Kapitel 45


Das Wackeln der Karre wurde plötzlich weniger und das sorgte dafür, dass Sezuna langsam aus ihrem Schlaf gerissen wurde und murmelnd die Augen öffnete. Sie bemerkte sofort die warme Brust, auf der sie lag und sie musste zugeben, dass sie noch nie so bequem auf einem Karren geschlafen hatte.

Haru bemerkte es nicht, denn er war in einem Tiefschlaf gefallen. Nur als Sezuna sich ein wenig bewegte, hielt er sie automatisch im Schlaf fest, genauso wie er es bei Sarah getan hatte. Sobald sie immer zusammen geschlafen hatten, hatte er sie die ganze Zeit über im Arm gehalten.

Sezuna hob so gut es ging den Kopf und sah sich um. Sie hörte viele Stimmen und lauschte. „Haru, ich glaube wir sind da", murmelte sie und streichelte seine Wange, in der Hoffnung, dass dieser aufwachte.

„Hmm ...", grummelte Haru nur und wurde schwer wach. „Was ist los?", fragte er verschlafen und ließ Sezuna erst dann los, als er die vielen Stimmen bemerkte.

„Wir sind angekommen", erklärte diese und bemerkte, dass der Himmel bereits dabei war, sich zu verdunkeln. Es musste schon recht spät sein.

Nun richtete sich Haru auf und sah sich um. „Haben wir etwa solange geschlafen? Oder warst du schon vorher wach?", fragte er gähnend.

„Nein, ich bin gerade auch erst aufgewacht", murmelte sie und bemerkte, dass sie nicht einfach nur in einem Dorf waren. Es war eine sehr große Stadt und man konnte schon auf der Straße, die direkt in die Stadt führte, sehen, dass diese in mehrere Viertel eingeteilt war. Man konnte das Markt- und Handwerkerviertel von hier aus gut sehen.

Der blonde Junge streckte sich einmal und sprang dann vom Wagen, weil er wusste, dass der alte Mann wahrscheinlich Hilfe brauchen würde. Er reichte Sezuna seine Hand, damit sie sich nicht verletzen konnte, bevor er sich an den Man wandte. „Kann ich Euch behilflich sein? Ihr könnt mir sagen, wo ich was hinstellen soll, damit Eure Schmerzen nicht schlimmer werden."

„Wir sind noch nicht ganz an unserem Stand angekommen, aber dort mit Sicherheit", sagte dieser und schien froh darüber, dass Haru ihm auch jetzt beim Abladen behilflich sein wollte.

Haru nickte und folgte dem Mann. Dabei sah er sich in der Stadt um und war wirklich neugierig, denn so eine große Stadt hatte er noch nie gesehen. Wie viele Leute hier waren! Bestimmt würden sie hier eine Unterkunft und Proviant finden. Die Stadt schien ebenfalls Arme und Reiche zu beherbergen, denn man konnte große Unterschiede zwischen den Vierteln feststellen.

Während Haru dem man folgte, kam er dicht an ihn heran. „Darf ich Euch fragen, unter welchen Schmerzen Ihr leidet? Das ist mir gleich aufgefallen, dass Ihr Euch sehr schwer tut", fragte er ihn leise, aber direkt.

Der Mann winkte ab. „Eine alte Verletzung", gab er ein wenig unwirsch von sich und schien nicht sonderlich gern darüber zu sprechen.

„Das habe ich mir gedacht. Wenn Ihr wollt, kann ich mir Eure Verletzung als Dank für das Mitnehmen ansehen und Euch gegebenfalls helfen", bot Haru ihm an. Schon oft hatte er ältere Leuten gesehen, die unfreundlich wurden, wenn sie darüber sprechen sollten, weil sie nicht gerne auf andere Hilfe angewiesen waren und Angst um ihre Existenz hatten, falls es sich verschlimmerte.

„Wenn Ihr nicht gerade ein Arzt seid oder Magier, wird es wohl nichts bringen", winkte er ab und wirkte nicht, als würde er Haru an ich heranlassen.

„Habt Ihr vielleicht kurz Zeit, wenn wir abgeladen haben? Ich verspreche Euch, dass ich Euch helfen kann", versicherte er ihm und fing an, die Körbe abzuladen, als sie an seinem Stand angekommen waren.

„Du bist ganz schön hartnäckig, Junge", seufzte der Alte. „Aber wenn du unbedingt willst", stimmte er nicht so ganz begeistert zu.

Er grinste nur und half dem alten Mann, seinen Stand aufzubauen und alles so herzurichten, wie er es wollte. Dabei sah er ab und zu nach Sezuna um, die anscheinend mit seiner Frau und Tochter zu tun hatte.

Die drei halfen auch, waren dabei jedoch langsamer und trugen die weniger schweren Körbe.

Erst als alles aufgestellt war, bat er den Mann unter vier Augen. „Gibt es einen ruhigen Ort, wo wir uns zurückziehen können? Meine Schwester wird mit dabei sein", fragte er ihn.

Der Mann wirkte immer noch nicht sonderlich begeistert, deutete Haru jedoch an, dass dieser ihm folgen sollte.

„Schwesterherz, komm mit", wandte sich Haru an Sezuna und winkte sie zu sich, bevor er dem Mann folgte.

„In Ordnung", rief die Blonde und bedankte sich dann noch einmal bei Mutter und Tochter für die Mitfahrgelegenheit, bevor sie Haru hinterher lief, der ebenfalls dem Vater folgte.

Dieser brachte sie in eine Straße, die recht ruhig war. Dort trat er in ein Gebäude, das einem Lagerhaus glich. Allerdings war so gut wie niemand hier.

„Erzählt mir ein bisschen was von der Verletzung", bat Haru ihn. „Ich wollte es Euch nicht früher sagen, aber ich bin Heiler und kann Euch bestimmt helfen", sagte Haru zu ihm.

„Heiler?", fragte dieser ungläubig und nicht so, als wäre er Haru glauben. Trotzdem begann er zu erzählen. Er hatte sich die Verletzung bei der Arbeit im Wald zugezogen, als ihm ein großer Ast auf das Bein gefallen war.

„Darf ich Euch untersuchen? Dazu muss ich Euch berühren. Ich verspreche, dass es nicht weh tun wird", bat der blonde Junge ihn. „Ich habe bereits einige Erfahrungen im Heilen."

Der Mann verdreht die Augen. „Nun gut, solange ich mich nicht ausziehen und irgendwelche Übungen machen muss", brummte er und klang genervt von Ärzten. Wahrscheinlich hatten ihn schon einige untersucht und nichts gefunden.

„Nein, das müsst Ihr nicht", versprach er ihm und bat den Mann, sich zu setzen. Erste als er saß, beugte sich Haru zu dem Mann hinunter und legte seine Hand sanft auf das schmerzende Bein und schloss die Augen, bevor er leicht bläuliche Magie durch seine Hand fließen lies. Sofort sah Haru, dass er, genauso wie Melinda, einen Bruch und Quetschungen von Sehen, Muskeln und Bändern gehabt hatte. Da er wahrscheinlich sich keine Ruhe gegönnt hatte, konnte die Verletzung nicht heilen.

Durch die ständigen Schmerzen im Bein hatte sein Rücken darunter leiden müssen. „Schwesterherz, kannst du bitte Umschläge machen? Für Rücken und Bein", fragte er in Sezunas Richtung, ließ sich aber nicht davon ablenken.

„Wir erledigt", grinste sie und machte sich an die Arbeit. Dafür suchte sie sich eine ruhige Ecke und begann damit die benötigten Kräuter aus ihrem Rucksack zu suchen.

Währenddessen starrte der Mann Haru an, da er die Magie deutlich sehen konnte. „Ihr hat wirklich nicht gelogen", murmelte er, da er davon ausgegangen war, dass Haru einfach nur ein überteuertes, nicht wirkendes Mittel verkaufen wollte, wie es viele 'Reisende Heiler' taten.

Anstatt zu antworten, ließ er heilende Magie in den Körper des Man es fließen, um die Schäden zu reparieren. Sie waren um einiges komplizierter als bei Melinda, aber keine große Schwierigkeit für Haru. Nach kurzer Zeit war die Verletzung geheilt, aber Haru heilte noch die Verkrümmung, die der alte Mann durch das Bein in seinem Rücken bekommen hatte. Erst als er keine Verletzungen im Körper mehr sehen konnte, zog er seine Magie zurück. „Meine Schwester wird Euch noch Umschläge machen, die Ihr bis morgen benutzen solltet, das wird Eure restlichen Schmerzen schnell lindern", sagte Haru zu ihm und richtete sich von seiner Arbeit auf.

„Habt vielen Dank", gab der Mann atemlos von sich, denn er konnte kaum glauben, wie gut es ihm nun wieder ging. Die Schmerzen waren wie weggeblasen.

Sezuna trat mit mehreren Tüchern und Umschlägen auf ihn zu. „Bitte benutzt diese hier", sagte sie fröhlich, weil sie sich darüber freute, dass es dem Mann besser geht.

Dieser wirkte dankbar, als er die Umschläge entgegennahm.

„Wisst ihr, ich komme durch meine Arbeit auf den Märkten viel rum. Und bei meinem letzten Aufenthalt war ich in der Nähe der Magierschule. Dort geht das Gerücht um, dass einer der Magier, ein sehr gefährlicher, ein junges Mädchen entführt hat", erklärte der Mann und schüttelte den Kopf. „Solche Gerüchte gibt es immer mal wieder und man bildet sich so seine Meinung über Magier. Man hat ja sonst keinen Kontakt. Aber ihr seid ganz anders, als ich mir Magier immer vorgestellt habe", versicherte er und klang zufrieden. Als hätte er eine negative Meinung geändert.

Haru winkte ab. „Wir haben Euch zu danken, dass Ihr uns mitgenommen habt. Wisst Ihr etwas näheres über die Magierschule und was aus dem entführten Mädchen geworden ist? Leider haben wir solche Gerüchte gehört, aber natürlich wissen wir nicht, was wahr ist", sagte er zu ihm.

„Nein, leider gibt es nicht viel darüber zu sagen. Manchmal heißt es, dass der Magier, der sie entführt hat, sehr gefährlich ist. Manchmal sind beide Magier und manchmal nicht", erwiderte der Mann entschuldigend. „Es sind nur Gerüchte, die entwickeln gern ein Eigenleben."

„Gefährlich ist relativ. Mich würde interessieren, wie gefährlich der Magier ist und warum er als solcher eingestuft wird. Und vor allem, was mit dem Mädchen passiert ist. Wisst Ihr, in welcher Stadt das passiert ist?", fragte Haru den Mann und half ihm, aufzustehen. Schon jetzt schien der Mann besser stehen und laufen zu können.

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