Kapitel 56

„Das ist aber gar nicht gut. Junge Frauen brauchen viel zum Essen", bemerkte der Mann mit einem fast väterlichen Lächeln.

„Sage ich auch immer, aber sie glaubt es mir nicht", gab Haru kopfschüttelnd zurück. Dennoch warf er Sezuna einen Blick zu in der Hoffnung, sie verstand, dass sie bald wieder auf ihr Zimmer zurückgehen sollten. Der Fremde schien zwar nett zu sein, dennoch mochte Haru es nicht so sehr, sich mit anderen zu unterhalten.

Der Mann nickte freundlich, schien sich dann jedoch seinem Essen zuzuwenden.

Sezuna tat es ihm gleich und leerte ihren Teller, bevor sie ein Lächeln in die Runde warf. „Ich wünsche Euch noch einen schönen Abend", sagte sie und erhob sich langsam. „Aber für ich ist jetzt Schlafenszeit", verkündete sie und blickte auffordernd zu Haru.

Haru lächelte und stand auf. Der Fremde jedoch sah sie beide erstaunt an? „Jetzt schon? Dabei ist der Abend doch noch jung", erwiderte er und musterte die beiden.

Sezuna lächelte leicht. „Tut mir leid, wir haben morgen einen langen Tag vor uns", meinte sie entschuldigend. „Aber man sieht sich bestimmt nochmal", versicherte sie und hoffte tatsächlich darauf.

Der Fremde stand auf und hielt ihnen die Hand hin. „Es wäre mir ein Vergnügen. Ich wünsche Euch eine angenehme Bettruhe", sagte er freundlich und verbeugte sich leicht, was Haru stutzig machte. Noch nie hatte er jemanden gesehen, der das tat, dennoch nahm er seine Hand und schüttelte sie.

Auch Sezuna ergriff diese vorsichtig. „Gute Nacht und Euch auch eine angenehme Nacht", sagte sie leise und kam nicht umhin über sein Verhalten ein wenig zu grübeln.

Haru schob das Mädchen vor sich hin und die Treppe hinauf. Erst als sie im Zimmer waren, seufzte er auf. „Das war wirklich seltsam. Ich habe ein seltsames Gefühl bei dem Mann gehabt, auch wenn er freundlich war", begann er und setzte sich auf das Bett. Obwohl Haru zwei Teller voll gegessen hatte, knurrte noch immer sein Magen.

„Ja, das ging mir ähnlich. Aber es ist nicht wirklich schlecht", murmelte sie und blickte Haru dann musternd an. „Aber es war dir unangenehm vor ihm zu essen oder?"

Haru rieb sich verlegen den Nacken und nickte. „Ich mag es nicht, vor anderen zu essen. Schon allein, weil ich immer hunger habe", gab er leise zu.

Sezuna nickte ebenfalls und setzte sich aufs Bett. „Kann ich verstehen. Wir haben noch ein bisschen was an Fisch übrig, wenn du den willst. Der ist geräuchert", erklärte sie und holte aus dem Rucksack die Massagebürste hervor, um sich damit den Nacken zu massieren.

„Gerne", sagte Haru und nahm den Fisch entgegen. „Wenigstens benutzt du die nun", grinste er frech und biss in den Fisch. Wenigstens bei Sezuna musste er sich nicht zurückhalten, sondern konnte essen, so viel er wollte.

„Es war mir in deiner Gegenwart ein wenig peinlich", gestand sie, ehe sie ein leises, zufriedenes Stöhnen von sich gab.

Der blonde Junge mit der Stehfrisur konnte sie verstehen. Ihm war es auch peinlich, wenn sich etwas gut anfühlte und er es vor anderen zeigen sollte. „Mir auch, aber du hast mich mit der Bürste dabei erwischt, wie gut es sich angefühlt hat", erinnerte er sich. Auch daran, wie er vor wohlwollen sich im Gras gewälzt hatte. Haru beobachtete Sezuna, wie sie sich von der Bürste massieren ließ.

Dabei lag sie flach auf dem Bett und ließ die Bürste mit Magie über ihren Rücken streichen. Allerdings trug sie ihr Oberteil noch, weshalb die Wirkung wohl nicht ganz so stark war. Sie nutzte aber auch Magie, damit die Bürste fester aufdrückte, als Haru es bei sich gemacht hatte. Wahrscheinlich hinterließ sie sogar rote Spuren, so fest drückte sie auf die Haut.

Zuerst sagte er nichts dazu, denn er wollte sie nicht stören und er wollte essen. Doch als er fertig war, fragte er sie, warum sie es denn so fest benutzte. „Das ist nicht gut für deine Haut und du kannst damit sogar Schaden anrichten, weil es Schmerzen verursachen kann", meinte er.

„Anders bekomm ich die Verspannungen nicht weg", murmelte sie und ließ die Bürste recht intensiv zwischen ihren Schulterblättern kreisen. „Außerdem schützt die Kleidung."

„Ach Sezuna. Du solltest es weniger fest machen, dafür regelmäßiger", schlug er vor und seufzte. „Trotzdem geht mir der Fremde nicht aus dem Kopf. Wer bitte schön verbeugt sich so vor Reisenden?", wollte er wissen.

Sezuna, die weiter machte und nicht auf ihn hörte, wandte ihm den Blick zu. „Er könnte es gewohnt sein zu dienen. Diener von Adligen verbeugen sich sehr häufig, um ihren Respekt kund zu tun. Aber dafür war er eigentlich viel zu gut angezogen", murmelte sie. „Ich hätte ihn eher für einen Adligen gehalten und die würden sich niemals vor einfachen Reisenden verbeugen."

„Deswegen meine ich ja. Ich erinnere mich daran, wie sich unsere Bediensteten so aufgeführt haben, aber nur weil meine Eltern es so wollten. Wenn wir alleine mit ihnen waren, waren sie normal zu uns und das war mir auch lieber", meinte er nachdenklich und lehnte sich auf dem Bett zurück.

„Vielleicht dachte er, dass wir irgendwelchen hohen Herren sind", murmelte Sezuna nachdenklich und ließ die Bürste über ihren Arm wandern, um diesen damit zu massieren.

Eifersüchtig auf die Bürste sah er Sezuna an und schnappte sich in einem Moment die Bürste, um sie an sich selbst anzuwenden.

„Hey", beschwerte sich die Blonde und beobachtete Haru ein wenig mürrisch. Ihr wäre es lieber, wenn sie ihn massieren dürfte, statt der Bürste, doch sie sagte nichts.

„Gleichberechtigung muss sein. Du hast sie schon zu lange gehabt", lächelte er frech und legte sich auf den Bauch, wobei er seinen Kopf auf die verschränkten Arme legte.

Sezuna schnaubte. „Du musst dir ja auch keine Gedanken darum machen, ob deine Magie reicht, damit du dich damit überall massieren kannst", grummelte sie leise und beobachtete Haru dabei aus ihren goldenen Augen ein wenig eifersüchtig.

„Wie meinst du das? Ich kann die Bürste mit einem Zauber belegen, damit sie dich ebenfalls massiert und zwar so, wie du es willst", schlug er vor und gab ein Grunzen und Stöhnen von sich, als die Bürste an seinem Nacken war.

„Gut, dann mache, das wenn du fertig bist", meinte sie und streckte sich ein wenig. „Ich hab heute schon zu viel Magie benutzt", gab sie unwillig zu.

„Meine genauso?", fragte er sie und fing plötzlich an zu lachen, als die Bürste an seiner Seite war. Irgendwas war schief gelaufen, denn die Bürste massierte seine Seite und da er extrem kitzelig war, konnte er nicht anders als zu lachen. „Nimm die Bürste weg", japste er nach Luft schnappend.

Sezuna wirkte ein wenig überrascht und drehte sich dann so, dass sie nach der Bürste greifen konnte, griff jedoch absichtlich daneben und beobachtete Haru, wie er bereits leichte Lachtränen in den Augen hatte.

„Nicht", schrie Haru auf und hielt sich die Seiten fest. Er keuchte angestrengt und versuchte nun, die Bürste und Sezunas Hand von sich fernzuhalten. „Du hast sie verzaubert", schnaubte er unter Tränen.

„Hör auf, ich versuche die Bürste zu fassen zu bekommen", gab Sezuna von sich und versuchte weiter nach der Bürste zu greifen, um Haru aus seiner misslichen Lage zu befreien, doch so richtig wollte es ihr nicht gelingen.

„Hör auf mich zu kitzeln und nimm das verdammte Teil endlich weg", japste Haru und versuchte Luft zu holen. Er konnte den Zauber unterbrechen, aber durch das Kitzeln konnte er sich nicht konzentrieren.

Sezuna gab einen seltsamen Laut von sich, bevor sie sich förmlich auf Haru warf, um besser nach der Bürste greifen zu können und schließlich schaffte sie es diese zu ergreifen.

In dem Moment, als sie die Bürste endlich zu fassen bekam, konnte Haru auch endlich wieder Luft holen. Er war zu erschöpft, um Sezuna von sich zu schieben und blieb einfach liegen, dabei hatte er das Bedürfnis, genau das zu tun. „Nie wieder fasse ich diese verdammte Bürste an", schnaubte er. Noch immer lag Haru auf dem Bauch und Sezuna lag nun auf ihm. „Das ist bestimmt eine Bürste für Frauen ...", murrte er.

Sezuna kicherte leise. „Du hast einfach nur die Kontrolle über den Zauber verloren", lachte sie und hielt die Bürste weiterhin fest, weil sie befürchtete, dass sie gleich wieder losging.

„Du hast sie verzaubert, weil ich sie dir weggenommen habe. Gib es zu", murrte er und sein Atem ging noch heftig. Nur langsam konnte er sich beruhigen.

„Dazu habe ich gar nicht mehr genug Magie", lachte Sezuna und rutschte von ihm herunter. „Gib doch einfach zu, dass du die Kontrolle verloren hast."

„Ich doch nicht. Was denkst du denn?", sagte Haru empört und richtete sich auf. „Also gut, du hast gewonnen. Bevor ich dieses Ding noch einmal anfasse, kannst du meinen Nacken massieren", meinte er und beäugte die Bürste misstrauisch in Sezunas Hand.

Diese musste sich ein Grinsen verkneifen. Das kam ihr sehr gelegen, auch wenn sie nichts mit dem Zauber zutun hatte. Vielleicht nutzte Haru das sogar als Ausrede, um genau das zuzulassen. „Dann kommt her."

Warnend sah er sie an, als er sich vor sie setzte. „Nur den Nacken, verstanden?"

„Ja", versicherte Sezuna und versuchte ernst zu bleiben, doch das zufriedene Lächeln auf ihrem Lippen ging einfach nicht weg. Langsam legte sie die Hände auf Harus Nacken und begann erst sanft, dann ein wenig fester zu massieren.

Sofort ließ Haru den Kopf hängen und gab ein zufriedenes Stöhnen von sich. „Ich werde die Bürste im Dämonenwald vergraben, da gehört die hin", murmelte er, während Sezunas Hände ein angenehmes Kribbeln in ihm hervorriefen.

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