Kapitel 41

„Bis jetzt habe ich das noch nie gesehen, dass du sie benutzt", sagte Haru, wobei er wieder ein Stöhnen von sich gab und sich mit dem Bauch auf die nasse Wiese legte, um seinen Nacken zu massieren. Es fühlte sich so gut an, dass er keine Kraft hatte, das im Sitzen zu machen.

Sezuna lachte leise. „Seitdem wir auf Wanderschaft sind habe ich es auch nicht mehr. Oder wenn ich bei dir geschlafen habe. Meist hab ich das im Bad gemacht", erzählte sie leise.

Haru antwortete nicht sofort, denn er wälzte sich beinahe mit der Bürste im Gras. Sein gesamter Körper war von einer Gänsehaut überzogen. Plötzlich hörte er auf und schnipste mit den Fingern. „Bin ich dämlich, ich benutze einfach Magie, dass es das selbst macht", meinte er und legte einen Zauberspruch auf die Bürste, die ihn dann wie von selbst massierte. Haru verlor dabei seine Körperbeherrschung und schloss die Augen, um es zu genießen. „Wenn du willst, kann ich den Zauber auch für dich auf die Bürste legen. Dann musst du es nicht selbst machen", murmelte er.

„Nein, ich denke, dann kommen wir beide heute nicht mehr vom Boden hoch", antwortete Sezuna nüchtern. Als würde sie das nicht selbst immer so machen.

Ein paar Minuten ließ sich der Junge noch massieren, bevor er den Zauber stoppte und Sezuna die Bürste zurückgab. „Schon allein das Gefühl, was einen durchströmt, lässt einen süchtig machen", stellte er nüchtern fest. „Kein Wunder, warum ich davon nicht abhängig werden will. Sonst würde ich den ganzen Tag im Bett liegen und mich massieren lassen."

„Man gewöhnt sich daran und irgendwann ist es nicht mehr so süchtig machen", versprach Sezuna und nahm die Bürste entgegen.

„Das sind ja tolle Aussichten", seufzte er. „Ist es denn bei den menschlichen Berührungen nicht anders, dass es irgendwann langweilig wird?"

„Weiß ich gar nicht, aber da steuert man die Brührungen ja nicht und weiß nicht was kommt", meinte Sezuna nachdenklich und packte die Brüste wieder weg.

„Du meinst also, sie sind jedesmal überraschend für jemanden?", wollte er wissen. Haru schien wirklich zu überlegen, denn er rieb sich gedankenverloren die Nase. „Ist es das, was du daran so magst? Überrascht zu werden?"

„Ja, genau das meinte ich", nickte sie und fuhr sich durch die Haare. Wie schon die ganze Reise über trug sie diese zu einem einfachen Zopf gebunden, damit sie nicht störten.

„Weißt du eigentlich, dass deine Haarfarbe einzigartig ist? Ich frage mich, woher sie kommt ...", überlegte der blonde Junge nachdenklich.

„Ich war ursprünglich Blond", gab Sezuna nicht ganz so begeistert von sich. „Erst, als meine Magie so langsam sichtbar wurde, wurden auch meine Haare rot. Es gibt aber viele Magier, bei denen das der Fall ist. Grün, Blau, Violett..."

„Dann bin ich froh, dass ich meine behalten habe. Kannst du dir vorstellen, wenn ich grüne Haare hätte?", brach er in Gelächter aus. „Ich hätte dich zu gern gesehen, als du blonde Haare hattest. Ich bin mir sicher, dass du mit beiden Haarfarben hübsch aussiehst." Harus Gesicht wurde ein wenig ernster dabei, denn er meinte es wirklich so, wie er es sagte.

Sezuna löste den Zopf und begann sich durch die Haare zu fahren. Dabei murmelte sie einige Worte und man konnte sehen, wie die Haare vom Ansatz her zu einem helle Blond wurden. Erst, als die Spitzen erreicht waren, hielt Sezuna inne und lächelte Haru an. „Es ist sowieso an der Zeit, dass ich mein Aussehen ein wenig ändere."

Der Junge sah sie mit offenem Mund an. „Du siehst wirklich hübsch aus mit den blonden Haaren. Ich hätte nie gedacht, dass du das mal gehabt hast. Auf jeden Fall siehst du verändert damit aus. Niemand wird dich erkennen können, denn ich glaube nur die Leute aus deinem Dorf haben dich mit blonden Haaren gesehen, nicht wahr?", bemerkte er, wobei er seine Augen nicht von dem dunkelhäutigen Mädchen lassen konnte.

„Ja", murmelte sie. „Aber da war ich noch ganz klein", fügte sie hinzu und begann sich zwei Zöpfe zu flechten. Sie nutzte es aus, dass sie so jung aussah und mit den Zöpfen sah sie gleich noch viel jünger aus.

„Sei nur vorsichtig, wenn du jünger aussehen willst. Es wäre besser, wenn du älter aussiehst, weil sie sonst denken könnten, du schwänzt die Schule", warnte er sie vorsichtig. Bei ihm war das kein Problem, er sah nicht nach einem Schuljungen aus. „Ich glaube, ich mag dich mit blond sogar noch mehr, weil es einen sehr hübschen Kontrast darstellt."

„Du weißt, dass es nur in den adligen Kreisen so etwas wie eine Schulpflicht gibt oder?", wollte sie belustigt wissen. „Die meisten Bauern können es sich nicht leisten zur Schule zu gehen und viele Adlige unterrichten ihre Kinder auch zuhause", erklärte sie gut gelaunt, denn sein Kompliment gefiel ihr.

„Das hat nichts zu sagen. Es gibt auch Schulen, die für die Armen da sind. Dort wäre ich lieber hingegangen als in diese seltsame Schule", antwortete er ihr. „Außerdem finde ich es doof, wenn Bauern ihre Kinder nicht zur Schule schicken können, weil sie kein Geld dazu haben. Die Schulen sollten frei und zugänglich für jeden sein."

„Mag sein, sind sie aber nicht", seufzte Sezuna leise. „Außerdem brauchen viele ihre Kinder zuhause, weil sie sonst nicht genug Leute für die Arbeit auf dem Hof haben und sonst nicht über den Winter kommen, oder die Abgaben nicht zahlen können."

„Ich weiß Sezuna. Das Leben ist nicht einfach und es wäre schön, wenn die Welt sich ändern würde. Komm mal her, du hast ein Blatt in deinen Haaren", sagte Haru und winkte sie zu sich her.

Überrascht trat Sezuna auf ihn zu, damit er ihr das Blatt aus den Haaren fischen konnte. Dabei stellte sie wieder einmal fest, wie klein sie eigentlich war.

Sanft nahm er das Blatt und blies es von seiner Hand, als es darauf lag. Urplötzlich zog er Sezuna zu sich herunter. „Weißt du eigentlich, wie ähnlich du Sarah mit den blonden Haaren bist?", fragte er sie leise, wobei er sie intensiv ansah.

„Wirklich?", fragte Sezuna überrascht. „Hatte sie auch blondes Haar?", wollte sie leise wissen und genoss die Nähe zu ihm.

„Ja, sie hatte sehr lange, blonde Haare, die ein wenig gelockt waren. Sie sah aus wie ein Engel. Zwar war sie ein bisschen größer als du, aber das ist ja auch egal", antwortete er ihr. Haru sah zur Seite, als wollte er ihren Blick meiden und kaute an der Unterlippe, denn er wollte nicht schon wieder an Sarah denken, nicht nachdem sie erst kürzlich nachts am Lagerfeuer darüber gesprochen hatten.

„Soll ich sie dann lieber braun färben?", wollte Sezuna leise wissen, denn sie bemerkte seinen Gesichtsausdruck durchaus. Es musste ihn schmerzen, sie so zu sehen.

Er schüttelte den Kopf. „Nein, lass es so wie es ist. Du bist ihr ... in gewisser Weise ähnlich, vielleicht will ich auch gerade deshalb nicht deine Berührungen fühlen, auch wenn sie sich gut anfühlen ...", gab er zu.

„Verstehe", murmelte Sezuna und klang ein wenig niedergeschlagen, schien sich aber recht schnell wieder zu fangen, als sie Haru nun anlächelte. „Komm, lass uns gehen, es sieht so aus, als würde das Dorf langsam wach werden."

Haru legte aufmunternd seine Hand auf ihre Schulter. „Nimm es mir nicht böse, Sezuna. Ich bin ... einfach gefangen in der Vergangenheit und ich kann nicht alleine daraus kommen. Vielleicht will ich das auch gar nicht. Und deshalb habe ich zu dir gesagt, ich will dich nicht verletzen, ok? Du bist einzigartig und eine wirklich tolle Frau, die einen Mann verdient, der dir das gibt, was du brauchst und was du wünscht. Ich bin nicht in der Lage, das jemals wieder zu können. Schon allein deshalb halte ich mich lieber fern als wieder zu verletzen", sagte er und stand auf. Der blonde Junge fuhr sich mit der Hand über die nassen Hosen und sie waren sofort wieder trocken. Auch er sah nun, dass das Dorf wohl langsam anfing, geschäftig zu werden.

„Scheint als würde es stimmen: Frauen wollen immer das, was sie nicht bekommen", murmelte Sezuna leise, lies sich aber von seinen Worten nicht unterbekommen.

„Hm?", fragte er in ihre Richtung, denn er hatte sie nicht verstanden. „Komm her, ich trockne dich, sonst wirst du krank", bot er ihr dann an.

Sezuna trat erneut auf ihn zu, damit er sie trocknen konnte. „Nicht so wichtig", murmelte sie, da sie es nicht wiederholen wollte.

Neugierig sah Haru sie an. „Du weißt, dass du es mir sagen kannst, Sezuna. Außerdem solltest du mich kennen, wie neugierig ich bin", meinte der Junge und ließ seine Hände über ihre Kleidung vorsichtig fahren, denn er wollte nicht ihre Haut mit Magie berühren, sondern nur ihre Kleidung. Nicht, dass es ihr dann schlecht gehen würde, wenn das passierte.

„Ja ich weiß, aber es war wirklich nichts wichtiges", versicherte sie leise. „Ich hab nur ein Klischee bestätigt."

„Was für ein Klischee?", fragte er. „Egal ob es wichtig ist oder nicht, du kannst es trotzdem sagen", beharrte Haru und sah sie auffordernd an.

Sezuna verdrehte die Augen. „Frauen wollen, was sie nicht bekommen", wiederholte sie.

Hätte Haru lange Haare gehabt, wären seine Augenbrauen darunter verschwunden, so weit, wie er sie nach oben zog. „Was soll das denn bitte heißen? Nur weil ich dich nicht massiere? Das musst du mir schon genauer erklären. Was bitte würdest du außer einer Massage und deine Bücher wollen?", fragte er sie ungläubig.

Sezun lachte leise. „Nein, das erkläre ich dir jetzt nicht. Da musst du schon selbst drauf kommen", meinte sie leise kichernd.

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