Kapitel 56

„Woher weißt du, dass dort unten Speere sind?", fragte er sie erstaunt. „Ich könnte ja auch da unten lauern, wenn ich nicht schon hier oben wäre."

Sezuna lachte. „Ich habe etwas aufblitzen sehen und daher denke ich, dass es Spitzen oder Spieße sind", erklärte sie und deutete nach unten.

„Vielleicht sind es auch Kristalle", meinte er schulterzuckend, aber das sagte er eher im Spaß. Daran glaubte er schon lange nicht mehr. „Lass uns schweben, ich will nicht unbedingt wie ein Huhn aufgespießt werden. Der Pfad sieht nämlich nicht sehr stabil aus", sagte Haru ehrlich.

„Sehe ich auch so", stimmte sie auf den Kommentar mit dem nicht stabilen Pfad zu. Ihr war es auch lieber, wenn sie schwebend auf die andere Seite kamen. Doch umkehren kam für sie gar nicht in Frage. Dazu war sie zu neugierig.

„Hoffentlich machen sich die anderen keine Sorgen, wenn wir so lange weg sind ...", murmelte Haru und er begann, leicht über dem Boden zu schweben. Es war manchmal schon schwer genug, sich selbst fliegen zu lassen, aber es war viel schwerer mit jemanden in den Armen. „Warne mich rechtzeitig, ich muss mich jetzt so konzentrieren, damit wir nicht abstürzen", bat er sie und flog nun vom sicheren Boden ein wenig auf die Grube zu.

„Werde ich", versicherte sie und behielt alles um sie herum im Auge, doch es gab nichts, was auffällig gewesen wäre und so landeten sie sicher auf der anderen Seite.

„Langsam wird das unheimlich", keuchte Haru, als er den Boden unter den Füßen spürten. „Es ist ruhig. Zu ruhig um ehrlich zu sein. Ich traue dem ganzen hier nicht", fuhr er fort und holte ein paar Mal tief Luft, um wieder zu Atem zu kommen.

„Du musst bedenken, dass diese Gegend hier schon hunderte von Jahren unter Sand begraben ist. Wer weiß, was hier früher einmal geschützt wurde. Womöglich eine Schatzkammer, die jetzt jedoch leer ist", schlug Sezuna vor. „Oder magische, religiöse Gegenstände wurden hier aufbewahrt, die man beschützen wollte."

Er grummelte etwas vor sich hin und ging auf ihr Kommando hin weiter. „Hoffentlich lohnt es sich wenigstens für uns", meinte der blonde Magier.

„Vielleicht", meinte Sezuna nachdenklich und nun mussten sie wieder einem Gang folgen, der mehrere Abzweigungen besaß. Einige davon waren jedoch verschüttet und Sezuna wählte erst einmal den, der sie gerade durch führen würde.

„Willst du kurz Pause machen und zeichnen? Ich brauche ein paar Minuten Pause", fragte er sie und er klang wirklich bittend. Normalerweise würde er keine Pause machen wollen, doch er fühlte sich sehr erschöpft, denn die Grube war größer und länger gewesen als angenommen.

„Ja, das ist eine gute Idee. Trink auch was", bat sie ihn und würde nicht nein sagen, wenn er eine Pause brauchte.

„Ich habe nichts mitgenommen", sagte er zerknirscht. Wie konnte er so etwas vergessen? Da die Wände aber feucht genug waren, zog er einfach Wasser von dort und trank ein wenig, wobei er auch Sezuna etwas davon anbot. Haru hatte kein Gefäß dabei, deshalb holte er das Wasser in seine Hand und trank von dort. Er ließ sie wieder auffüllen und hielt dann dem blonden Mädchen seine Hand hin, damit sie trinken konnte.

Diese strich sich eine Strähne zurück und kam seiner Aufforderung dankbar nach. Sie war sehr durstig, denn warm war es noch immer.

Sobald sie getrunken hatte, fragte er sie, ob sie noch was wollte. Die kühlen Steine waren eine Erleichterung, denn ihm war sehr heiss und konnte die kleine Pause gut gebrauchen. „Was denkst du, wie weit wir bereits von den anderen entfernt sind?", lautete seine Frage.

Sezuna holte die Karte heraus und ergänzte die Dinge, die sie gesehen hatte. „Ich denke gar nicht so weit", murmelte sie nachdenklich. „Vielleicht einige Meter Luftlinie."

„Meinst du etwa, sie sind sozusagen auf der anderen Seite der Wand?", fragte Haru sie neugierig. Was genau meinte sie mit einigen Metern Luftlinie?

„Luftlinie bedeutet, wenn man eine gerade Strecke zwischen uns und ihnen zeichnen würde", erklärte sie und zeigte es auf der Karte. „Das sind nur einige Meter, also ja, fast hinter der Wand. Aber wenn wir zurücklaufen ist es länger, weil wir dem Weg folgen müssen."

„Schade, dass wir die Wand nicht einfach öffnen können ... würde alles einfacher machen", murmelte Haru nun. Seine Augen hatte er geschlossen und er ruhte sich ein wenig aus, bevor sie weitergingen.

„Das wäre zwar eine gute Idee, aber ich denke die Statik würde das nicht mitmachen", meinte sie nachdenklich. „Wir müssen schon sehr aufpassen, dass wir nicht ganz am Ende, wenn wir hoch wollen, alles kaputt machen", erklärte sie nachdenklich und blickte sich um.

„Ich weiß, leider bin ich so ungeduldig und will hier raus", gestand Haru ihr. Wahrscheinlich würden dann alle sterben, wenn alles einstürzen würde. „Willst du weitergehen? Ich frage mich, ob die anderen uns auf der anderen Seite hören können", überlegte er leise.

„Hören können sie uns sicherlich nicht. Dazu sind zu viele Mauern im Weg", murmelte sie und nickt dann. „Ich würde gerne sehen, wohin der Weg uns bringt."

„Natürlich, du bist neugierig und wir brauchen die Informationen, wo der Weg hinführt. Ich hoffe nur, dass wir bald genügend Informationen haben", erwiderte der blonde Junge und stand auf, wobei er sich noch einmal hinunterbeugte und Sezuna hochhob.

Diese hielt sich locker an ihm fest. „Ich denke schon, da nun die Dorfbewohner auch mithelfen", murmelte sie und spürte eine gewisse Aufregung. „Wir müssten uns bald dem Artefaktraum nähern", sagte sie aufgeregt.

„Woher weißt du das?", fragte er sie Stirnrunzelnd. Warum fragte er eigentlich? Mit ihrem Wissen war es sicher, dass sie so etwas finden würden. Selbst wenn sie noch nie hier gewesen war, kannte sie Geschichten von anderen Ruinen und benutzte das wissen dafür.

„Ich gehe davon aus, dass es ein sehr gut geschützter Bereich ist und in diesen Tunneln gab es immer wieder magische Symbole. Ich dachte erst an eine Schatzkammer, aber ich glaube nicht, dass hier einfache Menschen gelebt haben. Es sieht mehr wie Magier aus und die großen Zirkel hatten früher alle solche Kammern", erklärte sie gut gelaunt und auch sehr aufgeregt.

„Oh Mann, du bist wirklich ein wandelndes Buch", gab Haru zu und lächelte schwach. Auf der anderen Seite freute er sich, da sie wirklich hilfreich war und sie mochte es, ihr wissen zu zeigen. Es störte Haru nicht.

„Es ist eine Vermutung und ich werde wohl enttäuscht sein, wenn ich falsch liege, aber ich hoffe es so sehr. Magie aus der alten Zeit ist wirklich etwas Besonderes", sagte sie und wartete darauf, dass sie sich der großen, schweren Tür näherten. Sie wirkte nicht ansatzweise zerfallen und das, obwohl die anderen Holztüren alle kaputt waren. Die Zeit hatte sie zerstört, doch nicht so hier. Wahrscheinlich lag auf ihr ein Bewahrungszauber.

Auch Haru war das aufgefallen und er überlegte, was für ein Zauber wohl darauf lag. Bestimmt ein sehr starker Zauber, denn wenn der Skorpion schon so seltsam gewesen war, und die Räume davor schon komisch, als würden sie etwas beschützen wollen, musste etwas wertvolles hinter der Tür liegen.

Sezuna hob ihre Hand, stoppte jedoch, bevor sie das Holz berührte. Dann schloss sie die Augen und versuchte den Zauber der Tür zu analysieren. „Ich spüre keinen Schutzzauber, nur einen, der dafür sorgt, dass das Holz nicht zerfällt", erklärte sie leise.

„Das heißt, wir können sie einfach öffnen?", fragte er vorsichtig, wobei auch in seiner Stimme nun eine Aufregung zu hören war. Er hatte nicht vor, etwas mitzunehmen, aber es war interessant und er freute sich darauf, zu sehen was hinter der Tür war.

Sezuna nickte nachdenklich. „Ja, ich spüre auch nicht, das etwas passieren wird, wenn wir die Tür öffnen. Also keine versteckten Zauber", murmelte sie nachdenklich, aber irgendwie auch nicht ganz zufrieden. Sie spürte Magie, aber keine, die mit der Tür verbunden war. Was würde sie wohl dahinter erwarten?

„Sollen wir sie zusammen öffnen oder willst du es tun?", wollte er wissen und ließ sie herunter. „Vielleicht ist ein böser Zauber hinter der Tür, der angreifen wird, sobald sich die Tür öffnet", vermutete er. Haru konnte nicht glauben, dass es so einfach sein sollte.

„Das könnte sein", antwortete Sezuna und zögerte nun doch ein wenig. Was, wenn Haru recht hatte? Wenn dahinter wirklich ein Magier war. „Mach dich lieber bereit einen möglichen Angriff abzuwehren und ich schiebe die Tür auf", schlug Sezuna vor.

Der blonde Magier machte sich bereit und seine Magie hüllte ihn automatisch ein, sobald er fertig war. Doch sie hüllte sogar Sezuna ein, als wollte sie das Mädchen ebenfalls schützen, auch wenn ihr die Magie nicht gehörte. Das lag vermutlich daran, dass Haru ihr Magie von sich gegeben hatte und sie nun automatisch beschützte.

Sezuna atmete tief durch und drückte dann mit all ihrer Kraft die Tür auf, denn es ging nicht so einfach, wie sie erhofft hatte.

Hinter der Tür empfing sie Dunkelheit und Stille.

Diese Stille war unerträglich und wirkte unwirklich. Als wäre es die Ruhe vor dem Sturm. Sie sahen sich um, aber es war so dunkel, dass Haru erst einmal seine Lichtkugel in den Raum schweben ließ.

Dadurch wurden unterschiedliche Gegenstände sichtbar. Kaputte Tische, Stühle und Regale. Es sah nicht aus, wie ein Raum, wo man Dinge lagerte, sondern eher wie eine Art Arbeitsraum.

Zuerst war Haru enttäuscht, aber dann leuchteten seine Augen, denn er konnte hier bestimmt Materialien für seine Gewichte finden, um sie zu verbessern. Er machte einen Schritt in den Raum und erkannte ebenfalls Eisen und andere interessante Dinge.

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