs ausgeflippt und hatte ihn als Spanner bezeichnet. Doch er hatte ihr beteuert, dass es keine Absicht gewesen war. Sie hatten gekämpft und letztendlich waren sie erschöpft ins Bett gefallen, wo er sie gestreichelt und geküsst hatte.
Er erinnerte sich daran zurück, dass er Sezuna ebenfalls schon einmal halb nackt gesehen hatte. Damals war ihr Handtuch verrutscht und heruntergefallen. Sie war nie wütend geworden, wenn er sie beobachtet oder gesehen hatte.
Auch wenn er oft Sarah in ihr sah, Sezuna war anders. Sie war nicht so aufbrausend, aber manchmal konnte sie zu einer Wildkatze werden. Er mochte Frauen mit Temperament, so wie Sarah es gewesen war.
Haru schlug urplötzlich zornig auf den Tisch, weil er schon wieder anfing, Sezuna und Sarah zu vergleichen. Sie waren zwei unterschiedliche Menschen und doch konnte Haru den Gedanken an das tote Mädchen nicht wegschieben.
Frustriert und traurig über sich selbst vergrub er sein Gesicht in seinen Händen und versuchte, sich wieder zu beruhigen, während Sezuna ihr Bad genoss.
Es dauerte eine ganze Weile und irgendwann begann Haru sich Sorgen zu machen. Es gab keine Geräusche mehr aus dem Bad und auch das Wasser war schon lange aus.
Er stand auf und ging an die Tür, um zu klopfen. „Sezuna? Ist alles in Ordnung?", rief er fragend und lauschte, ob er etwas hören konnte.
Es gab keine Reaktion und er hörte auch kein Wasserplätschern. Wie eigenartig.
„Ich komme herein, ok? Sag ja nicht, dass ich spanne!", warnte er sie schon mal vor und öffnete die Tür zum Badezimmer, denn er begann sich wirklich Sorgen zu machen.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top