Kapitel 53
„Weil ich dich und deine Gegenwart mag", widerholte sie, als würde das die Frage beantworten. Was es aus Sezunas Sicht auch tat.
„Verstehe ...", murmelte Haru leise und rieb sich das Kinn. „Was machen wir jetzt? Ich weiß nämlich nicht, wie wir weitermachen sollen", gestand er und ließ den Kopf hängen.
„Entweder, wir machen so weiter wie bisher oder wir trennen uns", meinte Sezuna leise. „Aber wenn wir uns trennen, werde ich sehr traurig sein", erklärte sie und sie wirkte ein wenig verloren, wie sie so dastand.
„Deine Traurigkeit würde aber vorüber gehen, je länger wir getrennt sind. Vor allem, wenn du neue Aufgaben haben wirst. Ich selbst bin eher für das Trennen ...", begann Haru und holte tief Luft. „Aber ich will dich nicht verlieren. Du bist eine Bereicherung für mein Leben und wichtig für mich. Deswegen ist es auch so schwer für mich, mehr zuzulassen, wenn ich weiß, dass es eines Tages vorbei ist", fuhr er flüsternd fort, als würde er vor seinen eigenen Worten Angst haben.
„Wieso beharrst du so heftig darauf, dass es irgendwann vorbei sein wird?", fragte Sezuna und klang dabei tatsächlich ein wenig ungehalten.
„Weil es so sein wird, Sezuna! Du wirst jemanden finden und mich am Ende alleine zurücklassen. Dabei will ich dich nicht verlieren", rief Haru wütend und sprang auf. Er war nicht wütend auf das Mädchen, sondern auf sich selbst, weil er sich in etwas reinsteigerte, was niemals passieren würde.
Sezuna atmete tief durch und versuchte sich zu beruhigen. Wie schwer konnte es sein, diesem Kerl klar zu machen, dass das, was sie wollten, das gleiche war?
„Und was ist, wenn das, was du willst, auch das ist, was ich will?", fragte sie leise und versuchte selbst nicht weiter in Rage zu geraten. Wieso waren Gefühle so anstrengend?
„Es gibt einen Unterschied. Du kannst jemanden anderen eines Tages lieber mögen als mich, ich kann es nicht, weil mein Herz nur Platz für einen hat, wenn ich jemanden mag. Ich kann diesen Gedanken nicht ertragen, wenn es passieren wird", sagte Haru frustriert.
„Und dann gibst du es lieber komplett auf, statt überhaupt zu versuchen mein Herz für dich zu gewinnen? Es ist ja nicht so, als wäre das schwer, weil du es im Grunde schon hast", knirschte Sezuna leise und frustriert.
Haru schnaubte und lachte frustriert auf. „Du sagst also, du hast wahre Gefühle für mich? Ich weiß nicht, was ich getan habe, damit ich dein Herz verdient habe", meinte er und man konnte merken, dass es in Haru wieder anfing zu brodeln. Er selbst war nicht der Beste, etwas in dieser Richtung zuzugeben, aber es fiel ihm auch sehr schwer, Anzeichen von anderen zu lesen, wenn sie Interesse hatten.
„Ist das wichtig? Musst du denn wissen, wie du es geschafft hast? Du hast es geschafft und das ist doch das, was zählt oder? Indem du einfach nur du selbst warst, hast du es geschafft", gab Sezuna von sich und klang fast schon verzweifelt.
Plötzlich wurde Haru ruhig und ließ sich langsam auf das Bett nieder. Er winkte Sezuna mit einer Hand zu sich, damit sie sich neben ihn setzte.
Diese trat langsam, fast zögernd auf ihn zu, während sie ihn beobachtet. Dann setzte sie sich vorsichtig.
„Weißt du eigentlich wie sehr ich versucht habe, genau das zu verhindern?", fragte er sie leise und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. „Dass wir Gefühle füreinander entwickeln, egal was für welche. Was meinst du, warum ich dich schnell loswerden wollte? Damit das nicht passiert. Und warum? Weil ich Angst habe, den gleichen Alptraum zu erleben wie vor sieben Jahren. Weil ich Angst habe, dich ständig mit Sarah zu vergleichen. Du bist jemand besonderes. Ja, du bist ihr in vielen Dingen ähnlich. Aber du bist nicht sie und wirst es nie sein. Du verdienst es nicht, von einem Idioten wie mir ständig Vergleiche anzuhören, weil ich noch immer in meiner Vergangenheit gefangen bin und mich niemals davon losreißen kann. Du bist wundervoll, so wie du bist ohne dass du dich verstellen musst", gestand er. Nur zu gut konnte er sich vorstellen, wie sehr es schmerzten musste, ständig mit jemand anderen verglichen zu werden.
Sezuna legte sich auf seinen Schoß, weil ihr danach war. „Es stört mich nicht, wenn du mich mit Sarah vergleichst. Es ehrt mich sogar, weil sie die Liebe deines Lebens war und ich erwarte nicht, dass die Gefühle für mich ähnlich intensiv sind."
„Aber mich stört es, weil du es nicht verdienst. Wenn ich jemanden liebe, dann möchte ich das mit ganzen Herzen und ohne Gedanken an jemanden, der unerreichbar für mich ist. Deswegen habe ich dir gesagt, ich kann dir nicht das geben, was du willst, brauchst und auch verdienst", versuchte er zu erklären, während er einfach anfing, über Sezunas Haar und ihr Gesicht zu streicheln. Eigentlich wollte er nicht, doch es war automatisch.
„Aber ich bin mit dem zufrieden, was du mir bereits jetzt gibst. Es muss nicht mehr sein, es soll nur nicht aufhören", flüsterte sie leise und genoss seine Nähe, auch wenn die Position wahrscheinlich ein wenig seltsam aussah.
„Was, wenn du mehr willst, als ich dir geben kann? Dann bist du unglücklich, Sezuna", sagte Haru seufzend. Er spielte mit ihrem blonden Haar und fuhr mit seinem Finger ihre Wangen nach.
„Dann ist das aber meine Schuld, nicht deine", beharrte sie und wollte nichts weiter, als einfach nur so bei ihm zu liegen und die Zeit zusammen zu genießen.
„Was mache ich nur mit dir?", fragte Haru sie seufzend. Ihr Kopf lag auf seinem Schoß und er sah das dunkelhäutige Mädchen mit den blonden Haaren fragend an.
„Keine Ahnung", murmelte sie und genoss sichtlich seine Streicheleinheiten. Fast, als wäre sie eine Katze.
„Weißt du, ich habe Angst, dass sich zwischen uns etwas entwickelt, was nicht gut für uns ist, weil wir beide nicht gut mit Gefühlen sind. Und dass du mich eines Tages wirklich zurücklassen wirst", sagte er leise zu ihr. „Du sagst immer, ich sollte lernen, das hier und jetzt zu genießen, aber allein der Gedanke daran, eine Tages dein Essen, dein Lachen, dein Geruch und deine Intelligenz nicht mehr bei mir zu haben, lässt mich zögern."
„Und dann willst du mich jetzt wegschicken?", fragte sie leise und voller Unverständnis für seine Handlung.
„Weil ich einfach hoffe, dass es für uns leichter ist als wenn es sehr viel später ist ...", antwortete Haru und eine Traurigkeit erschien in seinen Augen.
„Ich habe das Gefühl, dass du alles tust, um uns am Ende traurig zu machen", murmelte Sezuna leise und kam nicht umhin ebenfalls traurig zu werden.
„Es tut mir leid, Sezuna ...", erwiderte er. „Ich habe gehofft, das es nicht so kommen wird."
„Und nun?", wollte sie wissen und schmiegte sich noch ein wenig mehr an Harus Nähe.
„Ich weiß es nicht. Ich habe deine Anzeichen nicht lesen können, dass du ... genauso fühlst wie ich. Sonst hätte ich dich vielleicht in der Hütte schon zurückgelassen", lächelte er schwach.
„Deshalb habe ich es ja auch für mich behalten. Weil ich wusste, dass du mich wegschicken würdest", meinte sie und Angst schwang in ihrer Stimme mit. Würde er sie jetzt wegschicken? Er hatte immerhin gesagt, dass er für Trennung war.
„Ich glaube, ich kann es verstehen. Aber jetzt kann ich dich erst recht nicht wegschicken, Sezuna. Du würdest mir ja doch sowieso nur folgen, wie ich dich kenne", grinste er schwach. Haru wusste, er würde dabei niemals gegen sie ankommen. Er schob sie von sich herunter, sodass er sich ins Bett legen konnte und zog Sezuna dann einfach zu sich. „Du bist echt ein Sturkopf. Wenn du es früher gesagt hättest, wäre es mir lieber gewesen, als ständig im Dunkeln zu tappen ...", murmelte er gegen ihre Haare. Haru hielt sie fest in seinen Armen und ließ sich nicht mehr los. Auch wenn er sie nicht zu oft berühren wollte, es fühlte sich gut für ihn an. Und beruhigend.
Sezuna spürte, wie ihr warm wurde und sie schmiegte sich weiter an Haru. Sie nahm sein Worte auf und behielt sie für sich. Er konnte sie nicht mehr wegschicken. Das beruhigte sie sehr.
„Weißt du eigentlich, dass ich mir an dem Abend, als wir an dem See vor dem Feuer gesessen sind, gedacht habe, dass Sarah mit Absicht so hell am Himmel geleuchtet hat? Um mir zu sagen, dass es eventuell in Ordnung ist, ein Leben mit jemand anderen zu führen? Vielleicht wollte sie mich wissen lassen, dass sie einen Teil hier auf die Erde geschickt hat, der mit dir vereint ist. Ich weiß es nicht wirklich, aber du bist ihr so ähnlich", sagte Haru leise an Sezunas Kopf. Eigentlich wollte er es nicht wahrhaben, denn Sarah war die Frau seines Lebens gewesen. Aber gab es nicht doch noch eine Chance mit jemand anderen? Auch wenn Sezuna und er so verschieden waren ...
„Wäre ich Sarah, würde ich wollen, dass du auch nach mir glücklich bist", flüsterte sie leise. „Und ich möchte es auch jetzt. Dass du glücklich bist."
„Du hast Recht, Sarah würde es vielleicht wollen. Nur ... ich kann nicht so einfach glücklich sein, weil es sich für mich anfühlt, als würde ich sie betrügen, verstehst du? Das ist aber mein eigenes Problem, weil ich ... noch so sehr in der Vergangenheit gefangen bin und immer noch daran festhalte, dass sie eines Tages zurück kommt", sagte Haru und er nahm Sezuna noch fester in den Arm. Es tat ihm weh, so etwas zu sagen, obwohl er wusste, dass es niemals so sein würde. Und vor allem, weil er vielleicht damit das Mädchen nur verletzte.
Sezuna schwieg, weil sie nicht wusste, was sie dazu sagen sollte. Sich anzumaßen Sarahs Widergeburt zu sein, ging zu weit. Das wollte sie nicht. Außerdem war sie dazu zu alt und Haru hatte so etwas nicht verdient.
„Du siehst, ich kann nicht glücklich sein oder jemanden glücklich machen ... Auf jeden Fall nicht so ...", murmelte er in ihr Haar.
„Aber das stimmt nicht", beharrte Sezuna. „Immerhin war und bin ich noch immer glücklich in deiner Nähe. Selbst jetzt, wo du mich einfach nur hältst."
„Weil du den Moment genießen kannst. Das wird aber auf Dauer wohl nicht sein", erwiderte Haru nur. Er war kompliziert und kein einfacher Mann, das wusste er zu gut.
„Wieso entscheidest du das? Das kannst du doch gar nicht wissen", murrte Sezuna leise. Da war es wieder. Haru, der für sie Entscheidungen treffen wollte. So war er und auch das akzeptierte sie an ihm, doch es machte alles so unnötig kompliziert, weil er sich damit jedes Mal selbst zurück in die Dunkelheit beförderte.
Haru antwortete nicht sofort, sondern streichelte einfach Sezunas Rücken. Erst dann holte er tief Luft und meinte, dass wohl keiner mit ihm auf Dauer aushalten würde, weil er selbst einfach zu schwierig war. „Ich will dich doch nur vor einem möglichen Fehler bewahren", flüsterte er so leise, dass es fast nicht hörbar war.
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