Kapitel 15

Er tippte sich an die Stirn. „Nicht direkt Heiler, dafür bin ich nicht ausgebildet, aber etwas weiß ich schon. Wenigstens haben wir dann etwas, womit ich dich behandeln kann, damit ich keine Magie an dir mehr anwenden muss", meinte er lächelnd und sah schon von weitem den kleinen Laden, den Jessi als Hexenhaus bezeichnet hatte. „Ich hoffe, dir ist klar, dass auf dieser Reise immer wieder Situationen vorkommen werden, wo wir uns als jemand ganz anders ausgeben müssen", wies er sie darauf hin.

„Dessen bin ich mir bewusst", murmelte Sezuna, die bereits mit ihren Augen das Haus inspizierte und überlegte welche Art von Kräutern sie brauchen würden. In der Theorie wusste sie durchaus, welches Kraut wichtig sein würde. Doch das hieß nicht, dass sie in der Lage war sich selbst zu verarzten.

Haru war zufrieden. Wenigstens würde das rothaarige Mädchen wenigstens mitspielen. Er hielt ihr die Tür zu dem Kräuterladen auf und betrat nach ihr den kleinen Laden. Es duftete nach vielen verschiedenen Kräutern und Haru sah, wie ordentlich alles aussah. an den Wänden waren viele kleine Schachteln angebracht, wo die Namen der Kräuter draufstanden, damit man sie nicht verwechselte. „Sieh dich ruhig um, ich nehme das, was wir brauchen können. Gib mir dann das, was du gefunden hast", schlug er vor und machte sich bereits auf den Weg, um die verschiedenen Kräuter zu inspizieren. Keiner außer ihnen war im Laden, aber er hörte eine alte, gebrechliche Stimme aus dem Hinterzimmer, dass sie sofort bei ihnen sein würde.

Sezuna nickte und blickte sich im Raum einmal um. Dabei bemerkte sie sofort die Sortierung der Kräuter und bekam einen guten Überblick darüber, was es alles gab und was nicht.

Sie steuerte auf eine Wand zu, an der sich die kleinen Kräuterschachteln befanden, bevor sie einige davon kurz öffnete, um den Inhalt zu prüfen.

Währendessen sah sich Haru genauso um, bis eine alte Frau, die gebückt ging, zu ihnen kam. „Wie kann ich euch helfen?", fragte sie freundlich und Haru erklärte ihr, was er brauchte und auch suchte. Die alte Frau schien sich wirklich gut auszukennen, ja vielleicht war sie sogar eine Heilerin gewesen, denn sie wusste, was wofür gebraucht wurde.

Der blonde Junge war zufrieden, als er eine Menge kleiner Beutel in der Hand hielt und auf Sezuna wartete. Solange unterhielt er sich mit der Frau, die ihm erzählte, dass hier so gut wie nie jemand vorbei kam. Besucher waren in dem Dorf nur selten, denn meisten reisten sie sofort weiter, weil das Dorf zu klein war, um etwas anzubieten. Dabei fiel Haru auf, dass die alte Frau anscheinend Rückenschmerzen hatte, denn sie benutzte einen Krückstock und man sah ihr an, dass sie Schmerzen hatte. Deshalb fragte er die alte Frau auch, deren Name Melinda war und sie bejahte, dass sie vor einiger Zeit eine Leiter heruntergefallen war und seitdem extreme Schmerzen hatte. Er fragte sich, ob er ihr helfen sollte ohne sich wirklich dabei zu verraten.

Vielleicht war es besser, erst einmal mit Sezuna darüber zu reden, was sie darüber dachte. Aber zuerst würde er warten, bis sie fertig war und zu ihm kam.

Sie hatte sich noch eine Handvoll Kräuter zusammengesammelt und kam nun zum Tresen zurück, um sie mit auf den Tisch zu legen.

„Können Sie uns bitte einen Moment geben, Melinda? Ich muss mit ihr was besprechen. Die ganzen Kräuter werden zusammen gezahlt", bat er die Frau freundlich und wartete, bis diese im Hinterzimmer verschwand, um zusammen zu rechnen. „Sezuna, die Frau hat anscheinend starke Schmerzen, das sehe ich ihr an und sie hat es auch gesagt. Meinst du, ich sollte ihr helfen und sie mit Magie heilen, ohne mich zu viel zu verraten?", fragte er sie leise und hoffte, dass Sezuna ihm eine gute Antwort geben konnte. Wäre er alleine, würde er nicht zögern, denn dann ging es ja nur um ihn und nicht um sie beide.

„Das ist eine gute Idee. Wir können ja sagen, dass wir beide auf einer Art Pilgerreise sind und Heiler in Ausbildung. Du magisch, ich Kräuterfrau. Mit meinem Wissen sollte es ein leichtes sein, das zu belegen", antwortete Sezuna leise, die sich jedoch auch einen kleinen Rabatt auf ihren Einkauf erhoffte, wenn Haru sie heilte.

Haru nickte und wartete, bis die alte Frau wieder zurückkam. Bevor sie sprechen konnte, machte Haru ihr den Vorschlag, dass er sich ihre Verletzung gerne ansehen konnte. „Sind sie denn Heiler?", wollte Melinda wissen und er nickte. Dabei verschwieg er absichtlich, dass er kein ausgebildeter Heiler war. Die Frau zögerte, aber nachdem Haru ihr erklärte, dass er und seine Begleitung auf einer Reise seien und das rothaarige Mädchen sehr geschickt im Heilen mit den Kräutern war, stimmte sie zu. Selbst als er ihr erklärte, dass er auf magischer Basis heilte, hatte sie nichts dagegen.

„Dann kommt mit ihr zwei", bat die alte Frau sie schließlich und zeigte mit einer Kopfbewegung auf das Hinterzimmer. Haru warf Sezuna einen Blick zu, damit sie ihr folgen sollte.

Diese folgte stumm und besah sich dabei die gemütliche, wenn auch sehr kleine Wohnung der Frau. Der Vorraum war der Verkaufsraum und dann gab es lediglich ein Zimmer. Hier stand sowohl das Bett, als auch die Kochstelle.

„Vielleicht ist es besser, wenn Sie sich hinlegen", schlug er vor und mit einer sehr langsamen Bewegung tat sie es auch. Haru gab ihr die Zeit dazu, ohne sie zu drängen. Erst als sie lag, ließ er seine Hände sanft über den Rücken der alten Frau fahren, die schon bei der Berührung stöhnte. Haru war konzentriert und suchte mithilfe der Magie die Stelle, die die großen Schmerzen verursachte.

Er fand zwei Stellen, die angebrochen waren und die behandelt werden mussten. Die alte Frau hatte Glück gehabt, dass sie sich überhaupt noch bewegen konnte, denn die kleinen Brüche waren nahe an ihrer Wirbelsäule.

„Schatz, kannst du bitte einen Kräuterumschlag für Verspannungen vorbereiten? Den werde ich Melinda nach der Behandlung umlegen, damit sich ihre Muskeln schneller wieder erholen und entspannen können", wandte er sich an Sezuna, nachdem er Melinda gesagt hatte, was er gefunden hatte.

„Und Sie können die Brüche heilen, Herr ...?", fragte sie. „Sagen sie einfach Jare. Ja, ich kann sie heilen und mithilfe ihres Kräuterumschlages sollten sie in wenigen Tagen wie neu sein", lächelte er sie an. Man sah der alten Frau an, dass sie ihr Leben mochte und auch ihr Laden schien ihr wichtig zu sein.

Haru begann mit der Behandlung, indem er Magie in die alte Frau fließen ließ und langsam ihre Brüche wieder heilte. Die ganze Zeit über lag die Frau still da und schien es sogar zu genießen.

Sezuna hingegen machte sich daran die Umschläge vorzubereiten, die Haru bei ihr bestellt hatte. Es ging ganz einfach, da sie wusste, was zu tun war. Sie folgte einfach nur den Schritten in ihrem Kopf und als sie zurückkam, war Haru fast mit der Heilung fertig.

Dankbar nickte Haru ihr zu und nahm ihr die Umschläge ab, nachdem er die alte Frau gebeten hatte, ihre Kleidung ein wenig nach oben zu ziehen. Die Heilung war für ihn einfach gewesen und die Frau hatte auch gut darauf reagiert. Haru war zufrieden, als er schließlich ein letztes Mal seine Magie durch sie fließen ließ um zu überprüfen, ob alles in Ordnung war. Er bat Sezuna dann auch, ihm mit den Umschlägen zu helfen, denn zu zweit ging das einfacher.

Sezuna nickte, war aber sichtlich nervös. Es fiel ihr nicht schwer den Umschlag zu machen, aber anzulegen war etwas anderes.

„Unterstütze sie einfach, während ich den Verband anlegte", wies Haru sie an, nachdem er sah, dass sie nervös wurde.

Sezuna nickte und tat, wie er sie anwies, während sie versuchte nicht zu viel darüber nachzudenken. In der Theorie wusste sie, was sie tat, aber die Handgriffe saßen nicht so gut, wie sie hätten sitzen sollen.

Dafür saßen sie bei Haru umso besser. Routiniert legte er den Verband an, wobei er nicht zu fest und nicht zu locker war. „So fertig. Wie gesagt, ein paar Tage wird es noch dauern, bis die Schmerzen komplett verschwunden sind, wenn Sie möchten, schaue ich morgen früh noch einmal nach Ihnen, bevor wir weiterreisen", schlug er Melinda vor, die nun langsam aufstand. Sofort sah man, dass ihre Schmerzen deutlich weniger waren als zuvor.

„Vielen Dank, ich bin euch etwas schuldig", sagte sie, doch Haru winkte ab. Das war sie nicht, denn ein Heiler sollte nicht nur heilen, um etwas zu bekommen, sondern damit er anderen helfen konnte. „Aber zumindest einen ordentlichen Rabatt kann ich euch zwei geben. Übrigens seid ihr ein hübsches Paar und arbeitet sehr gut zusammen", sagte Melinda lächelnd, während sie wieder in ihren kleinen Laden trat.

Bei dieser Aussage sah man Sezuna an, dass es ihr ein wenig unangenehm zu sein schien. Vor allem, da sie eigentlich kein Paar waren. Trotzdem ging sie mit der Sache souverän um. „Danke, wir arbeiten auch schon eine Weile zusammen", sagte sie lächelnd und reichte der Frau eine Hand, damit diese langsam wieder aufstehen konnte. „Auch wenn die Schmerzen jetzt schon nachlassen, würde ich Ihnen raten es noch ein bis zwei Tage ruhig angehen zu lassen. Es mag zwar nicht so wirken, doch ihr Körper wird sich noch von der magischen Heilung ein wenig erholen müssen."

Auch Haru knirschte bei der Aussage von Melinda. Sowas mochte er überhaupt nicht, aber schließlich konnte die alte Frau es ja nicht wissen. „Sie hat Recht. Es ist immer besser, sich noch ein paar Tage zu erholen, auch wenn die Schmerzen nachgelassen haben", meinte auch er.

Die alte Dame nickte und alle drei gingen zurück in den Verkaufsraum, wo sie die Kräuter bezahlen und einpacken würden.

Wie versprochen bekamen sie einen ordentlichen Rabatt und nur wenig später verließen beide das Kräutergeschäft der Frau wieder.

„Puh, ist das anstrengend, jemand anders zu sein", murmelte er und streckte sich ausgiebig. Er war mehr als zufrieden mit dem Rabatt, denn sie hatten ordentlich eingekauft.

„Sag das nicht zu laut, sonst hört dich noch jemand", tadelte Sezuna und musste leicht schmunzeln. Sie störte sich daran nicht. Im Grunde war sie immer jemand anderes und es gewohnt, sich zu verstellen.

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