Kapitel 51

Haru ging an den Tresen und wartete, bis ein Mann vor ihm seine Schlüssel bekommen hatte. „Hallo, wir suchen ein Zimmer für zwei Nächte. Haben Sie vielleicht noch eines frei?", fragte er die ältere Dame, die die beiden musterte. Nicht unfreundlich, wie Jessi es getan hatte, sondern lächelnd. „Sie haben Glück, es gibt nur noch ein Zimmer. Durch den Markt sind alle Gasthäuser besetzt", sagte sie freundlich und fragte, unter welchem Namen sie die beiden eintragen durfte. „Sami und Yuna Enma", erwiderte Haru und zahlte die 30 Silbertaler, nachdem sie ihm den Schlüssel übergab. „Ihr Zimmer ist im obersten Stockwerk auf der linken Seite, das letzte. Abendessen gibt es um 18.00 Uhr wenn Sie möchten und Frühstück ab 7.00 Uhr", fuhr die ältere Dame fort und Haru nickte. Er freute sich, dass das Essen anscheinend bereits mit berechnet war.

Das hieß zumindest Frühstück und Abendessen konnten sie hier genießen. Das war praktisch, vor allem, weil sie Mittag dennoch in der Stadt essen konnte.

Haru nahm Sezuna an der Hand und lief mit ihr die Treppen nach oben, um sich das Zimmer für die nächsten zwei Tage anzusehen. Sobald er die Tür öffnete, stöhnte er unfreiwillig. „Vielleicht hätte ich sagen sollen, mit zwei getrennten Betten", murmelte er und schob Sezuna in das gemütliche Zimmer, welches einen Tisch und zwei Stühle, sowie ein kleine Badezimmer aufwies.

„Du hast sie doch gehört. Es ist das letzte. Ein anderes hätte es gar nicht gegeben", meinte Sezuna nachdenklich und fragte sich, warum er immer noch so sehr dagegen war, mit ihr in einem Bett zu schlafen.

„Vielleicht hätten sie aber wenigstens noch irgendwo ein Ersatz Bett gehabt", erwiderte er und stellte sich an das Fenster, um hinunter zu sehen. Hier war es wirklich ruhig und das mochte er.

„Ist es denn schlimm, wenn wir in einem Bett schlafen?", fragte sie leise und folgte Haru zum Fenster.

„Es ist ... kompliziert Sezuna. Das letzte Nacht war eine absolute Ausnahme, weil wir beide erschöpft waren und gefroren haben", sagte Haru, wobei er sich aber nicht zu ihr umdrehte. Er wollte es nicht zugeben, wie sehr er ihre Gesellschaft genossen hatte. Ihr Geruch und die Wärme gespürt hatte. Gerade deswegen war es wichtig, das gar nicht erst anzufangen, wenn sie eines Tages getrennte Wege gehen würden.

Haru wollte ihr nicht offenbaren, wie es in ihm aussah, deswegen mied er nun ihren Blick.

„Verstehe", murmelte sie. „Also werden wir wieder diskutieren, wer auf den Boden schlafen darf", seufzte sie und musterte Haru von hinten.

„Müssen wir nicht, wenn du freiwillig ins Bett gehst", erwiderte er und verschränkte seine Arme. „Versteh mich nicht falsch Sezuna. Es liegt nicht an dir, sondern an mir. Ich will mich nicht daran gewöhnen, weil es mir später nur noch schwerer fällt, dich gehen zu lassen", erklärte Haru leise und mit brüchiger Stimme.

„Denk doch nicht immer an die Zukunft. Du solltest wirklich anfangen den Moment zu genießen. Das würde dir sehr gut tun", meinte sie leise und trat an Haru heran, um ihn von hinten zu umarmen.

Sobald er ihre Arme um sich spürte, legte er seine Hände auf ihre und schloss die Augen. „Und was dann? Was, wenn ich alles genieße und dann wird mir wieder alles genommen? Ist es nicht besser, gar nicht erst zu genießen?", fragte er sie leise, wobei er ihre Arme fest an sich drückte.

„Ist es das wirklich?", wollte sie wissen. „Bist du dir sicher, dass es nichts gibt, für dass du ein solches Risiko eingehen willst? Dass du nur wegen der Möglichkeit, dass es so sein könnte, es dir selbst schon aufbürdest?"

Sein Blick war starr nach draußen gerichtet und Haru kaute auf seiner Unterlippe. Sollte er irgendwas sagen, was er wirklich gerade fühlte und die Reise zwischen ihnen beiden erschweren würde? Oder war es einfach besser, so zu tun, als wäre nichts? Haru wusste darauf keine Antwort. „Es gibt etwas, für dass es sich lohnen würde, aber ich bin mir sicher, dass es nicht auf Gegenseitigkeit beruht", sagte er deshalb.

Sezuna hielt ihn weiterhin fest und rieb sogar ein wenig ihre Wange an seinem Rücken. „Möchtest du mir davon erzählen?", wollte sie leise wissen und hoffte darauf, dass er ihr genug vertraute, um das mit ihr zu teilen.

„Wenn ich dir etwas erzähle, versprichst du mir wenigstens, deine Meinung nicht über mich zu ändern, weil es die Reise nur erschweren würde?", fragte er vorsichtig. Ihm war nicht wohl dabei, es zu erzählen und er war sich auch nicht sicher, ob es gut war. Aber Sezuna war manchmal so verdammt neugierig, dass es ihn wahnsinnig machte. Vielleicht konnte sie ihn ja dann besser verstehen, warum er so handelte.

„Ich verspreche es", sagte sie leise und blieb, wo sie war, während sie auf Harus Antwort wartete.

Es dauerte etwas, bis Haru etwas sagte. Er stellte fest, dass er ein Feigling war und gab das auch gegenüber sich selbst zu. „Du weißt, dass Sarah die Liebe meines Lebens war und dass ich immer gehofft habe, wieder bei ihr zu sein. Ich habe mir seit ihrem Tod geschworen, jedem Mädchen aus dem Weg zu gehen, weil ich nie wieder jemanden lieb haben will, der mir genommen werden kann. Weder durch mich noch durch jemand anderen. Und genau das ist das Problem. Ich habe mich bereits an dich gewöhnt und dich sehr lieb gewonnen. Dabei weiß ich ganz genau, dass du eines Tages deinen eigenen Weg gehen wirst. Ich werde dich verlieren und all die Momente, die wir zusammen gelebt haben. Mein Herz wird wieder brechen und der zweite Teil von mir sterben. Die Erinnerungen werden bleiben und es noch schwerer machen, weiterzuleben als es jetzt schon ist. Ich werde es nicht verkraften können, noch einmal jemanden zu verlieren, der sehr wichtig für mich ist", sagte Haru leise.

Sezuna blieb wo sie war und hielt ihn weiterhin fest. „Und du glaubst nicht, dass du bis dahin vielleicht noch jemanden findest, den du ebenfalls lieb gewinnst und mit dem du neue Erfahrungen machen kannst? Für den Fall dass ich überhaupt gehen werde. Weil das nicht sicher ist."

Haru schüttelte den Kopf. „Nein, weil mein Herz nur Platz für einen hat. Sarah ist gestorben und hat ein Teil von mir mitgenommen. Deshalb habe ich versucht, nicht den Rest meines Herzens zu verlieren. Und genau das ist geschehen. Du bist nun in meinem Herzen. Kein anderer hat Platz darin", erwiderte er, wobei seine Stimme immer brüchiger klang. „Ich will dich nicht mögen, damit es mir nicht schwer fällt, dich gehen zu lassen. Aber ich komme nicht dagegen an."

Sezuna schüttelte ein wenig den Kopf, blieb aber an Haru gedrückt. „Öffne dein Herz für andere. Du wirst sehen, sie sind in der Lage den Schmerz zu verringern. Sarah wird immer ein Teil von dir gehören, doch dein Herz ist groß genug, dass auch andere darin Platz haben und glaub mir: Nur so kann es besser werden", flüsterte sie leise, aber eindringlich.

„Ich werde es nicht öffnen. Gerade, weil ich unberechenbar bin, ist es besser, andere auf Abstand zu halten. Das, was du im Wald zu mir gesagt hast, habe ich zu Sarah gesagt. Genau die selben Worte. Da erst ist mir klar geworden, dass du wichtig für mich bist und ich dich nicht gehen lassen will. Du wirst nie verstehen, dass nur eine Person in meinem Herzen zu einer Zeit Platz hat. Aber wenn mir jemand wichtig ist, will ich demjenigen alles geben, was ich habe", erwiderte Haru leise, denn er hatte das Gefühl, dass seine Stimme versagen würde.

Sezuna ließ sich seine Worte eine Weile durch den Kopf gehen. Sie war ihm wichtig, was ihr guttat, doch dass er sein Herz nicht öffnen wollte, war ein Problem. Sie glaubte nicht, dass es ihm guttat.

„Dann lass mich nicht gehen", flüsterte sie leise. „Ich habe es nicht vor, solange du mich nicht wegschickst."

„Du musst deinen Weg gehen, Sezuna", beharrte Haru. Er selbst merkte nicht, wie flach sein Atem dabei ging und er Sezunas Arme fest an sich drückte, als wollte er damit sagen, dass sie niemals ihren Weg gehen sollte. Sein Kopf sagte ihm, dass es das Beste für sie war, sein Herz war jedoch dagegen.

„Das tue ich und im Moment führt es mich nicht weg von dir", meinte sie nüchtern und schmiegte sich noch ein wenig fester an seinen Rücken.

„Im Moment nicht, aber früher oder später, wenn der Richtige deinen Weg kreuzt", sagte der blonde Junge nüchtern. Er wollte sich keine falschen Hoffnungen und Illusionen machen.

Sezuna seufzte schwer. „Warum willst du mich unbedingt los werden? Warum beharrst du darauf, dass es jemanden in meinem Leben geben wird, der nicht du bist?"

„Weil ich nicht wieder jemanden umbringen will. Nicht jemanden, der mir sehr wichtig ist. Es ist besser, wenn du in Sicherheit vor mir bist. Du willst es nicht verstehen, dass ich dich nur vor mir selbst beschützen will", meinte Haru und versuchte nun, Sezunas Arme um sich zu lösen.

„Und wie willst du so jemals wieder Licht in dein Leben lassen?", wollte sie leise wissen und ließ sich nur widerwillig von Haru lösen.

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