Kapitel 42

Haru schüttelte den Kopf. „Ihr Frauen seid das größte Rätsel auf der Welt. Euch muss man nicht verstehen", seufzte er und machte sich auf den Weg ins Dorf. „Wenn du aber willst, dass ich dich verstehe, solltest du es mir auch direkt sagen, weil durch deine Hintertürchendiplomatie komme ich nicht hindurch", sagte Haru und warf ihr einen Blick über die Schulter hinzu.

„Das ist ja der Sinn davon. Du sollst es nicht versehen. Zumindest noch nicht", meinte Sezuna gut gelaunt, aber auch ein wenig nachdenklich, während sie Haru langsam in Richtung Dorf folgte.

Verzweifelt schüttelte Haru den Kopf. „Oder es ist am besten, ich will es nicht verstehen. Dann muss ich mir nicht so viele Gedanken machen. Deine Rätsel sind nichts für mein schwaches Gehirn. Solange du nicht direkt mit mir sprichst, werde ich dich wahrscheinlich immer fragen müssen", meinte er schulterzuckend.

Sezuna lief ein wenig schneller, so dass sie ihn überholen konnte. „Jetzt denk nicht so viel darüber nach", lachte sie und griff nach seiner Hand, um ihn ein wenig in Richtung Dorf zu ziehen. „Schauen wir uns lieber um."

„Sagst du", sagte Haru verstimmt. Er mochte es nicht, wenn er im Dunkeln stand, vor allem wenn man etwas sagte, aber das nicht direkt oder ausführlicher tat. Trotzdem ließ er es zu, dass Sezuna ihn an der Hand nahm und mitzog.

„Wenn ich dir alles sofort verraten würde, würde es doch langweilig werden. Wir brauchen immerhin noch ein wenig Gesprächsstoff", erklärte Sezuna lachend und grinste gut gelaunt.

„Langweilig wird es mit dir sowieso nicht", murrte er noch immer. Manchmal machte sie ihn wahnsinnig mit solchen Aussagen. Trotzdem kam er nicht umhin, auf das Dorf neugierig zu sein.

Sezuna sprang aufgeregt vor ihm herum, wie ein kleines Kind es wohl getan hätte. Und dadurch wippten ihre Zöpfe auf und ab und er kam nicht umhin ihr abzukaufen, dass sie noch sehr jung war.

Ein leichtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, denn in dem Moment sah sie so unbesorgt aus. Je näher sie dem Dorf kamen, desto mehr Stimmen erklangen und Haru war sich sicher, dass die Bewohner endlich aufgestanden waren.

Sie waren dabei die Tiere zu versorgen und ihren anderen, alltäglichen Aufgaben nachzugehen.

Darunter schien auch der Markttag zu gehören, denn einige Dorfbewohner packten große Karren mit Gütern.

„Lass uns sehen, ob sie gute Dinge verkaufen, die wir leicht mitnehmen können. Ich denke, wir ziehen heute weiter und bleiben nicht hier über Nacht. Es sieht zwar hübsch aus, aber es ist besser, wenn wir weitergehen", sagte er leise zu ihr, während er sich umsah.

„Ich glaube nicht, dass der Markt hier ist. Sie scheinen in ein anderes Dorf oder vielleicht sogar eine kleine Stadt zu reisen. Sonst würden sie nicht die Karren beladen", bemerkte Sezuna nachdenklich. „Vielleicht nehmen sie uns ja dorthin mit? Dann können wir auf einem Karren reisen", schlug sie hoffnungsvoll vor.

„Das wäre eine Möglichkeit", stimmte er ihr zu. Doch wer würde sie wohl mitnehmen? Alle schienen beschäftigt zu sein und keiner achtete wirklich auf die beiden.

„Komm, wir fragen jemanden, ob er Hilfe braucht und als Dankeschön lassen wir uns mitnehmen", lachte sie und zog Haru einfach mit sich mit.

Obwohl Haru noch verstimmt war, nickte er und folgte dem aufgeweckten Mädchen zu einem Karren, wo ein älterer Mann und seine Tochter den Wagen beluden.

„Hallo, wir sind Reisende. Braucht ihr vielleicht eine helfende Hand?", fragte Sezuna gut gelaunt und der Mann hielt in seinen Bewegungen kurz inne, bevor er Sezuna und dann Haru musterte. Anfangs wirkte es, als wäre er skeptisch, doch Haru schien ihn doch zu beruhigen.

„Ihr bietet eure Hilfe sicherlich nicht umsonst an. Was wollt ihr als Dank?", fragte er und wirkte skeptisch.

Sezuna lächelte. „Eine Mitfahrgelegenheit. Mehr nicht."

„Wir könnten Euch helfen, Euren Wagen zu beladen. Auch mit dem Vieh können wir helfen, wenn Ihr wollt. Wohin werdet Ihr ziehen?", wollte Haru nun wissen und ignorierte gekonnt den neugierigen Blick der Tochter, die ihn sehr intensiv anstarrte und dabei in ihrer Arbeit inne hielt. Es hatte Haru einen kurzen Blick genügt und er wusste, dass die Tochter wohl die ganze Zeit über so sein würde, aber es war ihm sowieso egal.

„Wir reisen nach La Grada", erklärte der Mann, der nun nachdenklich wirkte. „Dorthin können wir euch mitnehmen, wenn ihr mit anpackt", stimmte er schließlich nickend zu.

„Kein Problem. Wir werden Euch nicht im Weg herumstehen und Euch behindern", versicherte Haru und packte bereits die ersten vollbeladenen Körbe und hievte sie mit Leichtigkeit auf den Wagen. Dabei ging er bereits jetzt schon der Tochter und auch der Mutter, die gerade eben dazu gekommen war, aus dem Weg, wobei er ihnen freundlich zunickte.

Während Haru bereits half, begrüßte Sezuna die Mutter und stellte sich erst einmal vor. Das gehörte sich immerhin so, auch wenn sie nicht ihre richtigen Namen verwendete.

„Sag mal, seid ihr Geschwister?", wollte die Mutter, die auf den Namen Annabell hörte, wissen.

Sezuna grinste. „Ja, er ist mein großer Bruder", erklärte sie gut gelaunt und so laut, dass Haru es hören konnte.

Haru grinste nur, aber innerlich knirschte er. Natürlich konnte die Mutter das nicht wissen, aber immerhin würden sie sich als jemand anderes ausgeben müssen. „Sie müssen auf jeden Fall das Essen meiner Schwester probieren, es schmeckt wirklich gut", gab er zurück und zwinkerte Sezuna zu.

„Ach wirklich?", fragte die Mutter neugierig und kurz darauf waren beide in eine Unterhaltung über das Kochen verwickelt und tauschen Rezepte aus. Es schien, als würden die Leute von Sezuna gar nicht erwarten, dass diese mit anpackte, was der nun blonden durchaus gefiel. Sie fühlte sich noch immer erschöpft.

Wenigstens würde nun nicht die ganze Aufmerksamkeit auf Haru liegen, wenn er mit anpackte. Das einzige, was ihn störte war die Tochter, die die ganze Zeit um ihn herumschwirrte, aber nichts sprach. In dem Moment wünschte er sich, dass Sezuna ihm das Mädchen vom Hals hielt. Aber das sah nicht danach aus, denn sie war noch immer in einer angeregten Unterhaltung mit Annabell.

„Lina. Geh zu deiner Mutter oder pack wenigstens mit an", meinte der ältere Mann plötzlich streng, da sie das junge Mädchen erneut in den Weg gestellt hatte. „Und hör auf ihm schöne Augen zu machen, er ist viel zu alt für dich."

Dankbar warf Haru dem alten Mann einen Blick zu. Wenigstens einer, der ihm half, seine Arbeit in Ruhe erledigen zu können. Das Mädchen zog schmollend davon und der blonde Junge seufzte erleichtert auf, sobald er mit dem Mann alleine war. Wenigstens schien dieser zu erkennen, dass er für seine Tochter zu alt war. Dann gab es wenigstens weniger Ärger. „Soll ich für Euch weitere Körbe aufladen?", fragte Haru den Mann.

Dieser nickte und deutete dann auf einige Körbe, die noch am Haus standen. „Die dort müssen noch, dann sind wir fertig", erklärte er und fuhr sich durch die Haare. „Entschuldigt meine Tochter. Sie ist noch sehr unerfahren im Umgang mit Männern. Sie meint es nicht böse, ist aber gerade dabei sich ... auszutesten."

„Kein Problem, ich werde sie Ihnen aufladen", erwiderte Haru und schon nach kurzer Zeit, waren die Körbe aufgeladen. Er sah, dass der alte Mann ein wenig Probleme mit seinem Rücken und auch mit seinem Bein hatte. Doch er wollte sich nicht verraten. „Machen Sie sich keine Sorgen. Das ist normal in dem Alter", lächelte er freundlich. Es war ja nicht die Schuld des Mannes.

Er machte einen mürrischen Gesichtsausdruck und eine wegwerfende Handbewegung. „Macht es auch nicht besser. Noch bin ich derjenige, der die Familie ernähren muss."

„Ich kann Sie verstehen. Aber das wäre bei einem Sohn auch nicht besser. Ich finde, beide sind gleich schlimm. Aber das wird auch wieder vergehen", erwiderte Haru und half dem Mann dann auch, die Viecher vor den Karren zu spannen.

„Ein Sohn könnte aber wenigstens richtig mit anpacken", murmelte der Mann und dank Harus Hilfe waren die Pferde recht schnell angespannt. „Mach es dir mit deiner Schwester hinten gemütlich", murmelte er und wies seine Frau und Tochter an, Platz zu nehmen, damit sie los konnten.

„Vielen Dank. Sollten Sie Hilfe brauchen, zögern sie nicht, mich zu fragen", lächelte Haru dankbar und zog Sezuna nach hinten, um sie ohne zu fragen nach oben zu heben, damit sie sich setzen konnte.

„Danke für deine Hilfe, Junge", rief der Mann ihm noch nach und wenig später setzte sich der Wagen langsam in Bewegung.

„Entschuldige", murmelte Sezuna leise. „Ich hätte dich nicht die Arbeit allein machen lassen sollen."

„Lass nur, wenigstens habe ich ein paar Worte mit dem Mann wechseln können. Die Körbe wären dir sowieso zu schwer gewesen. Es scheint, als habe er Schmerzen. Im Rücken und im Bein", flüsterte er ihr zu und setzte sich neben sie.

„Willst du ihm helfen?", wollte Sezuna leise wissen, da sie das Bedürfnis durchaus verstehen könnte. „Man könnte es vielleicht mit einem magischen Trank machen, aber dann müsste man Ferndiagnose stellen", erklärte sie leise und wand sich ein wenig. „Auch wenn ich mir ziemlich sicher bin, dass ich weiß, wo sein Problem liegt."

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