Kapitel 49
„Natürlich ist nichts sicher, nicht einmal du. Warum nimmst du einen mit?", fragte Haru sie und reichte ihr seine Hand, um ihr aufzuhelfen.
Sezuna griff danach und bemühte sich aufzustehen. „Ich bin neugierig. Ich möchte ihn untersuchen."
„Sei nur vorsichtig, dass nicht plötzlich ein Wald in deinem Rucksack wächst", sagte er leicht lächelnd und half ihr nun hoch, bis sie sicher auf den Beinen stand. „Kannst du laufen? Oder brauchst du Hilfe?", wollte er dann wissen, denn er sah, dass sie Probleme hatte.
„Ich denke, wenn wir aus dem Wald raus sind, sollte es gehen", murmelte sie und sah sich um, als würde sie etwas suchen. Das Wurzelwerk des Waldes war sehr dicht und sie hatte Angst hängen zu bleiben und zu fallen.
„Suchst du was?", fragte Haru sie und blieb stehen.
„Nein, nicht direkt", murmelte sie und setzte vorsichtig einen Fuß, in der Hoffnung nicht zu fallen. „Aber der Boden ist ... sehr uneben", versuchte sie zu erklären und machte einen weiteren Schritt.
„Da kann ich dir helfen", sagte Haru und hob sie einfach hoch. Er hatte keine Schwierigkeiten mit dem Boden und es war wohl sicherer, wenn er sie aus dem Wald trug, damit ihr zumindest nichts passierte. „Ich lass dich schon nicht fallen, keine Angst", beruhigte er sie vorsichtshalber.
Sezunas Atem wurde schneller, doch sie verfiel nicht in die Starre, die er von ihr gewohnt war. Auch wenn sie sehr angespannt wirkte. „Bist du nicht selbst zu erschöpft?", fragte sie leise und mit rauer Stimme.
„Sezuna, du bist ein Fliegengewicht. Um mich musst du dir keine Gedanken machen. Ich bin zwar erschöpft, aber es geht schon", erwiderte Haru ihr und wich geschickt Ranken und Wurzeln aus, damit er nicht mit ihr fiel.
„Na gut", murmelte sie und ärgerte sich darüber, dass sie selbst so etwas Einfaches nicht alleine schaffte.
Haru lächelte nur und es dauerte eine Weile, bis sie aus dem Wald waren, denn er hatte ebenfalls die dichten Büsche und Bäume mit Magie zerschneiden müssen, damit sie überhaupt weiterkommen konnten. Es war sehr anstrengend gewesen, dennoch hatte er es geschafft, genügend Magie durch seine Hände fließen zu lassen, obwohl er Sezuna trug. Völlig geschafft ließ er das Mädchen auf den Boden und keuchte vor Anstrengung auf, sodass er sich hinsetzen musste.
„Willst du eine Pause machen und etwas Essen?", wollte Sezuna leise wissen. „Du musst Hunger haben."
Haru nickte. Eigentlich wollte er in die Stadt zurückkehren, doch er hatte keine Kraft. Deshalb legte er sich auf den Boden und schloss die Augen, um atmen zu können. Erst jetzt fiel ihm auf, dass er wohl zu oft die Luft angehalten hatte, weil er zu konzentriert war. „Brauchst du Feuer?", fragte er leise.
„Nein, das geht schon. Wir haben noch fertige Sachen, die ich nur mit einem kleinen Zauber aufwärmen muss", lächelte Sezuna und holte Eintopf hervor. Mit einer Hand hielt sie den metallenen Topf und kurz darauf stieg Dampf auf. „So, schon fertig."
Als er den Duft des Essens roch, brachte er ein kleines Lächeln zu stande. „Ich habe wirklich Hunger, aber wohl keine Kraft zu essen. Ich glaube, das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich so erschöpft bin, dass ich nicht einmal mehr einen Löffel halten kann ...", murmelte er leise.
„Aber ich kann es", lachte Sezuna und kurz darauf hatte sie einen Löffel voll Eintopf und hielt diesen Haru vor dem Mund. „Mach ah."
Erschöpft lag Haru auf dem Boden und grinste leicht, doch er öffnete seinen Mund und ließ sich den Löffel in den Mund stecken. Nachdem er gekaut und runtergeschluckt hatte, seufzte er. „Wenn es möglich wäre, würde ich das sogar am liebsten vorkauen lassen. Aber das ist widerlich", grinste er schwach.
„Du schaffst das schon", meinte Sezuna und gab ihm einen weiteren Löffel.
Haru brauchte relativ lange, um einen Löffel zu essen. Zwischendrin sagte er zu Sezuna, dass sie ebenfalls essen sollte. „Danke, dass du mir hilfst", sagte Haru nach einem weiteren Löffel.
„Ich esse, wenn du fertig bist", meinte sie und musterte ihn. „Soll ich dir einen Stärkungstrank machen? Ich kann das gut und die sind auch verdammt lecker. Hat zumindest meine Mutter immer behauptet", schlug sie vor und blickte Haru fragend an, während sie ihm weiter den Löffel hinhielt.
„Meinst du, damit meine Magie gleich erneut überläuft?", fragte er lächelnd, aber er nickte. Vielleicht konnte er das gerade gut gebrauchen. Haru mochte es nicht, wenn er so hilflos und wehrlos war, dass er nichts mehr machen konnte. Für ihn war das frustrierend, wie ein Baby da zu liegen und sich füttern lassen zu müssen.
Sezuna machte sich sofort ans Werk und nur wenig später hielt aie ihn eine Tasse mit goldener Flüssigkeit entgegen, die ein wenig nach Honig roch.
„Du scheinst Honig sehr zu mögen nicht wahr?", fragte Haru sie und versuchte, sich aufzurichten. In dem Moment wünschte er sich, dass er die Manschetten ausziehen konnte, aber das würde er trotzdem nicht machen.
„Das ist nur speziell für dich", lachte sie und ihre Augen funkelten. „Ich liebe Schokolade", erklärte sie und hielt ihm die Flüssigkeit an die Lippen.
Haru trank vorsichtig Schluck für Schluck. „Ich liebe alle Arten von Süssigkeiten. Kekse und Schokolade am meisten, aber das weißt du ja bereits. Danke für deine Hilfe", sagte er, als er etwa die Hälfte von der Tasse getrunken hatte.
Es fühlte sich warm an und er spürte, wie er von innen heraus gewärmt wurde und neue Kräfte bekam. „Wie schmeckt es?", wollte Sezuna neugierig wissen.
„Gut, sehr süß, so wie ich es mag", gab er zu und bekam langsam die Kraft, sich wenigstens aufzusetzen. „Ich hoffe nur, dass meine Magie nicht gleich wieder ausbricht", hoffte er. Zusammengesunken saß er da und ließ den Kopf hängen. Nach ein paar Minuten bat er Sezuna, ihm den Rest zu geben. „Deine Mutter hatte Recht, deine Tränke sind wirklich gut."
„Es sollte deinen Körper, aber nicht deine Magie stärken", meinte sie und lächelte zufrieden.
„Danke ... dass du so lieb bist", sagte er und nahm die Tasse langsam entgegen. „Noch nie ist mir das passiert, liegt wohl daran, dass ich nicht ohnmächtig geworden bin, sondern immer noch wach war. Es tut mir wirklich leid, dass du verletzt worden bist. Ich habe versucht, dich zu schützen, damit du ...", begann er, doch er brach ab. Daran wollte er lieber nicht denken, was ihr hätte passieren können.
„Das nächste Mal schubs mich bitte nicht weg. Dann kann ich mich leichter schützen", murmelte sie und streichelte sanft seinen Arm.
„Nein, hättest du eben nicht. Ich habe gemerkt, als du meine Energie aufgezogen hast, aber selbst du hast nur ein begrenztes Reservior dafür. Wenn du zu viel Energie aufnimmst, kann es dir wirklich schaden und das weißt du auch. Es wäre besser gewesen, wenn du weggelaufen wärst so wie ich es dir schon oft gesagt habe", gab er zurück. „Ich habe dir mein Schutzschild gegeben, um dich zu schützen, aber ich habe gemerkt, es wird nicht reichen, deshalb musste ich von dir weg, verstehst du?" Langsam bekam er seine Kräfte zurück, aber trotzdem war er sehr erschöpft.
„Ich hätte zeitiger aufhören sollen, da hast du Recht, aber bei einer Explosion wäre es für mich trotzdem einfach gewesen auf der Magie zu treiben wenn ich dich berühren könnte", widersprach sie murrend. „Das hilft, um nicht weggespült zu werden."
„Oder du hörst einfach auf mich und bringst dich das nächste mal in Sicherheit. Du kannst manchmal so stur sein und bringst dich damit in Gefahr. Du solltest doch wissen, wie unberechenbar ich bin", seufzte er und trank den Rest der Tasse aus, um sie ihr zurückzugeben.
„Hätte ich das getan, hätte ich mit Sicherheit das ein oder andere Körperteil eingebüßt, weil es mich quer durch den Wald geschleudert hätte", erklärte sie nüchtern.
„Du hast Zeit gehabt, wenn du nicht die ganze Zeit bei mir geblieben wärst, Sezuna. Sei nur einfach vorsichtiger? Ich werde irgendwann nicht mehr die Zeit oder genügend Kraft haben, dich vor mir zu schützen", bat er sie und lehnte sich wieder zurück, sodass er lag. „Nun iss etwas, du hast seit langem nichts mehr gegessen. Warum machst du dir eigentlich nicht so einen Trank, damit du wieder kräftiger wirst?", fragte er sie mit geschlossenen Augen.
„Ich hab meinen hier", murmelte sie und aß ebenfalls eine Schale Eintopf. „Und ich werde sich nicht allein lass. Dass kannst du vergessen", beharrte sie. „Und ich werde mich nicht von dir töten lassen", versprach sie.
„Sturkopf", meinte er nur. Solange sie aß, konnte er sich wenigstens ausruhen. „Ich verstehe nicht, wie du auf meine Magie treiben kannst, wenn sie ausbricht", wunderte sich Haru jedes Mal. „Geht das nur, wenn du mich berührst?"
„Ja und wenn ich deine Magie in mir habe. Es ist, als würde mich deine Magie dann erkennen", versuchte sie zwischen zwei Löffeln zu erklären, bevor sie den Eintopf alle hatte.
„Wieso hast du meine in dir? Oder liegt das an dem Stein, den ich dir gemacht habe?", wollte Haru dann wissen.
„Nein, ich kann durch eine Berührung deine Magie aufnehmen. Nicht so viel, wie es scheint, aber es reicht, dass es mich nicht als Feind wahrnimmt", murmelte sie und kramte in ihrem Rucksack, bevor sie einen Fisch hervorzog. Er war noch roh, aber mariniert und sie blickte ihn einen Moment lang nachdenklich an.
Er wollte sich nicht bewegen, aber Haru hatte sein Auge halb geöffnet und streckte nur seinen kleinen Finger aus und sandte Magie aus, damit der Fisch gegrillt wurde. „Dann kannst du glücklich sein, dass es dich erkennt, sonst wärst du längt gestorben", meinte Haru.
„Möglich", seufzte Sezuna und biss hungrig in den Fisch hinein und zischte, als sie sich prompt die Lippen daran verbrannte.
„Nicht so gierig, du weißt doch, dass es heiß ist", meinte er kopfschüttelnd, aber er rührte sich nicht. Auch wenn Sezunas Trank ihm geholfen hatte, fühlte er sich noch immer sehr erschöpft und er wusste, dass es wohl noch eine Weile so bleiben würde.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top