Kapitel 26

„Ich bin dir auch im Dunkeln gefolgt ohne mich zu verletzen", erinnerte sie ihn ein wenig mürrisch. Er tat ja fast so, als würde sie sich ständig und permanent verletzen.

Plötzlich hielt er an, sodass sie in ihn rannte. Von oben herab sah er sie an. „Das mag sein, Sezuna. Aber solange du mit mir unterwegs bist, musst du dich an meine Art gewöhnen. Ich passe auf die Leute auf, wenn sie mit mir zusammen sind. Auch wenn ich oft meine Kontrolle verliere, so will ich die Leute vor allem anderen beschützen", sagte er streng und seine Augen sahen sie eindringlich an.

Sezuna ließ ein wenig die Schultern hängen und seufzte. „Verstehe. Also willst du mich vor meiner eigenen Tollpatschigkeit schützen?"

„Genau. Verstehe mich nicht falsch, aber es ist nicht gut, wenn du dich so oft verletzt", sagte er und legte seine Hand auf ihre Schulter.

„So oft habe ich mich doch bisher gar nicht verletzt", brummte sie ein wenig niedergeschlagen.

„Diskutier nicht mit mir, Sezuna. Auch wenn das stimmt, ich bin nicht erpicht darauf, dass irgendwas passiert. Weder Dir noch mir", sagte Haru noch immer streng. „Entweder du akzeptierst es oder wir gehen getrennte Wege."

„Ich will nur, dass du dir nicht so viele Sorgen um mich machst", murmelte sie, ging aber nicht weiter darauf ein. Sie wollte nicht schon wieder diskutieren.

„Ich kann es leider nicht ändern. Mein Beschützerinstinkt ist einfach zu stark", seufzte er auf und sein Gesicht zeigte eine wirkliche Verzweiflung. Aber nicht wegen Sezuna, sondern wegen sich selbst.

„Wir sollten nicht mehr all zu lange brauchen", murmelte Sezuna und blickte in den Himmel. Dort war schon der Mond zu sehen, auch wenn es noch nicht richtig dunkel war.

Und tatsächlich nach einer Weile sahen sie die Lichter des Dorfes. Es schien von weitem sogar größer zu sein als das andere. Außerdem konnte man fröhliche Stimmen hören, je näher sie kamen. „Die scheinen ein Fest zu haben, denkst du nicht auch?", wandte er sich an sie und seine Augen leuchteten.

Sezuna kniff ihre ein wenig zusammen, um genaueres erkennen zu können. „Es könnte Erntedankfest sein. Das würde die Musik erklären", sagte sie, doch leider konnte sie noch nicht genug erkennen, um wirklich auf etwas schließen zu können.

„Lass uns nachsehen. Wenn das so ist, werden wir wohl nicht weiter auffallen. Und ein wenig Abwechslung tut uns auch gut", freute sich Haru und seine Augen glitzerten vor Freude. Sobald sie näher kamen, ließ er seine Lichtkugel verschwinden, denn er hoffte, dass er nicht als Magier auffallen würde, solange er sich beherrschen konnte.

„Das sieht interessant aus", bemerkte Sezuna, je näher sie kamen. Ihre Augen funkelten so aufgeregt, wie lange nicht mehr und sie kam nicht umhin die Atmosphäre in sich aufzunehmen.

Sobald sie durch das Tor traten, fielen ihnen eine Menge bunte Lichter auf. Die Leute tanzten auf einer Art Marktplatz, der hübsch dekoriert war und Haru bemerkte, dass Sezuna recht gehabt hatte. Es schien wirklich ein Erntedankfest zu sein. Die Leute waren ausgelassen und sangen sogar zu der Musik dazu. „Was ist? Sollen wir uns untermischen? Mir juckt es in den Fingern zu tanzen", fragte er mit leuchtenden Augen.

Sezuna lächelte leicht. „Ich wusste nicht, dass du Tanzen magst", murmelte sie und wusste nicht genau, ob sie tanzen wollte. Immerhin war sie darin nicht sonderlich begabt.

„Schon vergessen? Dein Rumgehopse kann ich nicht, aber klassische Tänze habe ich gelernt. Ich führe dich, keine Angst. Folge einfach den Bewegungen. Wenn es gar nicht geht, bewege dich einfach wie du magst. Das fällt hier nicht auf", erwiderte er und hielt ihr bereits die Hand hin. Man merkte, dass der blonde Junge es eilig hatte.

„In Ordnung, aber beschwer dich nicht, wenn ich dich trete", murmelte Sezuna und nahm seine Hand entgegen, in der Hoffnung sich nicht zu sehr zu blamieren.

„So leicht wie du bist, tut es nicht weh. Da musst du schon einiges auf die Waage bringen", versicherte er ihr aufmunternd und zog sie mit sich auf die Tanzfläche. Sobald sie dort waren, waren sie inmitten von vielen Leuten und Haru legte seine eine Hand auf ihre Schulter, die andere and ihre Hüfte und begann sich langsam zu bewegen, damit sie den Schritten nachkam.

Sezuna tat es Haru gleich und wunderte sich darüber, dass er sie berührte. Vor wenigen Tagen hätte er das noch nicht getan und Sezuna gefiel es.

Er war sanft, aber bestimmt, während er sie auch manchmal in die richtige Richtung lenkte. Die Rothaarige versuchte sich auf den Tanz zu konzentrieren und sie musste feststellen, dass sie sogar einen gewissen Gefallen daran fand.

Ein feuriger Glanz lag in Harus Augen, als sie tanzten. So ungeschickt stellte Sezuna sich gar nicht mal dabei an. Wie sehr er es vermisst hatte, zu tanzen! Es war gut, dass so viele Leute um sie herum waren, da fiel es nicht weiter auf, dass sie da waren. Die Menschen hatten alle gute Laune und sie schienen sich zu freuen. Haru selbst war erstaunt, dass er auf einmal Sezuna so leicht anfassen konnte. Vielleicht lag es an seiner Freudigkeit, endlich mal wieder tanzen zu können.

Oder er hatte sich einfach schon so sehr an sie gewohnt, dass es ihn nicht mehr so stark störte. Haru konnte es nicht sagen. Aber er genoss die Ausgelassenheit, die nicht nur ihn gepackt hatte, sondern auch Sezuna.

Sie strahlte, wenn es ihr gelang mehrere Schritte ohne Fehler zu vollführen und sie war eindeutig stolz auf sich und fröhlich.

Fast schon liebevoll sah der Junge sie an und freute sich mit ihr. Doch je sicherer sie wurde, desto schneller wurde er. Damit forderte er sie jedesmal heraus aber er ging nie weiter, bis sie sich an die Schnelligkeit gewöhnt hatte.

Sezuna schien es nicht zu bemerken und tanzte weiter, wobei sie die Eindrücke in sich aufnahm.

Es gab ein großes Feuer um das herumgetanzt wurde. Überall standen Tische und es gab kleinere Stände, wo die Leute Speisen anboten. Außerdem konnte Sezuna erkennen, dass nicht nur die Dorfbewohner hier waren. Wahrscheinlich auch einige aus den Nachbardörfern.

Nach einer Weile bekam Haru Hunger und er fragte Sezuna, ob sie was von den Ständen probieren wollte. Dem Geruch nach boten die Leute etwas sehr gutes an. Und er war sich sicher, dass es Spezialitäten sein mussten. So ausgelassen wie jetzt war Haru schon lange nicht mehr gewesen.

„Ich finde das mit Honig sieht gut aus", meinte Sezuna mit einem Schmunzeln, denn sie hatte ein Auge auf die Süßigkeiten geworfen, die sie hier anboten. Das Dorf schien sehr viel mit Honig zu machen und Sezuna vermutete eine Bienenzucht und Honigspezialisierung des Dorfes.

Haru nickte und kaufte jeweils zwei für beide. Nachdem die Taler den Besitzer gewechselt hatten, gab der blonde Junge Sezuna zwei davon und probierte selbst. In diesem Moment fühlte er sich im Himmel, so süß und gut schmeckte es, dass er beinahe ohnmächtig wurde. „Schmeckt es dir?", fragte er neugierig und setzte sich auf eine der zahlreichen Bänke, die außen herum standen, um den tanzenden Leuten eine Pause zu gönnen.

Sezuna biss schon das zweite Mal in das kleine Küchlein, wobei sie den Mund viel weitere öffnete, als er es bei ihr jemals beim Essen gesehen hatte. „Hmh", machte sie und hatte so viel im Mund, dass sie kaum kauen konnte. Sie liebte den Geschmack von Honig einfach.

Selbst Haru liebte Honig, aber er mochte jede Art von Süßigkeit. Dass diese Küchlein jedoch speziell war, schmeckte er sofort. Viel schneller als Sezuna war er fertig und leckte seine klebrigen Hände ab. „Ich will definitiv mehr."

Sezuna, deren Mund voller Honig war, leckte sich die Lippen und versuchte den Geschmack so lange zu genießen, wie sie konnte. Sie wusste, dass sie davon nicht viel essen konnte, ohne dass ihr schlecht wurde. Doch es war so lecker, dass sie das zweite auch noch begann. „Ich könnte schauen, ob ich das Rezept bekomme", murmelte sie mit vollem Mund.

„Du weißt schon, dass du die dann jeden Tag machen musst?", fragte er schelmisch. Er könnte gut und gerne noch ein Duzend davon essen, aber er wollte gerne noch andere Dinge probieren. Frech, wie Haru manchmal war, wischte er mit seinem Daumen etwas von Sezunas Mundwinkel, um es danach abzulecken, wobei er sie frech angrinste. Sie hatte es vielleicht nicht bemerkt, aber sie hatte dort Honig gehabt, welcher beinahe heruntergetropft war.

Überrascht davon hielt Sezuna kurz mit dem Essen inne und hob selbst die Hand, um sich den Honig von den Lippen zu wischen. Dabei tropfte ein wenig von dem zweiten Kuchen auf ihre andere Hand. Ein leises Lachen erklang. „So lecker es ist, so eine Sauerrei ist es auch", bemerkte sie und hielt die Hand mit dem Honig hoch, als wollte sie zeigen, was sie meinte.

„Ich habe kein Problem mit dem Ablecken", grinste Haru, bevor er in lautes Gelächter ausbrach. „Entschuldige, das klang ein wenig ... abartig."

Sezuna zuckte die Schultern. „So abartig klang das gar nicht", bemerkte sie und nahm die Finger in den Mund, um den Honig abzulenken und ihre Hand mit der Zunge zu säubern.

„Oh wenn du wüsstest ...", erwiderte er, wobei er einen seltsamen Ton hatte, den Sezuna bisher noch nie bei ihm gehört hatte. Er selbst musste den Kopf schütteln, aber sein freches Grinsen konnte er nicht verbergen.

Sezuna leckte ihre Finger weiter ab, bevor sie der Meinung war es war genug. „Magst du es mir erklären?", fragte sie und klang ein wenig belustigt. Sie fragte sich wirklich, was er meinte.

„Sei lieber froh, wenn du nicht weißt, was hier oben im Kopf gerade herumspukt", gab er grinsend zurück. Das würde er ihr garantiert nicht sagen.

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