Kapitel 10
Obwohl der Junge aufpasste, konnte er nicht verhindern, selbst zu rutschen. Da er sich mehr darauf konzentrierte, dass der Deich nicht zusammenbrach, nachdem er durch den vielen Regen unstabil geworden war, konnte er nicht gleichzeitig besseren Grip für seine Füße zaubern. Immer wieder rutschte er, wobei er Sezuna so fest hielt, dass sie nicht aus seinen Armen fallen konnte.
Sie hatten bereits mehr als die Hälfte geschafft, da rutschte Haru plötzlich so aus, dass sein Bein nach vorne glitt und sein anderes über dem Rand des Deiches. Er knirschte mit den Zähnen und sah kurz auf Sezuna hinunter. So konnte er nicht selbst aufstehen, da alles rutschig wie Eis war.
Dies krallte sich an sein Oberteil und atmete hektisch. Langsam streckte sie die Hand zu dem Fuß aus, der Unterwasser gelandet war und Haru spürte, wie diesen plötzlich etwas berührte, was ihn vorsichtig nach oben drückte und ihm genug Halt gab.
„Sezuna mach das nicht. Ich bringe dich mit einem Schwebezauber zum Ufer, vertrau mir, es wird dir nichts passieren. Schone deine Kräfte", keuchte er. Obwohl er den Halt spürte, fing sein anderes Bein, welches noch auf dem Deich war, an zu rutschen.
Sezuna nickte, doch Haru spürte, dass der Zauber noch immer dort war. Wahrscheinlich nutzte sie Zauber, die sie wieder lösen musste, um ihre Energie zu sparen.
Mit viel Kraft hob Haru das Mädchen weiter nach oben, damit sie nicht im Wasser landete und rief den Schwebezauber aus, sodass Sezuna plötzlich in der Luft hing. Sobald seine Hände frei waren, hielt er sich mit einer Hand am Deich fest, wobei er mit der anderen Sezuna zum Ufer dirigierte und sie dort sanft absetzen ließ. Die ganze Zeit über war er mehr und mehr gerutscht, nachdem Sezunas Hilfe an seinem Bein verschwunden war.
Haru versuchte mit aller Kraft sich noch festzuhalten, doch er schaffte er nicht und rutschte schließlich vom Deich in das kalte Wasser.
„Haru", hörte er Sezunas Schrei, der jedoch verstummte, als er mit den Kopf unter Wasser tauchte.
Gerade in diesem Moment fluchte er, weil die Gewichte ihn zu schnell nach unten zogen. Haru hatte wenigstens noch Luft holen können, bevor er untergetaucht war. Das half ihm, sich zu konzentrieren. Seine Luft wurde knapp, denn durch die Gewichte und der Kälte schwamm er zu langsam und kurz bevor diese zu Ende war, explodierte seine Kraft unkontrolliert, wobei er von der Druckwelle, die aus ihm trat, nach oben katapultiert wurde. Nach Luft japsend erreichte Haru die Wasseroberfläche und fand mit seiner Hand Halt am Deich. Der Junge keuchte vor Anstrengung, und zog sich mit letzter Kraft zurück auf den Deich.
„Haru!", rief Sezuna erneut, die am Rand saß und mit klopfenden Herzen beobachtete, was der Junge tat. War er in der Lage aufzustehen und weiter zu laufen oder würde er dort zusammenbrechen? Sie hatte die Kraftexplosion bemerkt und sah auch, dass der Deich nicht mehr lange halten würde.
„Du bleibst ... wo du bist", keuchte er angestrengt. Sein Körper zitterte, als er sich aufrichtete. Haru spürte, wie der Deich langsam aber sicher unter ihm nachgab. Er hatte wohl nur noch eine letzte Chance. Er holte tief Luft und konzentrierte sich auf sich selbst, als der Deich unter ihm nachgab. Im gleichen Moment sprintete er los und rannte so schnell er konnte, den rutschigen Deich entlang. Dabei rutschte er gefährlich, aber er fiel nicht. Der Stress und seine übertretende Magie gaben ihm die Geschwindigkeit, die er brauchte, um gerade noch rechtzeitig das Ufer mit einem Fuß zu erreichen, bevor der Deich komplett in sich zusammenbrach.
Er schaffte es gerade noch so neben Sezuna zu landen und eine Welle Wasser, die der Deich ausgelöst hatte, überschwemmte sie beide. „Das nächste Mal, machen wir das, was ich sage", meinte Sezuna nüchtern, die nun genau wie Haru von oben bis unten durchnässt war.
„Und das wäre? Du hast ... davor nichts gesagt ... außerdem ist Dir nichts ... passiert, so wie ich es versprochen habe", keuchte er und musste sich erstmal beruhigen.
„Ich kam nicht dazu vorzuschlagen, dass wir einen Zauber nutzen und direkt übers Wasser gehen", meinte sie und holte aus ihrem Rucksack ein Handtuch hervor, das sie Haru reichte, bevor sie sich auch eines zum Abtrocknen nahm.
„Du sollst auch deine Kräfte schonen", sagte Haru, der langsam wieder zu Atem kam. Dankbar nahm er das Handtuch an. „Außerdem ist es meineReise, also mache ich sie so, wie ich es will. Das einzige, was ich wollte war, dass Dir nichts passiert und das war die Hauptsache", meinte er, bevor er fortfuhr und sagte, dass das allemal besser war, als wenn Sezuna seine überschüssige Energie in sich aufnahm. Immerhin hatte er dadurch die überschüssige verloren. Haru traute nämlich seiner eigenen Energie zu, dass diese wohl auch Sezuna schaden würde, wenn sie nicht aufpasste.
„Ist eigentlich schade. Dank deiner Energie fühle ich mich das erste Mal wirklich kräftig und geistig voll da", murmelte Sezuna und trocknete sich die Haare. „Wir sollten unsere Sachen trocknen, damit wir nicht krank werden", schlug sie vor, während sie sich das Handtuch etwas um die Schultern legte.
„Du wirst mich bestimmt irgendwann wieder so reizen, damit du meine Magie stehlen kannst", erwiderte er schmunzelnd und amüsiert. Dabei fand er es gar nicht lustig. Doch die Art, wie sie es gesagt hatte, fand er irgendwie nett. „Wir müssen erst eine Hütte oder Unterschlupf finden, damit wir Feuer machen und die Sachen trocknen lassen können. Ich bin nämlich nicht gewillt, jetzt gerade noch mehr Magie abzugeben, wenn ich sowieso schon so erschöpft bin", meinte Haru und man sah ihm die Erschöpfung wirklich an.
„In Ordnung", murmelte sie. „Und es ist nicht nötig, dass du dazu gereizt bist, ich könnte deine Magie jederzeit aufnehmen. Du machst es mir nur leichter, wenn du gereizt bist", erklärte sie und zog aus ihrem Rucksack Streichhölzer. „Und wir brauchen keinen Unterschlupft, das Feuer können wir auch so machen."
„Wage es ja nicht, meine Magie zu nehmen", warnte er sie und dieses Mal schwang ein wirklich warnender Ton mit drinnen. Haru winkte ab, als er die Streichhölzer sah. „Nein, die behältst du gefälligst. Die wirst du brauchen, wenn du alleine bist. Ich habe keine Lust draußen zu schlafen, aber wie es aussieht, wird das der Fall sein. Also gut, dann eben Magie", murrte er und der Junge hob beide Arme, um ein Schutzschild zu errichten, der sie vor dem Wind und gegebenenfalls Regen schützen würde, bevor er ein Feuer erschuf. Es war nicht so, dass er keine Magie mehr besaß, er wollte nur nicht wieder so extrem erschöpft sein wie vor ein paar Tagen. „Ausziehen und in die Nähe des Feuers legen", kommandierte er, sobald es brannte und eine schöne Wärme abgab. Dabei zog er selbst sein nasses T-Shirt und seine Hose aus, nachdem er sich von den Schuhen befreit hatte.
Sezuna kam seiner Aufforderung ein wenig widerwillig nach und entledigte sich ihrer Kleidung. „Ich habe nicht vor, sie dir ungefragt zu nehmen", murmelte Sezuna und zog sich auch Rock und Strumpfhosen aus, bis sie nur noch in hellblauer Unterwäsche gekleidet war.
Haru warf nur einen kurzen Blick auf sie, bevor er wortlos ihre Kleidung nahm und sie um das Feuer legte, genauso wie er es mit seiner Kleidung gemacht hatte. Da das Schutzschild kein Wind heranließ, wurde es schnell warm, denn das Schild war wie eine Art Halbkugel, unter der sie saßen. Nachdem die Kleidung nun zum Trocknen gelegt war, setzte er sich mit dem Rücken zu Sezuna und seufzte.
„Ich weiß, dass du es gut gemeint hast, daher: Danke. Aber du musst mich wirklich nicht immer bevormunden und tragen. Sonst lerne ich es nie", murmelte Sezuna plötzlich leise.
„Ich habe Dir schon mal gesagt, ich habe einen Beschützerinstinkt, den ich nicht kontrollieren kann. Und das heißt, dass ich alles dafür tun würde, um jemanden zu beschützen. Auch wenn das heißt, dass ich selbst dabei drauf gehe", murrte er nur, drehte sich aber nicht zu ihr um. Natürlich konnte er sie verstehen, dass sie es lernen wollte, aber dann war es besser, wenn sie getrennte Wege gehen würden.
Obwohl es nun war, war, zitterte Haru von Zeit zu Zeit.
„Ist dir kalt?", wollte Sezuna leise wissen, die Haru aus den Augenwinkeln beobachtete und der nicht entging, wie er ab und an erzitterte.
„Nein", gab er nur zurück. Er war nur erschöpft und müde und ja, er fror deshalb, schon allein, weil das Wasser kalt gewesen war. Das alles war zu viel auf einmal aber er würde sich eher die Zunge abbeißen, als das zuzugeben. Da seine Hosen nass geworden waren, war auch der gesamte Inhalt ebenfalls nass. Also hatte er nichts zum Anziehen, solange es nicht trocken war. Aber das würde nicht allzu lange dauern, zumindest hoffte er das. Natürlich könnte er sie auch mit Magie trocknen, doch in dem Moment schien er nicht daran zu denken.
„Möchtest du etwas essen, um dich zu stärken?", wollte Sezuna wissen und kramte bereits in ihrem Rucksack, aus dem sie eine Dose mit Sandwiches holte.
„Essen jederzeit", sagte er ein wenig freundlicher, denn damit konnte man ihn immer locken. Zumindest in den meisten Fällen. Als er ihr einen Blick über die Schulter zuwarf, sah er, dass sein Tattoo wieder leuchtete und er berührte es sanft mit einem traurigen Lächeln. Vor einiger Zeit hatte er festgestellt, dass es jedesmal ein wenig leuchtete, nachdem er explodiert und erschöpft war oder einfach zu viel Energie verbraucht hatte.
Sezuna reichte ihm ein Sandwich und nahm sich selbst auch eines. Ihr Blick war dabei auf das Tattoo gerichtet, während sie kaute.
Gierig nahm er dem Mädchen das Sandwich aus der Hand und begann, genüsslich zu kauen. „Hmm ...", machte er nur, während er aß. Haru wusste, dass es kein Problem sein würde, wenn sie nichts mehr zu essen hatten, immerhin konnte er Tiere erlegen, die sie Grillen konnten. Wobei er nicht sicher war, ob Sezuna das überhaupt essen würde. „Hast du noch eins? Ich hab Hunger", fragte er, nachdem er sich die Finger nach dem ersten ableckte.
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